Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_56/2025  
 
 
Urteil vom 4. Februar 2025  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichter Kradolfer, 
Gerichtsschreiber Zollinger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Dr. Lukas Beeler und/oder Lukas Mathis, 
Rechtsanwälte, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SEI, Eigerstrasse 65, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Amtshilfe (DBA CH-US), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 9. Januar 2025 (A-5060/2023). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 10. März 2023 richtete der Internal Revenue Service des US Department of the Treasury (nachfolgend: ersuchende Behörde) gestützt auf Art. 26 des Abkommens vom 2. Oktober 1996 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (DBA CH-US; SR 0.672.933.61) sowie auf das zugehörige Protokoll ein Amtshilfeersuchen an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV). Das Ersuchen bezog sich auf die an der Bankkontobeziehung Nr. xxx wirtschaftlich berechtigte Person für den Zeitraum vom 23. September 2009 bis zum 31. Dezember 2021, wobei diese Person im Verlauf des Amtshilfeverfahrens als B.________ identifiziert wurde. 
 
A.a. Die ersuchende Behörde führte in ihrem Amtshilfeersuchen aus, die Person, auf welche sich das Ersuchen beziehe, sei von der C.________ (nachfolgend: Informationsinhaberin) als "U.S.-related accounts" identifiziert worden. Der ersuchenden Behörde sowie dem US-Justizministerium seien anonymisierte Informationen über Bankkonten bei der Informationsinhaberin zur Verfügung gestellt worden, die sich im wirtschaftlichen Eigentum oder unter der Kontrolle dieser Person befinden sollen. Bei der Überprüfung der mit dieser Person verbundenen Bankkontounterlagen habe die Informationsinhaberin festgestellt, dass die betroffene Person sich gegenüber der Informationsinhaberin als "US-Staatsbürger mit polnischer Staatsbürgerschaft" ausgegeben habe.  
 
A.b. Die Informationsinhaberin identifizierte insgesamt sechs Bankkonten, die mit der vom Amtshilfeersuchen betroffenen Person in Verbindung stünden, wobei für das vorliegende Amtshilfeverfahren nur ein Bankkonto von Bedeutung sei. Am 20. April 2023 informierte die ESTV die A.________ durch Veröffentlichung im Bundesblatt über das Verfahren (vgl. BBI 2023 993). Sie forderte diese auf, ihr innerhalb von zehn Tagen eine zur Zustellung bevollmächtigte Person in der Schweiz zu bezeichnen. Am 22. August 2023 erliess die ESTV die Schlussverfügung betreffend die betroffene Person. Diese Verfügung wurde im Bundesblatt publiziert (vgl. BBI 2023 1924).  
 
B.  
Mit an die A.________ gerichteter Schlussverfügung vom 22. August 2023, welche im Bundesblatt publiziert wurde (vgl. BBI 2023 1926), entschied die ESTV, dass der ersuchenden Behörde Amtshilfe betreffend die vom Ersuchen betroffene Person geleistet wird und bezeichnete die zu übermittelnden Informationen, in welchen auch die A.________ erscheint. Die ESTV werde die ersuchende Behörde darauf hinweisen, dass die übermittelten Informationen geheim zu halten sind und nur in Verfahren gegen die betroffene Person verwendet werden dürfen. 
 
B.a. Am 18. September 2023 erhob die A.________ gegen die Schlussverfügung vom 22. August 2023 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragte, die Schlussverfügung vom 22. August 2023 sei vollständig aufzuheben und es sei auf die Übermittlung der Informationen zum Bankkonto zu verzichten. Eventualiter sei die ESTV zu verpflichten, ergänzende Abklärungen bei der Informationsinhaberin betreffend die wirtschaftlich berechtigten Personen am genannten Bankkonto und die Vollständigkeit der zu liefernden Informationen sowie bei der anfragenden Behörde betreffend die angebliche voraussichtliche Relevanz vorzunehmen. Subeventualiter sei bei der Informationsübermittlung zum genannten Bankkonto ein Bestreitungsvermerk anzubringen, wonach ihrer Auffassung nach B.________ am genannten Bankkonto während des relevanten Zeitraums nicht wirtschaftlich berechtigte Person gewesen sei.  
 
B.b. Mit Urteil vom 9. Januar 2025 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.  
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 23. Januar 2025 gelangt die A.________ an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des Urteils vom 9. Januar 2025. Die Angelegenheit sei zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei die Vorinstanz oder die ESTV anzuweisen, bei der Informationsübermittlung einen Bestreitungsvermerk der Beschwerdeführerin wie folgt anzubringen: "Die A.________ vertritt die Auffassung, dass Herr B.________ nicht an ihr wirtschaftlich berechtigt ist / A.________ is of the view that Mr. B.________ is not the beneficial owner of A.________". 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (vgl. BGE 147 I 89 E. 1; 146 II 276 E. 1). 
 
1.1. Art. 83 lit. h BGG sieht vor, dass die Beschwerde an das Bundesgericht gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen unzulässig ist. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde gemäss Art. 84a BGG zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt. Die beschwerdeführende Partei hat in der Begründung darzulegen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 146 II 276 E. 1.2.1; 139 II 340 E. 4).  
Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn der Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann - namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist unter Umständen auch anzunehmen, wenn es sich um eine erstmals zu beurteilende Frage handelt, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedarf. Es muss sich allerdings um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft. Aber auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt (vgl. BGE 139 II 404 E. 1.3; 139 II 340 E. 4; Urteil 2C_1037/2019 vom 27. August 2020 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 147 II 116). 
 
1.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe im vorinstanzlichen Verfahren als vom Ersuchen formell nicht betroffene Person unter anderem beantragt, es sei bei der eingeholten Information bezüglich Aktionärin bzw. wirtschaftlich an der Beschwerdeführerin berechtigten Person ein Bestreitungsvermerk anzubringen, wonach B.________ am genannten Bankkonto (bzw. an der Beschwerdeführerin) während des relevanten Zeitraums nicht wirtschaftlich berechtigte Person gewesen sei. Die Vorinstanz habe der Beschwerdeführerin ein schutzwürdiges Interesse an der Anbringung eines Bestreitungsvermerks abgesprochen und sei auf den Antrag nicht eingetreten. Vor diesem Hintergrund unterbreitet die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht die Frage, ob eine beschwerdeberechtigte Drittbetroffene im Rahmen des Amtshilfeverfahrens über ein schutzwürdiges Interesse in Bezug auf den Antrag auf Anbringung eines Bestreitungsvermerks bei sie betreffenden und zur Übermittlung vorgesehenen Informationen verfügt, bei welchen weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit bewiesen werden kann.  
 
1.3. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung gilt, dass die ESTV im Rahmen der internationalen Amtshilfe in Steuerfragen nicht verpflichtet ist, materiell-rechtlich zu klären, ob eine bestimmte Person wirtschaftlich berechtigt ist oder nicht. Sie kann demzufolge auch dann Informationen weitergeben, wenn ein Teil derselben materiell-rechtlich unzutreffend ist und damit eine potenziell falsche Information weitergegeben wird, sofern für die ersuchende Behörde ohne Weiteres erkennbar ist, dass die Information umstritten ist, weitere Klärungen erforderlich sind und sich danach ein Teil der Information zwangsläufig als unzutreffend herausstellen wird. Unter diesen Voraussetzungen erübrigt sich auch das Anbringen eines Bestreitungsvermerks, denn es ist klar erkennbar, dass ein Teil der Informationen bestritten ist (vgl. Urteile 2C_703/2020 vom 15. März 2021 E. 8.4; 2C_726/2018 vom 14. Oktober 2019 E. 3.5 i.f.). Wäre die ESTV verpflichtet, im Rahmen der internationalen Amtshilfe in Steuerfragen materiell-rechtlich zu klären, ob eine bestimmte Person Aktionär war oder nicht, würde dies die Amtshilfe ungebührlich verzögern, was mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz bezüglich Informationsaustausch nicht vereinbar ist (vgl. Urteil 2C_726/2018 vom 14. Oktober 2019 E. 3.5; vgl. auch Urteil 2C_1156/2016 vom 29. Juni 2018 E. 2.3.2).  
 
1.4. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, es sei nicht geklärt, ob eine vom Amtshilfeersuchen formell nicht betroffene Person das Anbringen eines Bestreitungsvermerks verlangen könne. Die Beschwerdeführerin lässt indes ausser Acht, dass die von ihr aufgeworfene Frage durch die erläuterte Rechtsprechung bereits adressiert wird: Das Anbringen eines Bestreitungsvermerks erübrigt sich unter den Voraussetzungen, dass für die ersuchende Behörde ohne Weiteres erkennbar ist, dass die Information umstritten ist, weitere Klärungen erforderlich sind und sich danach ein Teil der Information zwangsläufig als unzutreffend herausstellen wird (vgl. E. 1.3 hiervor). Die Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind, betrifft die konkrete Rechtsanwendung im Einzelfall, womit eine Grundsatzfrage ausser Betracht fällt. Im Übrigen trifft es nicht zu, dass die Vorinstanz das Anbringen eines Bestreitungsvermerks auf Antrag einer vom Amtshilfeersuchen formell nicht betroffenen Person mit Hinweis auf das Spezialitätsprinzip kategorisch verneint. Sie weist lediglich darauf hin, dass der Beschwerdeführerin aufgrund des Spezialitätsprinzips keine steuerrechtlichen Konsequenzen drohten, unabhängig davon, ob die betroffene Person im ersuchten Zeitraum wirtschaftlich an ihr berechtigt gewesen sei oder nicht (vgl. E. 3.2.3.4 des angefochtenen Urteils). Dieser Hinweis stellt die erläuterte bundesgerichtliche Rechtsprechung indes nicht infrage. Es liegt somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG vor.  
 
1.5. Im Ergebnis ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten.  
 
2.  
Diesem Verfahrensausgang entsprechend trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. Februar 2025 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: M. Zollinger