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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_413/2020  
 
 
Urteil vom 29. Mai 2020  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, Bovey, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Hanspeter Kümin, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Frenkentäler, Hauptstrasse 22, 4416 Bubendorf. 
 
Gegenstand 
Prüfung von Erwachsenenschutzmassnahmen, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 14. Mai 2020 (810 20 139). 
 
 
Sachverhalt:  
Gegen den am 10. März 2020 zugestellten Entscheid der KESB Frenkentäler vom 6. März 2020 erhob A.________ am 11. Mai 2020 beim Kantonsgericht Basel-Landschaft Beschwerde. 
Mit Urteil vom 14. Mai 2020 trat das Kantonsgericht auf die Beschwerde infolge abgelaufener Beschwerdefrist nicht ein. 
Gegen dieses Urteil hat A.________ am 25. Mai 2020 beim Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht mit dem Begehren um dessen Aufhebung und Anweisung der KESB Frenkentäler (offensichtlich gemeint: Anweisung des Kantonsgerichtes), die Beschwerde umgehend zu behandeln. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Anfechtungsobjekt bildet ein kantonal letztinstanzlicher Nichteintretensentscheid bezüglich einer KESB-Entscheidung betreffend Prüfung von Erwachsenenschutzmassnahmen und Errichtung einer Beistandschaft; dagegen steht die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich offen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). 
 
2.   
Streitfrage ist, ob das massgebliche kantonale Verfahrensrecht einen Fristenstillstand über Ostern kennt und Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über den Stillstand der Fristen in Zivil- und Verwaltungsverfahren zur Aufrechterhaltung der Justiz im Zusammenhang mit dem Coronavirus (SR 173.110.4) für das kantonale Beschwerdeverfahren zum Tragen kam. 
 
2.1. Das Kantonsgericht hat erwogen, dass die Beschwerdefrist gemäss Art. 450b Abs. 1 ZGB dreissig Tage betrage und mithin am 9. April 2020 abgelaufen sei. § 66 Abs. 2 EG ZGB/BL verweise für das kantonale Beschwerdeverfahren auf Art. 450 ff. ZGB und erkläre im Übrigen die Bestimmungen des kantonalen Verwaltungsprozessrechts (VPO/BL) für anwendbar, welches keinen Stillstand von gesetzlichen Fristen über die Ostertage vorsehe. Entsprechend sei auch Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über den Stillstand der Fristen in Zivil- und Verwaltungsverfahren zur Aufrechterhaltung der Justiz im Zusammenhang mit dem Coronavirus nicht anwendbar, weil diese einzig Osterferien verlängere, wenn solche nach dem anwendbaren Verfahrensrecht des Bundes oder des Kantons bestünden.  
 
2.2. Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem kantonalen Recht eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung rügt, geht er fehl, denn auch die Anwendung kantonalen Rechts ist immer Rechtsanwendung und nicht Sachverhaltsfeststellung.  
 
2.3. Ausgangspunkt bildet Art. 450f ZGB, welcher festhält, dass - unter Vorbehalt der in Art. 450 - 450e ZGB festgehaltenen bundesrechtlichen Minimalvorschriften - für das kantonale Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz die Bestimmungen der Zivilprozessordnung sinngemäss anwendbar sind,  soweit die Kantone nichts anderes bestimmen. Eine positive kantonale Regelung verdrängt mithin die subsidiäre Anwendbarkeit der Zivilprozessordnung. Die Kantone sind diesbezüglich bei der Ausgestaltung des kantonalen Verfahrens aufgrund des zuteilenden Vorbehaltes durch den Bundesgesetzgeber frei (zuletzt Urteile 5A_4/2020 vom 9. Januar 2020 E. 1; 5A_34/2020 vom 20. Januar 2020 E. 1; 5A_36/2020 vom 20. Januar 2020 E. 2; 5A_90/2020 vom 7. Februar 2020 E. 1). Manche regeln das Verfahren in Einführungsgesetzen, andere erklären das Verwaltungsrechtspflegegesetz für anwendbar, wiederum andere sehen die Anwendung der ZPO vor. Nur für den Fall, dass es ein Kanton unterlässt, überhaupt eine Regelung zu treffen, kommt nach Art. 450f ZGB subsidiär die ZPO zur Anwendung; der Bundesgesetzgeber will damit verhindern, dass es für das Beschwerdeverfahren bloss bei den Minimalvorschriften von Art. 450 - 450e ZGB bleibt.  
Die Verletzung kantonalen Rechts überprüft das Bundesgericht nur im Zusammenhang mit einer Verletzung verfassungsmässiger Rechte, wobei die Rüge im Vordergrund steht, dass das kantonale Recht willkürlich angewandt worden sei (BGE 139 III 225 E. 2.3 S. 231; 139 III 252 E. 1.4 S. 254; 142 II 369 E. 2.1 S. 372). Dies gilt selbst für die Bestimmungen der ZPO, welche im Bereich des Kindes- und Erwachsenenschutzes als subsidiäres kantonales Recht gilt und deren Anwendung deshalb ebenfalls nur auf Willkür hin überprüft werden kann (BGE 139 III 225 E. 2.3 S. 231; 140 III 385 E. 2.3 S. 387). 
Dies scheint der Beschwerdeführer zu übersehen, indem er keine Willkürrügen erhebt, sondern sich auf rein appellatorische Ausführungen beschränkt. Damit ist die Beschwerde offensichtlich nicht hinreichend begründet und es wäre im einzelrichterlichen Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG nicht auf sie einzutreten. Indes geht es letztlich um die Anwendbarkeit der genannten Verordnung, welche Bundesrecht ist und wofür eine appellatorische Begründung ausreicht. Deshalb wird nachfolgend trotz der an sich ungenügenden Rügen materiell auf die Thematik eingegangen. 
 
2.4. Der Beschwerdeführer macht geltend, es gehe vorliegend nicht um ein summarisches, sondern um ein ordentliches Verfahren, und auch nicht um ein solches vor Verwaltungsbehörden, sondern vor Verwaltungsjustizbehörden, wo in der Regel Rechtsstillstandsfristen gälten. Im Kanton Basel-Stadt, der eine ähnliche Regelung wie der Kanton Basel-Land kenne, komme der Fristenstillstand nach Art. 145 ZPO zur Anwendung; beide Basler Halbkantone würden aufgrund der kulturellen und geographischen Nähe über eine gemeinsame Rechtstradition verfügen. Aus der VPO/BL würden sich in Bezug auf das Beschwerdeverfahren gegen Entscheide der KESB keine speziellen Vorschriften ergeben, so dass nichts über den Fristenstillstand hergeleitet werden könne, und es sei auch keine Gesetzeslücke auszumachen. Soweit der Kanton, wie vorliegend, von seiner Regelungskompetenz keinen Gebrauch mache, würden eben sinngemäss die Vorschriften der ZPO gelten. Diese sehe in Art. 145 Abs. 1 lit. a Osterferien vor, und entsprechend komme auch Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über den Stillstand der Fristen in Zivil- und Verwaltungsverfahren zur Aufrechterhaltung der Justiz im Zusammenhang mit dem Coronavirus zur Anwendung. Die Beschwerdefrist sei somit nicht am 9. April 2020, sondern am 9. Mai 2020 ausgelaufen und habe sich auf Montag 11. Mai 2020 verlängert.  
 
2.5. Zunächst ist Folgendes festzuhalten: Weil Art. 450f ZGB einen zuteilenden Vorbehalt zugunsten des kantonalen Rechts enthält, ist auf die Gesetzeslage im jeweiligen Kanton abzustellen; für Basel-Landschaft kann selbstredend nicht diejenige eines anderen Kantons (nebst Basel-Stadt wird vergleichend auch noch auf den Kanton Zürich verwiesen) massgebend sein.  
Der Kanton Basel-Landschaft hat vom zuteilenden Vorbehalt in Art. 450f ZGB dahingehend Gebrauch gemacht, dass er für das kantonale Beschwerdeverfahren gegen Entscheide der KESB die Bestimmungen des kantonalen Verwaltungsprozessrechts für anwendbar erklärt hat (vgl. § 66 EG ZGB/BL). Damit kommt - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - nicht die ZPO, sondern eben die VPO/BL zur Anwendung (vgl. E. 2.3), wie dies im angefochtenen Entscheid zutreffend dargestellt wird. 
Die VPO/BL kennt - wie die meisten kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetze, wobei dies mehrheitlich durch qualifiziertes Schweigen, seltener durch expliziten Ausschluss geschieht (z.B. § 21 Abs. 2 VRPG/BS) - keine Gerichtsferien. Entsprechend kommt, wie im angefochtenen Entscheid zutreffend festgehalten wird, Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über den Stillstand der Fristen in Zivil- und Verwaltungsverfahren zur Aufrechterhaltung der Justiz im Zusammenhang mit dem Coronavirus nicht zur Anwendung. Der Wortlaut der Norm ist klar und nicht weiter auslegebedürftig. Sinn der Bestimmung war nicht, einen allgemeinen Fristenstillstand einzuführen, sondern vielmehr die Osterferien, soweit das einschlägige Verfahrensrecht solche vorsieht, vorzuverlängern. 
 
3.   
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet und ist deshalb im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 1 lit. a BGG abzuweisen, soweit überhaupt auf sie einzutreten ist. 
 
4.   
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Frenkentäler und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. Mai 2020 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli