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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_218/2021  
 
 
Urteil vom 30. Juni 2021  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiberin N. Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Mark A. Glavas, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zug, Baarerstrasse 11, 6300 Zug, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 17. Februar 2021 (S 2020 81). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1956 geborene A.________ erlitt am 7. Oktober 1985 bei einem Arbeitsunfall im Rahmen seiner Anstellung als Handlanger auf dem Bau u.a. eine Trümmerfraktur des rechten Fersenbeins. In der Folge unterstützte ihn die IV-Stelle des Kantons Zug bei der beruflichen Eingliederung in eine Tätigkeit im mechanisch-technischen Bereich.  
 
A.b. Im Januar 2006 gelangte A.________ wegen Rücken-, Schulter-, Bein- und Fussschmerzen an die Invalidenversicherung. Die Verwaltung tätigte daraufhin verschiedene Abklärungen und verneinte gestützt auf das Gutachten des Instituts G.________ vom 23. Oktober 2007 einen Rentenanspruch (Verfügung vom 21. August 2008). Diesen Entscheid bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Urteil vom 15. April 2010, nachdem es eine Expertise bei der MEDAS Zentralschweiz datierend vom 15. Januar 2010 eingeholt hatte.  
 
A.c. Im November 2019 meldete sich A.________ erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Dabei gab er an, seit November 2017 wegen Knieschmerzen beeinträchtigt zu sein. Die IV-Stelle holte die Akten von der Krankentaggeldversicherung samt Berichten des behandelnden Orthopäden Dr. med. B.________ und des Hausarztes Dr. med. C.________ ein. Anschliessend verlangte sie nach Rücksprache mit dem Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) weitere Auskünfte bei Dr. med. B.________ und im Januar 2020 reichten die Orthopäden Dres. med. D.________ und E.________, welche die Behandlung seit dem 26. Februar 2019 durchführten, ihre Berichte vom 26. Februar, 5. März, 12. April sowie 2. September 2019 ein. Zu diesen Unterlagen nahm der RAD am 9. März 2020 Stellung. Anschliessend verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 28. Mai 2020 einen Rentenanspruch.  
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug ab (Urteil vom 17. Februar 2021). 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Streitsache sei an die IV-Stelle zu weiteren Abklärungen (insbesondere der Einholung eines orthopädischen Gutachtens) zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde ist nicht kassatorischer, sondern reformatorischer Natur (Art. 107 Abs. 2 BGG). Daher darf sich die beschwerdeführende Partei grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Urteils zu beantragen, sondern es ist in der Beschwerdeschrift ein präziser Antrag zur Sache zu stellen, ausser wenn das Bundesgericht ohnehin nicht reformatorisch entscheiden könnte (BGE 137 II 313 E. 1.3; 136 V 131 E. 1.2; 134 III 379 E. 1.3; 133 III 489 E. 3.1; Urteil 9C_174/2020 vom 2. November 2020 E. 1, nicht publ. in: BGE 147 V 79, aber in: SVR 2021 IV Nr. 16 S. 45). 
Die beantragte Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung bezweckt, einen als nicht rechtsgenüglich abgeklärt gerügten Sachverhalt zu vervollständigen. Im Gutheissungsfall könnte somit nicht reformatorisch entschieden werden, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Streitgegenstand bildet die Frage, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es die von der Beschwerdegegnerin am 28. Mai 2020 verfügte Ablehnung des Rentenanspruchs bestätigt hat.  
 
3.2. Im angefochtenen Urteil wurden die massgeblichen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Es betrifft dies insbesondere die Grundsätze zur Rentenrevision (vgl. Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 88a Abs. 1 und 2 IVV; BGE 130 V 343 E. 3.5; vgl. auch BGE 144 I 103 E. 2.1; 141 V 9 E. 2.3; 133 V 108 mit Hinweisen), zur ärztlichen Aufgabe bei der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 256 E. 4; zudem BGE 140 V 193 E. 3.2; 132 V 93 E. 4 mit Hinweisen) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 mit Hinweis; ferner BGE 143 V 124 E. 2.2.2). Darauf wird verwiesen.  
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz legte dar, der RAD-Arzt Dr. med. F.________ habe in seiner Stellungnahme vom 9. März 2020 nicht nur die neu hinzugekommenen Kniebeschwerden, sondern auch die bereits seit der letzten rechtskräftigen Verfügung bestehenden und seither persistierenden Rücken- sowie Schulterbeschwerden berücksichtigt. Inwiefern an der Beurteilung des RAD Zweifel bestünden, sei nicht ersichtlich, da keiner der behandelnden Ärzte dessen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit bzw. des formulierten Zumutbarkeitsprofils kritisiert habe. Zudem gebe es keine Anhaltspunkte für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zwischen der RAD-Stellungnahme vom 9. März 2020 und der angefochtenen Verfügung vom 28. Mai 2020. Es sei nicht zu beanstanden, dass die IV-Stelle auf die Stellungnahme des RAD abgestellt habe.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer wirft dem kantonalen Gericht vor, den Sachverhalt bezüglich der Kniebeschwerden aufgrund von veralteten Berichten ermittelt zu haben, welche zudem die weiteren somatischen Beschwerden nicht berücksichtigt haben. Er habe im Einwand gegen den Vorbescheid von einem stark verschlechterten Gesundheitszustand berichtet, wobei es ihm wegen des Lockdowns nicht möglich gewesen sei, einen Arztbericht dazu einzuverlangen. Die IV-Stelle hätte zumindest vom Hausarzt einen Bericht einholten müssen. Zudem habe das kantonale Gericht die Aussagen des Dr. med. C.________ zur Arbeitsfähigkeit in nicht nachvollziehbarer Weise umgedeutet und den Sachverhalt auch diesbezüglich willkürlich festgestellt.  
 
5.  
 
5.1. Den Einwendungen des Beschwerdeführers, die weiteren somatischen Beschwerden seien nicht berücksichtigt worden, ist die vorinstanzliche Erwägung entgegenzuhalten, dass die IV-Stelle und der RAD anerkannt haben, dass sich die somatische Problematik, die bereits im Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 15. April 2010 rechtskräftig bestätigt worden sei, weiterhin auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers auswirke. Dies erschliesst sich, wie das kantonale Gericht zutreffend aufzeigte, aus dem vom RAD-Arzt in der Stellungnahme vom 9. März 2020 festgehaltenen Zumutbarkeitsprofil. Danach sei in einer angepassten Tätigkeit - körperlich leicht, wechselbelastend mit hohem Sitzanteil, ohne Zwangshaltungen (knien, kauern, vornübergeneigt, Überkopf), und ohne Schläge/Viberationen auf den Rücken resp. die Knie-, Fuss- und Schultergelenke - unter Ausschöpfung der Behandlungsmassnahmen mit keiner relevanten Einschränkung zu rechnen. Daraus folgt, dass der RAD-Arzt nicht nur die Beeinträchtigung am Knie, sondern auch die (weiteren) Beschwerden an Rücken und Schulter bei der Formulierung des Zumutbarkeitsprofils berücksichtigte.  
 
5.2. Der Beschwerdeführer substanziierte bzw. substanziiert weder im Vorbescheidverfahren noch im kantonalen oder bundesgerichtlichen Verfahren, inwiefern eine gesundheitliche Verschlechterung eingetreten sein soll. Aufgrund der pauschalen Behauptung einer medizinischen Veränderung, mit der eine solche nicht glaubhaft ist, bestand kein Anlass zu weiteren Abklärungen, wird der Untersuchungsgrundsatz doch durch die Mitwirkungspflichten der Parteien begrenzt (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG; BGE 136 V 376 E. 4.1). Zudem liegt mit dem Bericht des Dr. med. C.________ vom 26. Mai 2020 mit Blick auf die Verfügung vom 28. Mai 2020 ein aktueller Bericht vor. Die Vorinstanz stellte auch in Würdigung dieses Berichts fest, eine Verschlechterung sei nicht ersichtlich und es könne daher nicht gesagt werden, die Beurteilung des RAD beruhe auf veralteten Berichten. Diese vorinstanzliche Erwägung verletzt kein Bundesrecht, berichtete Dr. med. C.________ am 26. Mai 2020 doch über unveränderte Beschwerden und stimmt sein wiedergegebener Befund bezüglich des linken Knies weitgehend mit jenem in seinem Bericht vom 20. Oktober 2019sowie der Dres. med. D.________ und E.________ vom 2. Se ptember 2019 überein.  
 
5.3. Dr. med. C.________ hielt im Bericht vom 26. Mai 2020 fest, dem Beschwerdeführer seien aktuell keine Tätigkeiten zumutbar. Entgegen dem angefochtenen Urteil darf nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sich diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur auf die angestammte oder eine ähnliche Tätigkeit bezieht. Denn Dr. med. C.________ kam - anders als die Gutachter (Expertise des Instituts G.________ vom 23. Oktober 2007 und der MEDAS Zentralschweiz vom 15. Januar 2010) - bereits in den Berichten vom 21. Februar 2006 und 4. März 2008 zum Schluss, dem Versicherten seien andere Tätigkeiten nicht zumutbar.  
Im Ergebnis verletzen die vorinstanzlichen Schlussfolgerungen, es gebe keine medizinisch objektive Grundlage sämtliche Tätigkeiten auszuschliessen und die Einschätzung des Dr. med. C.________ begründe keine Zweifel an der Arbeitsfähigkeitsbeurteilung des RAD, jedoch kein Bundesrecht: Die somatisch bedingten Beeinträchtigungen, welche schon bei der am 21. August 2008 verfügten Rentenablehnung bestanden, begründen ausweislich der Gutachten keine Arbeitsunfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit. Hinsichtlich der neu aufgetretenen Beschwerden am linken Knie hielt Dr. med. B.________ zudem fest, dass der Beschwerdeführer seit dem 9. März 2018 wieder arbeitsfähig sei. Daran vermag nichts zu ändern, dass die Dres. med. D.________ und E.________ im Bericht vom 26. Februar 2019 ausführten, es lägen seit zwei Wochen (wieder) belastungsabhängige, zunehmende Schmerzen am linken Knie mit einem leichten Hinken vor, denn in der Folge berichteten sie von einem guten (Heilungs-) Verlauf bei Status nach konservativer Therapie. Nach der Knieinfiltration habe der Versicherte eine deutliche Schmerzlinderung angegeben (Bericht vom 12. April 2019). Der Erguss im Knie bildete sich zurück und die Dres. med. D.________ sowie E.________ stellten ein flüssiges Gangbild fest (vgl. die Berichte vom 12. April 2019 und 2. September 2019). Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des RAD nachvollziehbar, dass die neu hinzugetretenen Kniebeschwerden unter Ausschöpfung der Behandlungsmassnahmen die Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit nicht zusätzlich limitieren. 
Die von der Arbeitgeberin im Fragebogen vom 16. Januar 2020 angegebene Arbeitsunfähigkeit, insbesondere vom 19. Februar bis 31. März 2019 und vom 25. Juni bis 31. Dezember 2019, vermag dies nicht in Frage zu stellen. Die ausgeübte Tätigkeit, bei welcher der Beschwerdeführer nur selten sitzen kann und häufig mittelschwere sowie manchmal schwere Lasten heben muss, ist nicht anpasst (vgl. E. 5.1 hiervor). Der Beschwerdeführer kann daher bezüglich des Anspruchs auf eine Invalidenrente aus dem Umstand, dass die Krankentaggeldversicherung Leistungen erbrachte, nichts zu seinen Gunsten ableiten. 
 
5.4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Anspruch auf eine Rente bundesrechtskonform abgeklärt wurde und entgegen dem Beschwerdeführer weder eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes noch des Anspruchs auf ein faires Verfahren vorliegen. Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
6.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 30. Juni 2021 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Möckli