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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
7B.153/2003 /min 
 
Urteil vom 17. Juli 2003 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl, 
Gerichtsschreiberin Scholl. 
 
Parteien 
K.________ AG, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern, Hochschulstrasse 17, Postfach 7475, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Lohnpfändung/Abtretung, 
 
SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern vom 13. Juni 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 20. November 2001 vollzog das Betreibungs- und Konkursamt X.________ in der Betreibung Nr. ... der Bank B.________ (Gläubigerin) gegen K.________ (Schuldner) die Pfändung. Anlässlich des Pfändungsvollzugs gab K.________ an, von seiner Arbeitgeberin, der K.________ AG, lediglich ein "Taschengeld" von monatlich Fr. 500.-- zu beziehen. Diese Angabe hielten sowohl das Betreibungsamt als auch die Bank B.________ für "suspekt". Dementsprechend berechnete das Betreibungsamt das Existenzminimum mit den von der Gläubigerin verlangten Zahlen (Nettolohn Fr. 3'500.--) und pfändete die den Notbedarf übersteigende Lohnquote (Lohnpfändung Gruppe Nr. ...). Die Anzeige der Lohnpfändung wurde der K.________ AG (Drittschuldnerin) als Arbeitgeberin des Schuldners mitgeteilt. 
 
Die K.________ AG leistete in der Folge keine Zahlungen an das Betreibungsamt. Nach Ablauf des Lohnpfändungsjahres wurde die K.________ AG auf die ausstehenden Lohnraten aufmerksam gemacht. Nachdem diese Mahnung erfolglos blieb, überwies das Betreibungsamt am 28. März 2003 die Lohnforderungen der Bank B.________ zur Eintreibung im Sinne von Art. 131 Abs. 2 SchKG
 
Auf Verlangen der K.________ AG bestätigte das Betreibungsamt die Forderungsüberweisung an die Bank B.________ am 28. April 2003 mit einer anfechtbaren Verfügung. 
B. 
Dagegen gelangte die K.________ AG mit Beschwerde an die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern. Nachdem die Bank B.________ auf eine Weiterführung der Forderungseintreibung verzichtet hatte und ihr in der Betreibung Nr.... gegen K.________ ein definitiver Verlustschein ausgestellt wurde, stellte die Aufsichtsbehörde am 13. Juni 2003 die Gegenstandslosigkeit der Beschwerde fest. 
C. 
Die K.________ AG gelangt mit Beschwerde vom 7. Juli 2003 (rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sie beantragt die Aufhebung der Forderungsüberweisung an die Bank B.________. 
Die Aufsichtsbehörde hat unter Hinweis auf die Akten und die Motive ihres Entscheids auf Gegenbemerkungen verzichtet (Art. 80 OG). 
 
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
Die Kammer zieht in Erwägung: 
1. 
Mit Beschwerde an das Bundesgericht nach Art. 19 SchKG kann einzig geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid beruhe auf einer Verletzung von Bundesrecht oder von völkerrechtlichen Verträgen des Bundes; dagegen bleibt wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte des Bürgers die staatsrechtliche Beschwerde vorbehalten (Art. 43 Abs. 1 i.V.m. Art. 81 OG; BGE 107 III 11 E. 1 S. 12; 126 III 30 E. 1c S. 32). Demzufolge kann nicht auf die Beschwerde eingetreten werden, soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, des Willkürverbotes und Art. 6 EMRK geltend macht. 
2. 
Sind alle pfändenden Gläubiger einverstanden, so können sie oder einzelne von ihnen, ohne Nachteil für ihre Rechte gegenüber dem betriebenen Schuldner, gepfändete Ansprüche im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr geltend machen. Sie bedürfen dazu der Ermächtigung des Betreibungsamtes (Art. 131 Abs. 2 SchKG). Diese Verwertungsart ist vor allem auf strittige Geldforderungen zugeschnitten. Insbesondere zur Eintreibung gepfändeter Lohnforderungen, welche der Arbeitgeber nicht an das Betreibungsamt abgeliefert hat, kann eine Forderungsüberweisung angezeigt sein (Fritzsche/Walder, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, 1984, § 30 N. 28). 
3. 
Es stellt sich zunächst die Frage, ob die Beschwerdeführerin als Drittschuldnerin überhaupt legitimiert ist, die Verfügung des Betreibungsamtes anzufechten. 
3.1 Die Forderungsüberweisung von Art. 131 Abs. 2 SchKG weist eine gewisse Analogie mit der Abtretung nach Art. 260 SchKG auf. In Anwendung dieser Bestimmung hat das Bundesgericht erkannt, dass ein Drittschuldner in aller Regel nicht gegen die Abtretungsverfügung des Betreibungsamtes beschwerdelegitimiert ist (BGE 74 III 72 S. 74; Urteil des Bundesgerichts 4C.165/2000 vom 23. Oktober 2000, E. 4b; Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 1999, N. 6 zu Art. 260 SchKG; Fritzsche/Walder, a.a.O., Bd. II, 1993, § 51 N. 45a S. 358). Eine Ausnahme ist unter anderem bei einer offensichtlich zu Unrecht erfolgten Abtretung angezeigt (BGE 74 III 72 S. 75). Diese Rechtsprechung kann auch auf die Forderungsüberweisung gemäss Art. 131 Abs. 2 SchKG angewendet werden. 
3.2 Im vorliegenden Fall ist insbesondere zu beachten, dass die Beschwerdeführerin die Ungültigkeit der Forderungsüberweisung ausschliesslich mit dem angeblichen Nichtbestehen der gepfändeten Lohnforderungen begründet. Über Bestand und Höhe einer strittigen Forderung entscheidet jedoch nicht das Betreibungsamt bzw. die Aufsichtsbehörde, sondern einzig der zuständige Richter (BGE 109 III 102 E. 2 S. 105). Gerade weil die Beschwerdeführerin ihre Schuldpflicht bestreitet, ist eine Überweisung zur Eintreibung an die Gläubigerin erfolgt. Erst in einem allfälligen Prozess zwischen diesen beiden Parteien wird schliesslich materiell über den Bestand der Forderung zu entscheiden sein (Staehelin/Bauer/Staehelin, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 1998, N. 26 zu Art. 131 SchKG). Die Drittschuldnerin kann dabei alle Einreden geltend machen, die ihr gegen den Pfändungsschuldner zustehen würden (Staehelin/Bauer/Staehelin, a.a.O., N. 28 zu Art. 131 SchKG; Jaeger/ Walder/Kull/Kottmann, a.a.O., Bd. I, 1997, N. 30 zu Art. 131 SchKG). Die Beschwerdeführerin wird folglich dannzumal ausreichend Gelegenheit haben, das Bestehen der Lohnforderungen zu bestreiten. 
3.3 Unzutreffend ist ebenfalls das Vorbringen der Beschwerdeführerin, durch eine allfällige Abweisung der Beschwerde würde die Gläubigerin über einen Rechtsöffnungstitel gegen sie verfügen: Weder die Verfügung des Betreibungsamtes bezüglich der Überweisung der Forderung zur Eintreibung an die Gläubigerin, noch deren Verlustschein aus der Betreibung gegen den Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin stellen in einer Betreibung gegen diese einen Rechtsöffnungstitel dar. 
4. 
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob die Beschwerde an die Aufsichtsbehörde durch den (zeitweiligen) Verzicht der Gläubigerin auf Geltendmachung der Forderung tatsächlich gegenstandslos wurde. 
 
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG). 
 
Demnach erkennt die Kammer: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin (Bank B.________), dem Betreibungs- und Konkursamt X._________ und der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 17. Juli 2003 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Die Gerichtsschreiberin: