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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_794/2023  
 
 
Urteil vom 4. Oktober 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Berger Götz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Alex Beeler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Uri, 
Dätwylerstrasse 11, 6460 Altdorf UR, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung 
(Invalidenrente; berufliche Massnahmen), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts 
des Kantons Uri vom 10. November 2023 (OG V 23 8). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1981 geborene A.________ ist am 1. September 2020 in die Schweiz eingereist. Vom 1. September 2020 bis 18. April 2022 war er als (ungelernter) Koch für das von seiner damaligen Lebenspartnerin geführte Hotel B.________ tätig gewesen. Am 22. September 2022 meldete er sich unter Hinweis auf ein Burnout und Depressionen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Uri nahm medizinische Abklärungen vor und holte die Unterlagen der Krankentaggeldversicherung ein, worunter sich auch der Untersuchungsbericht des Dr. med. C.________, Facharzt für Psychiatrie vom 12. Oktober 2022 über die Plausibilisierung der Arbeitsunfähigkeit befand. Gestützt auf diesen Bericht und die Einschätzung der Dr. med. D.________, Praktische Ärztin, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD), vom 22. November 2022, wonach sich ein dauerhafter Gesundheitsschaden im Sinne der Invalidenversicherung nicht begründen lasse, verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 19. Januar 2023 einen Leistungsanspruch. 
 
B.  
Das Obergericht des Kantons Uri wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 10. November 2023). 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen und, nach Ablauf des Wartejahres, auf einen Rentenanspruch prüfe. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während die Vorinstanz und das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme verzichten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4).  
 
1.2. Die gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit beziehen sich auf eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2). Ebenso betrifft die konkrete Beweiswürdigung eine Tatfrage. Um frei überprüfbare Rechtsfragen geht es hingegen, soweit die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen, die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes und die Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten beanstandet werden (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a; Urteil 8C_153/2021 vom 10. August 2021 E. 1.3).  
 
2.  
Streitig ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Verneinung eines Anspruchs auf Leistungen der Invalidenversicherung Bundesrecht verletzt. 
 
3.  
 
3.1. Im angefochtenen Entscheid werden die massgeblichen Bestimmungen zur Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), zur Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG), zum Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen (Art. 8 Abs. 1 und 3 IVG) und auf eine Invalidenrente (Art. 28 IVG), insbesondere bei einem psychischen Leiden (BGE 143 V 409, 418; 141 V 281) korrekt dargelegt. Zutreffend wiedergegeben wird auch die Rechtsprechung betreffend den Beweiswert und die Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 143 V 124 E. 2.2.2; 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a). Darauf wird verwiesen.  
 
3.2. Hervorzuheben ist, dass auf das Ergebnis versicherungsinterner ärztlicher Abklärungen - zu denen die Berichte des RAD gehören - ohne Einholung eines externen Gutachtens nicht abgestellt werden kann, wenn auch nur geringe Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit bestehen (BGE 145 V 97 E. 8.5 in fine; 139 V 225 E. 5.2; 135 V 465 E. 4.4). Liegt - wie hier - ein vom Krankentaggeldversicherer nicht im gesetzlich vorgesehenen Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholtes Gutachten vor, kommt diesem der Beweiswert versicherungsinterner ärztlicher Feststellungen zu (Urteil 8C_131/2022 vom 27. Juni 2022 E. 3.2.2).  
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht kommt zum Schluss, dass im Verfügungszeitpunkt mangels Ausschöpfung der Behandlungsmöglichkeiten und aufgrund der durch eine adäquate Behandlung "unbestrittenermassen" zu erwartenden Verbesserung sowohl eine Erwerbsunfähigkeit als auch eine Invalidität zu verneinen seien. Dabei stützt sie sich auf das ihres Erachtens beweiskräftige Gutachten des Dr. med. C.________ vom 12. Oktober 2022, wonach in optimal angepassten Tätigkeiten eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit bestehe. Dr. med. D.________ habe die Einschätzung des Dr. med. C.________ bestätigt. Auch wenn die RAD-Ärztin nicht über einen Facharzttitel für Psychiatrie verfüge, sei sie in der Lage gewesen, eine entsprechende Wertung und Beurteilung vorzunehmen. Die abweichende Beurteilung des ab 19. Oktober 2022 behandelnden Dr. med. E.________, Facharzt FMH Psychiatrie und Psychotherapie, der in seinem Bericht vom 5. Dezember 2022 von einer weiterhin 100%igen Arbeitsunfähigkeit ausgehe, vermöge die Beurteilung des Dr. med. C.________ nicht in Frage zu stellen. Bei qualitativ und quantitativ voller Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit bestehe zudem kein Anspruch auf Arbeitsvermittlung. Da sich ein Leistungsanspruch weder gestützt auf das Gutachten des Dr. med. C.________ noch auf den Bericht des Dr. med. E.________ begründen lasse, sei nicht ersichtlich, welche neuen entscheidwesentlichen Erkenntnisse sich der Beschwerdeführer von der Einholung eines "neutralen" Gutachtens erhoffe. Auf weitere Beweisvorkehren habe deshalb verzichtet werden können. Infolge Fehlens einer für den Anspruch auf berufliche Massnahmen und auf eine Rente vorausgesetzten (drohenden) Invalidität habe die IV-Stelle einen Leistungsanspruch des Beschwerdeführers zu Recht verneint.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer rügt, das kantonale Gericht habe die Anforderungen an den Anspruch der in Frage stehenden IV-Leistungen nicht gesetzeskonform ausgelegt. Zudem habe es ohne konkrete Grundlage, seiner persönlichen Ansicht folgend, zu Unrecht angenommen, dass "unbestrittenermassen" von einer zu erwartenden Verbesserung auszugehen sei. Es habe schliesslich den Sachverhalt mit dem einseitigen Abstellen auf die Beurteilung des Dr. med. C.________ offensichtlich unrichtig gewürdigt. Der angefochtene Entscheid sei demzufolge aufzuheben und die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie die geschuldeten Leistungen erbringe oder im Zweifelsfall zumindest die notwendigen Abklärungen mittels eines psychiatrischen Gutachtens vornehme.  
 
5.  
 
5.1. Dr. med. E.________ bestätigt mit Bericht vom 5. Dezember 2022 - nach Durchführung und Auswertung verschiedener Testverfahren - die von Dr. med. C.________ gestellten Diagnosen einer Erwachsenen-ADHS bei dissozialer Persönlichkeitsstörung, mit Anpassungsstörung, schädlichem Gebrauch von Alkohol und Hinweisen auf Diazepam-Abhängigkeit. Darüber hinaus stellt er eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung und eine Persönlichkeitsstruktur mit ängstlich-selbstunsicheren Zügen fest. Er erkennt Anzeichen für ein schwerwiegendes Krankheitsbild, welches eine psychiatrische Behandlung inklusive adäquater psychopharmakologischer Medikation zur psychischen Stabilisierung erfordern würde. Gestützt auf die Ergebnisse des Mini-ICF-APP stellt er teils leichte bis mittelschwere, überwiegend aber schwere Beeinträchtigungen im Alltag fest. Er geht "weiterhin" von einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit aus, bemerkt aber abschliessend, mit Blick darauf, dass über lange Zeit eine Arbeitsfähigkeit bestanden habe, sei eine gute Stabilisierung bei adäquater Behandlung zeitnah zu erwarten.  
 
5.2. Das kantonale Gericht nimmt diese Prognose des behandelnden Psychiaters zum Anlass, darauf zu schliessen, die durch eine adäquate Behandlung zu erwartende Verbesserung sei unbestritten, weshalb auch keine Erwerbsunfähigkeit bzw. Invalidität vorliege. Aus dem gleichen Grund folgert sie, die Einschätzungen des Dr. med. C.________ und des Dr. med. E.________ würden zum selben Ergebnis führen, weshalb auf weitere Beweisvorkehren verzichtet werden könne.  
 
5.2.1. Diese vorinstanzliche Beweiswürdigung ist offensichtlich unhaltbar. Zunächst widersprechen sich die Arbeitsfähigkeitseinschätzungen des Dr. med. C.________ (100%ige Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit) und des Dr. med. E.________ (100%ige Arbeitsunfähigkeit) diametral, so dass schon deshalb nicht von einem gleichen Ergebnis ausgegangen werden kann. Die Verwirklichung der von Dr. med. E.________ geäusserten Prognose einer guten Stabilisierung bei einer adäquaten Behandlung ist zudem bereits wesensgemäss nicht gesichert, da künftige Entwicklungen nicht vollends voraussehbar sind. Für die gute Stabilisierung setzt er ohnehin zunächst eine adäquate Behandlung voraus. Selbst das Erreichen einer guten Stabilisierung kann jedoch entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht ohne weitere fachmedizinische Einschätzung mit einer uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit gleichgesetzt werden. Nicht zuletzt ist aber zu beachten, dass die Annahme einer zuvor über lange Zeit bestehenden Arbeitsfähigkeit, die der Prognose des Dr. med. E.________ zugrunde liegt, mit Blick auf die übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers gegenüber den medizinischen Fachpersonen zumindest fragwürdig ist. Schon gegenüber Dr. med. C.________ hatte dieser nämlich angegeben, nie angestellt gewesen zu sein. Früher habe er als Escort und Türsteher gearbeitet und nebenbei Autos und Boote angekauft und mit Gewinn weiterverkauft. Bis im Jahr 2015 sei er zudem infolge eines Haftbefehls auf der Flucht gewesen. Beim schliesslich im August 2022 (richtig: 2020) gestarteten Hotelprojekt seiner langjährigen Partnerin habe er "mitgemacht", sie habe ihn angestellt und er habe dort als Allrounder gearbeitet. Seinem behandelnden Psychiater hatte der Beschwerdeführer überdies berichtet, er sei bereits vor seiner Einreise in die Schweiz in Deutschland wegen Ängsten und Depressionen in einer ambulanten psychiatrischen Vorbehandlung gewesen. Die damaligen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit sind nicht bekannt, ebenso wenig, ob der Beschwerdeführer zu jener Zeit überhaupt eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.  
 
5.2.2. Dem Beschwerdeführer kann beigepflichtet werden, dass sich in den medizinischen Akten keine Bestätigung der vorinstanzlichen Ansicht findet, wonach die Arbeitsunfähigkeit vorübergehend sein soll. Solches lässt sich jedenfalls aus der Prognose des Dr. med. E.________, wonach bei adäquater Behandlung zeitnah eine gute Stabilisierung zu erwarten sei, nicht ableiten (E. 5.2.1 hiervor). Wie sich zeigt (E. 5.3 hiernach), kann diese Annahme auch nicht auf das Gutachten des Dr. med. C.________ oder die Beurteilung der RAD-Ärztin abgestützt werden und ist eine (drohende) Invalidität anhand der vorliegenden Unterlagen keineswegs ausgeschlossen.  
 
5.3. In der Beschwerde wird die Beweiskraft des Gutachtens des Dr. med. C.________ zu Recht in Frage gestellt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass nicht auf weitere Beweisvorkehren verzichtet werden kann, wenn auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit der vertrauensärztlichen Einschätzung des Dr. med. C.________ vorliegen (vgl. E. 3.2 hiervor). Dies gilt im Übrigen auch hinsichtlich der versicherungsinternen Beurteilung des Dr. med. D.________, mit welcher die Einschätzung des Vertrauensarztes bestätigt wird.  
 
5.3.1. Dr. med. C.________ stellt in seiner Beurteilung einerseits fest, es seien Diagnosen vorhanden, welche die aktuelle Arbeitsunfähigkeit begründen würden. Andererseits attestiert er in angepassten Tätigkeiten "z.B. als Fahrer" eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit. Zur Begründung gibt er einzig an, der Beschwerdeführer habe zehn Stunden Autofahrt bis nach U.________ ohne längere Pause durchgezogen.  
 
5.3.2. Die fachfremde RAD-Ärztin übernimmt diese von Dr. C.________ festgestellte "volle Arbeitsfähigkeit in einer Hilfstätigkeit" unreflektiert, einzig basierend auf der - wie gesehen unsicheren - Vermutung einer bislang möglich gewesenen Erwerbstätigkeit.  
 
5.3.3. Vor dem Hintergrund des einlässlichen Berichts des Dr. med. E.________ und seines Attests einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit können geringe Zweifel an diesen Einschätzungen des Dr. med. C.________ und der Dr. med. D.________ keineswegs von der Hand gewiesen werden.  
 
5.3.4. Solche Zweifel müssen umso mehr bejaht werden, wenn die im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Berichte der Hausärztin Dr. med. F.________, Fachärztin für Allgemeine Innere Medizin FMH, (vgl. auch Erstbericht vom 13. Juni 2022: Arbeitsunfähigkeit zu 100 % ab 18. April 2022 aufgrund psychischer Belastungssituation und Verdacht auf Erschöpfungsdepression) vom 19. Juni 2023, der Psychiatrischen Klinik H.________ vom 15. Juli 2023 und der Psychotherapeutin G.________ vom 17. August 2023 berücksichtigt werden. Die Vorinstanz bezeichnet den ersteren uneingeschränkt und die letzteren insoweit als relevant, als sie Rückschlüsse auf die Beurteilung im Verfügungszeitpunkt erlauben. Die Hausärztin beschreibt am 19. Juni 2023 eine persistierend schlechte psychische Situation auch nach Juni 2022. Im Eintrittsbericht der Psychiatrischen Klinik H.________ vom 15. Juli 2023 wird unter anderem von depressiven Schüben seit fünf Jahren berichtet. Die Psychotherapeutin G. ________ gibt ihrerseits in der soziobiografischen Anamnese ausgeprägte Auffälligkeiten sogar seit der Kindheit und neben den weiteren bekannten Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige bis schwere Episode bei deutlicher Antriebsstörung und Verlust von Alltagskompetenzen an und bestätigt die 100%ige Arbeitsunfähigkeit.  
 
5.3.5. Letztinstanzlich reicht der Beschwerdeführer ausserdem die neue Beurteilung des Dr. med. I.________, Vertrauensarzt der Krankentaggeldversicherung, vom 18. Oktober 2023 zu den Akten. Dieser Bericht ist als unechtes Novum zu qualifizieren, da er vor dem angefochtenen Entscheid vom 10. November 2023 datiert. Dessen Einbringung vor Bundesgericht ist nur im Rahmen von Art. 99 Abs. 1 BGG zulässig. Ob er letztinstanzlich Berücksichtigung finden kann, ist allerdings nicht relevant und kann offen bleiben. Bereits gestützt auf die Akten, die dem kantonalen Gericht vorgelegen haben, ergibt sich nämlich, dass die Verneinung einer Leistungspflicht in antizipierender Beweiswürdigung nicht zulässig war. Denn der vorinstanzliche Schluss auf das Fehlen einer (drohenden) Invalidität und die daraus abgeleitete Verneinung einer Leistungspflicht basieren nicht auf zuverlässigen ärztlichen Angaben.  
 
5.4. Anstatt die Sache bei lückenhaft oder auf unsicherer Grundlage erhobenem Gesundheitsschaden und ungewissen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit zur weiteren Abklärung an die Verwaltung zurückzuweisen, verneinte das kantonale Gericht - teilweise gestützt auf eigene und damit fachfremde Schlüsse - eine Leistungspflicht der Invalidenversicherung. Ein solches Vorgehen sprengt den Rahmen einer zulässigen freien Beweiswürdigung (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG; vgl. Urteile 8C_122/2023 vom 26. Februar 2024 E. 5.3; 8C_586/2022 vom 26. April 2023 E. 5.2.2; 8C_225/2021 vom 10. Juni 2021 E. 5.3 und 5.5). Es liegt folglich eine Verletzung der Beweiswürdigungsregeln sowie des Untersuchungsgrundsatzes, mithin eine Bundesrechtsverletzung vor.  
 
6.  
Bei in rechtserheblichen Punkten nicht ausreichend beweiswertigen Arztberichten muss die Sache an die IV-Stelle zurückgewiesen werden, damit sie nach Ergänzung des medizinischen Sachverhalts über die Leistungsansprüche des Beschwerdeführers neu verfüge. In diesem Rahmen wird sie sich mit Blick auf die am 1. September 2020 erfolgte Einreise in die Schweiz und die Hinweise auf eine bereits seit Längerem bestehende Erkrankung auch mit den versicherungsmässigen Voraussetzungen (vgl. namentlich Art. 6 Abs. 2 IVG) zu befassen haben. 
 
7.  
 
7.1. Die Rückweisung der Angelegenheit an die Verwaltung zur weiteren Abklärung und Neuverfügung gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 Satz 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 146 V 28 E. 7 mit Hinweisen; 141 V 281 E. 11.1). Die Gerichtskosten sind mithin der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. Diese hat dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten.  
 
7.2. Zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des kantonalen Gerichtsverfahrens ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri vom 10. November 2023 und die Verfügung der IV-Stelle Uri vom 19. Januar 2023 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die IV-Stelle zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Obergericht des Kantons Uri zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Uri, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. Oktober 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz