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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_34/2024  
 
 
Urteil vom 7. August 2024  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Kiss, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin May Canellas, 
Gerichtsschreiber Dürst. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ B.V., 
vertreten durch Rechtsanwältin Catherine Anne Kunz, Rechtsanwalt Matthias Scherer und Rechtsanwältin Laura Azaria, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________ SE, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Simon Gabriel und Rechtsanwältin Daniela Frenkel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 
 
Beschwerde gegen das Schiedsurteil des Schiedsgerichts mit Sitz in Zürich vom 28. November 2023. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die A.________ B.V. ("A.________"; Beschwerdeführerin) ist eine nach niederländischem Recht errichtete Gesellschaft mit Sitz in U.________, Niederlande. Ihr Zweck besteht unter anderem im Bezug und Vertrieb des im niederländischen X.________ geförderten Erdgases.  
Die B.________ SE ("B.________"; Beschwerdegegnerin) ist eine nach deutschem Recht errichtete Gesellschaft mit Sitz in V.________, Deutschland. Sie bezweckt den Grosshandelsvertrieb von Strom und Gas. 
Im November 1965 schlossen die Rechtsvorgänger der Parteien ein "Agreement for sale of Netherlands Natural Gas" ab. Im Mai 1969 löste der sogenannte Altmengenvertrag diese Vereinbarung ab. 
 
A.b. Im Jahr 1985 schlossen die Parteien den verfahrensgegenständlichen Neumengenvertrag ("NMV") ab. Dieser findet seit dem 1. Oktober 1999 auf die Gaslieferungen von A.________ an B.________ Anwendung.  
Der NMV enthält in Art. XVI eine Schiedsklausel. Danach werden "[a]lle Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien im Zusammenhang mit diesem Vertrag [...] durch ein Schiedsgericht nach den bei Abschluss dieses Vertrags geltenden UNCITRAL-Schiedsgerichtsregeln entschieden". Als Sitz des Schiedsgerichts wurde Zürich bestimmt. 
Die Parteien einigten sich regelmässig über Vertragsanpassungen, zuletzt mit Wirkung ab den Jahren 2009, 2010, 2011, 2012 und 2014. Zusätzlich wurden einzelne Regelungen ausserhalb von grundlegenden Vertragsanpassungen mittels Briefvereinbarungen abgeändert. Sämtliche Änderungen werden in einer zwischen den Parteien abgestimmten Arbeitsfassung des NMV festgehalten. Die letzte Änderungsvereinbarung ist diejenige von 2014, welche die Parteien aber erst am 1./2. März 2016 unterzeichneten. 
In der Folge traten zwei Streitpunkte auf, über die sich die Parteien nicht einigen konnten: Am 8. Juni 2018 verlangte B.________ entsprechend Art. XI Ziff. 7 lit. c NMV eine Absenkung des Mindestratings für die eine Sicherheit stellende Bank. Dies wies A.________ zurück. Am 3. Juli 2018 verlangten beide Parteien eine Anpassung des NMV gemäss dessen Art. VII per 1. Oktober 2016, ohne eine Einigung zu erzielen. 
 
B.  
Mangels Einigung leitete die B.________ am 28. Januar 2019 ein Schiedsverfahren gegen die A.________ ein. Sie stellte umfangreiche Anpassungs-, Leistungs- und Feststellungsbegehren, die sie im Laufe des Verfahrens aktualisierte (siehe die Wiedergabe der Klagebegehren im Schiedsurteil S. 23-32). Die A.________ beantragte die vollumfängliche Abweisung der Klage und erhob Widerklage, mit der sie ihrerseits umfangreiche Anpassungsverlangen, Zahlungsanträge und damit zusammenhängende Feststellungsbegehren stellte (siehe die Wiedergabe der Widerklagebegehren im Schiedsurteil S. 33-41). 
Am 28. November 2023 fällte das Schiedsgericht sein Endurteil. Danach hiess es die Anträge 1, 4 und 7 von B.________ gut und wies deren weitere Begehren ab. Die A.________ unterlag mit allen ihren Anträgen (siehe im Einzelnen Dispositivziffern 1-24 des Schiedsurteils, S. 331-336. 
 
C.  
Die A.________ erhebt Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht. Zur Hauptsache begehrt sie die Aufhebung folgender Dispositivziffern des schiedsgerichtlichen Urteils: 1, 2, 3, 6, 7, 8, 12, 14, 15, 16, 17, 18, 21 und 23; eventu aliter die Aufhebung der Dispositivziffern 6, 7, 8, 12, 14, 15, 16, 17, 18, 21, 22 und 23; subeventualiter der Dispositivziffern 1, 2, 3, 6, 7, 8, 21, 22 und 23. 
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. 
Das Schiedsgericht verzichtete auf Vernehmlassung. 
Die Parteien replizierten und duplizierten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Nach Art. 54 Abs. 1 BGG ergeht der Entscheid des Bundesgerichts in einer Amtssprache, in der Regel in jener des angefochtenen Entscheids. Das angefochtene Schiedsurteil ist in Deutsch abgefasst. Da es sich dabei um eine Amtssprache handelt, ergeht der Entscheid des Bundesgerichts in Deutsch. 
 
2.  
Im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist die Beschwerde in Zivilsachen unter den Voraussetzungen der Art. 190-192 IPRG (SR 291) zulässig (Art. 77 Abs. 1 lit. a BGG). 
 
2.1. Der Sitz des Schiedsgerichts befindet sich vorliegend in Zürich. Beide Parteien hatten im massgebenden Zeitpunkt ihren Sitz ausserhalb der Schweiz (Art. 176 Abs. 1 IPRG). Da die Parteien die Geltung des 12. Kapitels des IPRG nicht ausgeschlossen haben, gelangen die Bestimmungen dieses Kapitels zur Anwendung (Art. 176 Abs. 2 IPRG).  
Nach Art. 77 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde in Zivilsachen gegen Entscheide von Schiedsgerichten ungeachtet des Streitwerts zulässig. Die weiteren Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten, unter Vorbehalt einer hinreichenden Begründung (Art. 77 Abs. 3 BGG; vgl. E. 2.2 und 2.3). 
 
2.2. Zulässig sind allein die Rügen, die in Art. 190 Abs. 2 IPRG abschliessend aufgezählt sind (BGE 134 III 186 E. 5; 128 III 50 E. 1a; 127 III 279 E. 1a). Nach Art. 77 Abs. 3 BGG prüft das Bundesgericht nur die Rügen, die in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden sind; dies entspricht der in Art. 106 Abs. 2 BGG für die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht vorgesehenen Rügepflicht (BGE 134 III 186 E. 5 mit Hinweis).  
Das qualifizierte Rügeprinzip wird ergänzt durch erhöhte Begründungsanforderungen. So genügt es nicht, zwar einen zulässigen Beschwerdegrund nach Art. 190 Abs. 2 IPRG anzurufen, zu dessen Begründung indessen appellatorische Kritik anzubringen oder den Schiedsspruch unter dem Deckmantel einer erhobenen Rüge freier materieller Beanstandung zu unterziehen. Das ist unzulässig (BGE 134 III 565 E. 3.1; 119 II 380 E. 3b). Vielmehr muss die Partei durch eine präzise Argumentation, ausgehend vom angefochtenen Schiedsentscheid, aufzeigen, inwiefern der angerufene Beschwerdegrund gegeben ist und die Gutheissung der Beschwerde deswegen gerechtfertigt sein soll (Urteil 4A_244/2023 vom 3. April 2024 E. 4.1, zur Publ. vorgesehen). 
 
2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den das Schiedsgericht festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den Lebenssachverhalt, der dem Streitgegenstand zugrunde liegt, als auch jene über den Ablauf des Schiedsverfahrens (vgl. BGE 140 III 16 E. 1.3.1). Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung des Schiedsgerichts weder berichtigen noch ergänzen, selbst wenn diese offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vgl. Art. 77 Abs. 2 BGG, der die Anwendbarkeit von Art. 97 BGG sowie Art. 105 Abs. 2 BGG ausschliesst). Es überprüft die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Schiedsentscheids nur, wenn diesbezüglich zulässige Rügen im Sinne von Art. 190 Abs. 2 IPRG vorgebracht oder ausnahmsweise Noven (Art. 99 BGG) berücksichtigt werden (BGE 144 III 559 E. 4.1; 142 III 220 E. 3.1; 140 III 477 E. 3.1). Art. 99 Abs. 1 BGG, der auch in Verfahren der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zu beachten ist (Art. 77 Abs. 2 BGG e contrario), verbietet grundsätzlich das Vorbringen neuer Tatsachen und Beweise vor Bundesgericht. Das Novenverbot bezieht sich auf den Sachverhalt (BGE 150 III 89 E. 3.1; 134 V 208 E. 3.6.1).  
 
2.4. Diese Grundsätze finden in der Beschwerde unzureichende Beachtung. Auf die frei gehaltene Darstellung des Sachverhalts kann nicht abgestellt werden. Auch in ihrer weiteren Beschwerdebegründung sowie in der Replik unterbreitet die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht über weite Strecken appellatorische Kritik an der inhaltlichen Beurteilung des Schiedsgerichts, auch wenn sie diese formell unter die Beschwerdegründe nach Art. 190 Abs. 2 IPRG subsumiert. Die entsprechenden Ausführungen haben unbeachtet zu bleiben.  
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführerin wirft dem Schiedsgericht eine Kompetenzüber- bzw. -unterschreitung vor (Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG), subsidiär ein Urteilen infra petita (Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG), sodann eine Verletzung ihres Gehörsanspruchs (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG) und des materiellen Ordre public (Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG).  
Sie baut alle vier Rügen auf dem Vorwurf eines behaupteten doppelten Fehlers ("double erreur") des Schiedsgerichts auf: Dieses stelle zum einen auf einen verkürzten Referenzzeitraum ab, nämlich auf die Periode 1./2. März 2016 bis Oktober 2016, anstatt 1. Oktober 2014 bis 1. Oktober 2016. Entsprechend berücksichtige es die vor dem 1./2. März 2016 seit Oktober 2014 eingetretenen Änderungen der Umstände zu Unrecht nicht. Zum anderen habe es diese verkürzte Referenzperiode nur auf einen Teil der Ansprüche der Parteien angewendet, hingegen bei den zugesprochenen Ansprüchen der Beschwerdegegnerin die ganze Periode berücksichtigt. Diese Inkohärenz sei "choquante".  
 
 
3.2. Die Rügen der Beschwerdeführerin könnten mithin von vornherein nur Erfolg haben, wenn das Bundesgericht von diesem behaupteten Doppelfehler auszugehen hätte. Dies trifft jedoch nicht zu:  
Wie die Beschwerdeführerin selbst darlegt, beruht der erste Fehler auf einer (angeblich) unzutreffenden Interpretation des NMV und der Änderungsvereinbarung 2014; der zweite Fehler besteht in einer inkohärenten und daher ungerechten Anwendung des (angeblich) unzutreffenden Auslegungsergebnisses auf die Ansprüche der Parteien. Es geht mithin beides Mal um materielle Rechtsanwendung (Vertragsinterpretation/Anwendung auf die Parteiansprüche). Das scheint der Beschwerdeführerin bewusst zu sein, schreibt sie doch in der Zusammenfassung der Beschwerde (Rz. 16) : "Le présent recours est fondé sur quatre griefs, tous en lien avec la double erreur commise par le tribunal arbitral dans l'application de la période de référence : non seulement il a matériellement [Hervorhebung hinzugefügt] appliqué une période de référence amputée, mais il ne l'a fait qu'à une partie seulement des prétentions des parties."  
Das Bundesgericht kann aber im Rahmen einer internationalen Schiedsbeschwerde die materielle Rechtsanwendung des Schiedsgerichts einzig unter dem engen Blickwinkel des Ordre public überprüfen (BGE 121 III 331 E. 3a). Ansonsten entzieht sich die schiedsgerichtliche Rechtsanwendung der bundesgerichtlichen Kognition. Das Bundesgericht kann somit vorliegend nicht prüfen, ob der behauptete Doppelfehler, also eine falsche Vertragsauslegung und in der Folge eine inkohärente Rechtsanwendung, effektiv vorliegt. 
 
3.3. Im Übrigen wäre ein solcher auch nicht etwa offensichtlich erkennbar. Im Gegenteil: Die Beschwerdegegnerin bestreitet den angeblichen Doppelfehler mit zutreffenden Hinweisen auf die schiedsgerichtlichen Erwägungen prima vista mit Recht:  
So hält das Schiedsgericht wörtlich fest (Rz. 140) : "Eintritt der Umstandsänderung während der Referenzperiode: Der in diesem Verfahren relevante Referenzzeitraum vom 1. Oktober 2014 bis zum 1. Oktober 2016 ist zwischen den Parteien unstreitig." Das Schiedsgericht stellte mithin nicht auf eine verkürzte Referenzperiode ab. Vielmehr setzte es den Ausgangspunkt explizit auf den 1. Oktober 2014 fest und legte diesen seinen Erwägungen zur Auslegung des NMV und der Änderungsvereinbarung 2014 zugrunde (vgl. Rz. 560).  
 
Bei der Beurteilung der Frage, welche Umstandsänderungen innerhalb dieser Referenzperiode für eine Vertragsanpassung zu berücksichtigen sind, gelangte es zur Vermeidung einer ungerechtfertigten und von den Parteien übereinstimmend nicht gewollten Doppelberücksichtigung zum Schluss, dass "... hinsichtlich vertraglicher Regelungen, die Teil der Änderungsvereinbarung 2014 waren, nur solche Umstandsänderungen eine Anpassung rechtfertigen können, die am 1./2. März 2016 den Parteien weder bekannt noch für sie als erfahrene Marktteilnehmerinnen vernünftigerweise vorhersehbar waren" (Rz. 561). Wenn das Schiedsgericht mithin gewisse Umstandsänderungen, die im Zeitraum vom 1. Oktober 2014 bis zum Datum der Unterzeichnung der Änderungsvereinbarung am 1./2. März 2016 eingetreten waren, nicht zu einer Vertragsanpassung zuliess, so erfolgte dies, weil die Parteien diese bereits bei der Unterzeichnung der Änderungsvereinbarung 2014 berücksichtigt hatten oder vernünftigerweise vorhersehen konnten, so dass deren nochmalige Heranziehung einer ungerechtfertigten Doppelberücksichtigung gleichkäme.  
 
3.4. Demnach ist nicht vom behaupteten Doppelfehler auszugehen. Damit entbehren die Rügen der Beschwerdeführerin der Grundlage und vermögen allesamt nicht durchzudringen. Im Einzelnen:  
 
4.  
Die Beschwerdeführerin rügt unter Berufung auf Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG, das Schiedsgericht habe seine Zuständigkeit ratione materiae überschritten, indem es sich für befugt hielt, die Referenzperiode neu zu definieren. Eventualiter habe es sich insoweit fälschlicherweise für unzuständig erklärt, als es abgelehnt habe, Umstandsänderungen vor dem 1./2. März 2016 zu berücksichtigen.  
Diese Rüge ist schon im Ansatz verfehlt, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen nicht weiter einzugehen ist: 
Der erste Teil der Rüge gebricht am Umstand, dass das Schiedsgericht gemäss der Schiedsklausel nach Art. XVI NMV sachlich zuständig ist für "alle Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien im Zusammenhang mit diesem Vertrag". Damit war das Schiedsgericht sachlich zuständig zur Auslegung dieses Vertrags und mass sich keine Zuständigkeit an. Dass die Beschwerdeführerin mit der Vertragsauslegung innerhalb dieser sachlichen Zuständigkeit nicht einverstanden ist, bedeutet keinen Zuständigkeitsfehler im Sinne von Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG
 
Der zweite Teil der Rüge geht ebenso ins Leere. Das Schiedsgericht hat sich nicht - teilweise - für unzuständig erklärt. Vielmehr hat es in Ausübung seiner materiellen Zuständigkeit den anwendbaren Vertrag samt seiner Änderungen ausgelegt und gestützt auf das gefundene Auslegungsergebnis die streitigen Parteiansprüche aus diesem Vertragsverhältnis materiell beurteilt. Die Abweisung einzelner Ansprüche bedeutet selbstredend keine Limitierung der Zuständigkeit. 
 
5.  
Alternativ beanstandet die Beschwerdeführerin eine Entscheidung infra petita (Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG). Dies begründet sie wiederum damit, dass das Schiedsgericht die ab 1. Oktober 2014 bis 1./2. März 2016 eingetretenen Umstandsänderungen nicht berücksichtigt habe, was "matériellement" darauf hinauslaufe, dass es die streitigen Ansprüche nicht beurteilt habe.  
Nach Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG kann gegen einen Schiedsentscheid eingewendet werden, das Schiedsgericht habe einer Partei mehr oder anderes zugesprochen, als verlangt wurde (Entscheid ultra oder extra petita), oder es habe Rechtsbegehren unbeurteilt gelassen (Entscheid infra petita; BGE 120 II 172 E. 3a; 116 II 639 E. 3a). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt keine Verletzung des Grundsatzes " ne eat iudex ultra petita partium " vor, wenn der eingeklagte Anspruch in rechtlicher Hinsicht ganz oder teilweise abweichend von den Begründungen der Parteien gewürdigt wird, sofern er vom Rechtsbegehren gedeckt ist (BGE 120 II 172 E. 3a; Urteile 4A_575/2023 vom 18. April 2024 E. 4.1; 4A_214/2022 vom 26. Oktober 2022 E. 5.1; 4A_300/2021 vom 11. November 2021 E. 8.1).  
Das Schiedsgericht hat alle Rechtsbegehren der Parteien beurteilt. Die Kritik der Beschwerdeführerin beschlägt die materielle Beurteilung der Begehren. Eine solche Kritik ist unter Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG nicht zulässig (BGE 128 III 234 E. 4a; zit. Urteil 4A_575/2023 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen). 
 
6.  
Die Beschwerdeführerin moniert eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs nach Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG
 
6.1. Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG lässt die Anfechtung allein wegen der zwingenden Verfahrensregeln gemäss Art. 182 Abs. 3 IPRG zu. Danach muss das Schiedsgericht insbesondere den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör wahren. Dieser entspricht - mit Ausnahme des Anspruchs auf Begründung - dem in Art. 29 Abs. 2 BV gewährleisteten Verfassungsrecht. Die Rechtsprechung leitet daraus insbesondere das Recht der Parteien ab, sich über alle für das Urteil wesentlichen Tatsachen zu äussern, ihren Rechtsstandpunkt zu vertreten, ihre entscheidwesentlichen Sachvorbringen mit tauglichen sowie rechtzeitig und formrichtig angebotenen Mitteln zu beweisen, sich an den Verhandlungen zu beteiligen und in die Akten Einsicht zu nehmen (BGE 147 III 379 E. 3.1, 586 E. 5.1; 142 III 360 E. 4.1.1).  
Der Anspruch auf rechtliches Gehör in einem kontradiktorischen Verfahren nach Art. 182 Abs. 3 und Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG umfasst nach ständiger Rechtsprechung nicht auch den Anspruch auf Begründung eines internationalen Schiedsspruchs (BGE 134 III 186 E. 6.1 mit Hinweisen). Dennoch ergibt sich daraus eine minimale Pflicht der Schiedsrichter, die entscheiderheblichen Fragen zu prüfen und zu behandeln. Diese Pflicht verletzt das Schiedsgericht, wenn es aufgrund eines Versehens oder eines Missverständnisses rechtserhebliche Behauptungen, Argumente, Beweise oder Beweisanträge einer Partei unberücksichtigt lässt. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich das Schiedsgericht ausdrücklich mit jedem einzelnen Vorbringen der Parteien auseinandersetzen muss (BGE 142 III 360 E. 4.1.1; 133 III 235 E. 5.2 mit Hinweisen). 
 
6.2. Nach ständiger Rechtsprechung beinhaltet das rechtliche Gehör keinen Anspruch auf einen materiell richtigen Entscheid, sondern sichert allein das Recht auf Beteiligung der Parteien an der Entscheidfindung (BGE 127 III 576 E. 2b und 2d). Es ist daher unzulässig, dem Bundesgericht unter dem Deckmantel der Gehörsrüge Kritik an der materiellen Beurteilung des Falles zu unterbreiten (vgl. Urteile 4A_73/2024 vom 6. Mai 2024 E. 4.1; 4A_520/2015 vom 16. Dezember 2015 E. 3.3.1; 4A_530/2013 vom 2. Mai 2014 E. 6.1; Carruzzo/Kiss, Les particularités du contrôle des sentences exercé par le Tribunal fédéral suisse en matière d'arbitrage international, SJ 2023 S. 635 ff., 659).  
 
6.3. Der Anspruch auf Gleichbehandlung gebietet, dass das Schiedsgericht die Parteien in allen Verfahrensabschnitten (einschliesslich einer allfälligen Verhandlung, unter Ausschluss der Urteilsberatung; vgl. BGE 147 III 586 E. 5.1; Urteil 4A_360/2011 vom 31. Januar 2012 E. 4.1) gleich behandelt (BGE 147 III 379 E. 3.1; 133 III 139 E. 6.1) und nicht der einen Partei gewährt, was der anderen verwehrt wird (BGE 147 III 586 E. 5.1 mit Hinweisen; Urteil 4A_603/2023 vom 25. März 2024 E. 4.1., zur Publ. vorgesehen). Beiden Parteien muss die gleiche Möglichkeit eingeräumt werden, im Prozess ihren Standpunkt zu vertreten (BGE 147 III 379 E. 3.1, 586 E. 5.1; 142 III 360 E. 4.1.1).  
 
6.4. Die Beschwerdeführerin erblickt die gerügte Gehörsverletzung darin, dass das Schiedsgericht ihr Argument nicht geprüft und behandelt habe, wonach die verkürzte Referenzperiode - wenn sie denn massgebend wäre ( quod non) - auch auf die Ansprüche 1 und 4 der Beschwerdegegnerin anzuwenden gewesen wäre, was deren Abweisung zur Folge gehabt hätte.  
 
6.5. Die Rüge geht fehl. Wie die Beschwerdeführerin selbst einräumt, hat das Schiedsgericht an der Verhandlung die Parteien zu dieser Thematik angehört und namentlich danach gefragt, inwiefern sich die jeweiligen Umstandsänderungen unterscheiden würden. Wenn das Schiedsgericht schliesslich entschied, betreffend die Ansprüche 1 und 4 der Beschwerdegegnerin auch gewisse Umstandsänderungen zu berücksichtigen, die vor dem 1./2. März 2016 eingetreten waren, so brachte es damit zum Ausdruck, dass in Bezug auf diese Umstände keine Doppelberücksichtigung vorlag, weil sie von den Parteien beim Abschluss der Änderungsvereinbarung 2014 nicht bereits in Betracht gezogen worden waren. Damit verwarf das Schiedsgericht gleichzeitig die gegenteilige Argumention der Beschwerdeführerin. Es hat also deren Argument nicht übersehen, sondern verworfen. Darin liegt keine Gehörsverletzung.  
Das Schiedsgericht wandte das von ihm gefundene Auslegungsergebnis gleichermassen auf die einzelnen Parteiansprüche an. Dabei hielt es sich stets an die Referenzperiode 1. Oktober 2014 bis 1. Oktober 2016, schied aber solche Umstandsänderungen aus, die zu einer Doppelberücksichtigung geführt hätten. Dass diese Beurteilung bezüglich der einzelnen Ansprüche zu unterschiedlichen Resultaten führte, bedeutet keine Ungleichbehandlung der Parteien. Ob die schiedsgerichtliche Subsumtion bezüglich der Ansprüche 1 und 4 der Beschwerdegegnerin materiell korrekt ist, entzieht sich der bundesgerichtlichen Kognition und kann unter dem Titel der Gehörsverletzung nicht gerügt werden. 
 
6.6. Die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG erweist sich als unbegründet, soweit darauf eingetreten werden kann.  
 
 
7.  
Schliesslich wirft die Beschwerdeführerin dem Schiedsgericht eine Verletzung des materiellen Ordre public vor (Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG). Insbesondere beanstandet sie einen Verstoss gegen den Grundsatz pacta sunt servanda. Zur Begründung macht sie geltend, das Schiedsgericht habe die verkürzte Referenzperiode, die sie in Auslegung des NMV und der Änderungsvereinbarung 2014 angenommen habe, nur auf einen Teil der Parteiansprüche angewandt, während sie die verbleibenden Ansprüche gestützt auf die ganze Referenzperiode beurteilt habe. Das führe im Ergebnis zu einem gegen den Ordre public verstossenden Entscheid.  
 
7.1. Die materiellrechtliche Überprüfung eines internationalen Schiedsentscheids durch das Bundesgericht ist auf die Frage beschränkt, ob der Schiedsspruch mit dem Ordre public vereinbar ist (BGE 121 III 331 E. 3a). Gegen den Ordre public verstösst die materielle Beurteilung eines streitigen Anspruchs nur, wenn sie fundamentale Rechtsgrundsätze verkennt und daher mit der wesentlichen, weitgehend anerkannten Wertordnung schlechthin unvereinbar ist, die nach in der Schweiz herrschender Auffassung Grundlage jeder Rechtsordnung bilden sollte (BGE 144 III 120 E. 5.1). Zu diesen Grundsätzen gehört namentlich das Prinzip der Vertragstreue ( pacta sunt servanda) (BGE 144 III 120 E. 5.1; 138 III 322 E. 4.1; je mit Hinweisen). Zur Aufhebung des angefochtenen Schiedsentscheids kommt es nur, wenn dieser nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis dem Ordre public widerspricht (BGE 144 III 120 E. 5.1; 138 III 322 E. 4.1 und E. 4.3.1/4.3.2; je mit Hinweisen).  
 
7.2. Der Grundsatz der Vertragstreue ( pacta sunt servanda), dem die Rechtsprechung zu Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG eine eingeschränkte Bedeutung beimisst, ist nur verletzt, wenn sich das Schiedsgericht weigert, eine Vertragsklausel anzuwenden, obwohl es davon ausgeht, dass diese die Parteien bindet, oder umgekehrt aus einer Klausel eine Verpflichtung ableitet, obwohl es diese für unverbindlich hält. Das Schiedsgericht muss also eine Vertragsbestimmung angewendet bzw. deren Anwendung verweigert und sich damit in Widerspruch zum Ergebnis der eigenen Auslegung hinsichtlich der Existenz oder des Inhalts des strittigen Vertrags gesetzt haben. Demgegenüber werden der Vorgang der Auslegung und die rechtlichen Konsequenzen, die daraus gezogen werden, nicht vom Grundsatz der Vertragstreue erfasst, weshalb sich damit keine Rüge der Ordre public-Widrigkeit begründen lässt. Das Bundesgericht hat verschiedentlich betont, dass praktisch die Gesamtheit der sich aus der Vertragsverletzung ergebenden Rechtsstreitigkeit vom Schutzbereich des Grundsatzes pacta sunt servanda ausgeschlossen ist (zit. Urteil 4A_73/2024 E. 5.1; 4A_632/2021 vom 28. April 2022 E. 5.1; 4A_532/2016 vom 30. Mai 2017 E. 3.2.2; je mit Hinweisen).  
 
7.3. Von einem Verstoss gegen den Grundsatz pacta sunt servanda kann vorliegend keine Rede sein. Das Schiedsgericht gelangte in Auslegung des NMV und der Änderungsvereinbarung 2014 sowie in Anwendung dieser interpretierten vertraglichen Regelung auf die erhobenen Parteiansprüche zu seinem Urteil. Dieser Auslegungs- und Anwendungsvorgang ist nicht vom Prinzip der Vertragstreue erfasst. Richtig besehen beschlägt die Kritik der Beschwerdeführerin auch in diesem Kontext ausschliesslich die materielle Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht. Was sie mit ihrer Rüge bezwecken will, ist eine im Rahmen der Schiedsbeschwerde unzulässige, inhaltliche Überprüfung, ob das Schiedsgericht die einzelnen Anpassungsansprüche der Parteien korrekt beurteilt hat. Damit kann ihr kein Erfolg beschieden sein. Das Schiedsgericht hat die Anwendung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien nicht verweigert, vielmehr ausgelegt und zur Anwendung gebracht. Dass sie nicht bezüglich aller erhobenen Ansprüche, namentlich nicht derjenigen der Beschwerdeführerin, eine vertragliche Grundlage für deren Gutheissung erkennen konnte, bedeutet keinen Verstoss gegen das Prinzip pacta sunt servanda.  
 
7.4. Die Rüge, der angefochtene Schiedsentscheid verstosse gegen den materiellen Ordre public (Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG), erweist sich als unbegründet, soweit sie angesichts der weitgehend appellatorischen Darlegungen überhaupt zu behandeln ist.  
 
8.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 200'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 250'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Schiedsgericht mit Sitz in Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. August 2024 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Kiss 
 
Der Gerichtsschreiber: Dürst