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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_354/2022  
 
 
Urteil vom 10. Juli 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Müller, Merz, 
Gerichtsschreiber Mösching. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Manfred Dähler, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen, Abteilung Administrativmassnahmen, Frongartenstrasse 5, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Führerausweisentzug (Warnungsentzug/Probezeitverlängerung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen, Abteilung III, vom 25. April 2022 (B 2021/245, B 2021/246). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen entzog A.________, geb. 12. März 2001, mit Verfügung vom 1. September 2017 den Führerausweis für die Spezialkategorie M für einen Monat und verweigerte ihm den Lernfahrausweis der Kategorie A1 für die Dauer von sechs Monaten, nachdem er ein Kleinmotorrad gelenkt hatte, ohne im Besitz des Führerausweises der Kategorie A1 zu sein. Im Informationssystem über die Verkehrszulassung (IVZ) wurde dieser Vorfall als mittelschwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften erfasst. Seit dem 29. April 2019 besitzt A.________ den Führerausweis der Kategorie B und seit dem 21. Mai 2019 jenen der Kategorie A. Am 11. Juli 2020 überschritt er mit seinem Fahrzeug in Rankwell/Vorarlberg die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h innerorts um 57 km/h (nach Abzug der Messtoleranz). Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch verurteilte ihn deswegen mit Strafverfügung vom 21. August 2020 zu einer Geldstrafe von EUR 555 und belegte ihn mit Bescheid vom 12. Oktober 2020 mit einem zweiwöchigen Lenkverbot in Österreich.  
 
A.b. Gestützt auf die Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch eröffnete das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt gegen A.________ ein Administrativmassnahmeverfahren wegen der Geschwindigkeitsübertretung vom 11. Juli 2020. Mit Verfügung vom 4. Februar 2021 entzog das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt den Führerausweis wegen schwerer Widerhandlung gegen Strassenverkehrsvorschriften für die Dauer von fünf Monaten (Ziffer 1) und verlängerte die Probezeit des Führerausweises um ein Jahr (Ziffer 2). Gegen diese Verfügung erhob A.________ Rekurs bei der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, welche mit Entscheid vom 28. Oktober 2021 die Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung (Entzug des Führerausweises auf Probe für fünf Monate) aufhob, soweit sie nicht gegenstandslos geworden war. Der Führerausweis auf Probe wurde A.________ wegen schwerer Widerhandlung (im Ausland begangene krasse Geschwindigkeitsüberschreitung) für zwei Wochen entzogen. Die Probezeitverlängerung (Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung) blieb unverändert.  
 
B.  
Gegen diesen Entscheid erhob A.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen und beantragte, den angefochtenen Entscheid wie folgt abzuändern: Der Führerausweis auf Probe sei ihm wegen mittelschwerer Widerhandlung (Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausland) für zwei Wochen zu entziehen. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt reichte ebenfalls Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein und beantragte, es sei ein Führerausweisentzug von mindestens fünf Monaten anzuordnen. Mit Urteil vom 25. April 2022 vereinigte das Verwaltungsgericht die beiden Beschwerden und wies die Beschwerde von A.________ ab. Die Beschwerde des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts hiess es hingegen gut, hob den angefochtenen Entscheid auf, soweit dieser den Entzug des Führerausweises auf Probe für zwei Wochen vorsah, und wies die Angelegenheit zur Festlegung der Dauer des Führerausweisentzugs an die Vorinstanz zurück. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 13. Juni 2022 gelangt A.________ an das Bundesgericht und beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts St. Gallen vom 25. April 2022 sei aufzuheben und es sei ihm der Führerausweis wegen mittelschwerer Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften (Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausland) für die Dauer von 14 Tagen zu entziehen. 
Das Verwaltungsgericht und das Bundesamt für Strassen ASTRA beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt reicht keine Stellungnahme ein. 
 
D.  
Mit verfahrensleitender Verfügung vom 4. Juli 2022 erteilte der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 146 II 276 E. 1). 
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über einen Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht nach Art. 82 ff. BGG offen. Ein Ausnahmegrund (vgl. Art. 83 BGG) liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als betroffener Ausweisinhaber zur Beschwerde berechtigt (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG). Näher zu prüfen ist, ob es sich beim angefochtenen Urteil um einen anfechtbaren Entscheid im Sinne von Art. 90 ff. BGG handelt.  
 
1.2. Gemäss Art. 90 und 91 BGG ist die Beschwerde gegen End- und Teilentscheide zulässig. Gegen Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde nur nach den Voraussetzungen der Art. 92 und 93 BGG zulässig. Rechtsprechungsgemäss sind Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden können (BGE 143 III 290 E. 1.4; 140 V 282 E. 2; 138 I 143 E. 1.2; 133 V 477 E. 4.2). Anders verhält es sich, wenn der unteren Instanz, an welche zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt und die Rückweisung nur noch der (rechnerischen) Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (BGE 144 III 253 E. 1.4; 142 II 20 E. 1.2; 138 I 143 E. 1.2). Rechtsmittelentscheide, mit denen ein kantonal letztinstanzliches Gericht über einen Zwischenentscheid einer unteren Instanz befindet, werden in der Regel ebenfalls als Zwischenentscheide qualifiziert. Mit einem solchen Entscheid wird nicht über ein Rechtsverhältnis endgültig entschieden, sondern nur über einen einzelnen Schritt auf dem Weg zum Endentscheid (BGE 142 III 653 E. 1.1; 139 V 604 E. 2.1; 139 V 339 E. 3.2; Urteil 1C_288/2020 vom 28. April 2021 E. 1.4). Anders verhält es sich lediglich dann, wenn durch den Entscheid der letzten kantonalen Instanz ein Zwischenentscheid der ersten Instanz umgestossen und das Verfahren vor dieser dadurch abgeschlossen wird (BGE 139 V 604 E. 2.1; 139 V 339 E. 3.2; Urteil 1C_288/2020 vom 28. April 2021 E. 1.4). Die dargestellte Rechtsprechung entspricht dem gesetzgeberischen Willen, wonach die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG das Bundesgericht entlasten sollen; dieses soll sich möglichst nur einmal mit einer Sache befassen (BGE 142 II 363 E. 1.3 mit Hinweisen).  
 
1.3. Die Verwaltungsrekurskommission als untere Instanz hat vorliegend bloss noch über die Dauer des Ausweisentzuges zu befinden, die Grundsatzfragen selbst sind durch die obere Instanz entschieden worden (Schwere der Verkehrsregelverletzung, keine Berücksichtigung des ausländischen Entzugs als Obergrenze der Dauer). Auch wenn die Dauer eines Ausweisentzugs nicht unwesentlich ist, so steht doch die rechnerische Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten im Vordergrund. Das Verwaltungsgericht hat ausdrücklich festgehalten, welche Aspekte bei der Festlegung der Dauer des Führerausweisentzugs zu berücksichtigen sein werden (vgl. E. 4.5 des angefochtenen Urteils). Es liegt folglich ein Endentscheid vor.  
 
1.4. Selbst wenn man von einem Zwischenentscheid ausgehen würde, wären die Eintretensvoraussetzungen insoweit erfüllt:  
Nach Art. 93 Abs. 1 BGG ist gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide die Beschwerde zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder unter der doppelten Voraussetzung, dass die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). 
Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, würde bei Gutheissung der Beschwerde sofort ein Endentscheid herbeigeführt und dadurch ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten erspart werden. Die Behörden müssten kein Beweisverfahren mit Auslandsbezug durchführen, welche sich regelmässig als aufwändig präsentieren. Es sind somit auch die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt. 
 
1.5. Auf die im Übrigen frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde (vgl. Art. 42 und 100 Abs. 1 BGG) ist dementsprechend einzutreten.  
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Dieses wendet das Bundesgericht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG); die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht) prüft es dagegen nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und genügend begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen). 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 und Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Gemäss Art. 16c bis Abs. 1 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 (SVG; SR 741.01) wird nach einer Widerhandlung im Ausland der Führerausweis entzogen, wenn im Ausland ein Fahrverbot verfügt wurde und die Widerhandlung nach den Art. 16b und 16c SVG als mittelschwer oder schwer zu beurteilen ist. Art. 16c bis SVG bildet die formelle Rechtsgrundlage für den Entzug des Führerausweises durch eine schweizerische Verwaltungsbehörde wegen eines im Ausland begangenen Verkehrsdelikts. Die Bestimmung wurde vom Gesetzgeber im Anschluss an BGE 133 II 331 erlassen, wonach es bis dahin keine ausreichende gesetzliche Grundlage für entsprechende Führerausweisentzüge gegeben hatte. Sie trat am 1. September 2008 in Kraft (BGE 148 II 511 E. 2.1).  
 
3.2. Bei der Festsetzung der Dauer des Ausweisentzugs sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, namentlich die Gefährdung der Verkehrssicherheit, das Verschulden, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu lenken (Art. 16 Abs. 3 Satz 1 SVG), wobei die Mindestentzugsdauer nicht unterschritten werden darf (Art. 16 Abs. 3 Satz 2 SVG). Die konkret verfügte Entzugsdauer soll geeignet sein, die mit der Massnahme beabsichtigte erzieherische und präventive Wirkung am besten zu erzielen (BGE 128 II 173 E. 4b). Bei im Ausland begangenen Widerhandlungen gilt zusätzlich die spezielle Bestimmung von Art. 16c bis Abs. 2 SVG. Danach sind die Auswirkungen des ausländischen Fahrverbots zu beachten, wobei die Mindestentzugsdauer in Abweichung von der Grundregel von Art. 16 Abs. 3 Satz 2 SVG unterschritten werden darf. Hingegen darf die Entzugsdauer bei Personen, zu denen im IVZ (vgl. Art. 89c lit. d SVG) keine Daten zu Administrativmassnahmen enthalten sind, die am Begehungsort im Ausland verfügte Dauer des Fahrverbotes nicht überschreiten. In einem solchen Fall darf die schweizerische Behörde mithin keine strengere Wertung vornehmen als die ausländische, selbst wenn nach hiesigen Massstäben ein längeres Fahrverbot gerechtfertigt erschiene (vgl. BGE 141 II 256 E. 2.4).  
 
3.3. Das Bundesgericht hat kürzlich in BGE 148 II 511 E. 4.4 f. festgehalten, dass ein Eintrag im IVZ genügt, damit die ausländische Entzugsdauer überschritten werden darf. Der Eintrag muss nicht kaskadenrelevant i.S.v. Art. 16a Abs. 2, Art. 16b Abs. 2 lit. b-f und Art. 16c lit. b-e SVG sein. Nur tatsächliche Ersttäter im Strassenverkehr können von der Regelung profitieren, dass die im Ausland verfügte Dauer eines Führerausweisentzugs von den Schweizer Behörden nicht überschritten werden darf.  
 
3.4. Insgesamt sind bei der Festlegung der Entzugsdauer grundsätzlich die für Inlandtaten geltenden Vorschriften anzuwenden, sofern sich aus Art. 16c bis SVG nichts anderes ergibt (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 1C_392/2013 vom 23. Januar 2014 E. 2.2). Die schon vollstreckte ausländische Massnahme ist anzurechnen, wobei der schweizerische Entzug und die ausländische Massnahme zusammen nicht strenger erscheinen dürfen als ein Entzug bei einer in der Schweiz begangenen Anlasstat (vgl. BGE 129 II 168 E. 6.2 und 6.3).  
 
4.  
 
4.1. Im vorliegenden Verfahren ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer am 11. Juli 2020 innerorts in Österreich die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h um 57 km/h (nach Abzug der Messtoleranz) überschritt, woraufhin ihn die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch mit einer Strafverfügung verurteilte und mit einem zweiwöchigen Lenkverbot belegte. Die Vorinstanz ging davon aus, dass der Beschwerdeführer eine schwere Widerhandlung nach Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG im Ausland begangen habe, weshalb die Voraussetzungen von Art. 16c bis Abs. 1 SVG für einen Führerausweisentzug in der Schweiz erfüllt seien.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer stimmt darin überein, dass ihm der Führerausweis aufgrund der massiven Geschwindigkeitsübertretung in Österreich auch in der Schweiz zu entziehen sei. Er ist jedoch der Ansicht, es sei ihm bloss eine mittelschwere Widerhandlung nach Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG vorzuwerfen. Die Qualifikation als Raserdelikt nach Art. 16c Abs. 2 lit. a bis i.V.m. Art. 90 Abs. 4 SVG sei falsch.  
 
4.2.1. Das Gesetz unterscheidet zwischen der leichten, mittelschweren und schweren Widerhandlung (Art. 16a-c SVG). Gemäss Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG begeht eine mittelschwere Widerhandlung, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Eine schwere Widerhandlung begeht gemäss Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Die mittelschwere Widerhandlung gemäss Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG stellt einen Auffangtatbestand dar. Sie liegt vor, wenn nicht alle privilegierenden Elemente einer leichten Widerhandlung nach Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG und nicht alle qualifizierenden Elemente einer schweren Widerhandlung nach Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG gegeben sind (BGE 135 II 138 E. 2.2.2 mit Hinweis; Urteil 1C_78/2022 vom 15. Dezember 2022 E. 4.1.1).  
 
4.2.2. Die Annahme einer schweren Widerhandlung setzt kumulativ eine qualifizierte objektive Gefährdung und ein qualifiziertes Verschulden voraus. In objektiver Hinsicht wird verlangt, dass die Verkehrssicherheit ernsthaft gefährdet wurde. Dabei genügt nach der Rechtsprechung eine erhöhte abstrakte Gefährdung, die vorliegt, wenn in Anbetracht der jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalls der Eintritt einer konkreten Gefährdung oder gar einer Verletzung nahe liegt. Subjektiv erfordert der Tatbestand der groben Verkehrsregelverletzung ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend verkehrswidriges Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden, bei fahrlässiger Begehung grobe Fahrlässigkeit (BGE 131 IV 133 E. 3.2; Urteile 1C_156/2020 vom 15. April 2021 E. 4.1; 1C_26/2016 vom 16. November 2016 E. 2.3).  
 
4.2.3. Aus Gründen der Rechtsgleichheit hat das Bundesgericht für die Beurteilung von Geschwindigkeitsüberschreitungen präzise Regeln aufgestellt. Unabhängig von den konkreten Umständen liegt ein objektiv schwerer Fall unter anderem dann vor, wenn die Geschwindigkeitsüberschreitung 25 km/h innerorts, 30 km/h ausserorts oder 35 km/h auf einer Autobahn übersteigt. Dies gilt ungeachtet der konkreten Umstände wie z.B. günstige Verkehrsverhältnisse oder ein tadelloser automobilistischer Leumund (BGE 132 II 234 E. 3).  
Nach der Rechtsprechung ist die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit bei Vorliegen eines objektiv schweren Falles in der Regel mindestens grobfahrlässig. Diese Schematisierung entbindet die Entzugsbehörde allerdings nicht, den Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen. Eine Ausnahme kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Lenker oder die Lenkerin aus nachvollziehbaren Gründen gemeint hat, er oder sie befinde sich noch nicht oder nicht mehr im Innerortsbereich (Urteile 1C_156/2020 vom 15. April 2021 E. 4.2; 1C_210/2020 vom 30. November 2020 E. 2.2; 1C_454/2018 vom 21. Dezember 2018 E. 3.3). 
 
4.3. Angesichts der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 57 km/h, welche nicht bestritten ist, liegt objektiv ein schwerer Fall vor, ungeachtet davon, ob sich der Beschwerdeführer auf einer Strasse innerorts oder ausserorts befand. Grobfahrlässigkeit ist somit grundsätzlich erstellt (vgl. BGE 148 II 511 E. 3.1). Fraglich kann nur noch sein, ob konkrete Umstände bestehen, welche diese Vermutung im vorliegenden Einzelfall zu widerlegen vermögen. Dazu reicht es jedoch nicht aus, wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die Polizei vor Ort habe keine besonders gefährlichen Verhältnisse und besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern feststellen können. Beides ist für das Bestehen einer schweren Widerhandlung nicht notwendig und ihr Fehlen deshalb ohne Einfluss auf die Qualifikation. Wie bereits die Vorinstanz festgehalten hat, ist eine erhöhte abstrakte Gefährdung zur Erfüllung des Tatbestandes ausreichend (vorne E. 3.2.2).  
 
5.  
Der Beschwerdeführer beanstandet weiter eine Verletzung von Art. 16c bis Abs. 2 Satz 3 SVG. In seinem Fall bestehe eine Bindung an das ausländische Fahrverbot von 14 Tagen.  
 
5.1. Er unterlegt sein Anliegen mit dem Argument, bei ihm gehe es um eine (Sonder-) Massnahme zum Führerausweis auf Probe und nicht um eine Massnahme betreffend einen definitiven Führerausweis. Die diesbezüglichen Sonderregeln von Art. 15a SVG seien auch für die Beurteilung einer Auslandtat nach Art. 16c bis SVG massgeblich.  
Zunächst sei festzuhalten, dass Art. 16c bis SVG nicht auf den Führerausweis auf Probe nach Art. 15a SVG Bezug nehme. Es stelle sich deshalb ohnehin die Frage, ob Administrativmassnahmen für Inhaber des Führerausweises auf Probe nach einer Auslandtat überhaupt eine genügend klare Regelung im Gesetz fänden oder ob diese nur Inhaber eines definitiven Führerausweises treffen dürften. So oder anders dürften für Inlandtaten des Inhabers eines Führerausweises auf Probe, welche den Entzug des Führerausweises zur Folge hätten, nur Taten während der Probezeit einbezogen werden. Dies dürfe bei der Anwendung von Art. 16c bis Abs. 2 Satz 3 SVG nicht anders sein. Soweit die Vorinstanz Eintragungen im IVZ berücksichtige, welche vor der Probezeit datierten, sei dies bundesrechtswidrig. Dementsprechend sei es auch bundesrechtswidrig, wenn die Vorinstanz davon ausgehe, die Entzugsdauer nach einer Auslandtat müsse nicht auf die ausländische Fahrverbotsdauer beschränkt bleiben.  
 
5.2. Diese rechtliche Begründung hat der Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren nicht vorgebracht. Er beschränkte sich darauf, im Rekurs vor der Verwaltungsrekurskommission vom 4. März 2021 festzuhalten (S. 17), das Kaskadensystem gelange bei der Bemessung der Entzugsdauer nicht zur Anwendung.  
Eine neue rechtliche Begründung ist vor Bundesgericht im Rahmen des Streitgegenstandes zulässig, infolge der Sachverhaltsbindung jedoch grundsätzlich nur, wenn sie sich auf einen im angefochtenen Urteil festgestellten oder auf Grund der Akten durch das Bundesgericht ergänzbaren Sachverhalt stützt (BGE 136 V 362 E. 4.1; HANSJÖRG SEILER, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2. Aufl. 2015, N. 32 zu Art. 99 BGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weshalb zu prüfen ist, ob Art. 16c bis Abs. 2 Satz 3 SVG tatsächlich die vom Beschwerdeführer beigemessene Bedeutung zukommt.  
 
5.3. Ein Erlass ist in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen, d.h. nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck, der Entstehungsgeschichte sowie der gesetzlichen Systematik. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Vom klaren, eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf allerdings nur abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Norm wiedergibt (BGE 148 II 511 E. 4.1; 143 IV 122 E. 3.2.2; 142 I 135 E. 1.1.1; je mit Hinweisen).  
 
5.4. Vorab stellt Art. 16c bis SVG auch für einen Entzug des Führerausweises auf Probe eine ausreichende gesetzliche Grundlage dar. Wie sämtliche andere Bestimmungen betreffend den Entzug der Ausweise (Art. 16 ff. SVG), verwendet auch Art. 16c bis SVG die Umschreibung "Lern- oder Führerausweis". Es ist unstrittig, dass die Art. 16 ff. SVG auch Geltung für den Führerausweis auf Probe beanspruchen, ohne dass dies einer ausdrücklichen Erwähnung bedürfte. Schliesslich wird gemäss Art. 15a Abs. 1 SVG der Führerausweis auf Probe erteilt. Ist eine spezielle Behandlung des Führerausweises auf Probe beabsichtigt, wird dies vom Gesetzgeber auch so deklariert.  
 
5.5. Eine solche spezifische Regelung für den Führerausweis auf Probe ergibt sich aus dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten BGE 143 II 699 E. 3.5.6, wonach Art. 15a SVG eine eigene, spezifische Ordnung des Entzugs des Führerausweises auf Probe geschaffen hat, indem bei einem (erneuten) Entzug nur auf die in der zweiten Probezeit begangenen Widerhandlungen abgestellt werden soll. Gleich anschliessend wird in E. 3.5.7 aber auch festgehalten, dass es sich hinsichtlich der Frage der Entzugsdauer anders verhalte und Art. 15a SVG nur eine teilweise spezifische Regelung enthalte. Sie gehe zwar der Kaskadenfolge von Art. 16c Abs. 2 lit. b-e SVG vor, nicht aber den übrigen Bestimmungen von Art. 16 ff. SVG.  
Zur Anwendung von Art. 16c bis Abs. 2 Satz 3 SVG ist aber gerade nicht massgebend, ob die im IVZ enthaltenen Administrativmassnahmen kaskadenrelevant sind oder nicht. Aus der spezifischen Regelung von Art. 15a SVG betreffend den Führerausweis auf Probe kann der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten.  
 
5.6. Wie bereits ausgeführt (vorne E. 2.3), ist beim Fehlen einer kaskadenrelevanten Widerhandlung gegenüber den betroffenen Wiederholungstätern ein Entzug ausserhalb des Kaskadensystems ohne die Bevorteilung gemäss Art. 16c bis Abs. 2 Satz 3 SVG auszusprechen, namentlich je nach Schwere des Falles von Art. 16a Abs. 3 oder 4 SVG, Art. 16b Abs. 2 lit. a SVG oder Art. 16c Abs. 2 lit. a oder allenfalls a bis SVG. Nur schon mit Blick auf in der Schweiz erfolgte vergleichbare Verkehrsregelverstösse rechtfertigt es sich aus Gründen der Rechtsgleichheit, die bevorzugte Behandlung auf eigentliche Ersttäter zu beschränken.  
Um einen solchen handelt es sich beim Beschwerdeführer jedoch nicht, auch wenn er während der Probezeit bis anhin keine Widerhandlungen begangen hat. Aufgrund seines Eintrags einer mittelschweren Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften im IVZ wegen Fahrens ohne Bewilligung mit einem Fahrzeug der Kategorie A1 ist der Beschwerdeführer ein vorbelasteter Wiederholungstäter. Folglich ist die Behörde bei der Festlegung der Entzugsdauer nicht an die am Begehungsort im Ausland verfügte Dauer des Fahrverbots gemäss Art. 16c bis Abs. 2 Satz 3 SVG gebunden und darf den Führerausweis für länger als zwei Wochen entziehen. Bei der Festlegung der Entzugsdauer wird sich die Verwaltungsrekurskommission an die im vorinstanzlichen Urteil in E. 4.5 genannten Vorgaben zu halten haben.  
 
6.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung III, und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Juli 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Mösching