Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_515/2024
Urteil vom 3. April 2025
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichterin van de Graaf, Koch,
Bundesrichter Kölz, Hofmann,
Gerichtsschreiberin Lustenberger.
Verfahrensbeteiligte
Eidgenössische Steuerverwaltung,
Eigerstrasse 65, 3003 Bern,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________ AG,
vertreten durch Advokat Dr. Lukas Bopp,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Entsiegelung,
Beschwerde gegen den Beschluss des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, vom 3. April 2024 (BE.2023.20).
Sachverhalt:
A.
A.a. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (nachfolgend: ESTV) führt eine Strafuntersuchung gegen die B.________ Inc, C.C.________ und D.C.________ wegen Steuerhinterziehung (Art. 175 und Art. 176 DBG [SR 642.11]) bzw. Anstiftung und/oder Gehilfenschaft dazu (Art. 177 DBG), angeblich begangen in den Steuerperioden 2016-2020. Gleichzeitig führt sie eine Strafuntersuchung gegen C.C.________ und D.C.________ wegen fortgesetzter Hinterziehung grosser Steuerbeträge (Art. 175 DBG) bzw. Anstiftung und/oder Gehilfenschaft dazu (Art. 177 DBG) betreffend die Einkommenssteuer von C.C.________, angeblich begangen in den Steuerperioden 2012-2015.
A.b. Mit Verfügung vom 10. November 2021 forderte die ESTV die Bank E.________ zur Einreichung von Unterlagen zu Konten auf, die für C.C.________ als Vertragspartner, als wirtschaftlich Berechtigten oder als Zeichnungsberechtigten in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 geführt worden waren. Die Bank E.________ übermittelte der ESTV daraufhin am 25. November 2021 auf elektronischem Weg diverse Kontounterlagen.
A.c. Nachdem die A.________ AG am 18. November 2021 von der Bank E.________ die Mitteilung erhalten hatte, dass sie von der Aktenedition der ESTV mitbetroffen sei, erhob sie gegen die Durchsuchung der edierten Dokumente bereits am 23. November 2021 bei der ESTV Einsprache. Als Begründung gab sie an, die zu edierenden Dokumente würden Geschäftsgeheimnisse enthalten.
A.d. Mit Verfügung vom 9. Dezember 2021 verneinte der zuständige Untersuchungsleiter der ESTV im Einspracheverfahren die Siegelungsberechtigung der A.________ AG und wies die von ihr erhobene Einsprache gegen die Durchsuchung der streitigen Bankdokumente ab. Eine dagegen von der A.________ AG erhobene Beschwerde wies die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts am 14. Juli 2022 ab. Mit Urteil 7B_97/2022 vom 28. September 2023 hiess das Bundesgericht eine von der A.________ AG hiergegen erhobene Beschwerde gut. In der Begründung hielt es insbesondere fest, dass die ESTV für die edierten und provisorisch versiegelten Bankunterlagen von Amtes wegen ein förmliches Entsiegelungsverfahren bei der Beschwerdekammer einzuleiten und die A.________ AG daran zu beteiligen habe.
B.
B.a. Am 6. November 2023 stellte die ESTV bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts ein Entsiegelungsgesuch und ersuchte um Ermächtigung, die von der Bank E.________ gestützt auf die Editionsverfügung vom 10. November 2021 edierten Bankunterlagen zu entsiegeln und zu durchsuchen.
B.b. Mit Beschluss vom 3. April 2024 wies die Beschwerdekammer das Gesuch um Entsiegelung ab.
C.
Die ESTV beantragt mit Beschwerde in Strafsachen vor Bundesgericht die Aufhebung dieses Beschlusses. Das Bundesstrafgericht sei anzuweisen, ihr Entsiegelungsgesuch vom 6. November 2023 in der Sache zu prüfen. Eventualiter sei das Entsiegelungsgesuch gutzuheissen und sie, die ESTV, sei zu ermächtigen, den versiegelten Datenträger zu entsiegeln und zu durchsuchen.
Während die A.________ AG verlangt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, verzichtet die Vorinstanz ausdrücklich auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde.
Dem Verfahrensantrag der ESTV, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen, wurde mit Verfügung vom 24. Mai 2024 entsprochen.
Erwägungen:
1.
1.1. Angefochten ist ein Beschluss der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts betreffend Entsiegelung edierter Bankunterlagen. Hiergegen steht die Beschwerde in Strafsachen grundsätzlich offen (Art. 78 Abs. 1, Art. 79 und Art. 80 Abs. 1 BGG ; vgl. Urteil 7B_97/2022 vom 28. September 2023 E. 1 mit Hinweisen).
1.2. Ist die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen einer Verwaltungsbehörde des Bundes übertragen, so findet das VStrR Anwendung (Art. 1 VStrR). Die ESTV ist für die Führung besonderer Untersuchungen schwerer Steuerwiderhandlungen nach Art. 190 ff. DBG zuständig (Art. 190 Abs. 1 und Art. 192 DBG in Verbindung mit Art. 19-50 VStrR ). Als untersuchende Behörde ist sie nach Art. 81 Abs. 1 BGG analog der Staatsanwaltschaft zur Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Entsiegelungsantrags legitimiert (vgl. Urteil 1B_611/2019 vom 17. Dezember 2020 E. 1.3 f.).
1.3. Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren gegen die B.________ Inc, C.C.________ und D.C.________ nicht ab. Es handelt sich dabei vielmehr um einen Zwischenentscheid. Da er weder die Zuständigkeit noch Ausstandsfragen betrifft (vgl. Art. 92 BGG), ist die Beschwerde dagegen nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nur zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Legt die Untersuchungsbehörde dar, dass ihr bei der Aufklärung eines Verbrechens oder Vergehens durch den angefochtenen Entscheid ein empfindlicher Beweisverlust droht, ist dieses Erfordernis nach der Rechtsprechung grundsätzlich erfüllt (vgl. Urteile 7B_733/2024 vom 31. Januar 2025 E. 1; 7B_54/2023 vom 12. Oktober 2023 E. 1.2; je mit Hinweis).
Dies ist vorliegend der Fall. Die Beschwerdeführerin zeigt ausführlich und nachvollziehbar auf, inwiefern Konten der Beschwerdegegnerin mutmasslich zur Begehung von Steuerwiderhandlungen verwendet wurden und dass die Kontounterlagen für die Strafuntersuchung wesentlich sind. Mit ihren Ausführungen ist hinreichend dargetan, dass ihr als Untersuchungsbehörde ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht, wenn die edierten Bankunterlagen dem angefochtenen Beschluss entsprechend der Beschwerdegegnerin zurückzugeben sind.
1.4. Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen ebenfalls erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
1.5. Zu präzisieren bleibt Folgendes: In ihrem Hauptantrag verlangt die Beschwerdeführerin, die Vorinstanz sei anzuweisen, das Entsiegelungsgesuch in der Sache zu prüfen, und sie wirft ihr in der Beschwerdebegründung formelle Rechtsverweigerung vor. Dies ist insofern missverständlich, als die Vorinstanz das Entsiegelungsgesuch in der Sache sehr wohl geprüft hat. Sie weist es mit der - auf einen formellen Aspekt abzielenden - Begründung ab, dass der Beschwerdeführerin ein schwerer, nicht heilbarer Verfahrensmangel unterlaufen sei. Eine formelle Rechtsverweigerung ist in diesem Vorgehen, das eine Prüfung in der Sache beinhaltet, nicht erkennbar (vgl. für die gleiche Konstellation Urteil 7B_367/2024 vom 17. Juli 2024 E. 1.5 mit Hinweisen). Entsprechend der Beschwerdebegründung, die für die Auslegung von Rechtsbegehren herangezogen werden kann (vgl. BGE 147 V 369 E. 4.2.1; 137 II 313 E. 1.3), ist der Antrag der Beschwerdeführerin jedoch so zu verstehen, dass die Vorinstanz anzuweisen sei zu prüfen, ob schutzwürdige Geheimnisinteressen einer Entsiegelung entgegenstehen.
2.
2.1. Gemäss Art. 191 Abs. 1 DBG richtet sich das Verfahren wegen des Verdachts schwerer Steuerwiderhandlungen gegenüber dem mutmasslichen Täter, dem Gehilfen und dem Anstifter nach Art. 19-50 VStrR . Die Bestimmungen der StPO sind insoweit ergänzend oder sinngemäss anwendbar, als das VStrR dies ausdrücklich festlegt. Soweit das VStrR einzelne Fragen nicht abschliessend regelt, sind die Bestimmungen der StPO grundsätzlich analog anwendbar (BGE 139 IV 246 E. 1.2; Urteile 7B_97/2022 vom 28. September 2023 E. 2; 1B_91/2016 vom 4. August 2016 E. 4.1; je mit Hinweisen). Insbesondere im Bereich der Durchsuchung von Papieren gemäss Art. 50 VStrR bietet es sich grundsätzlich an, auf die Regeln und die Praxis zur Durchsuchung von Aufzeichnungen nach Art. 246 ff. StPO zurückzugreifen (KONRAD JEKER, in: Basler Kommentar Verwaltungsstrafrecht, 2020, N. 20 zu Art. 50 VStrR).
Die besagten Bestimmungen der StPO wurden mit Wirkung ab 1. Januar 2024 teilweise revidiert und neu gefasst. Der angefochtene Beschluss datiert vom 3. April 2024, weshalb vorliegend nach Art. 448 Abs. 1 StPO das neue Recht zur Anwendung gelangt.
2.2.
2.2.1. Edierte Gegenstände und Aufzeichnungen, die als Beweismittel von Bedeutung sein können, dürfen von der Untersuchungsbehörde gestützt auf Art. 46 Abs. 1 lit. a VStrR beschlagnahmt bzw. vorläufig sichergestellt werden (Urteil 7B_97/2022 vom 28. September 2023 E. 4.1). Den Inhaber oder die Inhaberin eines zu beschlagnahmenden Gegenstands trifft nach Art. 47 Abs. 1 VStrR - analog Art. 265 Abs. 1 StPO - eine Herausgabepflicht. Die Edition stellt ein Surrogat für eine zwangsweise Behändigung von Unterlagen und Dokumenten im Rahmen einer Hausdurchsuchung dar. Sie dient der Sicherstellung der Unterlagen, indem die physische Kontrolle über die zu edierenden Unterlagen vom Inhaber der Dokumente auf die Untersuchungsbehörde übergeht. Bei der Edition von Unterlagen handelt es sich erst um eine Vorbereitungshandlung für deren nachfolgende Durchsuchung (FRITZ AMMANN, Verwaltungsstrafverfahren des Finanzdepartementes, in: Zulauf/Wyss [Hrsg.], Finanzmarktenforcement, 3. Aufl. 2022, S. 649 f.).
2.2.2. "Papiere" sind gemäss Art. 50 Abs. 1 VStrR mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse zu durchsuchen. Insbesondere sollen sie nur dann durchsucht werden, wenn anzunehmen ist, dass sich "Schriften" darunter befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind. Die Bestimmung wird auch auf elektronische Datenträger angewandt (BGE 148 IV 221 E. 2.1 mit Hinweisen). Bei der Durchsuchung sind das Amtsgeheimnis sowie Geheimnisse, die Geistlichen, Rechtsanwältinnen, Notaren, Ärztinnen, Apothekern, Hebammen und ihren beruflichen Gehilfen in ihrem Amte oder Beruf anvertraut wurden, zu wahren (Art. 50 Abs. 2 VStrR). Den Inhaberinnen der Aufzeichnungen ist wenn immer möglich Gelegenheit zu geben, sich vor der Durchsuchung über ihren Inhalt auszusprechen. Erheben sie gegen die Durchsuchung "Einsprache", so werden die Datenträger versiegelt und verwahrt. In diesem Fall entscheidet die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts materiell über die Zulässigkeit der Durchsuchung (Art. 50 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 VStrR).
Als siegelungsantragsberechtigt gelten insbesondere Konteninhaberinnen in Bezug auf edierte Bankunterlagen, die ihre eigenen Kontenverbindungen betreffen. Eine Siegelung ist anzuordnen, wenn nach Angaben der berechtigten Person Geheimnisschutzinteressen bzw. gesetzliche Durchsuchungshindernisse bestehen (Urteil 7B_97/2022 vom 28. September 2023 E. 4.3 mit Hinweisen).
Wird die Siegelung gültig beantragt, muss die Strafverfolgungsbehörde die fraglichen sichergestellten Aufzeichnungen und Gegenstände siegeln. Die Siegelung bewirkt ein einstweiliges Durchsuchungs- und Verwertungsverbot und ist zugleich ein physischer Vorgang, bei welchem die Strafverfolgungsbehörden die sichergestellten Aufzeichnungen und Gegenstände in einer Art und Weise zu verpacken haben, die den Zugriff auf diese Aufzeichnungen ohne Brechen des Siegels verunmöglicht (Urteil 7B_127/2022 vom 5. April 2024 E. 3.3 mit Hinweisen).
2.2.3. Ersucht die Strafverfolgungsbehörde nach erfolgter Siegelung um Entsiegelung der betreffenden Aufzeichnungen und Gegenstände, hat sie dem Zwangsmassnahmengericht die versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände zur Verfügung zu stellen (Urteil 7B_127/2022 vom 5. April 2024 E. 3.3 mit Hinweisen). Im Entsiegelungsverfahren hat nicht die Untersuchungsbehörde, sondern, allenfalls unter Beizug einer sachverständigen Person, das Zwangsmassnahmengericht zu prüfen, ob schutzwürdige Geheimnisinteressen oder andere gesetzliche Entsiegelungshindernisse einer Durchsuchung entgegenstehen (BGE 148 IV 221 E. 2.3 mit Hinweisen; Urteil 7B_805/2023 vom 28. Juni 2024 E. 2.1). Ausnahmen bzw. Erledigungen schon im Siegelungsverfahren durch die Strafverfolgungsbehörde können nur in liquiden Fällen in Frage kommen, etwa wenn das Siegelungsbegehren offensichtlich unbegründet bzw. rechtsmissbräuchlich erhoben erscheint und ein förmliches Entsiegelungsverfahren mit materieller Prüfung aller substanziierten Durchsuchungshindernisse geradezu einem Prozessleerlauf gleichkäme (Urteile 7B_998/2023 vom 30. September 2024 E. 3; 7B_313/2024 vom 24. September 2024 E. 3.2; je mit Hinweisen).
Das Zwangsmassnahmengericht hat im Entsiegelungsverfahren auch zu prüfen, ob die Strafbehörden die Vorschriften über die Siegelung eingehalten haben. Bei rechtswidrigem Vorgehen im Zusammenhang mit der Siegelung von Aufzeichnungen und Gegenständen ist zwischen der Fortsetzung des Entsiegelungsverfahrens einerseits und der Verwertbarkeit von Beweismitteln andererseits zu unterscheiden. Bei schweren Verfahrensmängeln ist nach der Rechtsprechung eine Fortsetzung des Entsiegelungsverfahrens ausgeschlossen und das Entsiegelungsbegehren abzuweisen (Urteile 7B_127/2022 vom 5. April 2024 E. 3.3; 7B_54/2023 vom 12. Oktober 2023 E. 4.1 f.; je mit Hinweis auf BGE 148 IV 221 E. 4).
3.
3.1. Die Vorinstanz stützt sich im angefochtenen Beschluss hauptsächlich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Sicherung bzw. Spiegelung von Daten im Entsiegelungsverfahren nicht durch die Untersuchungsbehörde veranlasst werden darf (BGE 148 IV 221 E. 2.5 f.). Sie führt dazu aus, mangels entsprechender Angaben der Beschwerdeführerin lasse sich nicht überprüfen, wie und wann sie auf die von der Bank elektronisch übermittelten Dokumente zugegriffen und ob sie dabei von deren Inhalt Kenntnis genommen habe. In der Editionsverfügung vom 10. November 2021 werde lediglich die E-Mail-Adresse des zuständigen Untersuchungsbeamten erwähnt. Dies lege den Schluss nahe, dass die entsprechenden Bankunterlagen per E-Mail zugestellt worden sein könnten. In diesem Fall seien sie nach Erhalt vom Untersuchungsbeamten grundsätzlich einsehbar gewesen. Die Angaben der Beschwerdeführerin, wonach sie die erhaltenen Daten nicht eingesehen, sondern auf einen Datenstick kopiert und diesen versiegelt habe, ändere nichts daran, dass sie diese grundsätzlich habe einsehen können und, soweit bekannt, nach wie vor einsehen könne. Es bestehe die Möglichkeit eines verfrühten und damit unberechtigten Zugriffs. Das Erstellen von Kopien elektronisch übermittelter Unterlagen durch die Untersuchungsbehörde vermöge den mit der Siegelung verfolgten Zweck mit Blick auf die Grund- und Verfahrensrechte der beschuldigten Person nicht zu erfüllen. Es stelle nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung einen schweren, nicht korrigierbaren Verfahrensmangel dar, weshalb das Entsiegelungsgesuch abzuweisen sei.
3.2. In BGE 148 IV 221 hatte das Bundesgericht über die Entsiegelung von elektronischen Geräten in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Widerhandlungen gegen das Zollgesetz und das Mehrwertsteuergesetz zu entscheiden. Die Geräte waren von der Zollverwaltung sichergestellt und anschliessend dem Bundesamt für Polizei (fedpol) zwecks Entsperrung und Datenspiegelung übermittelt worden. Im Anschluss stellte die Zollverwaltung bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts ein Entsiegelungsgesuch betreffend die zwischenzeitlich versiegelten Datenträger. Dieses wurde gutgeheissen. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde des Beschuldigten gegen die Entsiegelung gut.
Es hielt im Wesentlichen fest, Zweck der Siegelung sei, jegliche Gelegenheit für die Untersuchungsbehörde zur Kenntnisnahme der sichergestellten Daten auszuschliessen, bevor ein Gericht über die Zulässigkeit des Zugangs zu diesen Daten entscheide. Nehme die Untersuchungsbehörde selber eine Spiegelung vor oder gebe sie diese in Auftrag, lasse sich die Möglichkeit einer verfrühten Kenntnisnahme der Daten nicht ausschliessen. Eine entsprechende Praxis vermöge den Zweck der Siegelung somit nicht zu gewährleisten (a.a.O., E. 2.5). Erweise sich eine Kopie der Daten als angebracht, habe die Untersuchungsbehörde nach der sofortigen Siegelung der Datenträger beim Zwangsmassnahmengericht ein "Spiegelungsgesuch" zu stellen. Sie dürfe in keiner Weise in die Entsperrung der Geräte und Spiegelung der Daten als Realakte einbezogen werden (a.a.O., E. 2.6). Die Entsperrung der Geräte und die Datenspiegelung durch eine von der Untersuchungsbehörde beauftragte Behörde vor der Siegelung stelle einen erheblichen Verfahrensmangel dar, der sich nicht mehr korrigieren lasse. Die Rechtswidrigkeit des behördlichen Vorgehens wiege derart schwer, dass nicht ersichtlich sei, wie die Daten noch verwertbar sein könnten. Dies führe zur Vernichtung der erstellten Datenkopien sowie zur Rückgabe der sichergestellten Geräte an die berechtigte Person (a.a.O., E. 4).
3.3. Dieser Entscheid stiess in der Lehre auf (grundsätzliche) Zustimmung (MARTIN REIMANN, Die Entsperrung und Spiegelung von passwortgeschützten Datenträgern im Siegelungsverfahren, sui generis 2022, S. 217 ff.; TAORMINA/WANTZ [als Seite Strafverteidigung], Spiegeln oder Siegeln - Ein Dialog, forumpoenale 6/2022 S. 441 ff.), aber auch auf Kritik. Die kritischen Stimmen brachten namentlich vor, das Bundesgericht vermische in BGE 148 IV 221 Beweissicherung und Beweisverwertung und unterscheide nicht zwischen Sicherstellung von Daten und deren Durchsuchung. Eine Datenspiegelung stelle keine Durchsuchung dar, da sie sich ausschliesslich auf einer maschinellen Ebene abspiele. Bei diesem technischen Vorgang könnten die Übereinstimmung der Originaldaten mit deren forensischen Kopie im Nachhinein zudem problemlos überprüft und allfällige Einwirkungen und Manipulationen festgestellt werden (vgl. YASMINE DELLAGANA-SABRY, Problématiques soulevées dans le cadre de l'ATF 148 IV 221 et pratique actuelle du Tribunal pénal fédéral, in: Tempus fugit, 2024, S. 487 f.; HUNKELER/MOSIMANN [als Seite Strafverfolgung], Spiegeln oder Siegeln - Ein Dialog, forumpoenale 6/2022 S. 442). Die Datenspiegelung gehe nicht mit einer Kenntnisnahme der Daten auf inhaltlicher Ebene einher (DAMIAN K. GRAF, Praxishandbuch zur Siegelung, 2022, S. 83 Rz. 236). Vor allem Mobiltelefone würden zudem flüchtige, temporäre und fragile Daten enthalten, die sich teilweise automatisch nach einer gewissen Zeit selbst löschen oder auch per Fernzugriff gelöscht werden könnten, weshalb ein überwiegendes öffentliches Interesse an deren sofortigen Sicherung bestehe (DELLAGANA-SABRY, a.a.O., S. 485 f.; GRAF, a.a.O., S. 86 f. Rz. 244; HUNKELER/MOSIMANN, a.a.O., S. 442 und 446 f.). In diesem Zusammenhang ignoriere das Bundesgericht auch die staatsvertraglichen Verpflichtungen der Schweiz. So bestimme Art. 16 Abs. 2 der Cybercrime Convention, dass jede Vertragspartei die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen treffe, damit ihre zuständigen Behörden die umgehende Sicherung bestimmter Computerdaten anordnen oder in ähnlicher Weise bewirken könnten, insbesondere wenn Gründe zu der Annahme bestünden, dass bei diesen Daten eine besondere Gefahr des Verlusts oder der Veränderung bestehe (GRAF, a.a.O., S. 87 Rz. 246). Manche Autoren weisen schliesslich darauf hin, dass das vom Bundesgericht beschriebene Vorgehen die bereits heute schon sehr lange dauernden Entsiegelungsverfahren erheblich verzögere, womit dem Beschleunigungsgebot kaum mehr Rechnung getragen werden könne (HUNKELER/MOSIMANN, a.a.O., S. 444).
3.4. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, indem die Vorinstanz BGE 148 IV 221 in dieser Absolutheit auf den vorliegenden Fall übertrage, verletze sie Bundesrecht. Sie weist dabei mit Recht darauf hin, dass sich der vorliegende Sachverhalt in wesentlichen Punkten vom besagten Urteil unterscheidet.
3.4.1. Die Beschwerdeführerin hat die Bank E.________ als Inhaberin der streitigen Bankunterlagen gestützt auf Art. 46 Abs. 1 lit. a und Art. 47 Abs. 1 VStrR zur freiwilligen Herausgabe aufgefordert. Die Übermittlung dieser Daten - sei es per gewöhnlicher E-Mail, wie die Vorinstanz mutmasst, oder sei es über die Plattform PrivaSphere, wie die Beschwerdeführerin behauptet - stellt dabei den Sicherstellungsvorgang dar. Zu diesem Sicherstellungsvorgang gehört auch, die fraglichen Daten im Anschluss an die Übermittlung herunterzuladen und abzuspeichern. Es verhält sich somit ähnlich, wie wenn bei einer Hausdurchsuchung elektronische Geräte vorläufig sichergestellt und somit physisch behändigt und in die Räumlichkeiten der Strafverfolgungsbehörden verbracht werden. Dabei hindert ein bereits bestehender Siegelungsantrag den (physischen) Übergang des Gewahrsams an den versiegelten Aufzeichnungen und Gegenständen an die Untersuchungsbehörde nicht (GRAF, a.a.O., S. 77 Rz. 209).
Weiter leuchtet ein, dass die Beschwerdeführerin die Speicherung auf einem externen Datenträger vorgenommen hat, um diesen, und damit die Daten, anschliessend versiegeln zu können (zur Siegelung von Kopien vgl. THORMANN/BRECHBÜHL, in: Basler Kommentar Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 32 zu Art. 248 StPO). In der Tat scheint fraglich, wie Daten, die anderweitig, beispielsweise auf einem lokalen Server oder in einer Cloud gespeichert wurden, gesiegelt und anschliessend dem Zwangsmassnahmengericht zwecks Entsiegelung übermittelt werden könnten. Zwar wäre als Alternative auch denkbar, die edierten Unterlagen auszudrucken und anschliessend den Ausdruck in Papierform zu versiegeln (OTHMAR STRASSER, Elektronische Aktendedition von Banken an Strafuntersuchungsbehörden, in: Gschwend et al. [Hrsg.], Recht im digitalen Zeitalter, 2015, S. 681). Dieses Vorgehen bietet im Hinblick auf den Zweck der Siegelung jedoch keinen höheren Schutz als das von der Beschwerdeführerin gewählte Vorgehen. Ebenfalls wenig zielführend ist die von STRASSER vorgeschlagene Möglichkeit, die elektronisch überlieferten Akten bei einer Revisionsgesellschaft bis zur rechtsgültigen Aufhebung der Siegelung unter Verschluss zu halten (a.a.O., S. 681 f.). Denn das Anbringen des Siegels bleibt gemäss Art. 248 Abs. 1 StPO grundsätzlich Sache der Untersuchungsbehörde und setzt voraus, dass sich die betroffenen Daten in siegelungsfähiger Form befinden. Die Zwischenschaltung einer Revisionsstelle verlangt somit ebenfalls, dass die Untersuchungsbehörde die Daten zunächst von der Übermittlungsplattform herunterlädt bzw. die als Anhang einer gewöhnlichen E-Mail übermittelten Daten (was in der Praxis selten vorkommen dürfte) auf einem Datenträger speichert (bzw. ausdruckt). Diese Variante gewährt deshalb ebenfalls keinen verbesserten Schutz im Vergleich zur jener, bei der die Daten nach dem Download auf einem externen Datenträger gespeichert, dieser umgehend versiegelt und dem Zwangsmassnahmengericht übermittelt wird. Grundsätzlich stünde es der Staatsanwaltschaft jedoch frei, eine Revisionsstelle beizuziehen.
Es ist im Ergebnis somit nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdeführerin die ihr übermittelten Daten auf einem Datenstick abspeichert hat, um dem Siegelungsantrag, von dem sie in diesem Zeitpunkt bereits Kenntnis hatte, zu entsprechen. Letztlich geht es vorliegend, wie eingangs erwähnt, nicht um ein Kopieren bereits sichergestellter Daten, sondern das Kopieren bzw. Abspeichern war Teil der Sicherstellung.
3.4.2. Die theoretische Möglichkeit einer vorzeitigen Kenntnisnahme gewisser Daten lässt sich dabei genauso wenig vermeiden, wie dies bei der Sicherstellung physischer Unterlagen wie Ordnern, Notizbüchern etc. anlässlich einer Hausdurchsuchung der Fall ist. Dies schadet aber insbesondere deshalb nicht, weil die Untersuchungsbehörde nach der Rechtsprechung zum Zwecke der vorläufigen Sicherstellung eine thematische Grobsichtung von Aufzeichnungen vornehmen darf, um zu gewährleisten, dass nur Gegenstände sichergestellt werden, die potentiell untersuchungsrelevant erscheinen (BGE 143 IV 270 E. 7.5; Urteil 1B_656/2021 vom 4. August 2022 E. 6.2). Die Befugnis zur Grobtriage gilt auch für elektronische Datenträger (THORMANN/BRECHBÜHL, a.a.O., N. 13a zu Art. 247 StPO; ANDREAS J. KELLER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung StPO, 3. Aufl. 2020, N. 3a zu Art. 247 StPO). In vergleichbarem Sinne weist die Beschwerdeführerin zutreffend darauf hin, dass sie überprüfen können muss, ob die Adressatin der Editionsverfügung ihren Editionspflichten vollständig nachgekommen ist. Dies scheint in analoger Anwendung der zitierten Rechtsprechung grundsätzlich zulässig, sofern keine verfrühte inhaltliche Durchsuchung und Auswertung vorgenommen wird. Insoweit ist die vorliegende Konstellation gleich zu beurteilen, wie wenn die edierten Unterlagen von der Bank physisch per Post übermittelt worden wären. Auch in diesem Fall wird die edierende Behörde die Unterlagen kurz auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen, bevor sie die betreffenden Umschläge oder Behältnisse versiegelt.
Indem die Vorinstanz der Beschwerdeführerin einen schweren Verfahrensmangel unterstellt, der zur Abweisung des Entsiegelungsgesuchs führt, verletzt sie nach dem Gesagten Bundesrecht.
3.4.3. Problematisch ist vorliegend einzig, dass die Beschwerdeführerin nach dem Download und Abspeichern weiterhin auf die ursprünglichen Daten zugreifen konnte - dies so oder anders mindestens während den 30 Tagen, in denen nach ihren Angaben der Link für den Zugriff auf die Daten bei PrivaSphere gültig war. Sie wird deshalb aufgefordert, bei Vorliegen eines Siegelungsbegehrens die edierten Originaldaten nach erfolgter Sicherung und Siegelung umgehend zu löschen, damit ein unbefugter Zugriff verhindert werden kann. Dies hat sie, sofern nicht bereits geschehen, auch im vorliegenden Verfahren unverzüglich zu tun.
3.5. Es liegt nicht in der Kompetenz des Bundesgerichts, als erste Instanz über das Vorliegen schutzwürdiger Geheimnisinteressen auf Seiten der Beschwerdegegnerin oder sonstige materielle Entsiegelungshindernisse zu entscheiden (vgl. Art. 80 Abs. 1 BGG). Entsprechend ist die Sache zur nochmaligen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
4.
Die Beschwerde ist gutzuheissen, der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Bei der Rückweisung zu neuer Entscheidung mit offenem Ausgang gilt die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Kostenfolgen als vollständig obsiegend (BGE 141 V 281 E. 11.1; Urteil 7B_6/2021 vom 5. März 2024 E. 9). Demnach wird die unterliegende Beschwerdegegnerin nach Art. 66 Abs. 1 BGG kostenpflichtig. Weder der Beschwerdeführerin noch der Beschwerdegegnerin steht sodann ein Anspruch auf Entschädigung zu (vgl. Art. 68 Abs. 2 und 3 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Beschluss des Bundesstrafgerichts vom 3. April 2024 wird aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. April 2025
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger