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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_68/2023  
 
 
Urteil vom 9. Oktober 2023  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichter Muschietti, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Maurerstrasse 2, 8510 Frauenfeld, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Schlatter, 
2. B.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Qualifiziert grobe Verletzung der Verkehrsregeln, Gehilfenschaft zur qualifiziert groben Verletzung der Verkehrsregeln; Beweiswürdigung, Willkür, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 17. Mai 2022 (SBR.2022.4). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Frauenfeld eröffnete gestützt auf einen Bericht der Kantonspolizei Thurgau über ein unter dem Profilpseudonym "A.________" auf einem sozialen Netzwerk vorgefundenes Video, das unter anderem die Aufnahme eines Tachometers während einer Beschleunigungsfahrt bis zu einer Geschwindigkeit von 198 km/h zeigt, Strafuntersuchungen gegen B.________ und A.________ wegen qualifiziert grober Verletzung der Verkehrsregeln nach Art. 90 Abs. 3 und Abs. 4 lit. c SVG resp. wegen Gehilfenschaft hierzu. 
Das Obergericht des Kantons Thurgau sprach die Beschuldigten am 17. Mai 2022 mangels verwertbarer Beweise zweitinstanzlich frei. 
 
B.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und in Nachachtung von Art. 112 BGG zur Neubeurteilung resp. Verbesserung an das Obergericht eventualiter an das Bezirksgericht zurückzuweisen. 
A.________ beantragt die Abweisung der Beschwerde und ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. Das Obergericht verzichtet auf eine Stellungnahme; B.________ lässt sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG). Darunter fällt namentlich die Staatsanwaltschaft (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG). Die beschwerdeführende Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau ist zur Beschwerde legitimiert.  
 
1.2. Die Beschwerdeführerin stellt ein kassatorisches Rechtsbegehren. Aus der Begründung erhellt indes, dass sie die vorinstanzlich festgestellte Unverwertbarkeit der erhobenen Beweismittel beanstandet und damit letztlich eine Verurteilung der Beschwerdegegner anstrebt. Auf die Beschwerde ist einzutreten (BGE 137 II 313 E. 1.3; Urteil 6B_975/2021 vom 7. September 2022 E. 1.2 mit Hinweisen).  
 
2.  
Streitig ist die Verwertbarkeit des vom Beschwerdegegner 1 auf einem sozialen Netzwerk veröffentlichten Videos, welches eine Geschwindigkeitsüberschreitung zeigt. Die Vorinstanzen haben die Verwertbarkeit unter Hinweis auf Art. 141 Abs. 2 StGB verneint und die Beschwerdegegner daher freigesprochen. 
 
2.1.  
 
2.1.1. Art. 141 Abs. 2 StPO zufolge dürfen Beweise, die Strafbehörden in strafbarer Weise oder unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben haben, nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich.  
Von Privaten rechtswidrig erlangte Beweismittel sind nur verwertbar, wenn sie von den Strafverfolgungsbehörden rechtmässig hätten erlangt werden können und kumulativ dazu eine Interessenabwägung für deren Verwertung spricht. Bei der Interessenabwägung ist derselbe Massstab wie bei staatlich erhobenen Beweisen anzuwenden. Die Verwertung ist damit nur zulässig, wenn dies zur Aufklärung einer schweren Straftat unerlässlich ist (BGE 147 IV 16 E. 1.1, 9 E. 1.3.1; 146 IV 226 E. 2; Urteil 6B_902/2019 vom 8. Januar 2020 E. 1.2; je mit Hinweisen). Als schwere Straftaten im Sinne des Gesetzes fallen vorab Verbrechen in Betracht (BGE 147 IV 9 E. 1.3.1; 146 I 11 E. 4.2; 137 I 218 E. 2.3.5.2; je mit Hinweisen). Der Begriff der schweren Straftat ist im Lichte der Schwere der konkreten Tat und der gesamten sie begleitenden Umstände und nicht nach dem abstrakt angedrohten Strafmass zu prüfen (BGE 147 IV 16 E. 6, 9 E. 1.4.2 mit Hinweisen). Je schwerer die zu beurteilende Straftat ist, umso eher überwiegt das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung das private Interesse der beschuldigten Person an der Unverwertbarkeit des fraglichen Beweises (BGE 147 IV 9 E. 1.3.1; Urteil 6B_1133/2021 vom 1. Februar 2023 E. 2.3.1, nicht publ. in BGE 149 IV 153; je mit Hinweisen). 
 
2.1.2. Das Erstellen von Aufnahmen im öffentlichen Raum, auf denen Personen oder Autokennzeichen erkennbar sind, stellt ein Bearbeiten von Personendaten im Sinne von Art. 3 lit. a und lit. e des Bundesgesetzes über den Datenschutz vom 19. Juni 1992 (DSG; SR 235.1) dar (BGE 138 II 346 E. 6.5). Art. 4 Abs. 4 DSG bestimmt, dass die Beschaffung von Personendaten und insbesondere der Zweck ihrer Bearbeitung für die betroffene Person erkennbar sein muss. Die Anforderungen, die erfüllt sein müssen, damit von einer erkennbaren Beschaffung gesprochen werden kann, sind nach den Umständen sowie den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit und von Treu und Glauben zu beurteilen (Art. 4 Abs. 2 DSG). Erkennbarkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 4 DSG bedeutet, dass eine betroffene Person aus den konkreten Umständen heraus mit einer Datenbeschaffung und dem Zweck der Datenbearbeitung rechnen musste oder, dass sie entsprechend informiert bzw. aufgeklärt wird. Je einschneidender die Datenbearbeitung in Bezug auf die Persönlichkeitsrechte ist, desto höhere Anforderungen sind an die Transparenz zu stellen (MAURER-LAMBROU/STEINER, in: Basler Kommentar, Datenschutzgesetz, Öffentlichkeitsgesetz, 3. Aufl. 2014, N. 16b f. zu Art. 4 DSG).  
Ist das Erstellen von Videoaufnahmen nicht ohne Weiteres erkennbar, ist die Datenbearbeitung als heimlich im Sinne von Art. 4 Abs. 4 DSG zu qualifizieren. Die Missachtung dieses Grundsatzes stellt eine Persönlichkeitsverletzung dar (Art. 12 Abs. 2 lit. a DSG). Diese ist gemäss Art. 13 Abs. 1 DSG widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist. Rechtfertigungsgründe beim Verstoss gegen einen Grundsatz von Art. 4 DSG dürfen nur mit grosser Zurückhaltung bejaht werden. Hierzu sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, zu denen der Umfang der bearbeiteten Daten, der systematische und unbestimmte Charakter der Bearbeitung und der Personenkreis, der auf die Daten zugreifen kann, gehören (BGE 147 IV 16 E. 2.3; 138 II 346 E. 7.2 und E. 8 mit Hinweis). 
Wird die Rechtswidrigkeit durch einen Rechtfertigungsgrund aufgehoben, ist der Beweis uneingeschränkt verwertbar. Ist der Beweis als rechtswidrig erlangt zu qualifizieren, sind in einem zweiten Schritt die Voraussetzungen für die Verwertbarkeit von Art. 141 Abs. 2 StPO zu prüfen (BGE 147 IV 16 E. 2, 5 und 6). Ob eine persönlichkeitsverletzende Datenbearbeitung durch überwiegende private Interessen gerechtfertigt ist, ist durch Abwägung der privaten Interessen an der Datenbearbeitung und dem Datenschutzinteresse der betroffenen Person zu ermitteln. Bezüglich der strafprozessualen Verwertbarkeit eines Beweismittels sind hingegen der Strafanspruch des Staates und der Anspruch der beschuldigten Person auf ein faires Verfahren in erster Linie entscheidend; die Interessen des privaten Datenbearbeiters treten dabei zurück (BGE 146 IV 226 E. 3 mit Hinweisen). Von Privaten rechtmässig erlangte Beweismittel sind ohne Einschränkungen verwertbar (BGE 147 IV 16 E. 1.2; zum Ganzen: Urteile 6B_902/2019 vom 8. Januar 2020 E. 1.2; 6B_1133/2021 vom 1. Februar 2023 E. 2.3.2, nicht publ. in BGE 149 IV 153; je mit Hinweisen). 
 
2.1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (vgl. dazu BGE 148 IV 356 E. 2.1; 137 I 58 E. 4.1.2) ist, oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die Sachverhaltsfeststellung eindeutig und augenfällig unzutreffend ist und der angefochtene Entscheid auf einer schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 143 IV 241 E. 2.3.1 mit Hinweisen). Erforderlich ist, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 141 IV 305 E. 1.2). Das Bundesgericht prüft die Rüge der offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur, soweit sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet worden ist. Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt es nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1; je mit Hinweisen).  
 
2.2.  
 
2.2.1. Der Anklage liegt ein 38-sekündiges, zusammengeschnittenes Video zugrunde, das die Kantonspolizei auf einem sozialen Netzwerk als Story unter dem Profilpseudonym des Beschwerdegegners 1 vorfand. Es zeigt ein zunächst stehendes Fahrzeug der Marke "C.________". Ab Sekunde 14 startet eine Aufnahme des davonfahrenden Fahrzeugs und ab Sekunde 23 ist der Tachometer zu sehen, wobei das Fahrzeug von zunächst 52 auf 56 km/h und danach bis auf 198 km/h beschleunigt. Vor der Beschleunigung ist eine Stimme hörbar mit den Worten: "isch guet", worauf eine andere Stimme mit "jo" antwortet.  
 
2.2.2. Die Vorinstanz erwägt, entgegen dessen Einwand sei das Erstellen des Videos mit der Raserfahrt für den Fahrer, den Beschwerdegegner 2, erkennbar gewesen. Die Aufnahme sei daher nicht heimlich erfolgt. Wäre das Video vom Fussraum aus aufgenommen worden, wie die Beschwerdegegner 1 und 2 behaupteten, wären der Tachometer bzw. das Armaturenbrett, ein Teil der Mittelkonsole sowie der Strasse nicht sichtbar gewesen. Ausserdem handle es sich um ein Video im Querformat, sodass der Beschwerdegegner 2 das Filmen habe bemerken müssen. Daran ändere nichts, dass er sich primär auf die Beschleunigung des Fahrzeugs konzentriert habe, zumal die Aufzeichnung bereits einige Sekunden davor begonnen habe. Der Beschwerdegegner 2 habe zudem um die Begeisterung des Beschwerdegegners 1 für Sportautos gewusst. Mit Bezug auf das Erstellen des Videos sei zumindest von seinem konkludenten Einverständnis auszugehen.  
Anders verhalte es sich hinsichtlich des Zwecks der Datenbearbeitung, hier der Veröffentlichung des Videos auf einem sozialen Netzwerk. Es sei nichts aktenkundig, was auf eine Erkennbarkeit dieses Verhaltens für den Beschwerdegegner 2 und damit auf sein Einverständnis schliessen lasse. Im Unterschied zu den von der Beschwerdeführerin angeführten Beispielen, etwa Fotos anlässlich einer Feier, handle es sich hier um einen strafrechtlich relevanten Geschwindigkeitsexzess. Daher dürfe aus dem Einverständnis zur Aufnahme nicht leichthin auf ein Einverständnis auch zur Veröffentlichung geschlossen werden. Über die Erkennbarkeit der Veröffentlichung der Standbilder sowie der ersten Videosequenz lasse sich zwar diskutieren. Hingegen müsse kein vernünftig denkender Erwachsener nach Treu und Glauben mit der Veröffentlichung einer strafbaren Handlung rechnen, zumal, wenn im Ergebnis auf den Urheber dieser Handlung geschlossen werden könne. Die Veröffentlichung des eine Raserfahrt dokumentierenden Videos durch den Beschwerdegegner 1 sei somit ohne Einwilligung des Beschwerdegegners 2 erfolgt und damit als rechtswidrig erlangtes Beweismittel zu qualifizieren. Ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse sei nicht ersichtlich. Die Veröffentlichung des Videos sei daher rechtswidrig im Sinne des Datenschutzgesetzes. 
 
2.2.3. Abschliessend prüft die Vorinstanz in Anwendung von Art. 141 Abs. 2 StPO, ob der rechtswidrig erlangte Beweis dennoch verwertbar ist, was sie verneint. Mit Bezug auf das Erfordernis der rechtmässigen Erlangbarkeit des Videos durch die Strafverfolgungsbehörden erwägt sie, hierzu komme einzig eine Nachfahrmessung durch die Polizei in Frage. Eine solche wäre hier jedoch nicht möglich gewesen. Es habe keine konkreten Verdachtsmomente hinsichtlich einer Straftat gegeben, aufgrund deren der Beschwerdegegner 1 die Aufzeichnung erstellt habe. Dies wäre auch dann nicht der Fall gewesen, wenn die Polizei zufällig vor Ort gewesen wäre. Sie hätte keinen Anlass für eine Videoaufzeichnung gehabt, da der Raserfahrt keine Regelverstösse vorangegangen seien. Die hypothetisch rechtmässige Erlangbarkeit des Videobeweises durch die Polizei sei daher zu verneinen. Aufgrund der kurzen Dauer der Geschwindigkeitsüberschreitung wäre ein Videobeweis auch nicht möglich gewesen. Die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h habe insgesamt nur rund 13 Sekunden gedauert.  
Wenngleich eine Interessenabwägung bei dieser Sachlage unterbleiben könne, falle auch diese zugunsten der Unverwertbarkeit des Beweises aus. Obwohl abstrakt ein Verbrechen zur Diskussion stehe, liege unter den konkreten Umständen keine schwere Straftat vor. Auf dem Video sei ersichtlich, dass die Beschleunigungsfahrt auf einer geraden, übersichtlichen Strecke und ausserhalb von bewohntem Gebiet stattgefunden habe. Auch die auf halber Strecke der Beschleunigungsfahrt beidseits einbiegenden Wege seien gut einzusehen. Gegenverkehr sei auf dem Video nicht festzustellen. Zudem hätten trockene Verhältnisse geherrscht und die Geschwindigkeitsüberschreitung, insbesondere oberhalb des Schwellenwerts von Art. 90 Abs. 4 SVG, sei nur sehr kurz gewesen. Schliesslich stehe dem öffentlichen Interesse eine Persönlichkeitsverletzung von erheblicher Schwere gegenüber, sodass sich die Annahme der Verwertbarkeit des Videos nicht rechtfertige. 
 
2.3. Die Beschwerde ist begründet.  
Dabei kann offen bleiben, ob auch mit Bezug auf die Veröffentlichung des Raservideos auf dem sozialen Netzwerk von einer stillschweigenden Einwilligung des Beschwerdegegners 2 oder von einer rechtswidrigen Datenbeschaffung auszugehen ist. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend rügt, handelt es sich bei der Straftat der qualifiziert groben Verletzung der Verkehrsregeln gemäss Art. 90 Abs. 3 und 4 SVG, um ein Verbrechen (Art. 10 Abs. 2 StGB; angefochtenes Urteil S. 13), wobei die Bestimmung ausschliesslich Freiheitsstrafe mit einem Strafrahmen von einem bis vier Jahren androht. Im Lichte der Schwere der vorliegend konkreten Tat und der gesamten sie begleitenden Umstände ist nach der Rechtsprechung die Voraussetzung für die Annahme einer schweren Straftat im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO erfüllt (vgl. BGE 146 I 11 E. 4.2; 137 I 218 E. 2.3.5.2; Urteile 6B_1404/2019 vom 17. August 2020 E. 1.4; 6B_902/2019 vom 8. Januar 2020 E. 1.4.1). Dies gilt umso mehr, als die geltende Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h massiv überschritten wurde, zumal das Fahrzeug mit maximal 198 km/h unterwegs war. An der Schwere der Straftat ändert nichts, dass die Strecke übersichtlich, gerade und frei von Gegenverkehr war. Das öffentliche Interesse an der Aufklärung der Tat überwiegt zudem das private Interesse des Beschwerdegegners 2 bei Weitem. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kommt es mit Bezug auf letzteres nicht darauf an, dass das Video eine Straftat zeigt. Zu beurteilen ist im Rahmen der Interessenabwägung die Schwere der Persönlichkeitsverletzung aufgrund einer - allenfalls - heimlichen Veröffentlichung des mit Zustimmung des Beschwerdegegners 2 aufgezeichneten Videos. Diese Verletzung erscheint marginal. 
Entgegen der Argumentation der Vorinstanz wäre es einer zufällig anwesenden Polizeipatrouille zudem, trotz dessen relativ kurzer Dauer, ohne Weiteres möglich und erlaubt gewesen, das strafrechtlich relevante Fahrmanöver des Beschwerdegegners 2 aufzuzeichnen, zumal dieses im öffentlichen Raum stattfand. Auch eine Messung der Geschwindigkeitsüberschreitung wäre möglich gewesen. Hingegen kommt es nicht darauf an, ob vor dem Filmen ein konkreter Tatverdacht bestand. Entscheidend ist vielmehr, ob die Beschaffung zulässig gewesen wäre, wenn der Tatverdacht bekannt gewesen wäre (Urteil 6B_85/2021 vom 26. November 2021 E. 7.3.2 mit Hinweisen). Die Verwertung privat gesammelter Beweismittel ist auch nicht an die Bedingung geknüpft, dass gegen die observierte Person vorgängig ein Strafverfahren eröffnet oder diese mit dem Tatverdacht konfrontiert wird (Urteil 6B_1241/2016 vom 17. Juli 2017 E. 1.2.2). Im Übrigen kann der Vorinstanz nicht gefolgt werden, wenn sie erwägt, es habe keine konkreten Verdachtsmomente hinsichtlich einer Straftat gegeben, aufgrund deren der Beschwerdegegner 1 die Aufzeichnung erstellt habe. Das Gegenteil ist der Fall. Aus dem Video sowie dem Zweck der Fahrt erhellt klar, dass es den beiden Beschwerdegegnern um die Aufzeichnung einer Raserfahrt ging. Es ist erstellt, dass vor der Beschleunigung eine Stimme hörbar ist mit den Worten: "isch guet", worauf eine andere Stimme mit "jo" antwortet (oben E. 2.2.1). 
Nach dem Gesagten ist das öffentlich zugängliche Beweisvideo zulasten des Beschwerdegegners 2 verwertbar. Mit Bezug auf den Beschwerdegegner 1 stellt sich die Frage nicht, war er es doch selbst, der das Video aufgezeichnet und auf seinem Profil veröffentlicht hat. 
 
3.  
Die Beschwerde ist gutzuheissen und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 BGG). Insoweit ist das Gesuch von A.________ um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. Sein amtlicher Verteidiger ist für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen, da das Gesuch nicht als aussichtslos bezeichnet werden kann (Art. 64 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Sache wird zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Rechtsanwalt Jürg Schlatter wird A.________ als amtlicher Verteidiger beigeordnet und für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- entschädigt. Im Übrigen wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege als gegenstandslos abgeschrieben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Oktober 2023 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt