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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_488/2017  
 
 
Urteil vom 9. April 2019  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, Haag, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
MWST-Gruppe A.________ Holding AG, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch SwissVAT AG. 
 
Gegenstand 
Mehrwertsteuer; Steuerperiode 2011, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, 
vom 11. April 2017 (A-5769/2016). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die MWST-Gruppe A.________ Holding AG (nachfolgend: die Steuerpflichtige), deren Gruppenträgerin die A.________ Holding AG mit Sitz in U.________/ZH ist, wurde auf Anfang 2010 in das von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) geführte Register der Mehrwertsteuerpflichtigen eingetragen. Die Gruppe betätigt sich unter anderem im Bereich der Emissionsminderungszertifikate im Sinne von Art. 2 Abs. 4 CO2-G 2011. Darunter sind international anerkannte handelbare Bescheinigungen zu verstehen, die über  im Auslanderzielte Emissionsverminderungen Auskunft geben. Die Steuerpflichtige entwickelt, unterstützt von externen Projektvermittlern, Emissionsminderungszertifikate der Typen CER (  Certified Emission Reductions; Art. 12 des Kyoto-Protokolls bzw. Art. 4 Abs. 2 lit. a CO2-V 2012) und VER (  Verified Emission Reductions). Die im Ausland eingetretenen Emissionsverminderungen, die in einem CER zertifiziert sind, können in eingeschränktem Umfang bei der Berechnung der  inländischen Emissionen angerechnet werden (Art. 5 CO2-G 2011; Art. 48 CO2-V 2012). Die Steuerpflichtige verkauft ihre Produkte hauptsächlich an ausländische Kunden und erbringt diesen gegenüber ergänzende Beratungsleistungen.  
 
B.  
Gemäss der bis zum 1. Juli 2010 herrschenden Verwaltungspraxis der ESTV hatte die Veräusserung von Emissionsrechten (Art. 2 Abs. 3 CO2 -G 2011) und den hier interessierenden Emissionsminderungszertifikaten als  steuerbarer Leistungsaustausch gegolten. Am 1. Juli 2010 änderte die ESTV ihre Verwaltungsverordnung (MWST-Info 04, "Steuerobjekt") dahingehend, dass der Handel nunmehr von der objektiven Mehrwertsteuerpflicht insgesamt  ausgenommen sei (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009). Im Einzelnen führte die ESTV in ihrer Praxisänderung namentlich aus:  
 
"Mit der Praxisänderung hat die ESTV auf die Rechtsentwicklung in der EU reagiert; die Neuregelung - wonach viele EU-Staaten das Reverse-Charge-Verfahren für den Handel mit Emissionsrechten eingeführt haben - ist europarechtlich durch den neu eingeführten Art. 199a MwStSystRL gedeckt. Für eine entsprechende Lösung fand sich bezüglich Inlandumsätzen im schweizerischen Mehrwertsteuersystem jedoch keine Basis. Die Lösung der Steuerausnahme betreffend die fraglichen Umsätze kannte vor der Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens in der EU beispielsweise Frankreich". 
 
C.  
Am 28. Oktober 2010 erkundigte die Gruppenträgerin sich bei der ESTV nach der mehrwertsteuerlichen Behandlung von CO2 -Emissionsrechten. Im Anschluss an verschiedene Kontakte ersuchte sie am 15. November 2012 die ESTV um Bestätigung dessen, dass sowohl der Umsatz aus dem Verkauf von CER und VER als auch aus dem Verkauf von Forwards und Optionen auf CER und VER unter die steuerbaren Leistungen falle (sodass Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009 nicht anwendbar sei). 
Die ESTV hielt in ihrer Verfügung vom 2. August 2016 fest, die Umsätze aus dem Verkauf von CER und VER sowie aus dem Verkauf von Forwards und Optionen auf CER und VER seien - entgegen der Auffassung der Steuerpflichtigen - von der Steuer ausgenommen. Die Begründung ging hauptsächlich dahin, dass es sich bei den Emissionsrechten und den ihnen diesbezüglich gleichartigen Emissionsminderungszertifikaten um  Wertrechte im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009) handle. Gleichzeitig nahm die ESTV für die Steuerperiode 2011 eine Nachbelastung von Fr. 228'374.-- vor.  
Die Gruppenträgerin erhob am 14. September 2016 bei der ESTV Einsprache und beantragte, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben. In verfahrensrechtlicher Hinsicht sei die Sache als Sprungbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht weiterzuleiten (Art. 83 Abs. 4 MWSTG 2009). Die ESTV kam diesem Antrag nach. 
 
D.  
Mit Urteil A-5769/2016 vom 11. April 2017 hiess das nunmehr mit der Sache befasste Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, die Beschwerde teilweise gut. Das Bundesverwaltungsgericht erwog, bei den CER und VER handle es sich weder um Wertpapiere (E. 6.2) noch um Wertrechte (E. 6.3). Ebenso wenig könne gesagt werden, Kaufverträge um CER bzw. VER stellten Derivate dar (E. 6.4). Mithin falle der Verkauf von CER und VER nicht unter Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009 (E. 7). Was den Verkauf von Forwards und Optionen anbelange, die auf einem CER oder VER beruhen, handle es sich, übereinstimmend mit der Ansicht der ESTV, tatsächlich um Umsätze von Derivaten im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009 (E. 7). Entsprechend wies das Bundesverwaltungsgericht die Sache im Sinne der Erwägungen zur Neufestsetzung der Steuerforderung für die Steuerperiode 2011 an die Vorinstanz zurück. 
 
E.  
Mit Eingabe vom 23. Mai 2017 erhebt die ESTV beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei insoweit aufzuheben, als er feststellt, Umsätze aus Verkäufen von Emissionsminderungszertifikaten seien steuerbar. Die Vorinstanz verzichtet auf einen Antrag. Die Steuerpflichtige beantragt die Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. a, Art. 89 Abs. 2 lit. d in Verbindung mit Art. 141 MWSTV, Art. 90 [betreffend Feststellung] bzw. Art. 93 Abs. 1 lit. a [betreffend Steuerforderung] und Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 144 III 462 E. 3.2.3 S. 465) und mit uneingeschränkter (voller) Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 144 II 313 E. 5.1 S. 319).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 145 I 26 E. 1.5 S. 31).  
 
2.   
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz bundesrechtskonform zum Schluss gelangt sei, dass der Verkauf von Emissionsminderungszertifikaten der Typen CER und VER nicht unter Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009 falle, weshalb die Leistungen steuerbar seien. Nicht mehr streitig ist die mehrwertsteuerliche Behandlung des Verkaufs von Forwards und Optionen auf Emissionsminderungszertifikate der beiden Typen, da die Steuerpflichtige von einer Beschwerde abgesehen hat.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Das schweizerische CO2-Recht gründet im internationalen Recht, insbesondere jenem der Vereinten Nationen, und setzt dieses um. So haben das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen vom 9. Mai 1992 über Klimaänderungen (SR 0.814.01) und das Protokoll von Kyoto vom 11. Dezember 1997 zum Rahmenübereinkommen (Kyoto-Protokoll; SR 0.814.011) zunächst zum Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-G 1999; AS 2000 979, in Kraft vom 1. Mai 2000 bis zum 1. Januar 2013) und später zum Bundesgesetz vom 23. Dezember 2011 über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-G 2011; SR 641.71) geführt. Das Klimaübereinkommen vom 12. Dezember 2015 von Paris (Pariser Übereinkommen; SR 0.814.012) ist seinerseits wegleitend für die Totalrevision des CO2-Gesetzes nach 2020 (Botschaft vom 21. Dezember 2016 zur Genehmigung des Klimaübereinkommens von Paris, BBl 2017 317, insb. 323 f. und 336).  
 
2.2.2. Das CO2-G 2011 bezweckt die Verminderung von Treibhausgasemissionen mit dem Ziel, einen Beitrag zu leisten, den globalen Temperaturanstieg auf weniger als zwei Grad Celsius zu beschränken (Art. 1 Abs. 1 CO2-G 2011). Gemäss Art. 3 Abs. 1 CO2-G 2011 sind die Treibhausgasemissionen im Inland bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 gesamthaft um 20 Prozent zu vermindern. Das Reduktionsziel soll in erster Linie durch Massnahmen nach dem CO2-Gesetz erreicht werden (Art. 4 Abs. 1 CO2-G 2011). Es kann vom Bundesrat in Einklang mit internationalen Vereinbarungen auf 40 Prozent erhöht werden (Art. 3 Abs. 2 CO2-G 2011; BGE 143 II 87 E. 3.1 S. 89 f.).  
 
2.2.3. Eine Massnahme zur Einhaltung des Reduktionsziels (Art. 3 Abs. 1 CO2-G 2011) stellt das Emissionshandelssystem (EHS) dar (Art. 15 ff. CO2-G 2011). Unternehmen bestimmter Kategorien, die Anlagen mit hohen Treibhausgasemissionen betreiben, kann der Bundesrat zur Teilnahme am EHS verpflichten (Art. 16 Abs. 1 CO2-G 2011). Diesen sogenannten EHS-Unternehmen wird die gesetzlich ebenfalls vorgesehene CO2-Abgabe zurückerstattet (Art. 17 CO2-G 2011). Im Gegenzug müssen die EHS-Unternehmen dem Bund im Umfang der von ihren Anlagen verursachten (direkten) Emissionen jährlich Emissionsrechte oder Emissionsminderungszertifikate abgeben (Art. 16 Abs. 2 CO2-G 2011). Die Emissionsrechte werden den EHS-Unternehmen jährlich kostenlos zugeteilt, soweit sie für deren treibhausgaseffizienten Betrieb notwendig sind. Die übrigen Emissionsrechte werden versteigert (Art. 19 Abs. 1 und Abs. 2 CO2-G 2011). Für Emissionen, die weder durch Emissionsrechte noch durch Emissionsminderungszertifikate gedeckt sind, müssen EHS-Unternehmen dem Bund einen vom Gesetz als "Sanktion" bezeichneten Betrag von Fr. 125.-- pro Tonne CO2-Äquivalente (CO2eq) entrichten (Art. 21 CO2-G 2011; BGE 143 II 87 E. 3.2 S. 90).  
 
2.2.4. Auf Grundlage des gemeinsamen multilateralen Klimaschutzrechts (vorne E. 2.2.1) haben die Schweiz und die Europäische Union auch ihre jeweiligen Mehrwertsteuerordnungen angepasst. Nachdem Emissionsminderungszertifikate im Sinne von Art. 2 Abs. 4 CO2-G 2011 begriffsnotwendig in jedem Fall einen Auslandbezug aufweisen, liegt es nahe, der Kompatibilität der schweizerischen Mehrwertsteuergesetzgebung mit der Europäischen Union besondere Beachtung zu schenken. Das CO2-G 2011 strebt eine Angleichung an das Recht der Europäischen Union unter anderem an, um die Teilnahme am Handel mit Treibhausgasemissionen zu ermöglichen (Botschaft vom 26. August 2009 über die Schweizer Klimapolitik nach 2012 [nachfolgend: Botschaft Klimapolitik nach 2012], BBl 2009 7433, insb. 7436, 7461 f., 7474, 7514 f.). Dies ist bei Beurteilung der hier massgebenden Steuerperiode 2011 zu berücksichtigen. In Verdeutlichung dieser Absicht haben die Eidgenössischen Räte zuletzt am 22. März 2019 das Abkommen vom 23. November 2017 zwischen der Schweiz und der EU zur Verknüpfung ihrer jeweiligen Systeme für den Handel mit Treibhausgasemissionen genehmigt (BBl 2019 2643). Der Bundesbeschluss vom 22. März 2019 untersteht dem fakultativen Referendum, dessen Frist am 11. Juli 2019 ablaufen wird. Er ist mithin noch nicht in Kraft getreten, macht aber deutlich, dass die Übertragung von Emissionsminderungszertifikaten noch enger mit dem Recht der Europäischen Union verzahnt werden soll. Unterschiedliche Steuersysteme können den angestrebten Handel beeinträchtigen.  
 
2.2.5. Es erscheint mit Blick darauf als sachgerecht, im Sinne einer sachspezifisch beschränkten Ausnahme vom mehrwertsteuerlichen Richtlinienrecht der Europäischen Union auszugehen, um zu beurteilen, ob eine Steuerausnahme vorliege, wenngleich das Richtlinienrecht für die Schweiz keinerlei Rechtswirkungen entfaltet. Das Richtlinienrecht der EU kann bei der Anwendung des schweizerischen Mehrwertsteuerrechts als Erkenntnisquelle und Auslegungshilfe dienen, soweit das inländische Mehrwertsteuerrecht nicht ausdrücklich und bewusst von der Regelung der EU abweicht und einen eigenständigen Weg beschreitet (BGE 139 II 346 E. 7.4.6 S. 362; 138 II 251 E. 2.5.1 S. 259; 124 II 193 E. 6a S. 203). Eine angleichende Auslegung ist ferner am Platz, um Handelsdistorsionen zu vermeiden. Was namentlich den Bereich der steuerausgenommenen Leistungen betrifft, lehnt die schweizerische Lösung sich ausdrücklich an die Richtlinie 2006/112/EG des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) an und übernimmt sie diese teils wörtlich (Botschaft vom 25. Juni 2008 zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer, BBl 2008 6885, insb. 6963 zu Art. 21 Abs. 1 E-MWSTG). Der Blick auf das Recht der EU liegt hier umso näher, als dieses - im Unterschied zum MWSTG 2009 - eine ausdrückliche Regelung zu den hier interessierenden Emissionsminderungszertifikaten enthält, auf die sich im Übrigen auch die ESTV stets bezogen hat (Sachverhalt, lit. B).  
 
2.2.6. Gemäss Art. 199a Abs. 1 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bis zum 30. Juni 2022 vorsehen, dass die Mehrwertsteuer auf abschliessend genannten Leistungen  vom steuerpflichtigen Empfänger geschuldet wird. In den Positivkatalog fällt gemäss Art. 199a Abs. 1 lit. a MwStSystRL in der heutigen Fassung die  
"Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten entsprechend der Definition in Art. 3 der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft, die gemäss Art. 12 der genannten Richtlinie übertragen werden können." 
 
Art. 199a MwStSystRL wurde mit Wirkung vom 10. April 2010 durch die Richtlinie 2010/23/EG vom 16. März 2010 eingeführt und zuletzt mit Wirkung vom 2. Dezember 2018 durch Art. 1 Ziff. 1 der Richtlinie (EU) 2018/1695 vom 6. November 2018 neu gefasst. Er gilt weiterhin. 
 
2.2.7. Der Handel mit Emissionsminderungszertifikaten fällt nach dem Recht der Europäischen Union unter die Dienstleistungen (Art. 24 ff. MwStSystRL). Dienstleistungen sind steuerbar, soweit die Richtlinie keine Ausnahme vorsieht (Art. 131 ff. MwStSystRL). Im Bereich des Handels mit Emissionsminderungszertifikaten besteht keine derartige Ausnahme. Mit der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft (Übergang zum  Revers e-charge -Verfahren) unterstreicht die MwStSystRL, dass die Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten eine  steuerbare Leistung darstellt, ansonsten sich die Frage der subjektiven Steuerpflicht nicht stellen könnte. Die einzige Besonderheit von Art. 199a MwStSystRL besteht darin, dass die Mitgliedstaaten in Abweichung von der Regel (Art. 9 ["Steuerpflichtiger"] und Art. 192a ["Steuerschuldner gegenüber dem Fiskus"] MwStSystRL) ermächtigt werden, die subjektive Steuerpflicht auf den Leistungsempfänger zu übertragen.  
 
2.2.8. Die ESTV betont, dass beispielsweise  Frankreich derart vorgegangen sei, dass die Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten als steuerausgenommene Leistung behandelt worden sei (Sachverhalt, lit. B). Sie beruft sich auf das Bulletin officiel des impôts (BOI) Nr. 58 vom 11. Juni 2009, 3 L-1-09 ("Taxe sur la valeur ajoutée. Régime applicable aux quotas d'émission de gaz à effet de serre"). Dabei handelt es sich um eine Art Kreisschreiben zu Art. 261C Ziff. 1 lit. e des französischen Code général des impôts (nachfolgend: CGI/FR), der mit Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009 vergleichbar ist. Diese Anordnung wurde indes mit BOI Nr. 6 vom 24. Januar 2011, 3A-1-11 ("Taxe sur la valeur ajoutée. Redevable de la taxe. Régime applicable aux transferts de quotas d'émission de gaz à effet de serre") aufgehoben, nachdem Art. 283 Ziff. 2septies CGI/FR geschaffen worden war. Dieser lautet:  
 
"Pour les transferts de quotas autorisant les exploitants à émettre des gaz à effet de serre, au sens de l'article 3 de la directive 2003/87/CE du Parlement européen et du Conseil du 13 octobre 2003 établissant un système d'échange de quotas d'émission de gaz à effet de serre dans la Communauté et modifiant la directive 96/61/CE du Conseil, et d'autres unités pouvant être utilisées par les opérateurs en vue de se conformer à cette directive, la taxe est acquittée par l'assujetti bénéficiaire du transfert." 
 
Damit ist die Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten auch nach französischem Mehrwertsteuerrecht seit 2011 steuerbar. Sie wird im  Reverse-charge -Verfahren erhoben, wie dies Art. 199a Abs. 1 lit. a MwStSystRL im Sinne einer Option anbietet.  
 
2.2.9. Dasselbe gilt für  Deutschland. § 13b Abs. 2 Ziff. 6 des deutschen Umsatzsteuergesetzes (nachfolgend: UStG/DE) unter dem Titel "Leistungsempfänger als Steuerschuldner" hält fest:  
 
"Für folgende steuerpflichtige Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats: Übertragung von Berechtigungen nach § 3 Nr. 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nr. 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes und zertifizierten Emissionsreduktionen nach § 2 Nr. 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes." 
 
Damit hat auch Deutschland die Option im Sinne von Art. 199a Abs. 1 lit. a MwStSystRL wahrgenommen (dazu AXEL LEONARD, in Johann Bunjes/Reinhold Geist, Umsatzsteuergesetz, 17. Aufl. 2018, N. 95 zu § 13b UStG/DE; OTTO-GERD LIPPROSS, Umsatzsteuer, 24. Aufl. 2017, Ziff. 9.4.2.7 S. 1311; HOLGER STADIE, Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl. 2015, N. 95 und 96 zu § 13b UStG/DE). Deutschland hatte indes, anders als Frankreich, die Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten seit jeher als steuerbare Dienstleistung erachtet (siehe Bundesministerium für Finanzen [Hrsg.], Kreisschreiben "Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des Emissionshandelssystems für Treibhausgase" vom 2. Februar 2005). Die Einführung von § 13b Abs. 2 Ziff. 6 UStG/DE brachte nur eine Ausdehnung des  Reverse-charge -Verfahrens auf diese Art einer steuerbaren Dienstleistung (HANS-JOACHIM BÜLOW, in: Konrad Plückebaum/Heinz Malitzky/Werner Widmann [Hrsg.], Umsatzsteuergesetz, 191. Lfg., April 2012, N. 71 zu § 13b UStG/DE;  ders., in: Bernhard Schwarz/Werner Widmann/Rolf-Rüdiger Radeisen [Hrsg.], UStG - Umsatzsteuergesetz, 183. Lfg., November 2015, N. 82 zu § 13b UStG/DE).  
 
2.3.  
 
2.3.1. Anlass zum vorliegenden Verfahren gibt der Umstand, dass die ESTV am 1. Juli 2010 ihre diesbezügliche Verwaltungsverordnung (MWST-Info 04, "Steuerobjekt") dahingehend abgeändert hat, dass der Handel seither von der objektiven Mehrwertsteuerpflicht insgesamt  ausgenommen sein soll. Sie schloss sich der damaligen französischen Sichtweise an und setzte damit einen Konterpunkt zum deutschen Umsatzsteuerrecht. Frankreich ist freilich bald darauf zur Besteuerung übergegangen (vorne E. 2.2.4), zumal Art. 199a MwStSystRL seit dem 10. April 2010 wirksam ist und klar zum Ausdruck bringt, dass es sich um einen steuerbaren Umsatz handelt, unabhängig davon, ob der betreffende Mitgliedsstaat ein  Reverse-Charge -Verfahren vorsieht.  
 
2.3.2. Es fragt sich, ob die Praxisänderung der ESTV vom 1. Juli 2010, auf die sie sich auch im vorliegenden Verfahren beruft, bundesrechtskonform sei. Hierzu ist vorab festzuhalten, dass das Mehrwertsteuerrecht von 2009 auf die Übertragung von Emissionsminderungszertifikaten nicht eingeht. Dies mag damit zusammenhängen, dass das ursprüngliche CO2-G 1999, das bis zum 1. Januar 2013 in Kraft stand, noch keinerlei Ausführungen zu den Emissionsminderungszertifikaten enthielt. Diese stellten eine Neuerung des CO2-G 2011 dar (Botschaft Klimapolitik nach 2012, a.a.O., insb. 7435, 7459 zu Ziff. 2.3.4, 7472 zu Ziff. 4.4.2 und 7490 zu Art. 5 E-CO2-G 2011). Das Richtlinienrecht der Europäischen Union weist seinerseits erst seit dem 10. April 2010 auf die Emissionsminderungszertifikate hin (vorne E. 2.2.6), wenn auch nur am Rande. Zu diesem Zeitpunkt war das neue Mehrwertsteuergesetz bereits anwendbar (1. Januar 2010; Art. 116 Abs. 2 MWSTG 2009).  
 
2.3.3. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnungen im Bundesrecht ist landesrechtlich von den allgemeinen Regeln auszugehen. Gemäss Art. 130 Abs. 1 BV und Art. 1 Abs. 1 MWSTG erhebt der Bund eine Mehrwertsteuer. Dabei handelt es sich um eine  allgemeine Verbrauchssteuer. Der objektiven Mehrwertsteuerpflicht (Art. 1 Abs. 2 lit. a, Art. 10 ff. MWSTG) unterliegen an sich alle im Inland durch den Unternehmensträger gegen Entgelt erbrachten Leistungen (Art. 18 Abs. 1 MWSTG; BGE 142 II 488 E. 2.3.1 S. 492). Anders verhält es sich nur, wenn das Gesetz eine echte Ausnahme (Befreiung des Umsatzes mit Recht zum Vorsteuerabzug; Art. 23 Abs. 1 MWSTG) oder eine unechte Ausnahme (Befreiung des Umsatzes ohne Recht zum Vorsteuerabzug; Art. 21 Abs. 1 MWSTG) vorsieht (Urteil 2C_1076/2015 vom 9. Dezember 2015 E. 4.1, in: ASA 85 S. 737). Im Fall der unechten Ausnahmen besteht an sich keine Möglichkeit der leistungserbringenden Person, die ihr im Zusammenhang mit dieser Leistung erwachsenen Vorsteuern abzuziehen (Art. 28 Abs. 1 e contrario und Art. 29 Abs. 1 Halbsatz 1 MWSTG 2009; BGE 132 II 353 E. 4.3 S. 358), es sei denn, für die Versteuerung der ausgenommenen Leistung könne von Gesetzes wegen optiert werden ("Option im objektiven Sinn" gemäss Art. 22 MWSTG 2009; BGE 140 II 495 E. 2.2.2 S. 498) und die steuerpflichtige Person habe die Option tatsächlich ausgeübt.  
 
2.3.4. Die ESTV ist der Ansicht, die streitbetroffenen Emissionsminderungszertifikate fielen unter Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009. Bei diesem Tatbestand handelt es sich um eine unechte Steuerausnahme, bei welcher die Option im objektiven Sinn von vornherein ausgeschlossen ist (Art. 22 Abs. 2 lit. a MWSTG 2009). Folgt man der ESTV, hiesse dies, dass die Steuerpflichtige die streitbetroffenen Leistungen zwar nicht zu versteuern hat, folgerichtig aber auch keinen Vorsteuerabzug vornehmen kann. Geht man hingegen mit der Vorinstanz davon aus, dass eine steuerbare Leistung vorliegt, stünde der Steuerpflichtigen der Vorsteuerabzug grundsätzlich offen, wobei sie die Leistungen, die im Ausland verbraucht werden, aufgrund des Bestimmungslandprinzips nicht zu versteuern hat (Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 MWSTG 2009; Urteil 2C_207/2013 vom 28. April 2014 E. 2.3.1 und 3.2.3, in: ASA 83 S. 49).  
 
2.3.5. Die fehlende Möglichkeit des Vorsteuerabzugs zieht zwangsläufig eine Schattensteuerbelastung ("taxe occulte") nach sich (dazu schon BGE 123 II 295 E. 5b S. 302; 132 II 353 E. 8.4 S. 367; zum geltenden Recht: BGE 141 II 199 E. 4.2 S. 203). Eine solche widerspricht der im System der Netto-Allphasensteuer mit Vorsteuerabzug herrschenden Erhebungskonzeption (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 MWSTG; BGE 144 II 412 E. 2.1 S. 416; 142 II 488 E. 2.2.2 S. 492). Im Vergleich zu den Anbietern in der Europäischen Union, welche dieselbe Leistung anbieten, aber den Vorsteuerabzug vornehmen können, was entweder eine höhere Bruttogewinnmarge oder einen niedrigeren Preis erlaubt, ergibt sich für die schweizerischen Marktteilnehmer ein Wettbewerbsnachteil. Dieser ist nur hinzunehmen, soweit das Gesetz einen solchen ausdrücklich in Kauf nimmt. Im Sinne eines blossen Erhebungsgrundsatzes (zum vorrevidierten Recht: BGE 124 II 193 E. 8a S. 211) schreibt zudem Art. 1 Abs. 3 lit. a MWSTG 2009 die Wettbewerbsneutralität vor. In der Rechtsanwendung äussern die Erhebungskonzeption und die Wettbewerbsneutralität sich namentlich darin, dass eine eher weite Auslegung des Tatbestandes der steuerbaren Leistung am Platz ist (BGE 142 II 488 E. 2.3.1 S. 492; 141 II 199 E. 4.1 S. 202). Spiegelbildlich sind Steuerausnahmen, soweit bei der Auslegung ein Beurteilungsspielraum verbleibt, eher eng auszulegen, da sie unter teleologischen und systematischen Gesichtspunkten bei einer allgemeinen Verbrauchsteuer wie der Mehrwertsteuer ganz grundsätzlich problematisch sind (BGE 140 II 495 E. 2.3.4 S. 500; 138 II 251 E. 2.3.3 S. 255).  
 
2.3.6. Gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009 sind von der Steuer ausgenommen die "Umsätze von Wertpapieren, Wertrechten und Derivaten sowie von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen". Entstehungsgeschichtlich fällt auf, dass die Wendung "Wertpapiere, Wertrechte und Derivate" ("les papiers-valeurs, les droits-valeurs et les dérivés"; "cartevalori, diritti-valore e derivati") keine Neuschöpfung des Rechts von 2009 darstellt. Sie findet sich ebenso bereits in Art. 14 Ziff. 15 lit. e der Verordnung vom 22. Juni 1994 über die Mehrwertsteuer (MWSTV 1994; AS 1994 1464) und Art. 18 Ziff. 19 lit. e des Bundesgesetzes vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (MWSTG 1999; AS 2000 1300).  
 
2.3.7. Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009 lehnt sich inhaltlich an das Richtlinienrecht der Europäischen Union an (Kommentar des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 22. Juni 1994 zur MWSTV 1994 [nachfolgend: Kommentar EFD], BBl 1994 III 530, insb. S. 545 zu Art. 14 Ziff. 15 MWSTV 1994; Urteile 2C_299/2009 vom 28. Juni 2010 E. 3.1, in: ASA 79 S. 563, RDAF 2010 II S. 494; 2C_686/2007 vom 19. Mai 2008 E. 2.3.3). Im Unterschied dazu ist in Art. 135 Abs. 1 lit. f MwStSystRL, der Parallelbestimmung des Richtlinienrechts, allerdings nur von "Wertpapieren" die Rede. Die hier interessierenden "Wertrechte" finden keine Erwähnung. Dasselbe ergibt sich aus § 4 Nr. 8 lit. e UStG/DE ("... die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren...") und Art. 261C Abs. 1 lit. e CGI/FR ("Les opérations, autres que celles de garde et de gestion portant sur les actions, les parts de sociétés ou d'associations, les obligations et les autres titres...").  
 
2.3.8. Es fragt sich, welche Bedeutung dem Begriff "Wertrecht" im mehrwertsteuerlichen Zusammenhang zukommt. Aus dem Mehrwertsteuerrecht heraus ergeben sich keine Anhaltspunkte. Auf Verordnungsstufe ist der Begriff "Wertpapier" anzutreffen, nicht aber jener des "Wertrechts" (Art. 66 lit. d und Art. 134 lit. c der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 [MWSTV 2009; SR 641.201]). Die rechtliche Regelung der Wertrechte in anderen Erlassen ist zu berücksichtigen, zumal die Einheit der Rechtsordnung im Abgaberecht besonders wünschbar ist (BGE 144 II 273 E. 2.2.7 S. 278; 143 II 8 E. 7.3 S. 23 f.; 143 II 685 E. 4.2.1 S. 690). Ins Obligationenrecht hat der Begriff des Wertrechts erst am 1. Januar 2010 (Art. 973c OR) Eingang gefunden.  
Der Rechtsbegriff wurde in Art. 2 lit. a des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (BEHG; SR 954.1) verwendet, und zwar in der vom 1. Februar 1997 bis zum 1. Januar 2016 geltenden Fassung (AS 1997 2044). Danach setzte der Oberbegriff der "Effekten" sich zusammen aus den "vereinheitlichten und zum massenweisen Handel geeigneten Wertpapieren, nicht verurkundeten Rechten mit gleicher Funktion (Wertrechte) und Derivaten". Der Bundesrat begründete die Notwendigkeit des BEHG unter anderem damit, dass der "internationale Trend zur Entmaterialisierung der Beteiligungsrechte und die Abkehr von eigentlichen Schuldurkunden (...) im Verkehr mit blossen Wertrechten eine gewisse Rechtsunsicherheit mit einem entsprechenden Handlungsbedarf für das schweizerische Recht geschaffen" habe (Botschaft vom 24. Februar 1993 zu einem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel, BBl 1993 I 1369, insb. Ziff. 112 S. 1374). Eine nähere Definition blieb aus. 
Art. 2 lit. a BEHG ist mittlerweile aufgehoben worden, nachdem das Bundesgesetz vom 3. Oktober 2008 über Bucheffekten (BEG; SR 957.1) gewisse Funktionen des BEHG übernommen hat. Gemäss Art. 5 lit. g BEG gelten als Wertrechte die "Rechte im Sinne von Art. 973c OR", wobei Art. 973c OR nur die "Eckpunkte des rechtlichen Regimes, dem Wertrechte unterworfen sind", umreissen soll (Botschaft vom 15. November 2006 zum Bucheffektengesetz sowie zum Haager Wertpapierübereinkommen [nachfolgend: Botschaft BEG], BBl 2006 9315, insb. 9393 zu E-Art. 973c OR). An anderer Stelle führt der Bundesrat immerhin folgendes aus (Ziff. 1.2.4 S. 9328) : 
 
"Mit Erlass des BEHG fand das Konzept der Wertrechte gesetzliche Verankerung. Artikel 2 Bst. a BEHG definiert Wertrechte als nicht verurkundete Rechte mit gleicher Funktion wie vereinheitlichte und zum massenweisen Handel geeignete Wertpapiere. Allerdings weist diese Legaldefinition keinen materiellen Gehalt auf; insbesondere sagt sie nicht, wann nicht verurkundete Rechte die gleiche Funktion aufweisen wie Wertpapiere. Bei den Wertrechten ist die Loslösung des Rechts von der Urkunde vollständig verwirklicht. Sie haben nach in der Schweiz herrschender Lehre keinen dinglichen Charakter mehr, sondern stellen rein obligatorische Rechte dar. Daraus wird abgeleitet, dass sie nach zessionsrechtlichen Grundsätzen (Art. 164 ff. OR) übertragen und nach den Vorschriften über die Forderungsverpfändung (Art. 899 f. ZGB) verpfändet werden. Das heisst insbesondere, dass für die Abtretung ein schriftlicher Abtretungsvertrag (Art. 165 Abs. 1 OR) und für die Verpfändung ein schriftlicher Pfandvertrag (Art. 900 Abs. 1 ZGB) erforderlich ist." 
 
 
2.3.9. Wertrechte sind entmaterialisiert. Im Unterschied zu den Wertpapieren geht ihnen das körperliche Element ab. Im Übrigen haben die Werterechte dieselbe Funktion wie Wertpapiere (Art. 973c Abs. 1 OR). Aufgrund der Entmaterialisierung ergibt sich die Zuordnung der Rechtszuständigkeit nicht aus dem Besitz der Urkunde, sondern aus den Büchern des Schuldners. Dieser ist verpflichtet, über die von ihm ausgegebenen Wertrechte ein Buch zu führen, in das die Anzahl und die Stückelung der ausgegebenen Wertrechte sowie die Gläubiger einzutragen sind. Als Buch gilt insbesondere auch die Buchhaltung des Schuldners, soweit daraus die geforderten Angaben hervorgehen (Art. 973c Abs. 2 OR). Das Wertrecht entsteht mit der Eintragung in das Buch und besteht nach Massgabe dieser Eintragung (Art. 973c Abs. 3 OR). Es ist zedierbar und verpfändbar (Art. 973c Abs. 4 OR; Botschaft BEG, a.a.O., S. 9393 f. zu E-Art. 973c OR).  
 
2.4.  
 
2.4.1. Die ESTV vertritt entgegen der Vorinstanz die Auffassung, die streitbetroffenen Emissionsminderungszertifikate der Typen CER und VER (Sachverhalt, lit. A) fielen unter die Wertrechte. Gegen eine Unterstellung der genannten Emissionsminderungszertifikate unter Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009 spricht zunächst, dass diese Steuerausnahme, die wie alle übrigen Ausnahmetatbestände eher eng auszulegen ist (vorne E. 2.3.5), ihrem Charakter nach auf den Bereich der Banken zugeschnitten ist. Dies darf im schweizerischen Mehrwertsteuerrecht als unbestritten bezeichnet werden. Als der Bundesrat erstmals vertieft an die Einführung einer Mehrwertsteuer dachte, erklärte er, unter die "nicht besteuerten Leistungen" fielen auch die "Dienstleistungen im Bankwesen" (Botschaft vom 24. März 1976 über die verfassungsmässige Neuordnung des Finanz- und Steuerrechts des Bundes, BBl 1976 I 1384, insb. S. 1424 zu Ziff. 664 lit. e).  
 
2.4.2. Auch wenn es noch bis ins Jahr 1993 dauerte (BBl 1994 I 460), bis die Schaffung einer Verfassungsgrundlage gelang, blieb es dabei, dass die Steuerausnahme auf Bankdienstleistungen beschränkt bleiben sollte. So erläuterte das Eidgenössische Finanzdepartement den Art. 14 Ziff. 15 MWSTV 1994 dahingehend, dass es - "entsprechend den Regelungen, welche auch die Mitgliedstaaten der EU kennen" - grundsätzlich um die klassischen Banktransaktionen gehe (Kommentar EFD, a.a.O., insb. S. 545 zu Art. 14 Ziff. 15 MWSTV 1994). Von derselben Überlegung liessen sich die Eidgenössischen Räte bei Ausarbeitung des MWSTG 1999 leiten. Wiederum findet sich die Bezugnahme auf die Europäische Union, die "klassischen Bankdienstleistungen" und zusätzlich der Hinweis darauf, dass die Emission von und der Handel mit Wertpapieren "bereits im Rahmen der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben steuerlich erfasst werden" (Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates zur parlamentarischen Initiative Dettling, BBl 1996 V 713, insb. S. 750 zu Art. 17 Ziff. 16 E-MWSTG 1999).  
 
2.4.3. In der Schweiz, die das Emissionshandelssystem (EHS) in Art. 15 ff. CO2-G 2011 regelt (vorne E. 2.2.3), besteht aufgrund des geringen Marktvolumens kein Börsenhandel mit Emissionsrechten. Der Handel erfolgt deshalb ausschliesslich bilateral zwischen den wenigen Anlagenbetreibern und etwaigen Zwischenhändlern (Botschaft vom 1. Dezember 2017 zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Union zur Verknüpfung der Emissionshandelssysteme und über seine Umsetzung, BBl 2018 411, insb. 416 zu Ziff. 1.1). Demgegenüber können Emissionsrechte aus der Europäischen Union an verschiedenen Börsen und bilateral gehandelt werden (417 zu Ziff. 1.1). Aufgrund der beschlossenen, aber noch dem Referendum unterliegenden Verknüpfung des schweizerischen EHS und jenes der Europäischen Union könnten auch inländische Emissionsminderungszertifikate börslich gehandelt werden, wobei es dabei nicht um Börsenverkehr im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009 geht.  
 
2.4.4. Zur Emission von und dem Handel mit Wertpapieren hielt das Eidgenössische Finanzdepartement nach dem Gesagten schon bei Einführung der MWSTV 1994 fest, dass "derartige Geschäfte bereits im Rahmen der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben steuerlich erfasst würden", weshalb die Erhebung der Mehrwertsteuer "in diesem Bereich ebensowenig zweckmässig [wäre] wie bei den Versicherungsleistungen" (Kommentar EFD, a.a.O., S. 545 f. zu Art. 14 Ziff. 15 MWSTV 1994; siehe auch S. 545 zu Art. 14 Ziff. 14 MWSTV 1994). Dies spricht dafür, dass auch nach geltendem Recht die "Umsätze (Kassa- und Termingeschäfte), einschliesslich Vermittlung von Wertpapieren, Wertrechten und Derivaten", von welchen Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009 spricht, auf jenen Handel beschränkt ist, der zur Umsatzabgabe nach Art. 13 ff. des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG; SR 641.10) führt. Dies entspräche dem Gebot der Einheit der Rechtsordnung, die im Abgaberecht besonders wünschbar ist (vorne E. 2.3.8). Abgabeobjekt der Umsatzabgabe ist der Umsatz mit inländischen und ausländischen Obligationen, Aktien, Anteilscheinen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung und von Genossenschaften, Partizipationsscheinen, Genussscheinen, Anteilscheinen von Anlagefonds sowie Papieren, die das StG den genannten Urkunden gleichstellt (Art. 1 Abs. 1 lit. b StG). Emissionsminderungszertifikate gemäss Art. 2 Abs. 4 CO2-G 2011 fallen nicht unter die in Art. 1 Abs. 1 lit. b StG abschliessend genannten Urkunden und sind diesen auch nicht gleichgestellt. Es besteht keine Gefahr der doppelten Belastung mit Umsatzabgabe und Mehrwertsteuer (vorne E. 2.4.2).  
 
2.4.5. Die ESTV zieht ferner die Parallele zwischen Wertpapieren und Wertrechten. Abgesehen davon, dass es bei Umsätzen mit Emissionsminderungszertifikaten aus den eben dargelegten Gründen ohnehin zu keiner verpönten doppelten Belastung mit Umsatzabgabe und Mehrwertsteuer kommen kann, lässt sich nicht mit Recht sagen, die hier streitbetroffenen Emissionsminderungszertifikate fielen unter die Wertrechte. Damit den Emissionsminderungszertifikaten der Charakter eines Wertrechts beigemessen werden könnte, müsste der Bund, der das Emissionshandelsregister führt, zunächst die Zertifikate ausgeben. Mit der konstitutiven Aufnahme der Zertifikate in das Buch (Art. 973c Abs. 2 und 3 OR) müsste er anerkennen, dass er als Schuldner dem Inhaber des Emissionsminderungszertifikats als Gläubiger etwas schuldet. Wie zu zeigen ist, fehlt es in verschiedenerlei Hinsicht an diesen Voraussetzungen:  
 
- Das Emissionsminderungszertifikat wird nicht vom Bund ausgegeben, sondern von einem Projektanten erstellt und von einer akkreditierten Prüfstelle validiert. Es verkörpert keine Forderung des Inhabers gegen den Bund. Als solche Forderung käme einzig die Rückerstattung der CO2-Abgabe in Betracht, eine andere Leistung ist nicht ersichtlich. 
- Die Befreiung von bzw. Rückerstattung der CO2-Abgabe erfolgt nach binärer Codierung (Ja oder Nein), wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Voraussetzungen können zum Teil mit der Abgabe von Zertifikaten erfüllt werden. Das Emissionsminderungszertifikat verkörpert also keine bestimmte Forderungssumme in dem Sinn, dass der Bund gegen Abgabe eines Zertifikats mit dem Betrag Fr. x die CO2-Abgabe im Umfang von Fr. x zurückerstattet. 
- Das Emissionsminderungszertifikat bestätigt vielmehr, dass irgendwo im Ausland gewisse Emissionsreduktionen stattgefunden haben und ermächtigt den Inhaber unter bestimmten Voraussetzungen, diese an seine Reduktionsverpflichtungen anzurechnen; es kann damit dazu beitragen, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung/Rückerstattung der CO2-Abgabe erfüllt sind. 
- Wird ein erforderliches Emissionsminderungszertifikat nicht abgegeben, erfolgt aber keine entsprechende Belastung mit der CO2-Abgabe, sondern es wird in diesem Umfang eine finanzielle Sanktion auferlegt, die zwischen Fr. 125.-- und Fr. 160.-- pro Tonne beträgt (Art. 21, 28 und 32 CO2-G 2011). Oder umgekehrt: Wird das Zertifikat abgegeben, so muss im entsprechenden Umfang keine Sanktion bezahlt werden. Insofern ist das Zertifikat zwar, abstrakt gesehen, äquivalent zu einer bestimmten Einheit CO2 bzw. im Ergebnis auch äquivalent zum Betrag, der als Sanktion zu bezahlen ist, wenn die erforderlichen Zertifikate nicht abgegeben werden. Aber es verkörpert, wie dargelegt, keine Forderung des Inhabers gegenüber dem Bund. Zudem ist dieser Sanktionsbetrag nicht fix, sondern er variiert zwischen Fr. 125.-- und Fr. 160.-- pro Tonne. 
- Schliesslich hat das Zertifikat nicht für jedermann einen Wert, sondern nur für diejenigen Unternehmen, die Reduktionsverpflichtungen mit Emissionsminderungszertifikaten abgelten können. Es hängt dabei von individuellen Gegebenheiten des betreffenden Unternehmens ab, ob und wie weit Zertifikate an die Emissionsminderungsverpflichtungen angerechnet werden können (Art. 48 f., 55a und Art. 75 CO2-V 2012). Diese Anrechnungsmöglichkeiten sind sehr beschränkt. 
Zusammenfassend kann nicht gesagt werden,  das Zertifikat berechtige den jeweiligen Inhaber  per se, eine bestimmte Menge Emissionsreduktionen anzurechnen (und damit einen bestimmten Sanktionsbetrag einzusparen); dies ist erst bei erfüllten individuellen Gegebenheiten der Fall. Diese Konzeption widerspricht dem Wesen eines Wertpapiers (bzw. eines Wertrechts als entmaterialisierte Form des Wertpapiers), wonach  dem jeweiligen Inhaber eine bestimmte Forderung gegenüber dem Schuldner zusteht, die von keinen individuellen Umständen abhängt.  
 
2.4.6. Bei aller im Abgaberecht wünschbaren Einheit der Rechtsordnung (vorne E. 2.3.8) ist mithin für mehrwertsteuerliche Zwecke eine Unterstellung der Emissionsminderungszertifikate unter Art. 973c OR nicht sachgerecht und daher ausgeschlossen. Emissionsminderungszertifikate werden von den "Wertrechten" gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG 2009 nicht erfasst. Sie sind mit den klassischen handelsrechtlichen "Wertpapieren, Wertrechten und Derivaten" nicht vergleichbar, weshalb deren Übertragung als steuerbare Dienstleistung zu qualifizieren ist. Diese Qualifikation entspricht der Rechtslage, wie sie im Bereich des mehrwertsteuerlichen Richtlinienrechts der Europäischen Union herrscht. Es kann nicht davon gesprochen werden, das inländische Mehrwertsteuerrecht wolle bewusst von der Regelung der EU abweichen und einen eigenständigen Weg beschreiten (vorne E. 2.2.5).  
 
2.5. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.  
 
2.6.  
 
2.6.1. Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der ESTV aufzuerlegen.  
 
2.6.2. Die ESTV hat der Steuerpflichtigen, die sich durch eine Beratungsgesellschaft vertreten lässt, eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 9 des Reglements des Bundesgerichts vom 31. März 2006 über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht [SR 173.110.210.3]).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 6'000.-- sind der Eidgenössischen Steuerverwaltung aufzuerlegen. 
 
3.  
Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. April 2019 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher