Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_669/2024
Urteil vom 10. Oktober 2024
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Bundesrichter Bovey, Bundesrichterin De Rossa,
Gerichtsschreiber Möckli.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Bern, Weltpoststrasse 5, 3015 Bern,
B.________,
Betroffener.
Gegenstand
Beistandschaft,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, vom 26. August 2024 (KES 24 119; KES 24 120).
Sachverhalt:
A.
Der Betroffene leidet an einer paranoiden Schizophrenie und musste in der Vergangenheit immer wieder im Rahmen fürsorgerischer Unterbringungen stationär behandelt werden. Für ihn besteht eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung, wobei die Schwester (Beschwerdeführerin) als Beiständin eingesetzt ist.
B.
Mit Entscheid vom 18. November 2022 entliess die KESB Bern die Beschwerdeführerin aus dem Amt und ernannte eine Berufsbeiständin. Auf Beschwerde hin hob das Obergericht des Kantons Bern diesen Entscheid am 5. Juli 2023 auf, weil er in Einzel- statt in Kollegialbesetzung ergangen war, und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die KESB zurück.
Mit (Kollegial-) Entscheid vom 22. Dezember 2023 entliess die KESB die Beschwerdeführerin (erneut) aus dem Amt und ernannte die bereits im früheren Entscheid bezeichnete Berufsbeiständin.
Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 26. August 2024 ab.
C.
Mit Beschwerde vom 27. September 2024 verlangt die Beschwerdeführerin, dass in Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides sie als Beiständin zu belassen und für den Betroffenen eine Zweitbegutachtung anzuordnen sei; eventualiter verlangt sie sinngemäss die Rückweisung an das Obergericht zur neuen Entscheidung. Ferner stellt sie ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend Absetzung einer Beiständin; die Beschwerde in Zivilsachen steht offen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG ).
2.
Der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann nur eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, für welche das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG ), was bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt (BGE 142 III 364 E. 2.4; 149 III 81 E. 1.3).
In rechtlicher Hinsicht hat die Beschwerde eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (BGE 140 III 115 E. 2; 142 III 364 E. 2.4).
3.
Das Obergericht hat festgehalten und erwogen, dass der Betroffene anlässlich der Anhörungen vor der KESB am 30. Juni 2022 und am 14. November 2023 ausdrücklich geäussert habe, er wolle seine Schwester nicht als Beiständin. Diese habe gesundheitliche Probleme, welche ihr seit zwei Jahren verunmöglichten, entsprechend den mehrmaligen Aufforderungen eine saubere und vollständige Rechnung einzureichen. Im Verlauf der Mandatsführung sei klar geworden, dass sie sich primär auf Fragen rund um die medizinische Behandlung des Betroffenen konzentriere und fälschlicherweise davon ausgehe, als Beiständin gegen dessen Willen über die medizinisch-psychiatrische Behandlung entscheiden zu können. Dieser sei behördlich angewiesen worden, sich regelmässig in der UPD behandeln zu lassen, was er gewissenhaft befolge. Gemäss den Aussagen der behandelnden Psychiaterin seien die Interventionen der Beschwerdeführerin negativ. Sie sei der Meinung, die Behandlung sei nicht gut und sie wisse es besser. Sie stelle ihre Hoffnung, der Betroffene werde mit Medikamenten einfacher im Umgang, in den Vordergrund und beharre entgegen dem ausdrücklichen Wunsch des Betroffenen sowie den deutlichen Empfehlungen der medizinischen Fachpersonen immer wieder auf Medikation und externer Unterbringung. Sie lehne die UPD ab und verweigere eine Kooperation. Sie erscheine insgesamt als Beiständin nicht geeignet. Was sodann ihr Begehren um Zweitbegutachtung des Betroffenen anbelange, so erhoffe sie sich, dass daraus die Notwendigkeit einer Zwangsbehandlung mit Medikamenten resultiere. Gemäss dem Gutachten der UPD habe jedoch auch unter Medikation kaum eine Besserung der Symptomatik erreicht werden können. Ausserdem könnte eine Zwangsbehandlung nur im Rahmen einer fürsorgerischen Unterbringung erfolgen, welche zur Zeit mangels Selbst- und Fremdgefährdung nicht zur Debatte stehe. Der Betroffene habe zur behandelnden Psychiaterin der UPD einen guten Draht und diese würde auch reagieren, wenn sie die Erforderlichkeit einer stationären Unterbringung feststellen sollte. Vor diesem Hintergrund bestehe kein Anlass, an der Arbeit der medizinischen Fachpersonen zu zweifeln und eine Zweitbegutachtung zu veranlassen.
4.
Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer Beschwerde einleitend vor, der Betroffene habe vom 1. bis 9. September 2024 in der UPD fürsorgerisch untergebracht werden müssen; immer wenn gegen sie entschieden werde, unternehme er Hilferufe und bringe sich wie auch die Mutter in Gefahr, indem er Papiere und Gegenstände in Brand stecke, so dass die Polizei und die Amtsärztin hätten kommen müssen. Die stets von neuem erforderlichen Unterbringungen würden zeigen, dass er eine wirksame Behandlung benötige und eine Zweitbegutachtung nötig sei.
Bei diesem Vorbringen handelt es sich, nachdem der angefochtene Entscheid bereits am 26. August 2024 ergangen ist, um ein echtes Novum, welches im bundesgerichtlichen Verfahren von vornherein ausgeschlossen ist (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 120 E. 3.1.2; 148 V 174 E. 2.2). Ohnehin liesse sich nicht erklären, wieso ein Entscheid, welcher nicht im Sinn der Beschwerdeführerin ergangen ist, der Grund für das Verhalten des Betroffenen sein soll, wenn er sich mehrmals explizit dagegen ausgesprochen hat, dass sie seine Beiständin sei.
5.
Die weiteren Vorbringen betreffen in erster Linie den verbindlich festgestellten Sachverhalt, ohne dass diesbezüglich Willkürrügen erhoben würden; vielmehr beschränkt sich die Beschwerdeführerin durchgehend auf appellatorische Schilderungen aus ihrer Sicht (es gehe ihr einzig darum, dem Betroffenen zu helfen; die KESB und die UPD würden die Zusammenarbeit erschweren, so dass sie nicht anders könne, als emotional zu reagieren; der Betroffene könne sich angesichts seiner Diagnose nicht selbst helfen, so sehr er es auch möchte; der Fokus müsste sein, diesem zu helfen statt sie als querulatorische Schwester anzusehen; es gehe nicht an, dass man wegen der Nebenwirkungen entgegen dem Wunsch der Familie einfach die Medikation abgestellt habe, denn es sei dem Betroffenen mit Medikamenten nicht nur ein bisschen, sondern viel besser gegangen und er habe eine viel bessere Lebensqualität gehabt; man unterstelle ihr, die Rechnungsführung nicht gemacht zu haben, was so einfach nicht stimme; überall würden ihr Steine in den Weg gelegt, während sie rund um die Uhr für den Betroffenen da sei und viel Zeit und Energie investiere). Sodann gehen die Ausführungen teils auch überhaupt am Anfechtungsgegenstand vorbei oder stellen blosse Polemik dar (die UPD und die KESB würden unter einer Decke stecken und sie habe bislang naiv geglaubt, dass alle Fachpersonen aufrechte Menschen seien und nur helfen möchten, aber jetzt wisse sie, was ein Vitamin B-Kontakt sei; ob denn der Betroffene kein Mensch, sondern einfach nur eine Nummer sei; ob denn das Materielle wichtiger sei als die Seele des Betroffenen; die UPD und die KESB würden sie dämonisieren und wollten sie weg haben; man wolle sie nicht als Schweizerin betrachten, obwohl sie hier seit Jahren eingebürgert sei und keinen Kontakt mehr zu Somalia habe; das Pflegepersonal schikaniere den Betroffenen).
6.
In rechtlicher Hinsicht wird moniert, dass vor Obergericht keine mündliche Verhandlung stattgefunden habe und der Wille des Betroffenen nicht von einer neutralen Person abgeklärt worden sei. Indes wurden sowohl die Beschwerdeführerin als auch der Betroffene von der KESB angehört und es wird beschwerdeweise nicht aufgezeigt, dass auch vor Obergericht eine mündliche Anhörung verlangt worden wäre.
Ferner wird vorgebracht, angesichts der wiederholt nötigen fürsorgerischen Unterbringungen sei eine Zweitbegutachtung des Betroffenen nötig. Dies ist indes keine genügende Auseinandersetzung mit den ausführlichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid, wieso eine weitere Begutachtung nicht angezeigt ist.
7.
Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist.
8.
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der KESB Bern, dem Betroffenen, dessen Beiständin und dem Obergericht des Kantons Bern, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, mitgeteilt.
Lausanne, 10. Oktober 2024
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Herrmann
Der Gerichtsschreiber: Möckli