Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_455/2023
Urteil vom 3. Oktober 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichterin Koch,
Bundesrichter Hurni, Kölz, Hofmann,
Gerichtsschreiber Caprara.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Camill Droll,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz; Beschlagnahme; Grundsatz ne bis in idem,
rechtliches Gehör, Aktenführungspflicht,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 23. August 2022 (ST.2021.136-SK3 / ST.2020.13027).
Sachverhalt:
A.
A.a. Am 6. Dezember 2019, um 12:55 Uhr, wurde A.________, als er mit dem Fahrzeug B.________, xxx, von Österreich herkommend beim Grenzübergang Au (SG) in die Schweiz einreisen wollte, von Beamten des Grenzwachtkorps einer Kontrolle unterzogen. Die Grenzwachtbeamten durchsuchten im Rahmen der Kontrolle den Kofferraum des von A.________ gelenkten Fahrzeuges. Dabei entdeckten sie mehrere Kartonschachteln mit insgesamt 175 Hanfsetzlingen. Weiter fanden die Grenzwachtbeamten in der Jackentasche von A.________ eine kleine Kartonschachtel mit 0,7 Gramm Marihuana. In der Folge wurde die Kantonspolizei St. Gallen beigezogen, die im Rahmen der polizeilichen Befragung vom 6. Dezember 2019 die Staatsanwaltschaft verständigte.
A.b. Am 3. Juni 2020 erliess die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt Altstätten, einen Strafbefehl gegen A.________. Sie sprach ihn des Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.121) durch die Einfuhr von Marihuana-Hanfsetzlingen und der Übertretung des BetmG durch die Einfuhr von 0,7 Gramm Marihuana zum Eigenkonsum schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten, unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 500.-- bzw. zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen bei schuldhafter Nichtbezahlung. Zudem verfügte sie die Einziehung und Vernichtung der sichergestellten Betäubungsmittel. Ausserdem auferlegte sie A.________ die Verfahrenskosten. Dagegen erhob A.________ fristgerecht Einsprache. Die Staatsanwaltschaft hielt in der Folge am Strafbefehl fest und überwies am 29. September 2020 die Akten an das Kreisgericht Rheintal zur Durchführung des Hauptverfahrens.
A.c. Mit Entscheid vom 12. Mai 2021 sprach das Kreisgericht Rheintal A.________ vom Vorwurf der Übertretung des BetmG (Einfuhr von Betäubungsmitteln zum Eigenkonsum) frei. Hingegen sprach es ihn des Vergehens gegen das BetmG (Einfuhr von Betäubungsmitteln) schuldig. Es verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je Fr. 30.--, unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren, dies als Zusatzstrafe zur (bedingt vollziehbaren) Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- gemäss Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 10. Juni 2020 und zur (bedingt vollziehbaren) Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- gemäss Urteil des Einzelrichters des Strafgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 6. August 2020. Sodann zog es die 175 Hanfsetzlinge bzw. die daraus gezogenen Hanfpflanzen und das Marihuana (0,7 Gramm) zur Vernichtung ein. Die Verfahrenskosten von gesamthaft Fr. 3'960.-- auferlegte es zu 90 % A.________ und zu 10 % dem Staat. Den Antrag von A.________, wonach ihm vom Staat eine Entschädigung für seine Auslagen zu entrichten sei, wies das Kreisgericht ab. Schliesslich setzte es die Entschädigung der privaten Verteidigung fest. Gegen diesen Entscheid erhoben A.________ Berufung und die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung.
B.
Das Kantonsgericht St. Gallen hob mit Entscheid vom 23. August 2022 den Entscheid des Kreisgerichts Rheintal vom 12. Mai 2021 auf (Dispositiv-Ziffer 1). Es sprach A.________ vom Vorwurf der Übertretung des BetmG (Art. 19a Ziff. 1 BetmG; Einfuhr von Betäubungsmitteln zum Eigenkonsum) frei (Dispositiv-Ziffer 2) und wegen Vergehens gegen das BetmG (Art. 19 Abs. 1 lit. b BetmG; Einfuhr von Betäubungsmitteln [175 Hanfsetzlinge]) schuldig (Dispositiv-Ziffer 3). Es hielt fest, dass eine Zusatzstrafe zur bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- gemäss Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 10. Juni 2020 und zur bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- gemäss Urteil des Einzelrichters des Strafgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 6. August 2020 entfalle (Dispositiv-Ziffer 4). Das Kantonsgericht ordnete die Einziehung und die Vernichtung der 175 Hanfsetzlinge bzw. der daraus gezogenen Hanfpflanzen und des Marihuanas (0,7 Gramm) an (Dispositiv-Ziffer 5). Weiter entschied es über die Kosten- und Entschädigungsfolgen (Dispositiv-Ziffern 6-8). Den Antrag auf Auslagenentschädigung von A.________ wies es ab (Dispositiv-Ziffer 9).
C.
Dagegen gelangt A.________ mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und er sei von sämtlichen Vorhalten freizusprechen. Ihm sei eine Entschädigung für seine Auslagen von Fr. 712.80 vom Staat auszurichten. Eventualiter sei das Verfahren zum Entscheid der Nebenfolgen des beantragten Freispruches an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten beigezogen. Das Kantonsgericht St. Gallen hat sich innert angesetzter Frist nicht vernehmen lassen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt Altstätten, beantragt mit Eingabe vom 27. August 2024 die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Diese Eingabe wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnisnahme zugestellt.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob eine eingereichte Beschwerde zulässig ist (BGE 150 IV 103 E. 1; 149 IV 97 E. 1, 9 E. 2).
1.1. Auf die frist- (Art. 100 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 46 Abs. 1 lit. c BGG) und formgerecht (Art. 42 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde des verurteilten Beschuldigten (Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 1 BGG) gegen den kantonal letztinstanzlichen (Art. 80 Abs. 1 BGG), verfahrensabschliessenden Entscheid (Art. 90 BGG) eines oberen Gerichts (Art. 80 Abs. 2 BGG) betreffend eine Strafsache (Art. 78 Abs. 1 BGG) ist unter Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen einzutreten.
1.2.
1.2.1. Die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde in Strafsachen setzt ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids voraus (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG). Dieses Interesse muss aktuell und praktisch sein (BGE 140 IV 74 E. 1.3.1).
1.2.2. Aus den Anträgen der Parteien vor der Vorinstanz ergibt sich klar, dass Verfahrensgegenstand im vorinstanzlichen Berufungsverfahren einzig der Vorwurf des Vergehens gegen das BetmG war. Der erstinstanzliche Freispruch vom Vorwurf der Übertretung des BetmG wurde mangels Anfechtung rechtskräftig und war demzufolge nicht mehr Gegenstand des vorinstanzlichen Berufungsverfahrens (Art. 404 Abs. 1 StPO; vgl. BGE 148 IV 89 E. 4.3; 147 IV 167 E. 1.2). Dass die Vorinstanz den erstinstanzlichen Entscheid zu Unrecht gänzlich aufhebt und den Beschwerdeführer im angefochtenen Entscheid vom Vorwurf der Übertretung des BetmG erneut freispricht, anstatt diesbezüglich die Rechtskraft des erstinstanzlichen Teilfreispruchs festzustellen, vermag nichts an der Rechtskraft des erstinstanzlichen Entscheids in diesem Punkt zu ändern. Der Beschwerdeführer wurde (auch) mit dem angefochtenen Entscheid vom Vorwurf der Übertretung des BetmG freigesprochen und ist daher in diesem Punkt nicht beschwert. Im Übrigen legt er mit keinem Wort dar, was aus dieser angeblichen "Rechtsfehlerhaftigkeit" des angefochtenen Entscheids abzuleiten wäre. Darauf ist mangels aktuellen und praktischen Rechtsschutzinteresses nicht weiter einzugehen.
2.
Die per 1. Januar 2024 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen betreffend die strafprozessuale Beschlagnahme (AS 2023 468) haben keine Auswirkungen auf das vorliegende Urteil. Das Bundesgericht prüft im Rahmen der strafrechtlichen Beschwerde nämlich nur, ob die kantonale Instanz das Bundesrecht richtig angewandt hat, mithin jenes Recht, welches die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid anwenden musste (Urteil 7B_200/2023 vom 25. Juni 2024 E. 2 mit Hinweis). Der angefochtene Entscheid wurde am 23. August 2022 gefällt. Massgebend für die Beurteilung der bundesgerichtlichen Beschwerde sind damit weiterhin die Beschlagnahmebestimmungen, wie sie bis zum 31. Dezember 2023 galten.
3.
3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Grundsatzes "ne bis in idem". Er bringt zusammengefasst vor, dass keine Verurteilung wegen der Einfuhr der Hanfpflanzen mehr möglich sei. Da es sich bei der Einfuhr von Hanfpflanzen und derjenigen des Marihuanas um denselben Lebenssachverhalt handle und der erstinstanzliche Freispruch betreffend die Einfuhr des Marihuanas in Rechtskraft erwachsen sei, sei ein Schuldspruch bezüglich der Einfuhr der Hanfpflanzen ausgeschlossen.
3.2. Die Vorinstanz erwägt, aus dem erstinstanzlichen Entscheid gehe "unzweifelhaft" hervor, dass lediglich ein Teilfreispruch hinsichtlich der Einfuhr des Marihuanas (Übertretung des BetmG) erfolgt sei, während der Beschwerdeführer wegen der Einfuhr der 175 Hanfsetzlinge (Vergehen gegen das BetmG) schuldig gesprochen worden sei. Bei der Einfuhr des Marihuanas zum Eigenkonsum einerseits und der Einfuhr der Hanfsetzlinge andererseits handle es sich nicht um denselben Lebenssachverhalt. Vielmehr lägen aufgrund der unterschiedlichen Tatobjekte (Marihuana und Cannabisstecklinge) zwei klar voneinander trennbare Lebenssachverhalte vor, die einer separaten Beurteilung zugänglich seien. Die erste Instanz habe in diesem Sinne den Beschwerdeführer in Bezug auf die Einfuhr zum Eigenkonsum bzw. die Übertretung des BetmG mit der Begründung freigesprochen, die gemäss Anklage für den Eigenkonsum bestimmte Menge von 0,7 Gramm Marihuana liege (deutlich) unter der Grenze von Art. 19b Abs. 1 BetmG, und nicht etwa, weil sie die Einfuhr von Betäubungsmitteln durch den Beschwerdeführer als nicht erwiesen erachtet hätte.
Bei dieser Sachlage sei gemäss der Vorinstanz nicht erkennbar, weshalb der erfolgte Teilfreispruch in Bezug auf das Marihuana eine Sperrwirkung hinsichtlich der Einfuhr von Hanfpflanzen entfalten sollte.
3.3.
3.3.1. Der Grundsatz "ne bis in idem" ist in Art. 11 Abs. 1 StPO geregelt. Er ist auch in Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK (SR 0.101.07) sowie in Art. 14 Abs. 7 UNO-Pakt II (SR 0.103.2) verankert und lässt sich direkt aus der Bundesverfassung ableiten (BGE 149 IV 50 E. 1.1.3; 144 IV 362 E. 1.3.2 mit Hinweis). Demnach darf, wer in der Schweiz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, wegen der gleichen Straftat nicht erneut verfolgt werden. Tatidentität liegt vor, wenn dem ersten und dem zweiten Strafverfahren identische oder im Wesentlichen gleiche Tatsachen zugrunde liegen. Auf die rechtliche Qualifikation dieser Tatsachen kommt es nicht an (BGE 149 IV 50 E. 1.1.3; 144 IV 362 E. 1.3.2; je mit Hinweisen). Das Verbot der doppelten Strafverfolgung verbietet die Wiederholung eines durch rechtskräftige Entscheidung abgeschlossenen Strafverfahrens (Urteil 7B_689/2023 vom 26. August 2024 E. 5.2). Es bildet mithin ein Verfahrenshindernis, das in jedem Verfahrensstadium von Amtes wegen zu berücksichtigen ist (BGE 149 IV 50 E. 1.1.3; 144 IV 362 E. 1.3.2; 143 IV 104 E. 4.2; je mit Hinweisen). Nur wenn Tatidentität vorliegt, ist zu prüfen, ob eine Wiederholung der Strafverfolgung vorliegt (Teilgehalt "bis" des Grundsatzes "ne bis in idem"; BGE 144 IV 136 E. 10.5; Urteile 6B_1068/2023 vom 18. Juli 2024 E. 1.2.1; 6B_430/2020 vom 26. August 2020 E. 1.1).
3.3.2. Das Bundesgericht hat in dem vom Beschwerdeführer angerufenen BGE 144 IV 362 festgehalten, dass eine teilweise Einstellung grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn mehrere Lebensvorgänge oder Taten im prozessualen Sinn zu beurteilen sind, die einer separaten Erledigung zugänglich sind. Soweit es sich hingegen um eine andere rechtliche Würdigung ein und desselben Lebensvorgangs handelt, scheidet eine teilweise Verfahrenseinstellung aus (BGE 144 IV 362 E. 1.3.1). Das Bundesgericht befasste sich mehrfach mit der Frage nach den Rechtsfolgen einer dennoch ergangenen Teileinstellung. Im bereits zitierten Leiturteil hat es festgehalten, dass eine in Rechtskraft erwachsene teilweise Verfahrenseinstellung - obwohl hierfür kein Raum besteht - aufgrund der Sperrwirkung des Grundsatzes "ne bis in idem" einer Verurteilung wegen des gleichen Lebenssachverhalts entgegen steht (BGE 144 IV 362 E. 1.4).
Im Leiturteil BGE 148 IV 124 hat das Bundesgericht diese Rechtsprechung relativiert und darauf hingewiesen, dass die Sperrwirkung des Grundsatzes "ne bis in idem" einer in Rechtskraft erwachsenen Teileinstellungsverfügung sich nur auf die konkret von der Teileinstellung betroffenen Tatsachen bezieht, nicht jedoch auf die gleichzeitig zur Anklage gebrachten Vorwürfe. Es präzisierte, dass Teileinstellungsverfügungen, die nicht den gleichen Lebenssachverhalt, sondern lediglich einzelne, erschwerende Tatvorwürfe (aus dem gleichen Lebenssachverhalt) betreffen, nicht zur Anwendung des Grundsatzes "ne bis in idem" hinsichtlich der gleichzeitig zur Anklage gebrachten Vorwürfe führen, sofern aus der Teileinstellungsverfügung hervorgeht, dass das Verfahren nicht als Ganzes, sondern lediglich bezüglich einzelner Tatumstände eingestellt wird (BGE 148 IV 124 E. 2.6.6; vgl. Urteile 6B_1068/2023 vom 18. Juli 2024 E. 1.2.2; 6B_1182/2023 vom 22. April 2024 E. 2.2.2).
Diese Voraussetzungen gelten analog für Teilfreisprüche (vgl. Art. 320 Abs. 4 StPO; Urteile 6B_1068/2023 vom 18. Juli 2024 E. 1.2.3; 6B_1182/2023 vom 22. April 2024 E. 2.2.2). Dass vorliegend keine Teileinstellungsverfügung erlassen wurde, ändert an der Anwendbarkeit der dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung im vorliegenden Fall - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nichts.
3.3.3. Aus dem Dispositiv und der Begründung des erstinstanzlichen Entscheids ergibt sich unzweideutig, dass nur in Bezug auf die Einfuhr des Marihuanas zum Eigenkonsum (Übertretung des BetmG) ein Freispruch erfolgt ist, während in Bezug auf die Einfuhr der 175 Hanfsetzlinge (Vergehend gegen das BetmG) der Beschwerdeführer schuldig gesprochen wurde. Der erstinstanzliche Freispruch vom Vorwurf der Übertretung des BetmG wurde von der ersten Instanz mit der Geringfügigkeit der für den Eigenkonsum bestimmten Menge (Art. 19b Abs. 1 BetmG) begründet.
Die Sperrwirkung des Grundsatzes "ne bis in idem" dieses rechtskräftigen Teilfreispruchs (vgl. oben E. 1.2.2) bezieht sich gemäss der zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. oben E. 3.3.2) nur auf die konkret vom erstinstanzlichen Teilfreispruch betroffenen Tatsachen (d.h. die Einfuhr des Marihuanas zum Eigenkonsum), nicht jedoch auf den gleichzeitig zur Anklage gebrachten Vorwurf (d.h. die Einfuhr der 175 Hanfsetzlinge).
Insofern der Beschwerdeführer vorbringt, das ihm vorgeworfene "Einführen von Drogen" in die Schweiz könne nicht in verschiedene Lebenssachverhalte aufgespalten werden, da der strafrechtliche Vorwurf durch eine einzige Handlung erfüllt worden sei, kann ihm nicht zugestimmt werden. Die Vorinstanz nimmt zutreffend an, dass es sich bei der Einfuhr des Marihuanas zum Eigenkonsum einerseits und der Einfuhr der Hanfsetzlinge andererseits nicht um denselben Lebenssachverhalt handle, da aufgrund der unterschiedlichen Tatobjekte (Marihuana und Cannabisstecklinge) zwei klar voneinander trennbare Lebenssachverhalte vorlägen. Daran ändert - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nichts, dass er im vorliegenden Fall nur einmal über die Grenze in die Schweiz eingefahren ist. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass vorliegend unterschiedliche Tatobjekte vorlagen und dass ihm nur betreffend das Marihuana eine Einfuhr "zum Eigenkonsum" vorgeworfen wurde. Bei dieser Sachlage verletzt es kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz das Vorliegen voneinander trennbarer Lebenssachverhalte bejaht, die einer separaten Beurteilung zugänglich sind.
Die Vorinstanz nimmt in Übereinstimmung mit der dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. oben E. 3.3.2) zutreffend an, dass der Grundsatz "ne bis in idem" einer Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Einfuhr der Hanfsetzlinge nicht entgegensteht. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet.
4.
4.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Schuldspruch wegen Vergehens gegen das BetmG durch die Einfuhr der 175 Hanfsetzlinge in die Schweiz. Zur Begründung bringt er vor, für eine mündlich angeordnete Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft gebe es entgegen der Vorinstanz keinen Nachweis. Selbst wenn man eine mündliche Beschlagnahmeanordnung annehmen würde, sei diese entgegen Art. 263 Abs. 2 StPO nicht nachträglich schriftlich bestätigt worden. Beim Erfordernis der schriftlichen Bestätigung der Beschlagnahme handle es sich entgegen der Vorinstanz nicht um eine blosse Ordnungsvorschrift, sondern um eine Gültigkeitsvorschrift. Entsprechend seien die gestützt auf diese nicht rechtskonform angeordnete Zwangsmassnahme erlangten Beweise nicht verwertbar. Hingegen bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass sich die Durchsuchung des Fahrzeuges auf das Zollgesetz (ZG; SR 631.0) stützen konnte und dass die materiellen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach Art. 263 StPO vorlagen.
4.2. Die Vorinstanz erwägt, soweit aus den Akten ersichtlich sei die mündliche Anordnung der Beschlagnahme später nicht schriftlich bestätigt worden. Bei Art. 263 Abs. 2 StPO handle es sich gemäss der Vorinstanz um eine blosse Ordnungsvorschrift. Eine verspätete oder fehlende schriftliche Bestätigung einer mündlich angeordneten Beschlagnahme führe daher nicht zur Unverwertbarkeit der erhobenen Beweismittel. Die mündliche Anordnung gehe nicht mit einer Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beschuldigten oder ganz generell seiner Verteidigungsrechte einher. Denn die von einer Beschlagnahme betroffene Person könne von der Staatsanwaltschaft eine schriftliche Bestätigung verlangen und die Beschlagnahme in der Folge anfechten.
Die Vorinstanz hält weiter fest, der Beschwerdeführer sei anlässlich der polizeilichen Befragung vom 6. Dezember 2019 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Staatsanwaltschaft eine Analyse der Hanfpflanzen, mithin auch deren Beschlagnahme, telefonisch bzw. mündlich angeordnet habe. Spätestens zum Zeitpunkt der Akteneinsicht sei auch der Verteidiger über den Umstand der erfolgten Beschlagnahme informiert worden. Gleichwohl sei seitens des Beschwerdeführers bzw. dessen Verteidigers keine schriftliche Bestätigung verlangt worden. Vielmehr habe der Beschuldigte durch seine Zustimmung zur Analyse der Pflanzen (act. S/3 Frage 48: "Das ist gut. Soll so gemacht werden") zum Ausdruck gebracht, dass er die mündliche Anordnung der Beschlagnahme akzeptiert bzw. diesbezüglich zumindest keine anfechtbare schriftliche Verfügung gewünscht habe. Im Übrigen hätten die Ausführungen des Verteidigers anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung deutlich gemacht, dass es ihm aufgrund der aktenmässigen Dokumentation durchaus möglich gewesen sei, sich gegen die Anordnung zur Wehr zu setzen. Eine Beschneidung der Verteidigungsrechte sei demnach nicht auszumachen. Die Vorinstanz kommt zum Ergebnis, dass kein Verwertungsverbot betreffend die Hanfsetzlinge bzw. die aufgezogenen Hanfpflanzen zu beachten sei. Demzufolge seien auch die im Bericht des Forensisch-Naturwissenschaftlichen Dienstes der Kantonspolizei St. Gallen (FND) vom 27. April 2020 enthaltenen Analysen der Hanfpflanzen verwertbar.
4.3.
4.3.1. Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit die StPO nichts Abweichendes bestimmt (Art. 85 Abs. 1 StPO). Für die Anordnung von Zwangsmassnahmen verlangt die StPO nicht generell die Schriftlichkeit. Eine mündliche Anordnung genügt, wenn nicht eine besondere Bestimmung für die betreffende Zwangsmassnahme ausnahmsweise ein Formerfordernis statuiert (JOSITSCH/SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 4. Aufl. 2023, N. 1 zu Art. 199 StPO; VIREDAZ/JOHNER, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2. Aufl. 2019, N. 1 zu Art. 199 StPO; JONAS WEBER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 1 zu Art. 199 StPO). Ist eine Zwangsmassnahme schriftlich anzuordnen und ist sie nicht (vorläufig) geheim zu halten, so wird den direkt betroffenen Personen gegen Empfangsbestätigung eine Kopie des Befehls und eines allfälligen Vollzugsprotokolls übergeben (Art. 199 StPO; vgl. BGE 147 IV 137 E. 4.1; Urteil 6B_665/2022 vom 14. September 2022 E. 3.2.2).
4.3.2. Die Beschlagnahme ist mit einem schriftlichen, kurz begründeten Befehl anzuordnen (Art. 263 Abs. 2 Satz 1 StPO). In dringenden Fällen kann sie mündlich angeordnet werden, ist aber nachträglich schriftlich zu bestätigen (Art. 263 Abs. 2 Satz 2 StPO). Ist Gefahr im Verzug, so können die Polizei oder Private Gegenstände und Vermögenswerte zuhanden der Staatsanwaltschaft oder der Gerichte vorläufig sicherstellen (Art. 263 Abs. 3 StPO).
4.3.3. Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Staatsanwaltschaft ist die Beschwerde an die kantonale Beschwerdeinstanz zulässig (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO). Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Gemäss Art. 384 StPO beginnt die Rechtsmittelfrist im Falle eines Urteils mit der Aushändigung oder Zustellung des schriftlichen Dispositivs (lit. a), bei andern Entscheiden mit der Zustellung des Entscheids (lit. b) und bei einer nicht schriftlich eröffneten Verfahrenshandlung mit der Kenntnisnahme (lit. c). Sieht das Gesetz die (sofortige oder nachträgliche) schriftliche Zustellung von Entscheiden vor, berechnet sich der Beginn der Beschwerdefrist nach Art. 384 lit. b StPO; lit. c bezieht sich auf Verfahrenshandlungen, die laut Gesetz nicht schriftlich zu eröffnen sind (BGE 147 IV 137 E. 4.2 mit Hinweisen).
4.3.4. Das Bundesgericht hat im Leiturteil BGE 147 IV 137 betreffend eine Kontosperre festgehalten, diese sei mit Beschlagnahmebefehl schriftlich anzuordnen und dem betroffenen Kontoinhaber (gegen Empfangsbestätigung) zuzustellen. Erfolge sie zunächst als geheime Untersuchungsmassnahme, etwa verbunden mit einer Stillschweigeverpflichtung an die kontenführende Bank nach Art. 73 Abs. 2 StPO, sei sie den betroffenen Konteninhabern nachträglich schriftlich und mit Rechtsmittelbelehrung zu eröffnen (Art. 80 Abs. 2, Art. 85 Abs. 2, Art. 199 und Art. 263 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 266 Abs. 1 und Abs. 4 StPO; BGE 147 IV 137 E. 5.2 mit Hinweis). Gemäss Bundesgericht wären nur mündlich eröffnete Zwangsmassnahmen "dieser Art" weder gesetzmässig noch sachgerecht, sondern mit grossen Beweisschwierigkeiten und Rechtsunsicherheit verbunden. Die Problematik würde durch die kurze 10-tägige Beschwerdefrist von Art. 396 Abs. 1 StPO (vgl. oben E. 4.3.3) noch zusätzlich akzentuiert. Das Bundesgericht gelangte zum Ergebnis, dass sich der Fristenlauf für die Beschwerdefrist nach Art. 384 lit. b StPO richte und die Beschwerdefrist ab schriftlicher Zustellung des Beschlagnahmebefehls bzw. entsprechender Akteneinsicht beginne (BGE 147 IV 137 E. 5.2 mit Hinweis).
4.3.5. Das Bundesgericht hatte im Leiturteil BGE 139 IV 128 eine von Polizeibeamten ohne staatsanwaltschaftlichen Befehl (vgl. Art. 241 Abs. 1 StPO) vorgenommene Durchsuchung des iPhones der Beschuldigten zu beurteilen. Es kam zum Schluss, dass das Erfordernis eines staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsbefehls im zu beurteilenden Fall "unter Berücksichtigung der konkreten Umstände" eine blosse Ordnungsvorschrift im Sinne von Art. 141 Abs. 3 StPO dargestellt habe. Die Voraussetzungen für die Durchsuchung des (offenkundig nicht mittels eines Codes verschlossenen) iPhones seien an sich erfüllt und die Durchsuchung als solche sei auch nicht unverhältnismässig gewesen. Die Polizeibeamten hätten sich offenbar darauf beschränkt, (nur) Einsicht in die im Gerät abgelegten Adressen zu nehmen. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beamten vorsätzlich und rechtsmissbräuchlich über die gesetzliche Zuständigkeitsordnung im Sinne von Art. 198 StPO hinweggesetzt bzw. den staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsbefehl bewusst nicht eingeholt hätten, bestünden nicht. Dies gelte umso mehr, als selbständiges polizeiliches Handeln im Rahmen von Art. 246 StPO nicht kategorisch ausgeschlossen, sondern bei Dringlichkeit (Art. 241 Abs. 3 StPO) möglich sei (BGE 139 IV 128 E. 1.7; kritisch KHALIL BEYDOUN, Beweisverwertungsverbote, 2017, S. 91 ff.; BOMMER/KAUFMANN, ZBJV 152/2016 S. 897 f.; GEORGE DARVISH POULIKAKOS, Die Verwertbarkeit rechtswidrig erhobener Beweise, 2021, S. 72 ff.; WOLFGANG WOHLERS, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 3. Aufl. 2020, N. 33 zu Art. 141 StPO; WOHLERS/BLÄSI, Dogmatik und praktische Relevanz der Beweisverwertungsverbote im Strafprozessrecht der Schweiz, recht 2015 S. 166).
4.3.6. Bezüglich der Anordnung einer Blutprobe hat das Bundesgericht festgehalten, dass vom Erfordernis der Schriftlichkeit der Anordnung gemäss Art. 241 Abs. 1 StPO nicht abgewichen werden könne und die Schriftlichkeit Gültigkeitsvoraussetzung sei (Urteil 6B_307/2017 vom 19. Februar 2018 E. 1.2.2 mit Hinweis; vgl. DIEGO R. GFELLER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 4 zu Art. 241 StPO). Das Bundesgericht bejahte im zitierten Fall eine Verletzung von Art. 198 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 241 Abs. 1 StPO, da sich in den Akten der zuständigen Staatsanwaltschaft kein Beleg dafür befand, wonach diese die Abgabe einer Blut- oder Urinprobe im Voraus schriftlich angeordnet oder die Anordnung nachträglich schriftlich bestätigt hätte. Eine Verletzung der genannten Normen wäre gemäss Bundesgericht angesichts des Fehlens der nachträglichen schriftlichen Bestätigung selbst dann zu bejahen [gewesen], wenn eine telefonische Anordnung durch die Staatsanwaltschaft erfolgt sein sollte (Urteil 6B_307/2017 vom 19. Februar 2018 E. 1.3.1).
4.3.7. Die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweise ist in Art. 141 StPO geregelt. Für Beweise, die durch verbotene Beweiserhebungsmethoden (im Sinne von Art. 140 StPO) erhoben wurden, sieht Art. 141 Abs. 1 Satz 1 StPO ein absolutes Beweisverwertungsverbot vor. Dasselbe gilt, wenn die StPO einen Beweis als unverwertbar bezeichnet (Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO). Beweise, die Strafbehörden in strafbarer Weise oder unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben haben, dürfen nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zu Abklärung schwerer Straftaten unerlässlich (Art. 141 Abs. 2 StPO). Beweise, bei deren Erhebung Ordnungsvorschriften verletzt worden sind, sind hingegen verwertbar (Art. 141 Abs. 3 StPO).
4.4.
4.4.1. Es ist vorliegend unbestritten, dass es sich bei der in Frage stehenden Straftat (Vergehen gegen das BetmG durch Einfuhr von 175 Hanfsetzlingen) nicht um eine schwere Straftat im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO handelt. Streitig ist hingegen, ob es sich bei dem in Art. 263 Abs. 2 StPO statuierten Erfordernis der nachträglichen schriftlichen Bestätigung der mündlich angeordneten Beschlagnahme um eine Gültigkeitsvorschrift im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO oder um eine Ordnungsvorschrift im Sinne von Art. 141 Abs. 3 StPO handelt.
4.4.2. Diese Frage wird in der Literatur kontrovers diskutiert.
Einige Autoren gehen beim Schriftlichkeitserfordernis gemäss Art. 263 Abs. 2 StPO von einer Gültigkeitsvorschrift aus (CHRISTIAN AEBI, Vermögenssicherung im Strafverfahren, 2020, S. 160 f.; BOMMER/GOLDSCHMID, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 66a zu Art. 263 StPO; DAMIAN K. GRAF, Beschlagnahmefähigkeit von Befragungsprotokollen und Ermittlungserzeugnissen interner Untersuchungen, forumpoenale 6/2015 S. 347).
Andere Autoren (STEFAN HEIMGARTNER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 3. Aufl. 2020, N. 25 zu Art. 263 StPO), einzelne kantonale Gerichte (Verfügungen des Kantonsgerichts des Kantons Wallis P3 23 98 vom 28. April 2023 E. 2.2 und P3 21 179 vom 1. September 2021 E. 2.4; Beschluss der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich UH160206 vom 1. Dezember 2016 E. II.3.2) und das Bundesstrafgericht (Urteil SK.2022.6 vom 13. Dezember 2022 E. 1.2.6.2) sind hingegen der Auffassung, dass das Schriftlichkeitserfordernis gemäss Art. 263 Abs. 2 StPO eine blosse Ordnungsvorschrift darstelle. Die verspätete oder fehlende schriftliche Bestätigung einer mündlich angeordneten Beschlagnahme hat nach dieser Ansicht keine Unverwertbarkeit der gewonnenen Beweismittel zur Folge (HEIMGARTNER, a.a.O., N. 25 zu Art. 263 StPO).
In der Literatur wird schliesslich auch die Ansicht vertreten, dass die Verletzung von Formvorschriften bei der Anordnung einer Beschlagnahme durch Erlass eines nachträglichen formgültigen Beschlagnahmebefehls geheilt werden könne (SARA SCHÖDLER, Dritte im Beschlagnahme- und Einziehungsverfahren, 2012, S. 108; ANNE VALÉRIE JULEN BERTHOD, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2. Aufl. 2019, N. 36 zu Art. 263 StPO).
4.4.3. Ob im Einzelfall eine Gültigkeits- oder eine Ordnungsvorschrift vorliegt, bestimmt sich - sofern das Gesetz die Norm nicht selber als Gültigkeitsvorschrift bezeichnet - primär nach dem Schutzzweck der Norm: Hat die Verfahrensvorschrift für die Wahrung der zu schützenden Interessen der betreffenden Person eine derart erhebliche Bedeutung, dass sie ihr Ziel nur erreichen kann, wenn bei Nichtbeachtung die Verfahrenshandlung ungültig ist, liegt eine Gültigkeitsvorschrift vor (BGE 148 IV 22 E. 5.5.1; 144 IV 302 E. 3.4.3; 139 IV 128 E. 1.6; Urteil 7B_258/2022 vom 18. Januar 2024 E. 2.1.3; vgl. dazu bereits die Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1183 f. Ziff. 2.4.1.1).
4.4.4. Der Schutzzweck der in Art. 263 Abs. 2 StPO verankerten Pflicht für die Staatsanwaltschaft zur nachträglichen schriftlichen Bestätigung der mündlich angeordneten Beschlagnahme kann aus der allgemeinen StPO-Bestimmung betreffend die Eröffnung der Anordnung von Zwangsmassnahmen, d.h. Art. 199 StPO (vgl. oben E. 4.3.1), abgeleitet werden. Die letztgenannte Norm präzisiert einerseits die für Strafverfahren geltende Dokumentationspflicht (vgl. Art. 100 StPO), andererseits gewährleistet sie das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) der betroffenen Person (SVEN ZIMMERLIN, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 3. Aufl. 2020, N. 1 zu Art. 199 StPO).
Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) ergibt sich die Pflicht der Behörden, alle verfahrensrelevanten Vorgänge schriftlich festzuhalten und die Akten vollständig und korrekt anzulegen und zu führen. In einem Strafverfahren bedeutet dies, dass die Beweismittel, soweit sie nicht unmittelbar an der gerichtlichen Hauptverhandlung erhoben werden, in den Untersuchungsakten vorhanden sein müssen und dass aktenmässig belegt sein muss, wie sie produziert wurden, damit die beschuldigte Person in der Lage ist, zu prüfen, ob sie inhaltliche oder formelle Mängel aufweisen und gegebenenfalls Einwände gegen deren Verwertbarkeit erheben kann. Dies ist Voraussetzung dafür, dass die beschuldigte Person ihre Verteidigungsrechte wahrnehmen kann (Urteile 6B_682/2023 vom 18. Oktober 2023 E. 1.1; 6B_307/2017 vom 19. Februar 2018 E. 1.3.1; 6B_307/2012 vom 14. Februar 2013 E. 3.1, nicht publ. in: BGE 139 IV 128; je mit Hinweisen). Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt zudem die Verpflichtung der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (BGE 150 III 1 E. 4.5; 148 III 30 E. 3.1; 145 III 324 E. 6.1; je mit Hinweisen).
Gemäss Art. 263 Abs. 2 Satz 1 StPO ist der Beschlagnahmebefehl "kurz zu begründen" (vgl. zu den Anforderungen an die Begründung des Beschlagnahmebefehls: BOMMER/GOLDSCHMID, a.a.O., N. 62 zu Art. 263 StPO; JOSITSCH/SCHMID, a.a.O., N. 2 zu Art. 199 StPO; WEBER, a.a.O., N. 6 zu Art. 199 StPO; ZIMMERLIN, a.a.O., N. 1 zu Art. 199 StPO).
4.4.5. Die Anordnung einer Beschlagnahme mittels schriftlicher und begründeter Verfügung stellt eine wichtige Voraussetzung für deren Überprüfung dar (vgl. SCHÖDLER, a.a.O., S. 107). Nur der schriftlichen Bestätigung im Sinne von Art. 263 Abs. 2 StPO lässt sich die Begründung der mündlich angeordneten Beschlagnahme entnehmen (vgl. HEIMGARTNER, a.a.O., N. 25 zu Art. 263 StPO;
ders., Strafprozessuale Beschlagnahme, 2011, S. 105). Die 10-tägige Beschwerdefrist gemäss Art. 396 Abs. 1 StPO wird erst durch die (nachträgliche) schriftliche Zustellung des Beschlagnahmebefehls (mit Rechtsmittelbelehrung) ausgelöst (vgl. oben E. 4.3.4).
Zwar sieht das Gesetz vor, dass die Beschlagnahme in dringenden Fällen mündlich angeordnet werden kann (Art. 263 Abs. 2 Satz 2 StPO). Erfolgt in der Folge keine schriftliche Bestätigung, ist jedoch nicht sichergestellt, dass die Begründung der Beschlagnahme der betroffenen Person rechtsgenüglich eröffnet wird. Der in der StPO (und auch in der Bundesverfassung) gewährleistete Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz gegen Beschlagnahmen verlangt deshalb eine anfechtbare schriftliche Verfügung (Art. 199 und Art. 263 Abs. 2 StPO ; vgl. dazu bereits Urteil 1B_210/2014 vom 17. Dezember 2014 E. 5.4).
4.4.6. Eine Pflicht für die Staatsanwaltschaft zur nachträglichen schriftlichen Bestätigung der mündlich angeordneten Zwangsmassnahme wird in der StPO auch in Bezug auf Durchsuchungen und Untersuchungen statuiert (Art. 241 Abs. 1 StPO). In der Lehre wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, Art. 241 Abs. 1 StPO bezwecke die Sicherstellung einer angemessenen Begrenzung der Durchsuchung und der Untersuchung, welche Zwangsmassnahmen darstellen (WOHLERS/BLÄSI, a.a.O., S. 166). Die Begrenzung von Zwangsmassnahmen bzw. zumindest deren Überprüfung liege im Interesse der beschuldigte Person (POULIKAKOS, a.a.O., S. 72). Verfahrensgegenstand im zitierten Leiturteil BGE 139 IV 128 (vgl. oben E. 4.3.5) bildete nicht eine Beschlagnahme, sondern eine polizeiliche Durchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl. Da die bundesrechtliche Qualifikation des Erfordernisses des staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsbefehls als Ordnungsvorschrift ausdrücklich "unter Berücksichtigung der konkreten Umstände" der Einzelfalls erfolgte (BGE 139 IV 128 E. 1.7), ist eine Übertragung auf den vorliegenden Fall ausgeschlossen. Im späteren, d.h. nach BGE 139 IV 128 ergangenen Urteil 6B_307/2017 vom 19. Februar 2018 E. 1.2.2 hat das Bundesgericht - wie bereits erwogen (vgl. oben E. 4.3.6) - in Bezug auf die Anordnung einer Blutprobe allgemein festgehalten, dass vom Erfordernis der Schriftlichkeit der Anordnung gemäss Art. 241 Abs. 1 StPO nicht abgewichen werden könne bzw. die Schriftlichkeit Gültigkeitsvoraussetzung sei.
4.4.7. Die mündlich angeordnete Beschlagnahme wurde nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) entgegen Art. 263 Abs. 2 StPO durch die Staatsanwaltschaft nachträglich nicht schriftlich bestätigt (vgl. oben E. 4.2). Die Möglichkeit einer allfälligen "Heilung" dieses Formmangels durch Erlass eines nachträglichen formgültigen Beschlagnahmebefehls (vgl. oben E. 4.4.2 und BGE 120 IV 297 E. 3e) kommt damit von vornherein nicht in Betracht.
4.4.8. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer von der Staatsanwaltschaft eine schriftliche Bestätigung der mündlich angeordneten Beschlagnahme hätte verlangen können, um diese in der Folge anzufechten, ändert - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - nichts daran, dass in Art. 263 Abs. 2 StPO für die Staatsanwaltschaft eine Pflicht zur nachträglichen schriftlichen Bestätigung der mündlich angeordneten Beschlagnahme statuiert wird (vgl. oben E. 4.3.2). Diese Pflicht besteht nach dem klaren Gesetzeswortlaut unabhängig davon, ob die von der Beschlagnahme betroffene Person eine solche nachträgliche schriftliche Bestätigung verlangt oder nicht.
4.4.9. Insoweit die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe durch seine Zustimmung zur Analyse der Hanfpflanzen zum Ausdruck gebracht, dass er die mündliche Anordnung der Beschlagnahme akzeptiert bzw. dass er diesbezüglich zumindest keine anfechtbare Verfügung verlangt habe, kann ihr nicht gefolgt werden. Die "Zustimmung" des Beschwerdeführers bezog sich gemäss dem Protokoll der polizeilichen Befragung vom 6. Dezember 2019 einzig auf die Analyse der Hanfpflanzen und die Gehaltsbestimmung durch den Forensisch-Naturwissenschaftlichen Dienst der Kantonspolizei St. Gallen (act. S/3 Frage 48: "Der zuständige Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Altstätten hat folgendes verfügt. Er wird von jeder Sorte mindestens eine Pflanze durch den FND [Forensisch-Naturwissenschaftlichen Dienst der Kantonspolizei St. Gallen] analysieren lassen und dabei eine Gehaltsbestimmung machen lassen. Was sagen sie dazu?" Antwort: "Das ist gut. Soll so gemacht werden."). Von einer "Zustimmung" zu einer von der Staatsanwaltschaft mündlich angeordneten Beschlagnahme bzw. von einem Verzicht auf den Erlass einer anfechtbaren Verfügung kann bei dieser Sachlage nicht ausgegangen werden.
4.4.10. Unabhängig davon, ob die Vorinstanz im vorliegenden Fall ohne Verletzung von Bundesrecht von einer mündlich angeordneten Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft hätte ausgehen dürfen, zeigt der vorliegende Fall exemplarisch, wie eine nur mündliche Anordnung der Beschlagnahme ohne nachträgliche schriftliche Bestätigung mit grossen Beweisschwierigkeiten verbunden ist (BGE 147 IV 137 E. 5.2; vgl. oben E. 4.3.4). Mangels schriftlicher Bestätigung der mündlich angeordneten Beschlagnahme war eine angemessene Begrenzung dieser Zwangsmassnahme im Interesse des Beschwerdeführers als beschuldigte Person im Strafverfahren nicht sichergestellt (vgl. oben E. 4.4.6). Aus dem bereits zitierten Protokoll der polizeilichen Befragung des Beschwerdeführers geht nicht hervor, dass ihm die Begründung der mündlich angeordneten Beschlagnahme rechtsgenüglich eröffnet wurde (vgl. oben E. 4.4.5, 4.4.9).
Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft mit der bloss mündlichen Anordnung der Beschlagnahme verunmöglichte im vorliegenden Fall eine sachgerechte Anfechtung der angeordneten Zwangsmassnahme. Mangels schriftlicher Zustellung des Beschlagnahmebefehls begann die 10-tägige Beschwerdefrist (Art. 396 Abs. 1 StPO) nicht zu laufen (vgl. oben E. 4.3.3 f.). Diese Vorgehensweise steht im Widerspruch zur Dokumentationspflicht der Behörden und zum Anspruch auf rechtliches Gehör der beschuldigten Person (vgl. oben E. 4.4.4). Wenn die Vorinstanz erwägt, die Ausführungen des Verteidigers anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung hätten deutlich gemacht, dass es ihm aufgrund der "aktenmässigen Dokumentation" durchaus möglich gewesen sei, sich gegen die Anordnung der Beschlagnahme zur Wehr zu setzen, kann ihr nicht zugestimmt werden. Denn in den Akten ist kein Dokument vorhanden, welchem eine Begründung der angeordneten Beschlagnahme entnommen werden könnte. Eine wichtige Voraussetzung für die Überprüfung der Beschlagnahme, nämlich das Vorliegen einer schriftlichen und begründeten Beschlagnahmeverfügung (vgl. oben E. 4.4.5), war folglich nicht erfüllt.
4.4.11. Zusammenfassend stellte die Pflicht der Staatsanwaltschaft zur nachträglichen schriftlichen Bestätigung der mündlich angeordneten Beschlagnahme (Art. 263 Abs. 2 StPO) im vorliegenden Fall eine Gültigkeitsvorschrift im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO dar. Folglich sind die Hanfsetzlinge bzw. die aufgezogenen Hanfpflanzen sowie die im Bericht des Forensisch-Naturwissenschaftlichen Dienstes der Kantonspolizei St. Gallen vom 27. April 2020 enthaltenen Analysen der Hanfpflanzen nach Art. 141 Abs. 4 StPO nicht verwertbar. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet.
5.
Seinen weiteren Antrag betreffend die Auslagenentschädigung (im Umfang von Fr. 712.80) begründet der Beschwerdeführer nicht (Art. 42 Abs. 1 BGG). Darauf ist nicht einzutreten.
6.
Die Beschwerde ist gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben ( Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG ). Der Kanton St. Gallen hat dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG). Die gestützt auf eine Kostennote beantragte Parteientschädigung erscheint nicht angemessen und rechtfertigt sich auch unter Berücksichtigung der Streitsache nicht. Soweit wie vorliegend keine "besonderen Fälle" vorliegen, legt die II. strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts die Parteientschädigung fest, ohne dass dazu eine Kostennote einverlangt wird (vgl. Art. 8, 11 und 12 des Reglements über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht [SR 173.110.210.3]; Urteil 7B_211/2022 vom 12. März 2024 E. 3).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird. Der Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 23. August 2022 wird aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton St. Gallen wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. Oktober 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Der Gerichtsschreiber: Caprara