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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_25/2025  
 
 
Urteil vom 4. Februar 2025  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, vertreten durch Herrn Ange Sankieme Lusanga, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern (ABEV), Migrationsdienst, Bereich Zuwanderung und Integration, Ostermundigenstrasse 99B, 3006 Bern, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Erlöschen der Niederlassungsbewilligung bzw. Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 12. Dezember 2024 (100.2022.335U). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1989), Staatsangehöriger von Kamerun, reiste am 30. April 2007 zwecks Familiennachzugs zu seiner Mutter in die Schweiz ein. Am 17. Mai 2017 erhielt er die Niederlassungsbewilligung. Am 1. Juli 2018 reiste A.________ nach Kamerun und wurde von seinem Stiefvater bei der Wohnsitzgemeinde abgemeldet.  
Am 12. September 2020 reiste er erneut in die Schweiz ein und stellte ein Gesuch um "Reaktivierung" der Niederlassungsbewilligung. 
Mit Verfügung vom 10. Mai 2022 stellte das Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern, Migrationsdienst, fest, dass seine Niederlassungsbewilligung wegen mehr als sechsmonatiger Landesabwesenheit erloschen sei, verweigerte ihm die (ermessensweise) Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und wies ihn aus der Schweiz weg. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies die Sicherheitsdirektion des Kantons Bern mit Entscheid vom 26. September 2022 ab. 
 
1.2. Mit Urteil vom 12. Dezember 2024 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, eine gegen den Entscheid der Sicherheitsdirektion gerichtete Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.  
 
1.3. Mit einer in französischer Sprache verfassten Eingabe vom 12. Januar 2025 (Postaufgabe) erhebt A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht und beantragt, es sei das Urteil vom 12. Dezember 2024 aufzuheben und es sei ihm eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen bzw. er sei vorläufig aufzunehmen. Eventualiter sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Prozessual ersucht er um Erteilung der aufschiebenden Wirkung sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer hat seine Eingabe in französischer Sprache verfasst, wozu er befugt ist (Art. 42 Abs. 1 BGG). Das bundesgerichtliche Verfahren wird allerdings in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids geführt (Art. 54 Abs. 1 BGG), d.h. im vorliegenden Fall auf Deutsch, nachdem der Beschwerdeführer keinen Antrag gestellt hat, der es rechtfertigen würde, von dieser Regel abzuweichen. 
 
3.  
Soweit der Beschwerdeführer um vorläufige Aufnahme ersucht, erweist sich sein Antrag als unzulässig. Anträge betreffend die vorläufige Aufnahme sind direkt an das Staatssekretariat für Migration zu richten (Art. 83 Abs. 1 AIG [SR 142.20]) und das Beschwerdeverfahren fällt in den Kompetenzbereich des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 31 VGG [SR 173.32] i.V.m. Art. 5 VwVG [SR 172.021]). Diesbezüglich steht weder die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 83 lit. c Ziff. 3 BGG) noch die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG e contrario) zur Verfügung (vgl. u.a. Urteil 2C_448/2023 vom 10. Juli 2024 E. 1.5).  
 
4.  
 
4.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Bewilligungen ausgeschlossen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen oder Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen betreffen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Ziff. 5 BGG). Sie ist ebenfalls ausgeschlossen gegen Wegweisungsentscheide (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zweifelhaft, umfasst die Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen (vgl. BGE 134 II 45 E. 2.2.3; 133 II 249 E. 1.1; Urteil 2C_682/2021 vom 3. November 2021 E. 1.1).  
 
4.2. Vorliegend hat die Vorinstanz festgehalten, dass die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers aufgrund seiner mehr als sechsmonatigen Landesabwesenheit (vom 1. Juli 2018 bis 12. September 2020) erloschen sei (Art. 61 Abs. 2 AIG). Diese Schlussfolgerung wurde im vorinstanzlichen Verfahren nicht mehr bestritten. Auch im vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahren bestreitet der Beschwerdeführer nicht substanziiert, dass seine Niederlassungsbewilligung erloschen sei und erhebt in diesem Zusammenhang auch keine Rügen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer um Aufrechterhaltung seiner Niederlassungsbewilligung hätte ersuchen können (Art. 62 Abs. 2 Satz 2 AIG), ist nicht relevant, da unbestritten ist, dass kein solches Gesuch gestellt wurde.  
Infrage kommt somit einzig die Erteilung einer neuen Aufenthaltsbewilligung. 
 
4.3. Art. 30 Abs. 1 lit. k AIG (Wiederzulassung von Ausländerinnen und Ausländern), auf welchen sich der Beschwerdeführer beruft, räumt keinen Bewilligungsanspruch ein. Gleich verhält es sich mit Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG (Härtefallbewilligung). Diese Bestimmungen betreffen die Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen, die unter den Ausnahmetatbestand von Art. 83 lit. c Ziff. 5 BGG fallen (vgl. u.a. Urteile 2C_124/2024 vom 27. Februar 2024 E. 3.4; 2C_4/2024 vom 12. Januar 2024 E. 2.2; 2C_502/2023 vom 25. September 2023 E. 2.2).  
 
4.4. Keinen Bewilligungsanspruch kann der Beschwerdeführer sodann aus dem Schutz seines Familienlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV ableiten. Der Schutz des Familienlebens im Sinne von Art. 8 EMRK bezieht sich in erster Linie auf die Kernfamilie (Gemeinschaft der Eltern mit ihren minderjährigen Kindern; vgl. BGE 144 I 266 E. 3.3; 144 II 1 E. 6.1). Zwar können auch andere familiäre Verhältnisse in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fallen, doch muss in diesem Fall ein über die üblichen familiären Beziehungen bzw. emotionalen Bindungen hinausgehendes, besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehen (vgl. BGE 147 I 268 E. 1.2.3; 144 II 1 E. 6.1 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer macht in keiner Weise geltend, dass zwischen ihm und seinen in der Schweiz lebenden Angehörigen (Mutter, Stiefvater, Geschwister) ein solches Abhängigkeitsverhältnis besteht.  
Sodann kann der Beschwerdeführer, dessen ursprüngliche Niederlassungsbewilligung erloschen ist und sich erst seit September 2020 (erneut) in der Schweiz aufhält, aus BGE 144 I 266 und der darin aufgestellten Vermutung, dass eine ausländische Person nach einem zehnjährigen rechtmässigen Aufenthalt als integriert gelten könne (vgl. dort E. 3.9), keinen Bewilligungsanspruch gestützt auf den Schutz des Privatlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV) ableiten (vgl. auch BGE 149 I 66 E. 4.5-4.8). Besondere Umstände, wonach in seinem Fall - trotz kürzerer Aufenthaltsdauer - eine besonders ausgeprägte Integration vorliegen soll (vgl. hierzu BGE 149 I 207 E. 5.3), werden nicht substanziiert dargetan. Seine Vorbringen, wonach er eine Arbeitsstelle habe, keine Sozialhilfe beziehe und über soziale Kontakte verfüge, reichen nicht aus, um eine über eine normale Integration hinausgehende Verwurzelung bzw. besonders intensive Beziehung zur Schweiz darzutun. 
 
4.5. Ein anderweitiger potenzieller Bewilligungsanspruch ist nicht ersichtlich und wird nicht in vertretbarer Weise geltend gemacht. Soweit der Beschwerdeführer behauptet, er werde diskriminiert, bleiben seine Vorbringen gänzlich unsubstanziiert (Art. 106 Abs. 2 BGG). Ohnehin verschafft das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 8 Abs. 2 BV in der Regel keinen Bewilligungsanspruch. Dass es sich in seinem Fall anders verhalten soll, legt der Beschwerdeführer nach dem Gesagten nicht dar (vgl. dazu BGE 147 I 89 E. 1.1.4 mit Hinweisen; Urteil 2D_25/2024 vom 15. November 2024 E. 5.1).  
 
4.6. Im Ergebnis gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, in vertretbarer Weise darzutun, dass er einen Anspruch auf Erteilung einer neuen Aufenthaltsbewilligung hat. Die Eingabe erweist sich als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unzulässig.  
 
5.  
Zu prüfen ist, ob die Eingabe als subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) entgegengenommen werden kann. 
 
5.1. Mangels Aufenthaltsanspruchs in der Schweiz sind in diesem Rahmen ausschliesslich Rügen bezüglich verfahrensrechtlicher Punkte zulässig, deren Verletzung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt und die das Gericht von der Prüfung der Sache bzw. der Bewilligungsfrage getrennt beurteilen kann ("Star"-Praxis; vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1; 137 II 305 E. 2; Urteil 2D_24/2022 vom 16. Juni 2022 E. 5.2). Unzulässig sind Vorbringen, die im Ergebnis wiederum auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen, wie die Behauptung, die Begründung sei unvollständig oder zu wenig differenziert bzw. die Vorinstanz habe sich nicht oder in willkürlicher Weise mit den Argumenten der Partei auseinandergesetzt und Beweisanträge in offensichtlich unhaltbarer antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt (vgl. BGE 137 II 305 E. 2; Urteil 2D_32/2022 vom 25. November 2022 E. 2.2 mit Hinweisen). Verfassungsrügen unterliegen erhöhten Begründungsanforderungen (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 142 II 369 E. 2.1; 141 I 36 E. 1.3).  
Der Beschwerdeführer wirft zwar der Vorinstanz Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV) sowie Verletzungen des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) vor. Aus seiner Argumentation, die sich im Wesentlichen in Ausführungen allgemeiner Art und Hinweisen auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) erschöpft, ist indessen nicht ersichtlich, inwiefern das Verwaltungsgericht in seinem Fall eine Rechtsverweigerung oder Gehörsverletzungen begangen haben soll. Seine Rüge, die Vorinstanz habe ihm bzw. seinem Rechtsvertreter keine Akteneinsicht gewährt, geht über eine blosse Behauptung nicht hinaus. Insgesamt genügen die allgemeinen Ausführungen des Beschwerdeführers nicht ansatzweise den qualifizierten Anforderungen an die Begründung von Verfassungsrügen (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). 
 
5.2. Die vom Beschwerdeführer ebenfalls beanstandete Wegweisung lässt sich einzig unter Berufung auf besondere verfassungsmässige Rechte anfechten, die der betroffenen Person unmittelbar ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 115 lit. b BGG verschaffen, wie dies für Art. 10 Abs. 3 BV bzw. Art. 2 und 3 EMRK oder Art. 25 Abs. 2 und Abs. 3 BV der Fall ist (vgl. BGE 137 II 305 E. 3.3; Urteil 2C_42/2024 vom 17. September 2024 E. 1.3). Auf solche besonderen verfassungsmässigen Rechte beruft sich der Beschwerdeführer nicht, sondern beschränkt sich einmal mehr auf Ausführungen allgemeiner Art und Verweise auf die Rechtsprechung betreffend die Unzumutbarkeit des Vollzugs von Wegweisungen. Ein Zusammenhang zu seiner persönlichen Situation ist nicht erkennbar.  
 
5.3. Folglich ist auf die Eingabe als subsidiäre Verfassungsbeschwerde ebenfalls nicht einzutreten.  
 
6.  
 
6.1. Die Eingabe des Beschwerdeführers erweist sich sowohl als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als auch als subsidiäre Beschwerde als offensichtlich unzulässig bzw. unbegründet (Art. 42 Abs. 2 BGG; Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). Es ist darauf mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 (Abs. 1 lit. a und b) nicht einzutreten. Damit wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.  
 
6.2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird zufolge Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels abgewiesen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Auf die die Erhebung von Gerichtskosten wird indessen umständehalber verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. Februar 2025 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov