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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_434/2023  
 
 
Urteil vom 4. Juni 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Haag, Müller, Merz, 
Gerichtsschreiberin Trutmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Zuberbühler, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, 
Schermenweg 5, Postfach, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Anordnung einer Fahreignungsuntersuchung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil der Rekurskommission 
des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern 
vom 22. März 2023 (300.2023.13). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Strafbefehl vom 27. September 2022 sprach die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern A.________ wegen einfacher Verkehrsregelverletzung, mehrfach begangen durch mangelnde Aufmerksamkeit, Nichtbeachten eines Vorschriftsignals und Parkieren eines Personenwagens innerhalb eines signalisierten Parkverbots schuldig und auferlegte ihm eine Busse von Fr. 400.--. 
 
B.  
Mit Verfügung vom 18. November 2022 ordnete das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern (SVSA) an, A.________ habe sich einer verkehrsmedizinischen Fahreignungsuntersuchung bei Dr. med. B.________, einem anerkannten Arzt der Stufe 3, zu unterziehen. Die von A.________ dagegen erhobene Einsprache wies das SVSA mit Entscheid vom 6. Januar 2023 ab. Es gewährte ihm eine Frist von 45 Tagen ab Erhalt des Entscheids, um sich der Fahreignungsuntersuchung zu unterziehen und ein entsprechendes Arztzeugnis einzureichen. 
Eine dagegen erhobene Beschwerde von A.________ wies die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern mit Urteil vom 22. März 2023 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 1. September 2023 gelangt A.________ an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des Urteils der Rekurskommission sowie den Verzicht einer Administrativmassnahme, namentlich einer Fahreignungsuntersuchung. 
Die Rekurskommission und das Bundesamt für Strassen (ASTRA) beantragen die Beschwerde abzuweisen. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
D.  
Das präsidierende Mitglied der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat der Beschwerde mit Verfügung vom 28. September 2023 die aufschiebende Wirkung erteilt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 IV 9 E. 2).  
 
1.2. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Dagegen steht die Beschwerde nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund ist nicht gegeben (Art. 83 BGG). Die kantonalen Instanzen haben eine Fahreignungsuntersuchung angeordnet. Der angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab; er stellt einen Zwischenentscheid dar, der nach der Rechtsprechung anfechtbar ist, da er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs 1 lit. a BGG bewirkt (vgl. Urteile 1C_151/2021 vom 20. August 2021 E. 1.1; 1C_319/2020 vom 18. Februar 2021 E. 1; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als von der angeordneten Fahreignungsuntersuchung Betroffener zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 15d Abs. 1 SVG (SR 741.01); Verfassungsrügen erhebt er nicht. 
 
2.1. Gemäss Art. 98 BGG kann mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden.  
 
2.2. Der vorsorgliche Ausweisentzug wird rechtsprechungsgemäss Art. 98 BGG unterstellt (BGE 147 II 44 E. 1.2). Es fragt sich, ob nicht auch die Anordnung einer Fahreignungsuntersuchung nach Art. 15d Abs. 1 SVG als Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG zu betrachten ist. In der Rechtsprechung wurde diese Frage bis anhin noch nicht geklärt, weshalb darauf nachfolgend einzugehen ist.  
Gemäss Art. 15d Abs. 1 SVG wird eine Person einer Fahreignungsuntersuchung unterzogen, wenn Zweifel an ihrer Fahreignung bestehen. Dieser Anordnung liegt ein Anfangsverdacht basierend auf einer summarischen Prüfung der Administrativbehörde zu Grunde (vgl. Urteil 1C_12/2014 vom 7. März 2014 E. 2.4; JÜRG BICKEL, in: Basler Kommentar Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 14 zu Art. 15d SVG). Die Untersuchungen gemäss Art. 15d SVG stellen Mittel zur Feststellung des Sachverhalts im Kontext der Fahreignung und damit Beweismassnahmen dar (vgl. zur Sachverhaltsermittlung mittels Gutachten eines Sachverständigen: KIENER/RÜTSCHE/KUHN, Öffentliches Verfahrensrecht, 3. Aufl. 2021, Rz. 737 und 769 ff.). Typischerweise erfolgen die auf der Grundlage von Art. 15d SVG angeordneten Abklärungen im Hinblick auf den Entscheid über einen allfälligen Sicherungsentzug. Dieser wird verfügt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung des Ausweises nicht oder nicht mehr gegeben sind (Art. 16 Abs. 1 SVG; vgl. BGE 133 II 384 E. 3.1; Urteil 1C_284/2022 vom 13. September 2022 E. 2.1.2). Damit soll die zu befürchtende Gefährdung der Verkehrssicherheit durch einen ungeeigneten Fahrzeuglenker bzw. eine ungeeignete Fahrzeuglenkerin zukünftig verhindert werden (BGE 141 II 220 E. 3.1.1; 133 II 331 E. 9.1). Liegen ernsthafte Zweifel an der Fahreignung vor, ist neben der Anordnung der entsprechenden Untersuchung der Führerausweis bereits vorsorglich zu entziehen (vgl. Art. 30 Abs. 1 der Verkehrszulassungsverordnung vom 27. Oktober 1976 [VZV; SR 741.51]; BGE 141 II 220 E. 3.1.1 mit Hinweis). 
 
2.3. Aus der bundesgerichtlichen Praxis zeigt sich folgendes Bild:  
In seinem Grundsatzurteil BGE 147 II 44 vom 14. September 2020, welchem eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten des Bau- und Justizdepartements des Kantons Solothurn zu Grunde lag, erwog das Bundesgericht in E. 1.2, Streitgegenstand bilde die "umstrittene (Nicht-) Anordnung des vorsorglichen Führerausweisentzugs zur Abklärung der Fahreignung", dies stelle eine vorsorgliche Massnahme dar. Die Kognition des Bundesgerichts sei daher auf die Verletzung verfassungsmässiger Rechte beschränkt (Art. 98 BGG). Unter Bezugnahme auf dieses Urteil wurde in der Literatur teilweise darauf geschlossen, dies gelte auch für die Fahreignungsuntersuchung, welche die Verkehrsbehörde dort ebenfalls angeordnet hatte (vgl. GREGORY BOVEY, in Commentaire de la LTF, 3. Aufl. 2022, N. 14 in fine zu Art. 98 BGG). 
In den Urteilen 1C_319/2020 vom 18. Februar 2021 und 1C_151/2021 vom 20. August 2021, welchen die Anordnung einer Fahreignungsuntersuchung zu Grunde lag, wurde ohne nähere Begründung Art. 98 BGG für anwendbar erklärt. Im Urteil 1C_405/2020 vom 8. Dezember 2020 wurde Art. 98 BGG nicht erwähnt; das Bundesgericht prüfte den angefochtenen Entscheid betr. Anordnung einer Fahreignungsuntersuchung indes - entsprechend den Rügen - nur auf eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV). In anderen Urteilen, wo es ebenfalls um die Rechtmässigkeit einer Fahreignungsuntersuchung ging, äusserte sich das Bundesgericht nicht zur Anwendbarkeit von Art. 98 BGG und prüfte die Beschwerden auch auf einfache Rechtsverletzungen hin (Urteile 1C_500/2021 vom 18. August 2022; 1C_322/2020 vom 15. März 2021; 1C_508/2016 vom 18. April 2017). 
In weiteren Urteilen, die einen vorsorglichen Ausweisentzug und zugleich eine verkehrsmedizinische Abklärung zum Gegenstand hatten, erklärte das Bundesgericht unter Verweisung auf den vorsorglichen Massnahmencharakter des vorsorglichen Ausweisentzugs Art. 98 BGG für anwendbar; zur Rechtsnatur einer Fahreignungsuntersuchung äusserte es sich dagegen nicht (vgl. 1C_232/2018 vom 13. August 2018 und 1C_154/2018 vom 4. Juli 2018). Auch die Urteile 1C_508/2022 vom 27. Juni 2023 und 1C_336/2022 vom 7. März 2023 hatten eine Fahreignungsuntersuchung und einen vorsorglichen Führerausweisentzug zum Gegenstand. Im Hinblick auf den vorsorglichen Ausweisentzug wurde Art. 98 BGG für anwendbar erklärt; im Rahmen der materiellen Prüfung prüfte das Bundesgericht den vorsorglichen Entzug des Führerausweises sodann auf Verfassungsverletzungen und die Rechtmässigkeit der Fahreignungsuntersuchung auf eine einfache Rechtsverletzung hin. 
 
2.4. Laut Botschaft zum Bundesgerichtsgesetz sind unter vorsorglichen Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG einstweilige Verfügungen zu verstehen, die eine rechtliche Frage so lange regeln, bis über sie in einem späteren Hauptentscheid definitiv entschieden wird (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl Jahr 2001 4336 Ziff. 4.1.4.2). Anordnungen zur Überprüfung der Fahreignung sind in dem Sinne nicht provisorischer Natur (vgl. E. 2.2 hiervor). Auch der vorsorglichen Sicherung von Beweismitteln dienen diese Beweismassnahmen nicht (vgl. dazu Urteil 2A.267/2000 vom 10. November 2000). Art. 98 BGG gilt indes nicht nur für Anordnungen, mit denen eine vorsorgliche Massnahme gewährt oder abgelehnt wird, sondern auch für jede andere Entscheidung, die im Rahmen des Verfahrens zur Gewährung vorsorglicher Massnahmen zu treffen ist (vgl. BOVEY, a.a.O., N. 12 zu Art. 98 BGG). Im Lichte von Art. 98 BGG haftet den Anordnungen von Art. 15d SVG daher insoweit vorsorglicher Charakter an, als dass die Administrativbehörde grundsätzlich zunächst die Anordnung einer Fahreignungsuntersuchung als milderen Grundrechtseingriff summarisch prüfen und allenfalls verfügen wird, bevor sie zum vorsorglichen Ausweisentzug schreitet. Bestehen ernsthafte Zweifel an der Fahreignung, werden in der Regel beide Massnahmen angeordnet (Botschaft vom 20. Oktober 2010 zu Via sicura, Handlungsprogramm des Bundes für mehr Sicherheit im Strassenverkehr, BBl 2010 8470 Ziff. 1.3.2.6). Im Säumnisfall mündet die Anordnung einer Untersuchung gemäss Art. 15d Abs. 1 SVG überdies regelmässig in einen vorsorglichen Sicherungsentzug, weil daraus negative Schlüsse auf die Fahreignung gezogen werden können (BGE 124 II 559 E. 5a; Urteil 1C_780/2021 vom 22. Juni 2022 E. 4.7).  
 
2.5. Der (vorsorgliche) Sicherungsentzug stellt einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und die Privatsphäre der betroffenen Person dar (BGE 139 II 95 E. 3.4.1 mit Hinweis), weil deren grundsätzliche Fahreignung zur Diskussion steht (vgl. BGE 141 II 220 E. 3.1.1). Auch die mit einer ärztlichen Untersuchung im Sinne von Art. 15d SVG einhergehenden Belastungen können zuweilen einen erheblichen Eingriff in die physische oder psychische Integrität bedeuten (BGE 141 V 330 E. 5.2). Der mit der Untersuchung der Fahreignung verbundene Eingriff in die Grundrechtsposition wiegt im Verhältnis zur Verfügung eines vorsorglichen Sicherungsentzugs indes weniger schwer. Werden Anordnungen gemäss Art. 15d SVG nicht Art. 98 BGG unterstellt, würde dies dazu führen, dass gegen diese Massnahmen mehr Beschwerdegründe zugelassen wären und der Rechtsschutz damit besser ausgebaut wäre, als für den oft gleichzeitig angeordneten und stärker eingreifenden vorsorglichen Sicherungsentzug nach Art. 30 VZV. In seinem Leiturteil BGE 133 III 393 unterstellte das Bundesgericht Eheschutzmassnahmen unter Art. 98 BGG namentlich mit der Begründung, dass damit nicht mehr Rügegründe zugelassen seien, als für die allenfalls an sie anschliessenden vorsorglichen Massnahmen im Ehescheidungsverfahren (E. 5.2). In strafrechtlichen Grundsatzurteilen verneinte es hingegen die nach Art. 98 BGG für vorsorgliche Massnahmen vorgeschriebene Kognitionsbeschränkung bei Entscheiden über strafprozessuale Zwangsmassnahmen, da der Zwangsmassnahmenentscheid abschliessend über die Einschränkung von Grundrechten urteile (BGE 140 IV 57 E. 2.2; 138 IV 186 E. 1.2). Eine solche Betrachtung fällt mangels Schwere des mit der Abklärung der Fahreignung verbundenen Grundrechtseingriffs ausser Betracht. Vorliegend rechtfertigt es sich daher, den Rechtsschutz gegen diese Anordnungen demjenigen gegen den vorsorglichen Sicherungsentzug anzugleichen und die Abklärungen nach Art. 15d SVG im bundesgerichtlichen Verfahren ebenfalls Art. 98 BGG zu unterstellen.  
Dieses Ergebnis ist auch aus folgendem Grund gerechtfertigt: Nach der Rechtsprechung wird von behördlich angeordneten Sachverständigengutachten nur abgewichen, wenn dafür triftige Gründe vorliegen (vgl. BGE 137 V 210 E. 1.3.4); für solche Gutachten gilt eine "Richtigkeitsvermutung" (vgl. KIENER/RÜTSCHE/KUHN, a.a.O., Rz. 775). Unterläge die Anordnung der Beweismassnahmen gemäss Art. 15d SVG einer freien Prüfung, ginge die Prüfbefugnis somit weiter als bei der Beurteilung eines Sachverständigengutachtens über die Fahreignung. Dieses Resultat ist abzulehnen. 
 
2.6. Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten, wie sie aufgrund von Art. 98 BGG einzig geltend gemacht werden kann, prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Unter dieser Voraussetzung ist auch die Rüge, die Vorinstanz habe das Strassenverkehrsgesetz willkürlich angewendet, zulässig (vgl. BGE 147 II 44 E. 1.2). Wie dargelegt, stellt eine (verkehrs-) medizinische Untersuchung einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar (E. 2.5 hiervor; Art. 10 Abs. 2 BV). Ob dieser Grundrechtseingriff verhältnismässig ist, prüft das Bundesgericht - soweit hinreichend gerügt und begründet (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) - mit freier Kognition (Art. 95 lit. a BGG; Urteil 6B_689/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 2.3).  
 
2.7. Vorliegend widerspräche es indes dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn dem Beschwerdeführer, der bundesgerichtliche Urteile zitiert, in welchen die Anordnung einer Fahreignungsuntersuchung auf einfache Rechtsverletzungen hin geprüft wurde (vgl. Urteile 1C_405/2020 vom 8. Dezember 2020, 1C_322/2020 vom 15. März 2021 und 1C_508/2016 vom 18. April 2017), ein Nachteil erwachsen würde, weil er keine Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend macht (vgl. BGE 146 I 105 E. 5.2.1; 142 V 551 E. 4.1). Auf seine Beschwerde ist somit einzutreten.  
 
3.  
 
3.1.  
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, deren Sachverhaltsfeststellung sei offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich (vgl. BGE 148 I 104 E. 1.5; 140 III 264 E. 2.3), oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Behebung des Mangels muss für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die blosse Behauptung, die vorinstanzliche Darstellung sei unzutreffend, genügt nicht. 
 
3.2. Die Vorinstanz stellte fest, der Beschwerdeführer lege in Bezug auf sein Verhalten vom 24. Mai 2022, das dem Strafbefehl vom 27. September 2022 zugrunde lag, eine deutliche Beschönigungstendenz an den Tag. Die Kollision habe sich um 14.00 Uhr in einer verkehrsberuhigten Zone (zulässige Höchstgeschwindigkeit 30 km/h) in der unteren Berner Altstadt ereignet. Dabei sei der Beschwerdeführer mit der rechten vorderen Seite seines Personenwagens mit einer gewissen Wucht in ein an der Nydeggasse korrekt parkiertes Fahrzeug geprallt, was der Karosserieschaden am rechten vorderen Radkasten sowie der Achsenbruch am rechten Vorderrad seines Fahrzeugs belegten. In der genannten Zone sei am frühen Nachmittag mit vielen Passanten zu rechnen. In Ermangelung eines Fussgängerstreifens sei es dort grundsätzlich überall gestattet, die Strasse zu überqueren. Inwiefern ein Fussgänger oder eine Fussgängerin eine Mitschuld am Unfall tragen solle, lege der Beschwerdeführer nicht dar. Dieser Umstand sei indes auch nicht entscheidend. Denn unabhängig von einem allfälligen Fehlverhalten einer Person auf der Fahrbahn wäre die adäquate Reaktion darauf das Anhalten des Fahrzeugs gewesen und nicht das Rechtsumfahren dieser Person. Nach der Kollision sei der Beschwerdeführer mit einem nicht mehr betriebssicheren Fahrzeug über die Postgasshalde bis zur Hodlerstrasse weitergefahren und dann in die Genfergasse abgebogen. Bei der Einfahrt in die Aarbergergasse habe er das "Einfahrt verboten"-Signal missachtet oder unwillentlich übersehen und sein Fahrzeug im Parkverbot abgestellt. Erst von einer Zahnarztklinik aus habe der Beschwerdeführer die Halterin des geschädigten Fahrzeugs kontaktiert.  
 
3.3. Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, die Streifkollision an der Nydeggasse sei erfolgt, weil er einer Person auf der Fahrbahn habe ausweichen müssen. Das gehe auch aus dem Strafbefehl hervor. Das parkierte Fahrzeug habe er nur leicht touchiert. Zudem habe er weder unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gestanden noch Medikamente zu sich genommen, welche seine Fahrfähigkeit hätten beeinträchtigen können. Sein Gesundheitszustand sei gut. Vorliegend habe die Vorinstanz das Mitverschulden des Fussgängers bzw. der Fussgängerin am Unfall nicht berücksichtigt. Er habe damals kein Mobiltelefon auf sich getragen. Nach der Kollision habe er deshalb seine Telefonnummer auf dem involvierten Unfallfahrzeug hinterlassen. Auf der Weiterfahrt habe er "seltsame" Geräusche aus seinem Fahrzeug wahrgenommen. Die Aarbergergasse sei frei gewesen, daher habe er seinen Personenwagen dort abgestellt. Danach habe er ein Pannendreieck aufgestellt und den TCS kontaktiert. Von der Zahnarztpraxis, in welcher er einen wichtigen Termin gehabt habe, habe er die Halterin des Unfallfahrzeugs informiert.  
 
3.4. Die Vorinstanz stützte sich im angefochtenen Urteil unter anderem auf den Rapport der Kantonspolizei Bern vom 16. August 2022; von den Feststellungen im Strafbefehl vom 27. September 2022 wich sie nicht ab. Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers lassen sich daraus keine stichhaltigen Gründe entnehmen, weshalb er zum Tatzeitpunkt in einer Tempo-30-Zone nicht anhalten konnte und einem Fussgänger bzw. einer Fussgängerin ausweichen musste. Auch von einer Streifkollision ist im Strafbefehl nicht die Rede. Zur Erwägung der Vorinstanz, wonach ein allfälliges Mitverschulden eines Fussgängers bzw. einer Fussgängerin am Unfall für die vorliegende Beurteilung nicht entscheidend sei, äussert sich der Beschwerdeführer nicht. Auf den Vorwurf, die Vorinstanz habe ein solches Mitverschulden nicht berücksichtigt, ist daher nicht einzugehen. Der Beschwerdeführer bestreitet die am 24. Mai 2022 begangenen Verkehrsregelverletzungen letztlich nicht. Mit seinen Ausführungen zum Unfallhergang und zu seinem Verhalten legt er seine Sicht der Dinge dar und zeigt damit nicht auf, inwiefern die schlüssigen Feststellungen der Vorinstanz im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG offensichtlich unrichtig sein sollen.  
 
4.  
 
4.1. Bestehen Zweifel an der Fahreignung einer Person, so wird diese gemäss Art. 15d Abs. 1 SVG einer Fahreignungsuntersuchung unterzogen, namentlich in den in lit. a-e dieser Bestimmung genannten Fällen. Die Aufzählung ist nicht abschliessend (vgl. Urteil 1C_151/2021 vom 20. August 2021 E. 3.1; JÜRG BOLL, Handkommentar Strassenverkehrsrecht, 2022, N. 559 ff. zu Art. 15d SVG). Die Fahreignungsuntersuchung hat bei verkehrsmedizinischen Fragestellungen durch einen Arzt oder eine Ärztin nach Art. 5a bis VZV zu erfolgen. In den Fällen nach Art. 15d Abs. 1 lit. a-e SVG muss er oder sie mindestens über eine Anerkennung der Stufe 3 oder 4 verfügen (Art. 28a Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. b VZV). In den Fällen von Art. 15d Abs. 1 lit. a-e SVG ist grundsätzlich zwingend und ohne weitere Einzelfallprüfung eine Fahreignungsuntersuchung anzuordnen, selbst wenn Zweifel an der Fahreignung im konkreten Fall noch nicht erhärtet oder nur abstrakter Natur sind. Für die Anordnung einer Fahreignungsuntersuchung genügen hinreichende Anhaltspunkte, welche die Fahreignung in Frage stellen (Urteile 1C_151/2021 vom 20. August 2021 E. 3.1; 1C_330/2020 vom 10. März 2021 E. 3.2; je mit Hinweisen).  
 
4.2. Die Vorinstanz kam zum Ergebnis, das SVSA habe gestützt auf Art. 15d Abs. 1 SVG zu Recht eine Fahreignungsuntersuchung durch einen anerkannten Arzt der Stufe 3 angeordnet. Sie erwog, das Verhalten des Beschwerdeführers am 24. Mai 2022 sei als auffällig zu bezeichnen. Er sei mit einem "geistigen Röhrenblick", der stark auf den geplanten Zahnarzttermin gerichtet gewesen sei, durch Bern gefahren. Dass der Beschwerdeführer einem Fussgänger bzw. einer Fussgängerin in einer verkehrsberuhigten Zone ausgewichen sei anstatt anzuhalten, könne auf eine visuell-räumliche Wahrnehmungseinschränkung hindeuten. Das "sture" Anstreben seines Ziels, die vermutete Einschränkung seiner visuell-räumlichen Fähigkeiten und die mehrfachen Widerhandlungen gegen das SVG stellten Hinweise dar, dass der Beschwerdeführer nicht mehr über die kognitive Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen eines Motorfahrzeuges verfüge. Vorliegend führe nicht das Alter des Beschwerdeführers an sich, sondern sein auffälliges Verhalten im Strassenverkehr als über 80-Jähriger zur Vermutung einer dementiellen Entwicklung oder einer anderweitigen Einschränkung der kognitiven Leistungsfähigkeit. Angesichts der geschilderten Umstände erweise sich eine eingehendere verkehrsmedizinische Abklärung der Fahreignung im Sinne von Art. 15d Abs. 1 SVG im Interesse der Verkehrssicherheit als notwendig. Eine solche sei aufgrund der Zweifel an der Fahreignung des Beschwerdeführers ohne Weiteres verhältnismässig.  
 
4.3. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, die Zweifel an seiner kognitiven Leistungsfähigkeit seien unbegründet. Der Unfallhergang und sein Verhalten liessen sich plausibel erklären. Hinweise auf eine fehlende Fahreignung bestünden vorliegend nicht. Die in Art. 15d Abs. 1 lit. a-e SVG aufgezählten Fälle würden Zweifel an der Fahreignung wecken. Im angefochtenen Urteil stütze sich die Vorinstanz auf keinen solchen Fall.  
 
4.4. Wie hiervor dargelegt, zählt Art. 15d Abs. 1 lit. a-e SVG die Abklärungsindikatoren für eine Fahreignungsuntersuchung nicht abschliessend auf (vgl. E. 4.1). Auch andere Umstände wie z.B. körperliche und psychische Erkrankungen ohne entsprechende Meldung eines Arztes (Art. 15d Abs. 1 lit. e SVG) können Zweifel an der Fahreignung begründen (vgl. Urteil 1C_12/2014 vom 7. März 2014; Expertengruppe Verkehrssicherheit, Leitfaden Fahreignung, genehmigt durch die Mitgliederversammlung der Vereinigung der Strassenverkehrsämter [asa] am 27. November 2020, [nachfolgend: Leitfaden Fahreignung], S. 20 Ziff. 4 D. 4.). Gemäss Leitfaden Fahreignung kann ein deutlich auffälliges Verhalten im Verkehr Indiz einer hirnorganischen Erkrankung sein. Dazu gehören namentlich das Verwechseln der Pedale, eine unangepasste Geschwindigkeit, eine Überforderung in einfachen Situationen oder das Übersehen von wichtigen Schildern usw. (vgl. S. 20 Ziff. 4 D. 4.). Im vorliegenden Fall sind die Verkehrsregelverletzungen vom 24. Mai 2022 unbestritten (vgl. E. 3.1 hiervor). Ein polizeilich durchgeführter Atemalkoholtest beim Beschwerdeführer nach seinem Zahnarzttermin fiel negativ aus. Auch die Einnahme von Drogen oder Medikamenten, welche die Fahrfähigkeit beeinflussen könnten, stand nicht zur Diskussion. Das strassenverkehrsrelevante Verhalten des Beschwerdeführers am 24. Mai 2022 lässt sich daher nicht erklären. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegen damit nicht bloss abstrakte, sondern konkrete Zweifel an seiner Fahreignung vor. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, angesichts der Umstände erweise sich eine verkehrsmedizinische Abklärung der Fahreignung im Sinne von Art. 15d Abs. 1 SVG als notwendig, ist demnach nicht zu beanstanden. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer fünf Monate vor dem Unfall eine unauffällige Kontrolluntersuchung nach Art. 15d Abs. 2 SVG bei einem Arzt mit Anerkennung der Stufe 1 durchlief.  
 
4.5. Im angefochtenen Urteil stützte die Vorinstanz die vom SVSA angeordnete Abklärung durch einen Arzt mit einer Anerkennung der Stufe 3. Der Beschwerdeführer äussert sich dazu nicht. Somit bleibt es dabei. Ob eine hirnorganische Erkrankung vorliegt und eine weitere Untersuchung bei einem Arzt oder einer Ärztin mit Anerkennung der Stufe 4 zu erfolgen hat, wird die ausstehende Abklärung nun zeigen.  
 
5.  
Gemäss den vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind geschuldet (vgl. Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt.  
 
 
Lausanne, 4. Juni 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Trutmann