Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6F_12/2025
Urteil vom 7. Mai 2025
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Muschietti, als präsidierendes Mitglied,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Gesuchsteller (Beschwerdeführer),
gegen
Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl,
Postfach, 8036 Zürich,
Gesuchsgegnerin (Beschwerdegegnerin).
Gegenstand
Gesuch um Fristwiederherstellung gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 14. April 2025 (6B_178/2025),
Beschwerde gegen die Präsidialverfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer,
vom 23. Januar 2025 (SB250013-O/U/bs).
Das präsidierende Mitglied zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgericht trat mit Urteil vom 14. April 2025 auf die gegen die Präsidialverfügung des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar 2025 eingereichte Beschwerde vom 20. Februar 2025 nicht ein, weil der Kostenvorschuss von Fr. 800.-- auch innert der gesetzlich vorgeschriebenen, nicht erstreckbaren Nachfrist gemäss Art. 62 Abs. 3 BGG nicht eingegangen war (Urteil 6B_178/2025).
Mit Eingabe vom 30. April 2025 stellt der damalige Beschwerdeführer und heutige Gesuchsteller ein Gesuch um Wiederherstellung der Frist gemäss Art. 50 BGG in Bezug auf die verpasste Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses. Er macht geltend, von sämtlichen Verfügungen und Entscheiden des Bundesgerichts (Kostenvorschussverfügung vom 24. Februar 2025, Nachfristverfügung vom 19. März 2025 und Urteil vom 14. April 2025) erst am 30. April 2025 Kenntnis erhalten zu haben.
2.
Es ist fraglich, ob das Fristwiederherstellungsgesuch gutgeheissen werden könnte. Die Frage kann indessen offenbleiben, da auch eine materielle Prüfung der Beschwerde vom 20. Februar 2025 ergibt, dass auf diese aus einem anderen als dem dem Urteil 6B_178/2025 zugrunde liegenden Grund nicht eingetreten werden kann:
Das Obergericht des Kantons Zürich trat am 23. Januar 2025 auf die Berufung des Beschwerdeführers nicht ein. Es erwog, der Beschwerdeführer habe am 11. Oktober 2024 innert Frist Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 4. Oktober 2024 angemeldet. Das begründete Urteil des Bezirksgerichts habe er indessen nicht abgeholt, weshalb es per 23. Dezember 2024 als zugestellt gelte. Die 20-tägige Frist zur Einreichung einer Berufungserklärung sei entsprechend bis zum 13. Januar 2025 gelaufen (Art. 399 Abs. 3 StPO). Innert dieser Frist sei keine Eingabe des Beschwerdeführers eingegangen, weshalb in Anwendung von Art. 403 Abs. 1 und 3 StPO auf die Berufung nicht einzutreten sei.
Anfechtungsgegenstand vor Bundesgericht wäre bzw. ist folglich nur die Nichteintretensverfügung vom 23. Januar 2025 (Art. 80 Abs. 1 BGG). Da sich diese ausschliesslich mit der Zustellung des begründeten Urteils des Bezirksgerichts (Zustellfiktion; Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO) und der Wahrung der Frist zur Erhebung der Berufungserklärung befasst, können auch vor Bundesgericht nur diese Fragen Gegenstand des Verfahrens sein. Damit befasst sich der damalige Beschwerdeführer, welcher die Nichtabholung des begründeten Urteils des Bezirksgerichts nicht bestreitet, nicht in einer den Formerfordernissen genügenden Weise (Art. 42 Abs. 2 BGG, Art. 106 Abs. 2 BGG). Er behauptet nur, Gerichte seien dazu verpflichtet, einen Berufungskläger (wie ihn) über die Konsequenzen einer Nichtabholung eines Urteils belehren zu müssen. Durch die unterlassene Belehrung sei ihm in Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Verfahrensfairness der effektive Zugang zu einem ordentlichen Rechtsmittelverfahren versperrt und ihm die Möglichkeit genommen worden, seine Berufung korrekt und fristgerecht zu begründen. Mit dieser Argumentation vermag er allerdings nicht darzulegen, dass und inwiefern die Nichteintretensverfügung vom 23. Januar 2025 gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen könnte. Der damalige Beschwerdeführer nennt im Rahmen seiner Kritik weder eine gesetzliche Bestimmung noch eine konkrete Praxis, aus der sich herleiten liesse, dass Gerichte im Sinne einer bundes- oder verfassungsrechtlich geschützten Verfahrensgarantie verpflichtet wären, über die Folgen der Nichtabholung einer Urteilszustellung zu belehren. Die blosse Behauptung von Verfassungs- respektive Konventionsverletzungen genügt den gesetzlichen Anforderungen an eine Begründung der Beschwerde nicht. Dass der Beschwerdeführer das begründete Urteil des Bezirksgerichts nicht abgeholt hat, liegt in seinem Verantwortungsbereich und vermag ihn nicht zu entlasten (vgl. statt vieler Urteil 6B_1026/2024 vom 26. März 2025 zur Zustellfiktion). Auf die Beschwerde vom 20. Februar 2025 ist mangels einer tauglichen Begründung im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Mit diesem Entscheid wird das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen gegenstandslos.
Unter diesen Umständen ist das Fristwiederherstellungsgesuch im Verfahren nach Art. 32 Abs. 2 BGG als gegenstandslos geworden abzuschreiben. Eine Beurteilung der weiteren (Verfahrens-) Anträge erübrigt sich.
3.
Auf eine Kostenauflage kann ausnahmsweise verzichtet werden.
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Fristwiederherstellungsgesuch wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. Mai 2025
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Muschietti
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill