Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6F_20/2024
Urteil vom 6. November 2024
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichter Muschietti,
Gerichtsschreiber Gross.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Gesuchsteller,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden, Erster Staatsanwalt,
Rohanstrasse 5, 7000 Chur,
Gesuchsgegnerin,
Kantonsgericht von Graubünden,
I. Strafkammer,
Poststrasse 14, 7001 Chur.
Gegenstand
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 12. Juni 2024 (6B_303/2024).
Sachverhalt:
A.
Das Kantonsgericht von Graubünden verurteilte A.________ am 5. Dezember 2023 zweitinstanzlich wegen Freiheitsberaubung, Betrugs, Urkundenfälschung, versuchter Nötigung, Drohung und Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch Aufnahmegeräte zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 11 Monaten und einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 50.--. Zudem ordnete es eine Landesverweisung von 5 Jahren samt Ausschreibung im Schengener Informationssystem an.
B.
Die dagegen gerichtete Beschwerde in Strafsachen wies das Bundesgericht ab, soweit es darauf eintrat (Urteil 6B_303/2024 vom 12. Juni 2024).
C.
A.________ beantragt mit Revisionsgesuch vom 2. Oktober 2024, das Urteil 6B_303/2024 vom 12. Juni 2024 sei aufzuheben und auf die Landesverweisung sowie die Ausschreibung im Schengener Informationssystem sei zu verzichten. Am 19. Oktober 2024 ergänzte er das Revisionsgesuch. Er ersucht sinngemäss um unentgeltliche Rechtspflege sowie mit separater Eingabe vom 5. November 2024 um Erteilung der aufschiebenden Wirkung.
Erwägungen:
1.
1.1. Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Das Bundesgericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Allfällige Revisionsgründe sind in gedrängter Form darzulegen (vgl. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 121 ff. BGG). Die Begründungsanforderungen gelten auch für Laienbeschwerden (vgl. Urteile 6F_1/2023 vom 8. Mai 2023 E. 1.2; 6B_1046/2021 vom 2. August 2022 E. 2.2.1 in fine). Der Revisionsgrund muss sich auf den Gegenstand des zu revidierenden Urteils beziehen. Die Revision dient nicht der Korrektur einer angeblich unrichtigen rechtlichen Würdigung oder Rechtsauffassung des Bundesgerichts. Sie eröffnet insbesondere nicht die Möglichkeit, die Rechtslage erneut zu diskutieren und eine Wiedererwägung des bundesgerichtlichen Urteils zu verlangen, das der Gesuchsteller für unrichtig hält (vgl. Urteile 6F_1/2023 vom 8. Mai 2023 E. 1.2; 6F_28/2022 vom 30. November 2022 E. 2.1; 6F_29/2022 vom 24. Oktober 2022 E. 2).
1.2. Die beiden Eingaben des Gesuchstellers vom 2. Oktober 2024 und 19. Oktober 2024 genügen den dargelegten Anforderungen über weite Strecken nicht. Dies ist etwa der Fall, wenn er bloss wiederholt, was er bereits im Verfahren 6B_303/2024 vorgebracht und womit sich das Bundesgericht auseinandergesetzt hat. So erklärt er, seine Frau habe beim Eheschluss zwar vom laufenden Strafverfahren gewusst, sei aber von seiner Unschuld überzeugt gewesen. Sie sei zwar schweizerisch-türkische Doppelbürgerin, wolle aber nicht in die Türkei ziehen. Er habe zwar in der Türkei ein Haus, sei aber nur Miteigentümer mit seinen Eltern und Geschwistern und könne nicht ohne Probleme in die Türkei reisen. Solche und ähnliche Vorbringen berechtigen von vornherein nicht zur Revision. Die Revision eröffnet dem Gesuchsteller keine Möglichkeit, die Rechtslage erneut zu diskutieren und eine Wiedererwägung des bundesgerichtlichen Urteils zu verlangen, das er für unrichtig hält. Jedenfalls macht er damit weder einen der in Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgezählten Revisionsgründe geltend noch zeigt er auf, inwieweit das Urteil Anlass für eine Revision gesetzt haben soll. Dies ist auch nicht ersichtlich.
1.3.
1.3.1. Der Gesuchsteller macht geltend, im Urteil 6B_303/2024 vom 12. Juni 2024 werde erwogen, er könne gestützt auf das Abkommen zwischen der Schweiz und der Republik Türkei über soziale Sicherheit vom 1. Mai 1969 (SR 0.831.109.763.1) seine IV-Rente auch in der Türkei erhalten. Nun habe er aber erfahren, dass er gestützt auf das erwähnte Abkommen keinen Anspruch auf eine schweizerische IV-Rente in der Türkei habe. Dies sei bisher nicht berücksichtigt worden und ein Grund für eine Revision.
1.3.2. Damit macht er weder eine Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäss Art. 121 BGG noch eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention gemäss Art. 122 BGG geltend, wobei ein Revisionsgesuch im Sinne von Art. 121 lit. b-d BGG verspätet wäre (vgl. Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG). Ebenso wenig bringt er vor, dass die Voraussetzungen von Art. 123 Abs. 1 BGG erfüllt sind. Bliebe also noch eine Revision gestützt auf Art. 123 Abs. 2 lit. b BGG. Nach dieser Bestimmung kann in Strafsachen die Revision verlangt werden, wenn die Voraussetzungen von Art. 410 Abs. 1 lit. a und b sowie Abs. 2 StPO erfüllt sind. Ein Revisionsgrund nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO liegt vor, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen. Nach der Rechtsprechung kommt die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts in Strafsachen wegen neuer Tatsachen und Beweismittel nur in Betracht, wenn das Bundesgericht im vorangegangenen Verfahren nicht nur das Urteil der Vorinstanz, sondern gestützt auf Art. 105 Abs. 2 BGG auch deren Sachverhaltsfeststellungen abgeändert bzw. eigene Sachverhaltsfeststellungen getroffen hat. Vorbehalten bleiben erhebliche Tatsachen betreffend die Zulässigkeit der Beschwerde, die von Amtes wegen abzuklären sind. In den übrigen Fällen müssen neue Tatsachen oder Beweismittel mit einem Revisionsgesuch im Kanton geltend gemacht werden (BGE 134 IV 48 E. 1; Urteile 6F_1/2023 vom 8. Mai 2023 E. 1.3; 6F_3/2022 vom 16. Juni 2022 E. 1.1; 6F_30/2020 vom 28. Oktober 2020 E. 3.2; 6F_1/2019 vom 13. Mai 2019 E. 4; 6F_17/2012 vom 19. Dezember 2012 E. 2.2; je mit Hinweisen).
1.3.3. Das Bundesgericht prüfte im Urteil 6B_303/2024 vom 12. Juni 2024 die Frage, ob gegen den damaligen Beschwerdeführer und heutigen Gesuchsteller zu Recht eine Landesverweisung von 5 Jahren samt Ausschreibung im Schengener Informationssystem angeordnet wurde. Dabei hat das Bundesgericht weder das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 5. Dezember 2023 aufgehoben noch hat es dessen Sachverhaltsfeststellungen abgeändert oder eigene Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Damit kann sich der Gesuchsteller auch nicht auf den Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 2 lit. b BGG berufen.
1.3.4. Bei diesem Ausgang kann offenbleiben, ob der Umstand, dass der Gesuchsteller in der Türkei keinen Anspruch auf eine schweizerische IV-Rente hat, überhaupt geeignet wäre, ein für den Gesuchsteller günstigeres Urteil herbeizuführen. Das Kantonsgericht kam nach ausführlicher und überzeugender Abwägung zum Schluss, dass die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz überwiegen (vgl. Urteil 6B_303/2024 vom 12. Juni 2024 E. 2.3). Es ist höchst fraglich, ob diese Interessenabwägung anders ausfallen müsste, nur weil der Gesuchsteller in der Türkei behaupteterweise keine schweizerische IV-Rente beziehen kann.
2.
Auf das Revisionsgesuch ist nicht einzutreten. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 ff. BGG). Mit dem Entscheid wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. November 2024
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Denys
Der Gerichtsschreiber: Gross