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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_457/2024  
 
 
Urteil vom 5. Mai 2025  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Viscione, Präsidentin, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Wieduwilt, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), 
Rechtsabteilung, 
Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 4. Juni 2024 (UV.2023.00077). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1979, war bei der B.________ AG beschäftigt und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert. Im März 2022 liess er (zunächst als Bagatellereignis) eine Verletzung am rechten Handgelenk melden. Er habe am 5. November 2021 aus dem Auto (gemäss ergänzenden telefonischen Angaben vom 15. August 2022 handelte es sich um einen Kleinbus) aussteigen wollen, sei jedoch hinuntergefallen und dabei mit der Hand auf den Boden gelangt. Nach bildgebenden Untersuchungen am 8. November 2021 (Röntgen) und am 31. Dezember 2021 (Arthro-MR) nahm die behandelnde Ärztin Dr. med. C.________, Chirurgie und Handchirurgie FMH, am 23. März 2022 eine Arthroskopie vor und diagnostizierte eine Totalruptur des skapholunären (SL-) Bandes. In der Folge klagte A.________ auch nach Entfernung der bei der ersten Operation im Handgelenk eingebrachten Kirschnerdrähte am 18. Mai 2022 über Schmerzen, die über den Arm bis in die Schulter ausstrahlten. Er wurde neurologisch abgeklärt und in der Klinik D.________ weiterbehandelt. Gestützt auf die Stellungnahmen ihrer Abteilung Versicherungsmedizin, Dr. med. E.________, Facharzt FMH für Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates, schloss die Suva den Fall per 30. November 2022 ab und stellte die Leistungen ein (Verfügung vom 23. Januar 2023 und Einspracheentscheid vom 18. April 2023). 
 
B.  
Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde mit Berufung auf ein Schreiben von Dr. med. C.________ vom 25. April 2023 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 4. Juni 2024 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenhei-ten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils seien ihm (allenfalls gestützt auf ein Gerichtsgutachten) auch über den 30. November 2022 Leistungen zuzusprechen, eventualiter sei die Sache zu weiteren medizinischen Abklärungen und zu neuer Verfügung an die Suva zurückzuweisen. Er beruft sich auf weitere Berichte von Dr. med. C.________. 
 
Die Suva schliesst, unter Auflage einer ärztlichen Stellungnahme ihrer Abteilung Versicherungsmedizin vom 21. Oktober 2024 zu den neuen Berichten, auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie den von der Suva verfügten Fallabschluss per 30. November 2022 bestätigte. Zur Frage steht, ob die Beschwerdegegnerin auch über diesen Zeitpunkt hinaus für Unfallfolgen durch einen beim Ereignis vom 5. November 2021 erlittenen Bänderriss am Handgelenk einzustehen habe. 
 
3.  
Das kantonale Gericht hat das für die Leistungspflicht des Unfallversicherers nach Art. 6 Abs. 1 UVG vorausgesetzte Erfordernis des natürlichen Kausalzusammenhangs (BGE 149 V 218 E. 5.1; 142 V 435 E. 1; 129 V 177 E. 3.1) zutreffend dargelegt. Ebenso richtig wiedergegeben hat es die Rechtsprechung zur Haftung für die Verschlimmerung beziehungsweise zum Entfallen der vom Unfallversicherer einmal anerkannten Leistungspflicht bei Teilursächlichkeit des Unfalls nach Wiederherstellung des Gesundheitszustandes, wie er unmittelbar vor dem Unfall bestanden hat (Status quo ante) oder wie er sich nach dem schicksalsmässigen Verlauf eines krankhaften Vorzustandes auch ohne Unfall früher oder später eingestellt hätte (Status quo sine; BGE 150 V 188 E. 4.2; SVR 2016 UV Nr. 18 S. 55, 8C_331/2015 E. 2.1.1; SVR 2010 UV Nr. 31 S. 125, 8C_816/2009 E. 4.3; Urteile 8C_781/2017 vom 21. September 2018 E. 5.1; 8C_326/2008 vom 24. Juni 2008 E. 3.2 und 4). Gleiches gilt hinsichtlich der bei der Beurteilung des Beweiswerts eines ärztlichen Berichts oder Gutachtens zu beachtenden Regeln (BGE 145 V 97 E. 8.5 i.f.; 139 V 225 E. 5.2; 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a), namentlich bei versicherungsinternen Stellungnahmen (BGE 139 V 225 E. 5.2; 135 V 465 E. 4.4; 125 V 351 E. 3b/ee.; 122 V 157 E. 1d). Es wird darauf verwiesen. 
 
4.  
 
4.1. Gemäss Vorinstanz begründeten die behandelnden Ärzte insbesondere der Klinik D.________ die Unfallkausalität der weiterhin geklagten starken Beschwerden vorab unzulässigerweise damit, dass der Beschwerdeführer vor dem Sturz vom 5. November 2021 schmerzfrei gewesen sei ("post hoc ergo propter hoc"; vgl. unten E. 5.3). Nach den voll beweiskräftigen versicherungsinternen Stellungnahmen hätten die bildgebenden Untersuchungen nach jenem Ereignis indessen keinen Nachweis für eine unfallbedingte Schädigung erbracht. Dr. med. C.________ erachte den Unfall als Beschwerdeursache wegen der bei der Handgelenksarthroskopie vorgefundenen Reste des gerissenen SL-Bandes, obwohl sie die zuvor bereits bildgebend gezeigte Bandruptur zunächst auch als degenerativ bedingt für möglich gehalten habe. Ein intraoperativer Bildbefund liege nicht vor. Demgegenüber gehe Suva-Arzt Dr. med. E.________ davon aus, dass es bei einer Bandverletzung anlässlich des geltend gemachten Sturzes auf die Hand zu Begleitverletzungen hätte kommen müssen, an denen es gemäss seiner insoweit unwidersprochen gebliebenen Stellungnahme jedoch fehle. An dieser Einschätzung vermöchten die Berichte von Dr. med. C.________ keine auch nur geringen Zweifel zu begründen. Für eine degenerative Ursache spreche schliesslich auch, dass ein gleicher degenerativer Befund im September 2022 auch an der linken Hand bildgebend festgestellt worden sei. Mit dem Suva-Arzt müssten die Unfallfolgen nach vier bis spätestens sechs Wochen als ausgeheilt gelten.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer erneuert seinen Einwand, dass er sich den bildgebend gezeigten Bänderriss am Handgelenk beim Unfall vom 5. November 2021 zugezogen haben müsse. Er macht sinngemäss im Wesentlichen geltend, erst anlässlich der Operation sei der massgebliche Befund von Bandresten zu erkennen gewesen, der gemäss der vorinstanzlich aufgelegten Fachliteratur für eine frische Verletzung und nicht für die zunächst ebenfalls nicht ausgeschlossene degenerativ bedingte Ursache dieser Ruptur spreche. Als Beweis für den intraoperativen Befund reicht er letztinstanzlich zwei Bilder nach, womit die vom kantonalen Gericht angenommene fehlende Objektivierbarkeit widerlegt sei. Er ergänzt im Übrigen, auch die Hausärztin Frau Dr. med. F.________ habe bestätigt, dass er vor dem Unfall nie wegen Handgelenksbeschwerden in Behandlung gewesen sei, was die Vorinstanz unberücksichtigt gelassen habe. Zu Unrecht sei das kantonale Gericht von einem Dahinfallen des natürlichen Kausalzusammenhangs bei Wiedererreichen des Status quo ante ausgegangen.  
 
4.3. Die Suva macht geltend, die letztinstanzlich aufgelegten unscharfen Bilder erlaubten - sofern sie überhaupt berücksichtigt werden könnten - mangels Beschriftung keine Zuordnung zur fraglichen Operation beziehungsweise zum Beschwerdeführer. Ohnehin sei damit indessen nicht zu beweisen, dass darauf Bandreste abgebildet seien, die den Schluss auf eine unfallbedingte Verletzung, das heisst einen Bänderriss anlässlich des hier streitigen Ereignisses vom 5. November 2021, zuliessen. Dies müsse umso mehr gelten, als es an unfallbedingten objektivierbaren Begleitverletzungen, die über ein Anschwellen oder ein Schmerzempfinden hinausgegangen wären, gefehlt habe. Es sei vielmehr von einer degenerativen Schädigung auszugehen. Eine Haftung bestehe nur für die am 5. November 2021 stattgehabte Kontusion und Distorsion des rechten Handgelenks, das heisst für eine Weichteilverletzung mit einer vorübergehenden Verschlechterung. Mangels zuordenbarer intraoperativer Bilder liessen sich in beweismässiger Hinsicht schliesslich auch aus weiteren medizinischen Abklärungen keine neuen Erkenntnisse gewinnen.  
 
5.  
Dass die Vorinstanz unrichtige Sachverhaltsfeststellungen getroffen oder die zu beachtenden Beweiswürdigungsregeln verletzt haben sollte, lässt sich nicht ersehen. 
 
5.1. Der Beschwerdeführer stützt sich vorab auf neue Beweismittel, die eine im vorinstanzlichen Verfahren bereits bekannte Tatsache, nämlich die gemäss Bericht von Dr. med. C.________ anlässlich ihrer Operation vom 23. März 2022 vorgefundenen Bandreste, belegen sollen. Inwiefern jedoch erst der angefochtene Entscheid Anlass zur Auflage dieser neuen Beweismittel hätte geben sollen, welche Voraussetzung für deren Berücksichtigung im letztinstanzlichen Verfahren gilt, vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen (Art. 99 Abs. 1 BGG, unechte Noven; BGE 143 V 19 E. 1.2; 133 III 393 E. 3; Urteil 8C_283/2020 vom 4. August 2020 E. 5.3.3). Zwar trifft es zu, dass das kantonale Gericht bei seiner Beurteilung auch die fehlende bildmässige Dokumentation dieses Befundes in Betracht zog, dies allerdings lediglich als einen von mehreren Aspekten. Die von der Vorinstanz übernommene Hauptbegründung in den versicherungsinternen Stellungnahmen, dass es bei einer Bandverletzung anlässlich des geltend gemachten Sturzes auf die Hand zu Begleitverletzungen hätte kommen müssen, die bildgebend in den zeitnah nach dem Unfall im November und Dezember erfolgten Röntgen- und MRI-Untersuchungen erkennbar gewesen wären, bleibt auch weiterhin unbestritten.  
 
5.2. Inwiefern die diesbezügliche Feststellung des kantonalen Gerichts, in der Einschätzung von Dr. med. C.________ fehle es im Gegensatz zur Stellungnahme des Suva-Arztes an einer schlüssigen Einordnung des von ihr erhobenen Befundes, unzutreffend wäre, wird beschwerdeweise nicht dargetan und ist nicht zu erkennen. Zu ergänzen ist, dass der Suva-Arzt insbesondere bereits in seiner Stellungnahme vom 18. Januar 2023 ausdrücklich auf die anfänglich erhobenen harmlosen Befunde hinwies. Der Beschwerdeführer habe sich am 6. November 2021, also einen Tag nach dem Unfall, zum wiederholten Mal zur Behandlung bei seinem Chiropraktor Dr. med. G.________ eingefunden. Er suchte ihn, was hier zu ergänzen ist, wegen Beschwerden im Nacken und an der Lendenwirbelsäule auf. Der Chiropraktor habe damals, so der Suva-Arzt weiter, einzig eine Druckdolenz am rechten Handgelenk festgestellt, indessen keine Befunde erwähnt, die auf eine Verletzung am Vorabend hätten schliessen lassen. Inwiefern diese Feststellung falsch wäre oder die Vorinstanz ihrerseits zu Unrecht darauf abgestellt hätte, wird beschwerdeweise nicht geltend gemacht und lässt sich nicht ersehen. In der versicherungsinternen Stellungnahme vom 22. August 2023 wird ergänzt, dass namentlich auch intraoperativ keine Hinweise für eine zeitnah zurückliegende Ruptur des Bandes wie Hämosiderinablagerungen, Blutergüsse oder Gelenksergüsse vorgelegen hätten.  
 
5.3. Anzufügen bleibt, dass sich die Unfallkausalität auch gemäss der Hausärztin, auf deren Einschätzung sich der Beschwerdeführer beruft, lediglich aus dem Umstand ableiten soll, es hätten vor dem Unfall keine Handgelenksbeschwerden bestanden. Dies genügt indessen, wie von der Vorinstanz insoweit (wenn auch nicht mit ausdrücklichem Bezug auch auf die Hausärztin) zutreffend festgestellt, praxisgemäss nicht ("post hoc ergo propter hoc"; BGE 119 V 335 E. 2b/bb; SVR 2016 UV Nr. 18 S. 55, 8C_331/2015 E. 2.2.3.1). Soweit der Beschwerdeführer des Weiteren auf die von ihm im kantonalen Verfahren aufgelegte Fachliteratur verweist, wird nicht ausgeführt, welche konkreten Schlüsse sich daraus bezüglich der hier streitigen Fragen ableiten liessen und auch nur geringe Zweifel an den versicherungsinternen Stellungnahmen begründen sollten.  
 
5.4. Dass das kantonale Gericht mit dem Suva-Arzt von einer bloss vorübergehenden, durch Prellungen und Zerrungen bedingten Verschlimmerung des unfallfremden Vorzustandes ausging, lässt sich damit insgesamt nicht beanstanden. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.  
 
6.  
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 5. Mai 2025 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Viscione 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo