Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_539/2024  
 
 
Urteil vom 7. Januar 2025  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Hurni, Präsident, 
Bundesrichterinnen Kiss, May Canellas, 
Gerichtsschreiber Tanner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Ernst Michael Lang, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________ AG, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Krankentaggeldversicherung (unzureichende Substanziierung der Arbeitsunfähigkeit) 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer, vom 21. August 2024 (VKL.2023.39). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (Kläger, Beschwerdeführer) arbeitete vom 1. Oktober 2017 bis zum 31. März 2023 als Projektleiter bei der C.________ AG. Als deren Arbeitnehmer war er bei der liechtensteinischen D.________ AG kollektiv krankentaggeldversichert. Die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein genehmigte am 21. April 2022 die Übertragung der bestehenden Kollektivversicherungsverträge von der D.________ AG auf die B.________ AG (Beklagte, Beschwerdegegnerin). 
Die Beklagte richtete dem Kläger ab dem 17. Mai 2022 Taggelder auf der Basis einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % aus. Ab dem 1. September 2023 leistete sie dem Kläger Taggelder auf der Basis einer 30 %igen Arbeitsunfähigkeit. 
 
B.  
Am 12. Dezember 2023 reichte der Kläger beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, eine Klage mit dem Antrag ein, die Beklagte sei zu verpflichten, ihm Fr. 8'885.87 nebst Verzugszins von 5 % seit dem 1. September 2023 zu bezahlen. Weiter sei die Beklagte zu verpflichten, ihm ab dem 1. November 2023 fortdauernd das Krankentaggeld nach Massgabe der Versicherungspolice und des Umfanges seiner Arbeitseinschränkung auszurichten. 
Das Versicherungsgericht wies diese Klage mit Urteil vom 21. August 2024 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Versicherungsgerichts vom 21. August 2024 aufzuheben und es sei seinen vorinstanzlich gestellten Anträgen stattzugeben. Weiter sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, ihm vom 1. November 2023 bis am 31. März 2024 Fr. 22'141.84 Krankentaggeld nebst Verzugszins zu 5% seit dem 1. September 2023 zu bezahlen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur materiellen Beurteilung und zur Abnahme des gerichtlichen Gutachtens und neuen Entscheidung an das Versicherungsgericht zurückzuweisen. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (vgl. Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 150 III 248 E. 1; 149 III 277 E. 3.1; 148 IV 155 E. 1.1). 
 
1.1. Der Beschwerdeführer leitet seine Ansprüche aus einer Kollektivkrankentaggeldversicherung ab. Streitigkeiten aus solchen Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung sind privatrechtlicher Natur. Als Rechtsmittel an das Bundesgericht kommt daher die Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 72 ff. BGG in Betracht (BGE 138 III 2 E. 1.1; Urteil 4A_368/2024 vom 23. Oktober 2024 E. 1.1).  
Die Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) eines oberen kantonalen Gerichts, welches als einzige kantonale Instanz entschieden hat (Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 7 ZPO). Die Beschwerde ist daher streitwertunabhängig zulässig (Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG). 
 
1.2. Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, ansonsten darauf nicht eingetreten werden kann (BGE 140 III 115 E. 2; 134 II 244 E. 2.1). In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form dazulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Unerlässlich ist, dass auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingegangen und im Einzelnen aufgezeigt wird, worin eine vom Bundesgericht überprüfbare Rechtsverletzung liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerde an das Bundesgericht nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im vorinstanzlichen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 148 IV 205 E. 2.6; 140 III 115 E. 2, 86 E. 2).  
Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Macht die beschwerdeführende Partei beispielsweise eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) geltend, genügt es nicht, wenn sie einfach behauptet, der angefochtene Entscheid sei willkürlich; sie hat vielmehr im Einzelnen zu zeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist (BGE 141 III 564 E. 4.1; 140 III 16 E. 2.1, 167 E. 2.1). 
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 148 V 366 E. 3.3; 143 IV 241 E. 2.3.1; 140 III 115 E. 2). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz wies die Klage des Beschwerdeführers auf Nachzahlung von Krankentaggeldern ab. Zur Begründung führte sie aus, der Beschwerdeführer habe keine ausreichend substanziierten Ausführungen zu seiner behaupteten Arbeitsunfähigkeit gemacht. Er lege nicht im Einzelnen dar, wie sich die behauptete Einschränkung auf seine Arbeitsfähigkeit ausgewirkt habe. Stattdessen verweise er bloss pauschal auf diverse Arbeitsunfähigkeitsbestätigungen. Dies genüge nicht. Parteien müssten ihrer Behauptungs- und Substanziierungslast in ihren Rechtsschriften selbst nachkommen. Ein Verweis auf ein beiliegendes medizinisches Gutachten führe grundsätzlich nicht dazu, dass die darin enthaltenen medizinischen Ausführungen als substanziierte Parteibehauptungen gälten.  
 
2.2. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sie sei auf die von ihm eingereichten ärztlichen Unterlagen nicht näher eingegangen. Vielmehr habe sie diese bloss pauschal als beweisuntauglich bezeichnet. Er habe seine Arbeitsunfähigkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für den Zeitraum vom 18. März 2022 bis zum 31. März 2024 belegt. Da sein medizinisches Parteigutachten genügend detailliert sei, könne ein Gerichtsgutachter die darin gezogenen Schlüsse überprüfen. Dies allein sei massgeblich. Die Vorinstanz habe willkürlich die nötige Beurteilung durch einen Gerichtsgutachter verhindert. Auch habe sie sich nicht mit seinen Einwänden zum Privatgutachten der Beschwerdegegnerin befasst. Die Vorinstanz habe Art. 247 Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 243 Abs. 2 lit. f ZPO verletzt.  
 
3.  
 
3.1. Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung unterstehen ohne Rücksicht auf ihren Streitwert dem vereinfachten Verfahren (Art. 243 Abs. 2 lit. f ZPO). Das Gericht stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest (Art. 247 Abs. 2 lit. a ZPO). Massgeblich ist dabei die sogenannte soziale Untersuchungsmaxime. Sie will die schwächere Vertragspartei schützen, die Gleichheit der Prozessparteien gewährleisten und das Verfahren beschleunigen (BGE 141 III 569 E. 2.3.1; Urteil 4A_258/2024 vom 24. Mai 2024 E. 2.1).  
 
3.2. Auch unter Geltung der sozialen Untersuchungsmaxime obliegt es den Parteien, bei der Feststellung des entscheidwesentlichen Sachverhalts aktiv mitzuwirken und die zu erhebenden Beweise zu bezeichnen. Die Parteien sind für die Sachverhaltsermittlung verantwortlich. Das Gericht hat lediglich seine Fragepflicht auszuüben, die Parteien auf ihre Mitwirkungspflicht sowie das Beibringen von Beweisen hinzuweisen. Zudem hat es sich über die Vollständigkeit der Behauptungen und Beweise zu versichern, wenn diesbezüglich ernsthafte Zweifel bestehen. Aber das Gericht führt nicht von sich aus eigene Untersuchungen durch. Wenn die Parteien durch Anwälte vertreten sind, muss sich das Gericht wie im ordentlichen Verfahren zurückhalten (BGE 141 III 569 E. 2.3.1; Urteil 4A_258/2024 vom 24. Mai 2024 E. 2.1).  
 
3.3. Die klagende Partei muss die anspruchsbegründenden Tatsachen in ihrer Klage selbst schlüssig behaupten. Bestreitet die beklagte Partei diesen Tatsachenvortrag, greift eine über die Behauptungslast hinausgehende Substanziierungslast. Die Vorbringen sind diesfalls nicht nur in den Grundzügen, sondern in Einzeltatsachen zergliedert so umfassend und klar darzulegen, dass darüber Beweis abgenommen oder dagegen der Gegenbeweis angetreten werden kann (BGE 144 III 519 E. 5.2.1.1; 127 III 365 E. 2b). Die Obliegenheit zur Substanziierung ist dem Beweisverfahren vorgelagert und hat dieses gleichsam zu ermöglichen. Das Beweisverfahren dient nicht dazu, fehlende Behauptungen zu ersetzen oder zu ergänzen, sondern setzt solche vielmehr voraus (BGE 144 III 67 E. 2.1; Urteil 4A_29/2024 vom 22. August 2024 E. 4.5).  
Im vorinstanzlichen Verfahren hat die Beschwerdegegnerin die Sachdarstellung des Beschwerdeführers bestritten. In der Folge wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, seine Ansprüche ausreichend zu substanziieren. Die Vorinstanz kam zum Schluss, der Beschwerdeführer sei dieser Obliegenheit nicht nachgekommen und habe insbesondere keine substanziierten Ausführungen zu seiner behaupteten Arbeitsunfähigkeit gemacht. Auch habe er nicht dargelegt, wie ihn eine allfällige gesundheitliche Beeinträchtigung bei seiner Arbeit funktionell eingeschränkt habe. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer setzt sich mit diesem Vorwurf der mangelnden Substanziierung nicht rechtsgenügend auseinander. 
Stattdessen verweist er in seinen Rechtsschriften auf verschiedene Arztberichte. Ein solches Vorgehen vermag die fehlende Substanziierung nicht zu ersetzen. Parteien dürfen bloss ausnahmsweise und nur für Einzelheiten auf Beilagen verweisen. Dabei genügt es nicht, wenn das eingereichte Schriftstück die rechtserheblichen Tatsachen in irgendeiner Form enthält. Vielmehr müssen die entsprechenden Informationen leicht zugänglich sein und keinen Interpretationsspielraum eröffnen (BGE 144 III 519 E. 5.2.1.2). 
Der Beschwerdeführer begründet nicht näher, weshalb er in seinen vorinstanzlichen Rechtsschriften ausnahmsweise auf eine Substanziierung seiner Tatsachenbehauptungen hätte verzichten und stattdessen bloss auf die Beilagen hätte verweisen dürfen. Die gerügten Rechtsverletzungen liegen nicht vor. 
 
3.4. Schliesslich wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz vor, ihn in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt zu haben. Er habe in seiner Klage die Einholung eines medizinischen Gerichtsgutachtens aus den Fachgebieten Orthopädie/orthopädische Chirurgie sowie Neurologie/Neurochirurgie beantragt. In der Folge habe die Vorinstanz kein solches Gutachten in Auftrag gegeben.  
Der Vorwurf ist unbegründet. Eine Beweisabnahme setzt ausreichend substanziierte Tatsachenbehauptungen voraus (BGE 144 III 67 E. 2.1). Der Beschwerdeführer hat, wie oben dargelegt, seine Sachdarstellung nicht rechtsgenügend substanziiert. Folglich musste die Vorinstanz weder die eingereichten Beweismittel würdigen noch die beantragten weiteren Beweismittel abnehmen. 
 
4.  
Demzufolge ist die Beschwerde abzuweisen. 
Der Beschwerdeführer wird bei diesem Verfahrensausgang kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand erwachsen ist (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Januar 2025 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Hurni 
 
Der Gerichtsschreiber: Tanner