Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_120/2025
Urteil vom 4. März 2025
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Hänni, Ryter,
Gerichtsschreiber Zollinger.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
B.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Bernhard Lötscher
Rechtsanwalt und / oder Emanuel Thaler,
Rechtsanwalt,
gegen
Eidgenössische Steuerverwaltung,
Dienst für Informationsaustausch in
Steuersachen SEI,
Eigerstrasse 65, 3003 Bern.
Gegenstand
Amtshilfe (DBA CH-US),
Beschwerde gegen das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 3. Februar 2025 (A-4298/2023).
Sachverhalt:
A.
Am 16. Mai 2022 und am 1. November 2022 richtete der Internal Revenue Service des US Department of the Treasury (nachfolgend: ersuchende Behörde) gestützt auf Art. 26 des Abkommens vom 2. Oktober 1996 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (DBA CH-US; SR 0.672.933.61) sowie auf das zugehörige Protokoll zwei konnexe Amtshilfeersuchen an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV). Die ersuchende Behörde ersuchte darin um Informationen betreffend A.________ sowie B.________ hinsichtlich der Einkommenssteuern ("United States federal income taxes") für die Jahre 2016 bis 2020.
Die ersuchende Behörde führte im Ersuchen aus, dass die betroffenen Personen es teilweise versäumt hätten, im Ausland gehaltene Gesellschaften oder daraus generiertes Einkommen in ihren Steuererklärungen in den Vereinigten Staaten zu deklarieren. Bei den diesbezüglichen Untersuchungen sei die Existenz von diversen nicht deklarierten Bankkonten bei drei Schweizer Banken zu Tage gefördert worden. Die ersuchende Behörde bestätigte im Ersuchen, dass alle auf dem eigenen Staatsgebiet zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft worden seien, mit Ausnahme solcher, die mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden gewesen wären. Ebenfalls wurde die Einhaltung der geltenden Vorschriften an die Geheimhaltung respektive Vertraulichkeit sowie an die zweckkonforme Verwendung der ersuchten Informationen bestätigt.
B.
Mangels Zustimmung zum Informationsaustausch erliess die ESTV am 4. Juli 2023 eine Schlussverfügung. Die ESTV kam darin zum Schluss, dass der ersuchenden Behörde Amtshilfe betreffend A.________ sowie B.________ zu leisten sei. In der Verfügung nannte die ESTV die bei den drei Banken edierten und zur Übermittlung vorgesehenen Informationen und Dokumente betreffend die beiden Amtshilfeverfahren. Zudem wies die ESTV darauf hin, dass nicht amtshilfefähige Informationen, die nicht hätten ausgesondert werden können, geschwärzt worden seien. Überdies hielt die ESTV im Dispositiv fest, sie werde die ersuchende Behörde auf den Grundsatz der Geheimhaltung der Informationen sowie auf das Spezialitätsprinzip hinweisen.
Die gegen die Schlussverfügung vom 4. Juli 2023 von A.________ sowie B.________ erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 3. Februar 2025, zugestellt am 11. Februar 2025, ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 21. Februar 2025 gelangen A.________ sowie B.________ an das Bundesgericht. Sie beantragen die Aufhebung des Urteils vom 3. Februar 2025 und der Schlussverfügung vom 4. Juli 2023. Die Amtshilfeersuchen vom 16. Mai 2022 und 1. November 2022 seien abzuweisen. Eventualiter sei die Auskunftserteilung zu beschränken und mit dem Vorbehalt zu verbinden, dass die übermittelten Informationen und Unterlagen (i) nur den Personen oder Behörden (einschliesslich der Gerichte und Verwaltungsbehörden) zugänglich gemacht werden dürfen, die mit der Anwendung, Veranlagung oder der Erhebung, mit der Vollstreckung oder der Strafverfolgung oder mit der Entscheidung von Rechtsmitteln hinsichtlich der US-amerikanischen "federal income tax" oder mit der Aufsicht über diese Funktionen befasst sind, und (ii) jede Verwendung zur Verfolgung von Widerhandlungen gegen "Title 31 USC" ausgeschlossen ist. Subeventualiter sei die Angelegenheit zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (vgl. BGE 147 I 89 E. 1; 146 II 276 E. 1).
1.1. Art. 83 lit. h BGG sieht vor, dass die Beschwerde an das Bundesgericht gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen unzulässig ist. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde gemäss Art. 84a BGG zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt. Die beschwerdeführende Partei hat in der Begründung darzulegen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 146 II 276 E. 1.2.1; 139 II 340 E. 4).
Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn der Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann - namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist unter Umständen auch anzunehmen, wenn es sich um eine erstmals zu beurteilende Frage handelt, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedarf. Es muss sich allerdings um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft. Aber auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt (vgl. BGE 139 II 404 E. 1.3; 139 II 340 E. 4; Urteil 2C_1037/2019 vom 27. August 2020 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 147 II 116).
1.2. Die Beschwerdeführer machen geltend, die ersuchende Behörde begründe die Amtshilfeersuchen damit, Erstere hätten für die Jahre 2016 bis 2020 erzieltes Einkommen nicht deklariert. Es sei jedoch erstellt, so die Beschwerdeführer, dass der Beschwerdeführer über gar keine Bankkontobeziehung bei Schweizer Banken verfügt und die Beschwerdeführerin auf den von ihr bei Schweizer Banken unterhaltenen Bankkonten kein Einkommen erzielt habe. Es stelle sich damit die erste Rechtsfrage, ob die ESTV für die Beurteilung des Erfordernisses der voraussichtlichen Erheblichkeit auf einen von der ersuchenden Behörde zwar behaupteten, aber durch die Ergebnisse der amtshilfeweise getroffenen Erhebung liquide als unzutreffend widerlegten Sachverhalt abstellen dürfe.
1.2.1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist die von ihnen aufgeworfene Rechtsfrage bereits geklärt. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist das Erfordernis der voraussichtlichen Erheblichkeit erfüllt, wenn im Zeitpunkt der Gesuchstellung eine vernünftige Möglichkeit besteht, dass sich die angefragten Angaben als erheblich erweisen werden. Hingegen spielt es im Grundsatz keine Rolle, wenn sich - einmal beschafft - herausstellt, dass die Informationen nicht relevant sind. Es liegt grundsätzlich nicht am ersuchten Staat, ein Ersuchen oder die Übermittlung von Auskünften zu verweigern, weil er der Ansicht ist, es fehle an der Erheblichkeit der Anfrage oder der dieser zugrunde liegenden Überprüfung. Die ersuchte Behörde hat somit nicht zu entscheiden, ob der im Amtshilfeersuchen dargestellte Sachverhalt gänzlich der Realität entspricht, sondern muss nur überprüfen, ob die ersuchten Informationen einen Bezug zu diesem Sachverhalt haben (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.3; 143 II 185 E. 3.3.2; 142 II 161 E. 2.1.1). Die Rolle der Steuerbehörden des ersuchten Staats beschränkt sich im Wesentlichen auf die Prüfung der Plausibilität des Ersuchens (vgl. BGE 142 II 161 E. 2.1.1; vgl. auch Urteile 2C_761/2022 vom 1. Juli 2024 E. 4.2.1; 2C_241/2016 vom 7. April 2017 E. 5.4).
1.2.2. Die Vorinstanz nimmt auf die soeben dargelegte Rechtsprechung Bezug (vgl. E. 3.3.4 des angefochtenen Urteils) und erwägt, die Informationen betreffend die auf die Beschwerdeführer lautenden Schweizer Bankkonten, die im ersuchenden Staat nicht deklariert worden seien, hängten ohne Weiteres mit dem im Ersuchen dargestellten Sachverhalt zusammen. Es bestehe eine vernünftige Möglichkeit, dass diese dazu geeignet seien, im ausländischen Steuerverfahren verwendet zu werden, auch wenn die Informationen letzten Endes möglicherweise nicht ausschlaggebend seien (vgl. E. 4.2.2 des angefochtenen Urteils). Die Vorinstanz wendet somit lediglich die ständige Rechtsprechung zum Erfordernis der voraussichtlichen Erheblichkeit auf den vorliegenden Einzelfall an. Überdies hat sich das Bundesgericht entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer auch bereits ausführlich zu den Ausnahmefällen geäussert, in denen die Entwicklung der Umstände dazu führen, dass die Voraussetzung der voraussichtlichen Erheblichkeit im Verlaufe des Verfahrens entfällt (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.3; Urteile 2C_662/2021 und 2C_663/2021 vom 18. März 2022 E. 1.2.3 und E. 5.4.2; Urteil 2C_800/2020 vom 7. Oktober 2020 E. 4 und E. 6.3). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG liegt nicht vor.
1.3. Die Beschwerdeführer bringen im Weiteren vor, die ersuchende Behörde habe zwar angegeben, sich an das Spezialitätsprinzip zu halten, beabsichtige aber, die ersuchten Informationen zur Verfolgung von angeblichen Verstössen gegen "Title 31 USC" ("United States Code") zu verwenden. Es stelle sich daher die zweite Rechtsfrage, ob die von der ersuchenden Behörde beabsichtigte Verwendung von Informationen angeblicher Verstösse gegen "Title 31 USC" der Leistung der Amtshilfe entgegenstehe. Auf die Einhaltung des Spezialitätsprinzips könne nicht vertraut werden.
1.3.1. Die von den Beschwerdeführern dem Bundesgericht unterbreitete Frage betrifft im Kern das völkerrechtliche Vertrauensprinzip. Nach dem (völkerrechtlichen) Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne von Art. 26 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (SR 0.111) wird vermutet, dass ein staatsvertraglich gebundener Staat nach Treu und Glauben handelt. Im Bereich der internationalen Amtshilfe in Steuersachen bedeutet diese Vermutung, dass der ersuchte Staat auf die Angaben des ersuchenden Staats vertraut (sogenanntes Vertrauensprinzip; vgl. BGE 146 II 150 E. 7.1). Zwar steht es dem ersuchten Staat offen, zu prüfen, ob die erbetenen Informationen für den vom ersuchenden Staat angestrebten steuerlichen Zweck voraussichtlich erheblich sind. Allerdings verpflichtet das völkerrechtliche Vertrauensprinzip ihn im Grundsatz dennoch, sich auf die Angaben zu verlassen, die der ersuchende Staat mitteilt (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.4; 142 II 161 E. 2.1.3; 142 II 218 E. 3.3). Das Vertrauensprinzip schliesst daher nicht aus, dass der ersuchte Staat vom ersuchenden Staat zusätzliche Erklärungen verlangt, wenn ernsthafte Zweifel an der Einhaltung der völkerrechtlichen Grundsätze oder an der voraussichtlichen Erheblichkeit der ersuchten Informationen bestehen. Die Vermutung des guten Glaubens kann jedoch nur aufgrund konkreter, nachgewiesener Anhaltspunkte umgestossen werden (vgl. BGE 146 II 150 E. 7.1; 144 II 206 E. 4.4; Urteile 2C_622/2023 vom 15. November 2023 E. 1.2.3; 2C_241/2016 vom 7. April 2017 E. 5.5).
1.3.2. Vorliegend hat die ersuchende Behörde bereits in den Amtshilfeersuchen vom 16. Mai 2022 und 1. November 2022 die Einhaltung der geltenden Vorschriften an die Geheimhaltung respektive Vertraulichkeit sowie an die zweckkonforme Verwendung der ersuchten Informationen bestätigt (vgl. Bst. A hiervor). Die Vorinstanz hat die Angaben der ersuchenden Behörde sowie die daran von den Beschwerdeführern geäusserten Zweifel eingehend geprüft und festgehalten, dass nach den überzeugenden Ausführungen der ersuchenden Behörde die Untersuchung zu den Verstössen gegen "Title 31 USC" im Zusammenhang mit den unter das Abkommen fallenden Steuern stünden (vgl. E. 4.4 des angefochtenen Urteils). Die Frage, ob die Vorinstanz in Bestätigung des Vorgehens der ESTV auf diese Angaben vertrauen darf, betrifft die Anwendung des völkerrechtlichen Vertrauensprinzips im vorliegenden Einzellfall. Gleiches gilt für das Vorbringen der Beschwerdeführer, sie hätten mit dem Hinweis, wonach die ersuchende Behörde die Bestimmungen zur internationalen Rechtshilfe in Strafsachen umgehe, die Vermutung des guten Glaubens umgestossen. Auch dieser Einwand bezieht sich auf die blosse Rechtsanwendung. Nach dem Dargelegten werfen die Beschwerdeführer keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG auf.
1.4. Im Ergebnis ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten.
2.
Diesem Verfahrensausgang entsprechend tragen die Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt.
Lausanne, 4. März 2025
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Der Gerichtsschreiber: M. Zollinger