Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C_602/2023
Urteil vom 9. Oktober 2024
III. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann, Beusch,
Gerichtsschreiber Nabold.
Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Dienststelle Steuern des Kantons Luzern, Buobenmatt 1, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Luzern und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2019,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 21. August 2023 (7W 22 17/7W 22 18).
Sachverhalt:
A.
Die Eheleute B.A.________ und A.A.________ sind seit dem Jahr 2012 im Kanton Luzern wohnhaft. Mit Entscheid vom 23. Juni 2021 sprach die Dienststelle Steuern des Kantons Luzern A.A.________ der eventualvorsätzlich begangenen Steuerhinterziehung für die Steuerjahre 2012 bis 2018 schuldig, da er Einkünfte, die er in dieser Zeit aus der Deutschen Rentenversicherung und dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein bezogen hatte, nicht deklariert hatte. Gleichzeitig setzte die Dienststelle die Nachsteuern auf Fr. 10'789.30 und die Bussen auf Fr. 12'800.- fest. Auf Einsprache hin nahm die Dienstelle geringfügige Korrekturen zugunsten der Steuerpflichtigen vor. Auf die dagegen erhobenen Rechtsmittel traten das Kantonsgericht Luzern und das Bundesgericht (Urteil 2C_896/2021 vom 19. November 2021) nicht ein.
Mit Verfügung vom 27. Januar 2022 und Einspracheentscheid vom 19. Mai 2022 veranlagte die Dienststelle sodann die Steuerpflichtigen für das Steuerjahr 2019 abweichend von ihrer Deklaration mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 82'800.- (satzbestimmend: Fr. 94'000.-) für die Staats- und Gemeindesteuern bzw. von Fr. 81'400.- (satzbestimmend: Fr. 92'500.-) für die direkte Bundessteuer sowie mit einem steuerbaren Vermögen von Fr. 3'916'000.- (satzbestimmend: Fr. 3'688'000.-).
B.
Die von B.A.________ und A.A.________ hiergegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit Urteil vom 21. August 2023 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.A.________, es seien unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsurteils die steuerbaren Einkommen für das Steuerjahr 2019 neu zu berechnen, wobei die vom Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein ausgerichtete "Leibrente" nur zu 40 % angerechnet werden dürfe.
Die Dienstelle Steuern des Kantons Luzern und die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen die Abweisung der Beschwerde.
In seinen weiteren Eingaben hält A.A.________ an seinem Antrag fest.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG ) eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG ). Der Beschwerdeführer ist als Steuerpflichtiger gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert.
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG ).
2.
2.1. Streitig ist die Steuerveranlagung des Jahres 2019 für die Staats-, Gemeinde- und direkten Bundessteuern. Mit Blick auf die Vorbringen des Beschwerdeführers ist zu prüfen, ob das Kantonsgericht Bundesrecht oder das Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland (Abkommen vom 11. August 1971 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen [DBA CH-DE; SR 0.672.913.62]) verletzte, als es in Bestätigung der Entscheide der Dienststelle Steuern die dem Beschwerdeführer vom Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein ausbezahlte Rente nicht als Leibrente im Sinne von Art. 22 Abs. 3 DBG und Art. 7 Abs. 2 StHG qualifizierte, sondern sie als im vollen Betrag steuerbar erachtete.
Nicht zum Streitgegenstand gehört demgegenüber die Frage, ob die Dienststelle Steuern in einem vorangegangenen Verfahren die dem Beschwerdeführer auferlegte Busse bundesrechtskonform bemessen hat; insofern ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
2.2. Die Vorinstanz behandelte die direkte Bundessteuer und die Staats- und Gemeindesteuern in einem einzigen Urteil, was zulässig ist, soweit die betroffenen Rechtsfragen im Bundesrecht und harmonisierten kantonalen Recht gleich geregelt sind. Auch das Bundesgericht behandelt die aufgeworfenen Fragen in einem Urteil, da sie auf demselben Sachverhalt beruhen und sich dieselben Rechtsfragen stellen (vgl. zum Ganzen BGE 142 II 293 E. 1.2; Urteil 2C_480/2016 vom 12. Januar 2017 E. 1.1, in: StE 2017 B 27.5 Nr. 21).
3.
3.1. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, es verstosse gegen das DBA CH-DE, wenn eine Rente (vollumfänglich) steuerbar sei, für welche die Beiträge aus zu 100 % versteuerten Einkommen geleistet worden seien.
3.2. Vorab ist festzuhalten, dass das DBA CH-DE das Besteuerungsrecht für Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, unter dem Vorbehalt von Art. 19 DBA CH-DE dem Ansässigkeitsstaat zuweist (Art. 18 DBA CH-DE). Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen für eine frühere selbständige Erwerbstätigkeit können gestützt auf Art. 21 DBA CH-DE ebenfalls im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Vorliegend ist im Grundsatz unbestritten, dass der Beschwerdeführer seine steuerliche Ansässigkeit in der Schweiz hatte (Wohnsitznahme in der Schweiz) und die Rentenzahlungen aus Deutschland in der Schweiz besteuert werden dürfen. Entsprechend sind die diesbezüglichen schweizerischen Rechtsvorschriften anwendbar.
3.3. Gemäss Art. 22 Abs. 1 DBG (SR 642.11) und § 29 Abs. 1 des Steuergesetzes des Kantons Luzern vom 22. November 1999 (StG LU; SRL 620; vgl. auch Art. 7 Abs. 1 StHG [SR 642.14]) sind steuerbar alle Einkünfte aus der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge, mit Einschluss der Kapitalabfindungen und Rückzahlungen von Einlagen, Prämien und Beiträgen. Als Einkünfte aus der beruflichen Vorsorge gelten nach Art. 22 Abs. 2 DBG insbesondere Leistungen aus Vorsorgekassen, aus Spar- und Gruppenversicherungen sowie aus Freizügigkeitspolicen. Leibrenten sowie Einkünfte aus Verpfründung sind in Anwendung von Art. 22 Abs. 3 DBG und § 29 Abs. 3 StG LU (vgl. auch Art. 7 Abs. 2 StHG) zu 40 % steuerbar.
3.4. Die Frage, ob eine von einer ausländischen Versicherung ausbezahlte Rente gemäss Art. 22 Abs. 1 DBG vollumfänglich, oder in Anwendung von Art. 22 Abs. 3 DBG nur zu 40 Prozent steuerbar ist, hängt somit wesentlich davon ab, ob diese Leistung aus Sicht der schweizerischen Gesetzgebung als Renten der 1. oder 2. Säule der Alters- Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge zu betrachten ist (was zu einer Anwendung von Art. 22 Abs. 1 DBG, d.h. voller Besteuerung führt), oder sie als (andere) Leibrente im Sinne von Art. 22 Abs. 3 DBG zu qualifizieren ist, und damit nur zu 40 % steuerbar ist (BGE 150 II 202 E. 4.2). Dabei ist zu beachten, dass aus der Qualifikation einer Rente als "Leibrente" nach ausländischem Recht für die vorliegend streitigen Belange nichts abgeleitet werden kann.
4.
4.1. Das Kantonsgericht hat in umfassender Würdigung der Satzungen des Versorgungswerks der Zahnärztekammer Nordrhein, welches die vorliegend streitbetroffenen Renten ausrichtete, erwogen, die dem Beschwerdeführer ausgerichteten Leistungen seien steuerrechtlich als solche der 1. bzw. der 2. Säule der Alters- Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge zu qualifizieren. Damit ist es zum gleichen Ergebnis gekommen, wie unlängst das Bundesgericht bezüglich ähnlicher Leistungen der Bayerischen Ärzteversorgung (vgl. BGE 150 II 202 E. 4.3.2.4).
4.2. Der Beschwerdeführer bestreitet die vorinstanzlichen Erwägungen nicht, sondern macht im Wesentlichen geltend, es verstosse gegen das DBA CH-DE, wenn eine Rente (vollumfänglich) steuerbar sei, für welche die Beiträge aus zu 100 % versteuerten Einkommen geleistet worden seien.
4.2.1. Ob der Beschwerdeführer - mit Blick darauf, dass es vorliegend nicht um Anwendung ausländischen Rechts aufgrund diesbezüglichen Verweises im DBA CH-DE geht und davon abgesehen ausländisches Recht ausserhalb des Anwendungsbereichs von Art. 96 BGG vom Bundesgericht nicht von Amtes wegen zu ermitteln ist (vgl. JOHANNA DORMANN, BSK BGG 3. Aufl. 2018, N 9 zu Art. 106 BGG) - rechtsgenüglich nachgewiesen hat, dass die damals geleisteten Beiträge nach deutschem Recht nicht von den Steuern bzw. vom steuerbaren Einkommen hätten abgezogen werden können, erscheint zweifelhaft, braucht indessen nicht abschliessend geprüft zu werden. So oder anders ist keine Verletzung des DBA CH-DE ersichtlich. Dieses Abkommen verbietet nicht jede Besteuerung, welche wirtschaftlich betrachtet als Doppelbesteuerung aufgefasst werden könnte, sondern regelt nur die spezifisch im Abkommen erwähnten Sachverhalte. Wie einleitend dargelegt (E. 3.2 hiervor) werden die hier strittigen Einkünfte in der vorliegend gegebenen Konstellation der Schweiz zur Besteuerung zugewiesen. Darüber hinaus ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass dem DBA CH-DE Regelungen zu entnehmen wären, aus welchen sich eine abweichende Sonderbehandlung für die vorliegend streitbetroffenen Renten entnehmen liesse. Zudem ist auch keiner der Tatbestände von Art. 24 DBA CH-DE erfüllt, welcher Artikel besondere Regelungen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung enthält. Eine Diskriminierung im Sinne von Art. 25 DBA CH-DE liegt bereits deshalb nicht vor, weil die schweizerische Regelung in keiner Weise an die Staatsangehörigkeit anknüpft (vgl. Urteil 9C_685/2023 vom 23. April 2024 E. 2.5.2.6). Das vorinstanzliche Urteil verletzt demnach das DBA CH-DE nicht. Die Beschwerde ist - zumal eine Verletzung des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA, SR 0.142.112.681) weder gerügt noch offensichtlich gegeben ist - abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.
5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 9. Oktober 2024
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Parrino
Der Gerichtsschreiber: Nabold