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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_481/2024  
 
 
Urteil vom 8. Oktober 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Schroff, 
 
gegen  
 
1. Migrationsamt des Kantons Thurgau, 
Multiplex 1, Langfeldstrasse 53a, 8510 Frauenfeld, 
2. Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Generalsekretariat, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung EU/EFTA, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 28. August 2024 (VG.2023.39/E). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1979), portugiesischer Staatsangehöriger, war seit dem 18. Februar 2010 im Besitz einer Niederlassungsbewilligung EU/EFTA, deren Kontrollfrist zuletzt bis 15. Februar 2025 verlängert worden war.  
Mit Entscheid vom 28. November 2019 verurteilte ihn das Bezirksgericht Weinfelden wegen mehrfacher Vergewaltigung, mehrfacher sexueller Nötigung und Fahrens in fahrunfähigem Zustand zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je Fr. 30.--, sowie einer Busse von Fr. 600.--. Dieser Entscheid wurde vom Obergericht des Kantons Thurgau (Urteil vom 9. Juli 2020) und vom Bundesgericht (Urteile 6B_1105/2020 und 6B_1108/2020 vom 13. Oktober 2021) bestätigt. 
 
1.2. Am 22. November 2022 verfügte das Migrationsamt des Kantons Thurgau den Widerruf der Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies diesen an, die Schweiz innert 90 Tagen nach Rechtskraft des Entscheids zu verlassen. Einen gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs wies das Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 6. März 2023 ab. Hiergegen gelangte A.________ mit Beschwerde vom 13. April 2023 an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und ersuchte unter anderem um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um Bewilligung eines unentgeltlichen Anwalts.  
Mit Zwischenentscheid vom 18. Juli 2023 wies das Verwaltungsgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Bewilligung eines unentgeltlichen Rechtsanwalts ab und forderte A.________ - unter Androhung des Nichteintretens - auf, innert 20-tägiger Frist ab Rechtskraft des Entscheids einen Kostenvorschuss von Fr. 2'000.-- zu bezahlen. 
Eine gegen diesen Zwischenentscheid erhobene Beschwerde von A.________ wies das Bundesgericht mit Urteil 2C_412/2023 vom 22. Dezember 2023 ab. 
Mit Urteil 2F_2/2024 vom 6. Februar 2024 wies das Bundesgericht ein Revisionsgesuch von A.________ gegen das Urteil 2C_412/2023 vom 22. Dezember 2023 ab, soweit es darauf eintrat. Auf ein weiteres, gegen das Urteil 2F_2/2024 vom 6. Februar 2024 gerichtetes Revisionsgesuch von A.________ trat das Bundesgericht mit Urteil 2F_5/2024 vom 16. Mai 2024 nicht ein. 
 
1.3. Am 18. Juni 2024 setzte der verfahrensleitende Vizepräsident des Verwaltungsgerichts A.________ eine nicht erstreckbare Frist bis 12. Juli 2024 zur Erstellung einer allfälligen Replik und zur Leistung des mit Zwischenentscheid vom 18. Juli 2023 einverlangten Kostenvorschusses von Fr. 2'000.-- an.  
Mit Urteil vom 28. August 2024 trat das Verwaltungsgericht auf die Beschwerde vom 13. April 2023 wegen Nichtleistung des Kostenvorschusses androhungsgemäss nicht ein. 
 
1.4. A.________ gelang mit Beschwerde vom 3. Oktober 2024 an das Bundesgericht und beantragt, es sei der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 28. August 2024 ersatzlos aufzuheben und es sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Prozessual ersucht er um superprovisorische Erteilung der aufschiebenden Wirkung in dem Sinne, dass vom Vollzug der Wegweisung abzusehen sei. Ferner ersucht er um Befreiung von der Leistung eines Kostenvorschusses.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
Vorab ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben parallel zur vorliegenden Beschwerde ein Revisionsgesuch gegen den hier angefochtenen Entscheid bei der Vorinstanz gestellt hat. Um Aussetzung des bundesgerichtlichen Verfahrens bis zum Entscheid des Verwaltungsgerichts über sein Revisionsgesuch ersucht er nicht ausdrücklich. Eine Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens von Amtes wegen (Art. 6 BZP i.V.m. Art. 71 BGG) rechtfertigt sich unter den konkreten Umständen auch nicht, zumal die Sache spruchreif ist und auch nicht offensichtlich erscheint, dass der Entscheid der Vorinstanz über das Revisionsgesuch den Ausgang des vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahrens beeinflussen könnte. 
 
3.  
 
3.1. Angefochten ist ein Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau auf dem Gebiet des Ausländerrechts. Da es in der Sache um den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung geht, steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich zur Verfügung (vgl. u.a. Urteil 2C_128/2022 vom 18. März 2022 E. 2).  
 
3.2. Nach Art. 42 BGG haben Rechtsschriften an das Bundesgericht die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Die Begründung hat sachbezogen zu sein; die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 mit Hinweisen). Hinzu kommt, dass das Bundesgericht die Anwendung kantonalen Rechts - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen (Art. 95 lit. c-e BGG) abgesehen - nur auf Bundesrechtsverletzungen, namentlich auf Willkür hin, prüft (BGE 149 IV 183 E. 2.4; 143 I 321 E. 6.1; 141 I 105 E. 3.3.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten, einschliesslich des Willkürverbots, und von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 149 I 248 E. 3.1; 143 II 283 E. 1.2.2; 141 I 36 E. 1.3).  
 
3.3. Vor Bundesgericht kann der Streitgegenstand gegenüber dem vorinstanzlichen Verfahren weder geändert noch erweitert werden (Art. 99 Abs. 2 BGG). Ficht die beschwerdeführende Partei - wie hier - einen Nichteintretensentscheid an, haben sich ihre Rechtsbegehren und deren Begründung zwingend auf die vorinstanzlichen Erwägungen zu beziehen, die zum Nichteintreten geführt haben (Urteile 2C_413/2022 vom 30. Mai 2022 E. 2.1; 2C_470/2021 vom 22. November 2021 E. 1.2; 2C_603/2018 vom 3. Dezember 2018 E. 1.2). Das Bundesgericht prüft in einem solchen Fall nur, ob die betreffende Instanz zu Recht auf das Rechtsmittel nicht eingetreten ist (vgl. Urteil 2C_470/2021 vom 22. November 2021 E. 1.2 mit Hinweisen). Hat allerdings die Vorinstanz in einer Eventualbegründung erwogen, selbst wenn auf das Rechtsmittel einzutreten (gewesen) wäre, wäre es in materieller Hinsicht abzuweisen, beurteilt das Bundesgericht auch die materielle Rechtslage (vgl. BGE 139 II 233 E. 3.2). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor, sodass der Verfahrensgegenstand auf die Eintretensfrage beschränkt ist.  
 
3.4. Vorliegend ist die Vorinstanz in Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts (vgl. § 79 des Gesetzes [des Kantons Thurgau] vom 23. Februar 1981 über die Verwaltungsrechtspflege [VRG/TG; RB 170.1]) auf die bei ihr erhobene Beschwerde nicht eingetreten, weil der Beschwerdeführer - trotz Hinweis auf die Säumnisfolgen - den verlangten Kostenvorschuss innert der angesetzten Frist nicht geleistet habe. Zudem sei kein Gesuch um Wiederherstellung der Frist gestellt worden und es seien keine Wiederherstellungsgründe ersichtlich.  
 
3.5. Der Beschwerdeführer behauptet, die Vorinstanz habe zwar ihrer ersten Verfügung einen Einzahlungsschein beigelegt, jedoch später keinen neuen Einzahlungsschein mehr verschickt. Welche Rechtsverletzungen er der Vorinstanz in diesem Zusammenhang vorwirft, ist nicht ersichtlich, zumal er keine konkreten Rügen erhebt. Im Übrigen wurde er nach eigenen Angaben von seinem Rechtsanwalt darauf aufmerksam gemacht, dass er den ersten Einzahlungsschein verwenden könne. Soweit er ferner vorbringt, er sei generell der Meinung, dass es für die Rechtsprechung einfacher sei, wenn Gerichte zunächst eine "normale Mahnung" senden würden statt einen Nichteintretensentscheid zu fällen, zeigt er nicht substanziiert auf, inwiefern sich eine entsprechende Verpflichtung aus dem anwendbaren kantonalen Recht oder aus dem Bundesrecht ergeben soll.  
 
3.6. Im Übrigen enthält die Eingabe des Beschwerdeführers keine sachbezogene Begründung, sondern erschöpft sich in Kritik an seiner Verurteilung durch das Bezirksgericht Weinfelden sowie am Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung. Dabei verkennt er, dass weder der rechtskräftige Entscheid des Bezirksgerichts Weinfelden vom 28. November 2019 noch die Entscheide des Migrationsamts vom 22. November 2022 und des Departements für Justiz und Sicherheit vom 6. März 2023 betreffend den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens bilden. Letzterer ist nach dem Gesagten auf die Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf seine Beschwerde nicht eingetreten ist (vgl. E. 3.3 hiervor). Gleich verhält es sich mit den Ausführungen des Beschwerdeführers zu seinem Revisionsgesuch an die Vorinstanz, welches ebenfalls nicht Verfahrensgegenstand ist.  
Soweit der Beschwerdeführer rügt, der Nichteintretensentscheid verletze seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) sowie den Anspruch auf Achtung des Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK, genügen seine Ausführungen den qualifizierten Anforderungen an die Begründung von Verfassungsrügen nicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. E. 3.2). Im Übrigen ergibt es sich aus der Beschwerdeschrift, dass auch diese Rügen sowie die weiteren geltend gemachten Verletzungen, namentlich des FZA (SR 0.142.112.681) und des AIG (SR 142.20), sich auf den Widerruf der Niederlassungsbewilligung und nicht auf die Gründe beziehen, die zum Nichteintreten auf sein Rechtsmittel geführt haben. Schliesslich ist nicht ersichtlich und wird in der Beschwerde auch nicht substanziiert dargetan, inwiefern sich aus dem vom Beschwerdeführer zitierten Urteil des EGMR i.S. P.J. und R.J. gegen die Schweiz vom 17. September 2024 (Nr. 52232/20) oder aus der EMRK ein Anspruch auf materielle Behandlung der Beschwerde, ungeachtet der Leistung des geforderten Kostenvorschusses, bzw. auf Befreiung von dessen Bezahlung ergeben soll.  
 
3.7. Im Ergebnis gelingt es dem Beschwerdeführer nicht substanziiert darzutun (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. E. 3.2 hiervor), dass die Vorinstanz das kantonale Recht willkürlich angewendet oder verfassungsmässige Rechte verletzt habe, indem sie auf das bei ihr erhobene Rechtsmittel infolge Nichtleistung des Kostenvorschusses nicht eingetreten ist.  
 
4.  
 
4.1. Auf die offensichtlich unbegründete Beschwerde ist mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. b) nicht einzutreten. Damit wird das Gesuch um superprovisorische Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.  
 
4.2. Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird umständehalber ausnahmsweise verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von der Leistung eines Kostenvorschusses wird damit ebenfalls gegenstandslos. Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Oktober 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov