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[AZA 0/2] 
5C.130/2001/bie 
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ******************************** 
 
 
23. Juli 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung, 
Merkli, Meyer und Gerichtsschreiber von Roten. 
 
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In Sachen 
X.________ GmbH, Verwaltungen und Treuhand, Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Fürsprecher Heinz Leuenberger-Thenisch, Kasinostrasse 15, 5000 Aarau, 
 
gegen 
Konkursmasse Z.________ AG, Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Karl Wüthrich, Goldbach-Center, Seestrasse 39, 8700 Küsnacht ZH, 
 
betreffend 
paulianische Anfechtungsklage, 
wird im Verfahren nach Art. 36a OG 
festgestellt und in Erwägung gezogen: 
 
1.- Am 4. Juni 1993 trat die Z.________ AG ihre Forderungen gegen die Y.________ GmbH von DM 178'848.-- an die X.________ GmbH ab. Den einkassierten Betrag verrechnete die X.________ GmbH im Umfang von Fr. 61'448. 90 mit Honorarforderungen, die ihr gegen die Z.________ AG aus dem Vollzug eines für diese bestätigten Nachlassvertrags zustanden. Am 6. September 1993 wurde über die Z.________ AG der Konkurs eröffnet. Das Konkursamt als eingesetzte Konkursverwaltung focht die Forderungsabtretung an. Das Bezirksgericht Lenzburg verpflichtete die X.________ GmbH, der Konkursmasse Z.________ AG Fr. 61'448. 90 zuzüglich Verzugszins zu bezahlen. 
Die dagegen gerichtete Appellation der X.________ GmbH wies das Obergericht (1. Zivilkammer) des Kantons Aargau ab (Urteil vom 2. März 2001). Mit eidgenössischer Berufung beantragt die X.________ GmbH dem Bundesgericht die Abweisung der Klage. Das Obergericht hat auf das Anbringen von Bemerkungen verzichtet. Es ist keine Berufungsantwort eingeholt worden. 
 
 
2.- Unbestrittenermassen sind hier die Bestimmungen über die Anfechtungsklage in der Fassung vor dem 1. Januar 1997 anwendbar (Art. 285 ff. aSchKG). Das Obergericht hat die Tatbestände von Art. 287 Abs. 1 Ziffern 1 und 2 aSchKG (Überschuldungsanfechtung) wie auch den Tatbestand von Art. 288 aSchKG (Absichtsanfechtung) für erfüllt gehalten. 
Die Beklagte wendet sich gegen einzelne Voraussetzungen aller drei Klagegutheissungsgründe. 
 
a) Anfechtbar ist gemäss Art. 287 Abs. 1 Ziffer 1 aSchKG die "Begründung eines Pfandrechtes zur Sicherung bereits bestehender Verbindlichkeiten, deren Erfüllung sicherzustellen der Schuldner nicht schon früher verpflichtet war", sofern der Schuldner diese Rechtshandlung innerhalb der letzten sechs Monate vor der Konkurseröffnung vorgenommen hat und im Zeitpunkt der Vornahme bereits überschuldet war. 
Die Beklagte räumt ein, dass unter gewissen Umständen Zessionen, insbesondere wenn sie als Sicherungszessionen erfolgen, einem Pfandrecht gleichzustellen sind, mithin unter Art. 287 Abs. 1 Ziffer 1 aSchKG fallen dürften. Grund für die Forderungsabtretung sei indessen die Verhinderung der drohenden Verarrestierung der Forderung durch einen Dritten gewesen. 
Die Behauptung der Klägerin, wonach die Abtretung auch zur Sicherstellung der Honorarforderung der Beklagten erfolgt sei, lasse sich mit den Akten nicht stützen. Diesbezüglich hält die Beklagte einzig und allein den Willen der Parteien für ausschlaggebend. 
 
b) Der Vertrag über die Abtretung einer Forderung kommt - wie jeder andere auch - durch Austausch übereinstimmender Willenserklärungen der beteiligten Parteien zustande und ist im Sonderfall der Sicherungszession mit der obligatorischen Sicherungsabrede verbunden, in deren Mittelpunkt der Sicherungszweck der Übertragung steht und die den Zessionar unter anderem zur Rückzession der sicherungshalber erhaltenen Forderung verpflichtet, sobald seine Forderung erfüllt ist. Zession und Sicherungsabrede unterstehen den allgemeinen Vorschriften über das Zustandekommen und den Inhalt von Verträgen. Im Streit darüber hat der Sachrichter vorab zu prüfen, ob die Parteien sich tatsächlich übereinstimmend geäussert, verstanden und in diesem Verständnis geeinigt haben (Art. 1 und Art. 18 Abs. 1 OR). Lässt sich der wirkliche Parteiwille nicht feststellen, so ist anhand des Vertrauensgrundsatzes (Art. 2 Abs. 1 ZGB) der mutmassliche Parteiwille zu ermitteln. Die sachrichterliche Feststellung einer tatsächlichen Willensübereinstimmung ist für das Bundesgericht - die Ausnahmen von Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG vorbehalten - verbindlich, während im Berufungsverfahren als Rechtsfrage frei überprüft werden kann, wie die Parteien die gegenseitigen Willensäusserungen nach Treu und Glauben verstehen durften und mussten (BGE 123 III 35 E. 2b S. 39; 126 III 375 E. 2e/aa S. 379; statt vieler: 
Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2 Bde. , 7.A. Zürich 1998, N. 1196 ff. zur Auslegung, N. 1028, 3542, 3550 und 3899 zur Sicherungszession, je mit Nachweisen). 
 
Zur Streitfrage, was im Zusammenhang mit der Forderungsabtretung von den Parteien verabredet worden ist, hat das Obergericht festgehalten, die Beklagte habe dem Konkursamt am 30. Mai 1996 geschrieben, sie hätte ohne eine Bezahlung (scil. durch Verrechnung) ihr Mandat (scil. betreffend Nachlassvertrag) sofort niedergelegt. Die Zession erwähne keinen Inkassozweck, sie enthalte Gegenteils den Passus "Abtretung mit allen Rechten und Pflichten". Besonders aufschlussreich seien in diesem Zusammenhang die Aussagen des Zeugen V.________. Vor Vorinstanz zum Zweck der Abtretung befragt, habe er als Erstes die Verhinderung der Verarrestierung genannt und nahtlos die Aussage angefügt, dass Herr R.________ bzw. die Beklagte einen grossen Teil der Honorare offen gehabt habe; der Zeuge wolle auch mit Herrn R.________ besprochen haben, dass die Beklagte aus dem Erlös der Abtretung vorerst ihre Honorare begleichen dürfe. Das Obergericht hat aus alledem gefolgert, damit sei nachgewiesen, dass der Wille der Parteien sich auch auf Sicherung gerichtet und die Abtretung auch Sicherungszwecken und nicht nur Inkassozwecken gedient habe (E. 3b S. 9 des obergerichtlichen Urteils). 
 
Was das Obergericht ermittelt hat, ist mit Blick auf die wiedergegebenen Ausführungen die wirkliche Willensübereinstimmung bezüglich der Sicherungsabrede ("nachgewiesen") und nicht der objektivierte Sinngehalt vertragsbezogener Parteierklärungen ("verstehen durften und mussten"). Die Beklagte widerspricht den Feststellungen, wie die Akten und die Aussage des Zeugen zu würdigen seien. Darauf kann nicht eingetreten werden, nachdem die Beklagte keine ausnahmsweise zulässigen Sachverhaltsrügen erhebt (Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG; BGE 126 III 59 E. 2a S. 65). Auf Grund der obergerichtlichen Feststellungen hat die mit der Forderungsabtretung getroffene Abrede die Beklagte - entgegen ihrer Darstellung - nicht bloss beauftragt, die abgetretene Forderung zur Verhinderung einer Verarrestierung von dritter Seite einzuziehen, sondern weitergehend berechtigt, sich bei Nichterfüllung der Honoraransprüche aus der eingezogenen Forderung zu befriedigen, was die Beklagte denn auch unter Weiter- bzw. 
Herausgabe des Saldos getan hat. Das aber sind in rechtlicher Hinsicht die Merkmale der Sicherungszession und nicht lediglich einer Inkassozession, wie die Beklagte vorgeben will (vgl. etwa Spirig, Zürcher Kommentar, N. 120 und N. 124 der Vorbemerkungen zu Art. 164-174 OR; Stauder/Stauder-Bilicki, Wirksamkeitsvoraussetzungen für Forderungsabtretungen, insbesondere zu Sicherungszwecken, in der Schweiz, in: Hadding/ Schneider (Hrsg.), Die Forderungsabtretung, insbesondere zur Kreditsicherung, in ausländischen Rechtsordnungen, Berlin 1999, S. 667 ff., S. 777 f. und S. 785). 
 
c) Gegen die Bejahung der zusätzlichen Voraussetzungen der Überschuldungsanfechtung (Zeitpunkt der Vornahme und Überschuldung in diesem Zeitpunkt) wendet die Beklagte nichts ein, so dass das Bundesgericht auch keinen Anlass hat, sich damit näher zu befassen (Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, N. 120 S. 162 bei und in Anm. 11; Corboz, Le recours en réforme au Tribunal fédéral, SJ 2000 II S. 1 ff., S. 59 in Anm. 469; z.B. BGE 123 III 292 E. 8 S. 305). Kann die Gutheissung der Klage aber auf die Erfüllung des Tatbestandes nach Art. 287 Abs. 1 Ziffer 1 aSchKG gestützt werden, hat die Beklagte kein schutzwürdiges Interesse mehr an der Prüfung, ob ein weiterer Tatbestand der Überschuldungsanfechtung (Art. 287 Abs. 1 Ziffer 2 aSchKG) erfüllt oder die Absichtsanfechtung (Art. 288 aSchKG) begründet ist. Die Beurteilung beträfe nur noch einen Streit um Motive (BGE 103 II 155 E. 3 S. 159; 111 II 398 E. 2b S. 399) und führte nicht zum angestrebten Erfolg (BGE 114 II 189 E. 2 S. 190; 116 II 721 E. 6 S. 729; 121 IV 317 E. 1a S. 320). 
 
3.- Die Beklagte unterliegt und wird damit kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts (1. Zivilkammer) des Kantons Aargau vom 2. März 2001 wird bestätigt. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'500.-- wird der Beklagten auferlegt. 
 
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht (1. Zivilkammer) des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt. 
 
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Lausanne, 23. Juli 2001 
 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: