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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_334/2025  
 
 
Urteil vom 9. Mai 2025  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Bovey, Präsident, 
Bundesrichter Hartmann, Josi, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Luzi Stamm, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Bezirksgericht Zurzach, 
Hauptstrasse 50, 5330 Bad Zurzach, 
Obergericht des Kantons Aargau, 
Obere Vorstadt 38, 5000 Aargau, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unentgeltliche Rechtspflege (Abänderung des Scheidungsurteils), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, vom 27. März 2025 (ZSU.2025.55). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (Beschwerdeführerin) verlangte in dem von ihr beim Bezirksgericht Zurzach anhängig gemachten Verfahren auf Abänderung des Ehescheidungsurteils des Bezirksgerichts Brugg vom 11. September 2018 die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Mit Verfügung vom 17. Februar 2025 wies das Bezirksgericht Zurzach das Gesuch mangels Darlegung bzw. Dokumentierung der behaupteten Prozessarmut ab. 
 
B.  
Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 27. März 2025 ab. Ferner wies es auch das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das obergerichtliche Verfahren ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde vom 1. Mai 2025 verlangt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides sowie die Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege für das erst- und zweitinstanzliche kantonale Verfahren, unter Einsetzung des sie vertretenden Rechtsanwaltes als unentgeltlichen Rechtsvertreter. Ferner verlangt sie auch für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die unentgeltliche Rechtspflege in einem Abänderungsverfahren betreffend ein Scheidungsurteil. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG bewirken kann bzw. unabhängig von einem solchen anfechtbar ist (BGE 135 III 127 E. 1.3; 138 IV 258 E. 1.1; 143 I 344 E. 1.2). Der Rechtsweg folgt demjenigen in der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1). Die Beschwerde in Zivilsachen steht demnach offen (Art. 72 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 BGG). 
 
2.  
Der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann nur eine Verfassungsverletzung, namentlich eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, für welche das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt (BGE 142 III 364 E. 2.4; 149 III 81 E. 1.3). 
In rechtlicher Hinsicht hat die Beschwerde eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (BGE 140 III 115 E. 2; 142 III 364 E. 2.4). 
 
3.  
Das Bezirksgericht hat das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen mit der Begründung, die Bedürftigkeit sei nicht mit aktuellen Unterlagen dokumentiert, obwohl die Beschwerdeführerin anwaltlich vertreten sei; die eingereichte Steuerveranlagung betreffe das Jahr 2022 und im Übrigen werde nur der Mietvertrag eingereicht, während es an Belegen zu den konkreten Auslagen fehle. 
Bereits im kantonalen Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeführerin ausführen lassen, sie habe den Boden unter den Füssen und bürokratisch völlig die Übersicht verloren; sie sei auch gegenüber ihrem Rechtsvertreter nicht in der Lage, Unterlagen zu edieren, weshalb es diesem nicht möglich sei, dem Gericht irgendwelche Belege einzureichen, was sich aber nicht zu ihrem Nachteil auswirken könne. 
Die unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung erfolgende Kernaussage des Obergerichtes im angefochtenen Entscheid ist, dass die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem gestellten Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege eine umfassende Mitwirkungsobliegenheit trifft und sie deshalb ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darzustellen und soweit möglich auch zu belegen hat. Das Gericht habe zwar eine unbeholfene Partei auf die zur Beurteilung des Gesuchs erforderlichen Angaben und Unterlagen hinzuweisen und ihr eine Nachfrist zur Einreichung fehlender Angaben oder Unterlagen anzusetzen, aber eine anwaltlich vertretene Partei könne nicht als unbeholfen gelten und habe daher in der Regel keinen Anspruch auf Ausübung der richterlichen Fragepflicht. Sodann sei die Beschwerdeführerin vorliegend in der Lage gewesen, einen Anwalt zu mandatieren, und weder werde behauptet noch gehe aus den Akten hervor, dass sie aufgrund ihrer "aussergewöhnlichen" Persönlichkeit unter Beistandschaft stünde, weil sie aufgrund eines Schwächezustandes ihre Angelegenheiten nur teilweise oder gar nicht besorgen könnte. Mithin könne von ihr verlangt werden, Unterlagen zusammenzutragen. 
 
4.  
Die Ausführungen in der Beschwerde erfolgen zwar im Namen der Beschwerdeführerin, aber in ich-Form aus Anwaltsperspektive. Soweit sie sich konkret auf die Sache beziehen und deshalb relevant sind, macht der Rechtsvertreter geltend, es sei für ihn schwierig, mit der Beschwerdeführerin in Kontakt zu treten. Sie habe in U.________ bei einem gewissen B.________ gewohnt, aber inzwischen schreibe sie vom "kriminellen, schäbigen Psychopathen B.________ U.________" und von "B.________ als vereitertem Gesellschaftsgeschwür". Er habe mit der Beschwerdeführerin zwei Telefonate geführt, bei welchen sie gestresst gewirkt habe, und sie habe keine Zeit gefunden, zu ihm in die Kanzlei zu fahren; momentan könne er sie nicht erreichen. Die Gerichte hätten diesem Umstand Rechnung tragen müssen. Es gehe um einen Fall, in welchem die Offizialmaxime gelte und die Gerichte den Sachverhalt von Amtes wegen zu prüfen hätten, denn die Beschwerdeführerin erhebe schwere Vorwürfe gegen den Vater, welcher der Erziehungsberechtigte sei und bei welchem die beiden Töchter wohnen würden; es sei nicht auszuschliessen, dass die schweren Vorwürfe zutreffen könnten, und hier liege die Rechtsverletzung, weil von Amtes wegen hätte gehandelt werden müssen. Die Beschwerdeführerin sei in der entscheidenden Phase ganz einfach nicht in der Lage gewesen, im Chaos die nötigen Urkunden zu finden und zu edieren. Ihr zu unterschieben, rechtskundig zu sein, nur weil sie in der Lage gewesen sei, eine Vollmacht für einen Rechtsanwalt zu unterzeichnen, sei nicht haltbar. Unter den gegebenen Umständen sei auch die Aussage unhaltbar, eine anwaltlich vertretene Partei gelte nicht als unbeholfen und habe in der Regel keinen Anspruch auf Ausübung der richterlichen Fragepflicht. Wenigstens schreibe das Obergericht "in der Regel" und entsprechend werde das Bundesgericht gebeten, den vorinstanzlichen Entscheid zu korrigieren. 
 
5.  
Die Beschwerdevorbringen zielen in jeder Hinsicht an der Sache vorbei: 
Vorliegend geht es nicht um die Frage, welche Maximen im Abänderungsprozess zum Tragen kommen, sondern um die unabhängig davon geltenden Anforderungen an die Begründung und Dokumentation eines Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege (dazu Art. 119 Abs. 2 ZPO), welches in einem vom Hauptprozess unabhängigen Administrativverfahren zwischen dem Gesuchsteller und dem Staat zu prüfen ist, an welchem die Gegenpartei des Hauptverfahrens nicht beteiligt ist (Urteil 5A_602/2013 vom 12. März 2014 E. 1). Der Vorwurf an das Obergericht, im Zusammenhang mit den für die Hauptsache geltenden Prozessmaximen eine Rechtsverletzung begangen zu haben, stösst mithin ins Leere. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, welche Maximen im Abänderungsprozess konkret gelten. 
Was das Thema der richterlichen Hinweispflichten im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege anbelangt, wird in der Beschwerde die (Tatsachen-) Frage, ob die Beschwerdeführerin faktisch in der Lage war, Urkunden beizubringen, mit der (Rechts-) Frage vermengt, ob sie bezüglich ihrer Mitwirkungsobliegenheit als rechtskundig zu gelten hat. Zufolge rechtlicher Vertretung gilt sie diesbezüglich als rechtskundig, denn von einem Rechtsanwalt wird Wissen um die Mitwirkungsobliegenheit verlangt und dessen Wissen muss sich die vertretene Person anrechnen lassen (vgl. Urteile 5A_502/2017 vom 15. August 2017 E. 3.2; 4A_44/2018 vom 5. März 2018 E. 5.3; 5A_266/2021 vom 5. Februar 2021 E. 5; 5A_156/2022 vom 30. März 2023 E. 3.3.2). Im Übrigen kommuniziert das Gericht bei vertretenen Parteien ausschliesslich über den Anwalt (Art. 137 ZPO), welcher wie gesagt als rechtskundig gilt und keiner Belehrung bezüglich der Mitwirkungsobliegenheiten bedarf. Was die davon zu unterscheidende (Tatsachen-) Frage der faktischen Fähigkeit der Beschwerdeführerin zur Sammlung und Übermittlung der notwendigen Unterlagen an ihren Rechtsvertreter anbelangt, bedürfte es substanziierter Verfassungsrügen, namentlich einer hinreichend begründeten Willkürrüge im Zusammenhang mit der obergerichtlichen Feststellung, weder werde behauptet noch gehe aus den Akten hervor, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer "aussergewöhnlichen" Persönlichkeit unter Beistand stünde, weil sie aufgrund eines Schwächezustandes ihre Angelegenheiten nur teilweise oder gar nicht besorgen könnte, sondern vielmehr sei sie fähig gewesen, einen Rechtsanwalt zu mandatieren. Diesbezüglich wird keine Willkürrüge erhoben und es wird auch nicht der Sache nach dargelegt, inwiefern diese Feststellungen qualifiziert unrichtig sein sollen. Vielmehr wird in allgemeiner Weise verlangt, "unter den gegebenen Umständen" - welche somit in appellatorischer und damit unzureichender Weise als gegeben unterstellt werden - hätte der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege erteilt werden müssen. Diese Forderung läuft darauf hinaus, dass bestimmte Personen auf blosse Behauptung hin vom Nachweis der Prozessarmut auszunehmen bzw. zu befreien wären. Hierfür wird keine Rechtsgrundlage genannt und es ist auch nicht zu sehen, wie ein solches Vorgehen dem Grundsatz einer rechtsgleichen Behandlung der Prozessparteien entsprechen könnte. Was die Tatsachenbehauptung als solche anbelangt, zeigt die Beschwerdeführerin, wie bereits angesprochen, nicht und schon gar nicht mit substanziierten Willkürrügen auf, inwiefern sie hinreichende und konkrete Nachweise für eine effektiv bestehende Unfähigkeit, ihrem Rechtsvertreter zuhanden des Gerichts die nötigen Unterlagen zu übermitteln, bereits im kantonalen Verfahren prozesskonform eingebracht hätte und deshalb die gegenteilige Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Entscheid unhaltbar wäre. 
An der Sache vorbei geht bzw. auf einem Missverstehen der Erwägungen im angefochtenen Entscheid beruht sodann das Vorbringen, die Gewinnaussichten könnten nicht "kaum als ernsthaft" bezeichnet werden, denn falls die von der Beschwerdeführerin in die Welt gesetzten Missbrauchsvorwürfe und die Behauptung, die Töchter hätten Angst vor ihrem Vater, zutreffen würden, bestünden sehr wohl Gewinnaussichten. Das Obergericht hat erwogen, das Bezirksgericht habe das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu Recht aufgrund fehlender Mitwirkung beim Nachweis der Prozessarmut abgewiesen und damit würden sich Ausführungen zur Aussichtslosigkeit des Verfahrens erübrigen (angefochtener Entscheid, E. 2 a.E.). Die von der Beschwerdeführerin angesprochene Aussage (angefochtener Entscheid, E. 4) betrifft nicht die Prozesschancen in der Hauptsache, sondern sie bezieht sich auf die Frage, ob der gegen die Abweisung der unentgeltlichen Rechtspflege für das erstinstanzliche Hauptverfahren eingereichten Beschwerde Aussicht auf Erfolg beschieden sein konnte. Das Obergericht hat für die betreffende Beschwerde die Erfolgsaussichten mit "kaum als ernsthaft" bezeichnet, was zur Abweisung des für das obergerichtliche Verfahren gestellten Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege führte, und diesbezüglich legt die Beschwerdeführerin keine Rechtsverletzung dar. 
 
6.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Wie die vorstehenden Erwägungen ausserdem zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist, soweit es nicht gegenstandslos ist (dazu E. 7). 
 
7.  
Angesichts der Aussage des Rechtsvertreters, unter den gegebenen Umständen sei es völlig klar, dass er die Interessen der Beschwerdeführerin wahrnehmen und deshalb Beschwerde an das Bundesgericht erheben müsse (Beschwerde, S. 3), ist nicht klar, ob die Beschwerdeführerin einen eigenen Beschwerdewillen hat. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt es sich, ausnahmsweise auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Somit ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege in Bezug auf die Gerichtskosten gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos ist. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Mai 2025 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Bovey 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli