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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_150/2024  
 
 
Urteil vom 10. Oktober 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Alessandra Biondi, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 13. Dezember 2023 (VV.2023.22/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1977 geborene A.________ war bei der B.________ GmbH, als Pizzaiolo angestellt und dadurch bei der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG (fortan: Allianz) gegen die Folgen von Unfällen obligatorisch versichert, als er am 17. Juli 2020 einen Verkehrsunfall erlitt. Dabei fuhr ein anderer Personenwagen von hinten in das Heck des von A.________ gelenkten Personenwagens, als dieser bei einem Abbiegemanöver wegen eines Fahrradfahrers anhalten musste. Unmittelbar danach klagte der Versicherte über Nacken- und Kopfschmerzen, im weiteren Verlauf auch über Schulterschmerzen rechts. Die Allianz erbrachte die gesetzlichen Leistungen in Form von Taggeldern und Übernahme der Heilkosten. Mit Mitteilung vom 18. März 2021 informierte sie den Versicherten über den Fallabschluss und die Leistungseinstellung per 1. März 2021, da zwischen dem Unfall vom 17. Juli 2020 und den geltend gemachten Schulterbeschwerden kein natürlicher Kausalzusammenhang bestehe. Dies bekräftigte sie mit Verfügung vom 30. September 2021. Mit Einspracheentscheid vom 28. Dezember 2022 erkannte sie, bei richtiger Betrachtung hätte nicht eine Leistungsablehnung, sondern eine Leistungseinstellung erfolgen sollen, und zwar (bereits) per 30. November 2020. Auf eine Rückforderung von über diesen Zeitraum hinaus erbrachten Leistungen verzichtete sie. Den von A.________ gestellten Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung im Verwaltungsverfahren wies sie ab. 
 
B.  
Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies die von A.________ gegen die Leistungseinstellung und die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 13. Dezember 2023 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, es sei der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2023 aufzuheben und die Allianz zu verpflichten, ihm über den 30. November 2020 hinaus die gesetzlichen Leistungen auszurichten und ihm die unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Einspracheverfahren zu gewähren. Eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen (insb. Anordnung eines versicherungssexternen Gutachtens) an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung im bundesgerichtlichen Verfahren. 
Die Vorinstanz und die Allianz schliessen auf Abweisung der Beschwerde. A.________ hält daraufhin an seinen Anträgen fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1 mit Hinweisen). 
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Leistungseinstellung per 30. November 2020 vor Bundesrecht stand hält.  
 
2.2. Das kantonale Gericht hat die einschlägigen Bestimmungen und die Rechtsprechung über den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 4 ATSG) erforderlichen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang (BGE 142 V 435 E. 1; 129 V 177 E. 3.1 f.) sowie dessen Wegfall (Erreichen des Status quo sine vel ante; SVR 2011 UV Nr. 4 S. 12, 8C_901/2009 E. 3.2; Urteil 8C_269/2016 vom 10. August 2016 E. 2.4; RKUV 1994 Nr. U 206 S. 326, U 180/93 E. 3b mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Ausführungen zum Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a), insbesondere was die Angaben versicherungsinterner Ärzte anbelangt (BGE 145 V 97 E. 8.5; 142 V 58 E. 5.1; je mit Hinweisen), sowie hinsichtlich des massgeblichen Beweisgrads der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E. 6). Darauf wird verwiesen.  
 
2.3. Hervorzuheben ist, dass beratende Ärzte, was den Beweiswert ihrer ärztlichen Beurteilung angeht, versicherungsinternen Ärzten gleichzusetzen sind (vgl. Urteil 8C_434/2023 vom 10. April 2024 E. 4.3 mit Hinweis). Deren Berichten und Gutachten wird nach der Rechtsprechung Beweiswert zugemessen, sofern sie als schlüssig erscheinen, nachvollziehbar begründet sowie in sich widerspruchsfrei sind und keine Indizien gegen ihre Zuverlässigkeit bestehen (BGE 125 V 351 E. 3b/ee mit Hinweis). Trotz dieser grundsätzlichen Beweiseignung kommt den Berichten versicherungsinterner medizinischer Fachpersonen praxisgemäss nicht dieselbe Beweiskraft zu wie einem gerichtlichen oder im Verfahren nach Art. 44 ATSG vom Versicherungsträger veranlassten Gutachten unabhängiger Sachverständiger. Soll ein Versicherungsfall ohne Einholung eines externen Gutachtens entschieden werden, so sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen, so sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 139 V 225 E. 5.2; 135 V 465 E. 4.4; Urteil 8C_348/2016 vom 9. Dezember 2016 E. 2.4).  
 
3.  
Die Vorinstanz hat der Aktenbeurteilung des die Allianz beratenden Arztes Dr. med. C.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Beweiskraft zuerkannt. Gestützt darauf stellte sie zunächst fest, die auf den Unfall vom 17. Juli 2020 zurückzuführenden Folgen der Halswirbelsäulen (HWS) -Distorsion seien nach drei Monaten abgeheilt gewesen, was der Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt habe. Fraglich sei einzig, ob die geklagten Schulterbeschwerden rechts im Sinne eines natürlichen Kausalzusammenhangs auf das Unfallereignis zurückzuführen seien. Dabei ist das kantonale Gericht nach Würdigung der medizinischen Akten zur Überzeugung gelangt, dass der Unfall vom 17. Juli 2020 keine auch nur geringe Teilursache der beim Beschwerdeführer diagnostizierten Schulterverletzung (Reizzustand der Bursa subacromialis und niedriggradige Partialruptur der Supraspinatussehne) darstelle, weshalb eine Leistungspflicht der Allianz nach Art. 6 Abs. 1 UVG wie auch nach Art. 6 Abs. 2 UVG entfalle. 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt unvollständig und unrichtig festgestellt. So fehle die Feststellung, dass das andere Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h von hinten in sein stehendes Fahrzeug gefahren sei. Aktenwidrig sei die Feststellung, wonach er nicht auf den Unfall vorbereitet gewesen sei. Vielmehr sei er - im letzten Augenblick - auf die Kollision gefasst gewesen. Er habe deshalb das Lenkrad reflexartig festgehalten. Entsprechend werde auch im Bericht des behandelnden Arztes Dr. med. D.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, erwähnt, dass er die Hände ausgestreckt am Steuerrad gehabt habe. Weiter bringt der Beschwerdeführer vor, er habe das Lenkrad mit seinen Händen - rechts stärker als mit links - umfasst, wodurch eine Zugbelastung auf die Schulter gewirkt habe. Unrichtig sei weiter die Feststellung der Vorinstanz, wonach die Schulterschmerzen erst rund sechs Wochen nach dem Unfallereignis aufgetreten seien. Tatsächlich klage er seit dem Unfall über Schmerzen an der rechten Schulter, wie sich aus den Berichten der behandelnden Ärzten ergebe.  
 
4.2. Die Vorinstanz traf keine Feststellungen zur Kollisionsgeschwindigkeit. Es ist aber unbestritten, dass der Beschwerdeführer vor dem Abbiegen wegen eines Fahrradfahrers anhalten musste. Die Lenkerin des nachfolgenden Personenwagens bemerkte dies zu spät und fuhr ins Heck des vom Beschwerdeführer gelenkten Personenwagens. Aus den Akten, insbesondere aus dem Polizeirapport, ergibt sich nicht, mit welcher Geschwindigkeit das hintere Fahrzeug im Zeitpunkt der Kollision unterwegs war. Fest steht, dass an der Unfallstelle eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h galt. Da die Unfallverursacherin das Abbremsen des Beschwerdeführers nicht bemerkte, ist davon auszugehen, dass sie ungebremst in dessen Heck fuhr. Allerdings musste sie offenbar zuvor noch einem Fahrradfahrer ausweichen, der seinerseits zwei andere Fahrradfahrer überholte. Insofern ist anzunehmen, dass sie nicht mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit mit dem Personenwagen des Beschwerdeführers kollidierte. Die genaue Kollisionsgeschwindigkeit kann aber, auch mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens, offen bleiben.  
 
4.3. In Bezug auf die Handstellung im Zeitpunkt des Unfalls stellte die Vorinstanz fest, der Beschwerdeführer habe das Lenkrad ganz normal mit beiden Händen festgehalten. Sie erachtete die von ihm im Rahmen der Befragung durch die Stadtpolizei (vgl. Rapport vom 29. Juli 2020) und die gegenüber Dr. med. D.________ am 3. Februar 2021 gemachten Angaben als glaubhafter als die später anwaltlich vorgebrachte Behauptung, er habe das Lenkrad mit der rechten Hand fester gehalten.  
Wie die Vorinstanz zutreffend feststellte, gab der Beschwerdeführer weder im Rahmen der Sprechstunde bei Dr. med. D.________ noch anlässlich der Befragung durch die Polizei eine spezielle Handstellung im Unfallzeitpunkt an. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz den späteren Schilderungen des Beschwerdeführers geringeren Beweiswert zuerkannt hat (vgl. zur Beweismaxime der "Aussagen der ersten Stunde" BGE 143 V 168 E. 5.2.2; 121 V 45 E. 2a; SVR 2024 UV Nr. 24 S. 96, 8C_548/2023 E. 5.1). Mit dem kantonalen Gericht ist deshalb davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer das Lenkrad im Unfallzeitpunkt "ganz normal mit beiden Händen" gleichmässig festhielt, auch wenn er - wie er im Frageblatt Verkehrsunfall am 1. September 2020 angab - im letzten Augenblick mit der Kollision gerechnet haben mag. 
 
5.  
 
5.1. In seiner ersten Stellungnahme vom 9. März 2021 hielt Dr. med. C.________ fest, der Beschwerdeführer habe nach dem Unfall bis Anfang Januar 2021 stets als Pizzaiolo gearbeitet. Schulterschmerzen seien erstmals im Januar 2021 aktenkundig. Eine MRT (Magnetresonanztomographie) sei erst mehr als fünf Monate nach dem Unfall durchgeführt worden. Die Untersuchung habe bis auf sehr diskrete Veränderungen im AC-Gelenk einzig einen Reizzustand der Bursa subacromialis und eine niedriggradige Partialruptur der Supraspinatussehne ergeben. Dabei handle es sich um keine Unfallfolgen. Eine Verletzung der rechten Schulter im Rahmen des Ereignisses vom 17. Juli 2020 sei unwahrscheinlich.  
 
5.2. Am 10. September 2021 nahm Dr. med. C.________ erneut Stellung zur Unfallkausalität der Schulterbeschwerden. Er hielt zunächst fest, es sei - entgegen der Behauptung der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers - nicht davon auszugehen, dass letzterer das Lenkrad im Zeitpunkt mit rechts fester gehalten habe als mit links. Erstmals habe er sich im Februar 2021 zur Handstellung geäussert und angegeben, er habe die Hände ausgestreckt am Lenkrad gehabt. Aus dieser ungenauen Darstellung könne jedenfalls keine wesentlich andere Stellung der rechten Hand im Vergleich zur linken Hand abgeleitet werden. Wenig glaubhaft sei sodann die neue anamnestische Angabe der Orthopädie Ost, wonach die Schmerzen im Schultergürtelbereich sofort nach dem Ereignis aufgetreten seien. Dafür fehle in den zeitnah erstellten Akten jeglicher Hinweis. Erst rund sieben Monate nach dem Unfall seien solche Beschwerden in einer Anamnese erwähnt worden. Der Versicherte selber habe Schulterbeschwerden erstmals am 1. September 2020, also rund sechs Wochen nach dem Ereignis vom 17. Juli 2020, in einem Fragebogen zu Handen der Allianz erwähnt. Die anlässlich der Notfallkonsultation am Tag nach dem Unfall diagnostizierte HWS-Distorsion sei konservativ mit Physiotherapie behandelt worden. Weiter hielt Dr. med. C.________ fest, es sei eine gewagte Behauptung der Rechtsvertreterin, dass zu einer HWS-Distorsion auch Schulter- und Nackenbeschwerden zählten. Weiter sei der anlässlich der MR-Arthrographie festgestellte Reizzustand der Bursa subacromialis per se unspezifisch und für einen 44-jährigen, rechtsdominanten handwerklich tätigen Mann nicht ungewöhnlich. Da vorliegend eine plötzliche, passive Bewegung auf das muskulär fixierte Gelenk mit überfallartiger Zugbelastung der Sehnen der Rotatorenmanschette nicht stattgefunden habe, könne auch die niedriggradige Partialruptur der Supraspinatussehne nicht als Unfallfolge betrachtet werden. Die beim Versicherten vorhandenen strukturellen Schulterveränderungen seien höchstens möglicherweise Folge des Unfalles vom 17. Juli 2020.  
 
5.3. Der Beschwerdeführer rügt eine unrichtige Beweiswürdigung der Vorinstanz. Er macht geltend, diese habe zu Unrecht den Berichten der behandelnden Ärzten den Beweiswert abgesprochen und allein auf die Beurteilung der beratenden Arztes der Allianz abgestellt. Das kantonale Gericht habe überhöhte Anforderungen an das Vorliegen von "geringen Zweifeln" gesetzt.  
 
5.3.1. Seitens der behandelnden Arztpersonen bejahte zunächst die Hausärztin Dr. med. E.________ die Unfallkausalität der anlässlich der MRT-Abklärung vom 8. Januar 2021 festgestellten strukturellen Veränderungen an der rechten Schulter. In ihrem Arztzeugnis UVG vom 3. März 2021 begründete sie dies nicht näher.  
 
5.3.2. Am 23. April 2021 äusserte sich auch der Hausarzt Dr. med. F.________ zur Unfallkausalität. Er hielt fest, die Beschwerden des Versicherten seien Folge des Unfalls. Zuvor habe er keinerlei Schulterbeschwerden gehabt. In der MRT seien Verletzungen beschrieben worden, die bei einem Unfallereignis entstehen könnten.  
 
5.3.3. Am 14. Mai 2021 berichtete Dr. med. G.________, Oberarzt Manuelle Medizin, Klinik H.________ über die Konsultation vom 5. Mai 2021. Er diagnostizierte eine posttraumatische, muskuloskelettale Omalgie mit Skapuladyskinesie und Zervikobrachialgie nach Auffahrunfall mit Heckkollision vom 17. Juli 2020. In seiner Anamnese hielt er fest, es bestünden seit dem Unfall Schulterschmerzen rechts mit Ausstrahlung in den rechten Arm. Es bestehe eine deutliche myofasziale Schmerzkomponente. Dr. med. G.________ nahm im Weiteren zu mehreren Fragen der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers Stellung. Er gab an, die Argumentation des Dr. med. C.________ hinsichtlich des fehlenden Hinweises auf unfallbedingte Verletzungen in der MRT und der daraus gezogene Schluss der fehlenden Unfallkausalität seien aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht falsch. Aus einer fehlenden Darstellbarkeit der Pathologie in der MRT könne nicht geschlossen werden, es habe keine Verletzung stattgefunden. So könnten etwa in der MRT nicht erkennbare Triggerpunkte massive Schmerzen verursachen. Die Krafteinwirkung durch die Heckkollision mit Übertragung der Kraft vom Fahrersitz über den Arm ans Lenkrad (und das aktive Anspannen/Entgegenhalten der Muskulatur dabei) seien eine plausible Erklärung für Schulterverletzungen (Überlastung der Muskulatur, dabei Formierung von aktiven Triggerpunkten). Auch die zeitliche Koinzidenz zwischen Unfall und Schmerzbeginn sei ein klarer Hinweis für einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Schulterschmerzen. Die Frage, ob medizinisch erklärt werden könne, weshalb die Beschwerden erst "mit Verlauf der Zeit" heftiger geworden seien, bejahte er. Er begründete dies wie folgt: Wenn die Muskulatur mit aktiven Triggerpunkten durchsetzt sei und der Arm weiter belastet werde (der Beschwerdeführer habe initial zu 100 % weiter als Pizzaiolo gearbeitet), ohne dass die Triggerpunkte behandelt würden, so formierten sich mehr Triggerpunkte. Dadurch würden die Schmerzen weiter zunehmen.  
Am 30. Mai 2022 gab Dr. med. G.________ an, es fänden sich klinisch myofasziale Triggerpunkte als erklärende Schmerzursache. Initial hätten Hinweise für eine radikuläre Schmerzkomponente bestanden, was sich im weiteren Verlauf aber nicht bestätigt habe. 
 
5.3.4. Schliesslich nahm Dr. med. I.________, Assistenzarzt Manuelle Medizin, Klinik H.________, zu Handen der Rechtsvertreterin zur Unfallkausalität der Schulterbeschwerden Stellung (vgl. Bericht vom 7. Februar 2023). Er hielt fest, die Supraspinatussehnenläsion sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Trauma vom 17. Juli 2020 zurückzuführen. Der Beschwerdeführer habe bei der Heckkollision die rechte Hand am Lenkrad gehabt. Es sei zu einer erheblichen Beschleunigung mit Krafteinwirkung auf die Schulter bei fixierter Hand gekommen. Der Genesungsverlauf gestalte sich gut. Die Arbeitsunfähigkeit könne schrittweise reduziert werden.  
 
6.  
 
6.1. Es fällt auf, dass der beratende Arzt bei seiner Kausalitätsbeurteilung lediglich die strukturellen Veränderungen der rechten Schulter im Auge hatte. Die behandelnden Ärzte führten die Schulterbeschwerden aber nicht - jedenfalls nicht allein - auf diese Veränderungen zurück. Dr. med. D.________ diagnostizierte eine posttraumatische Zervikobrachialgie mit mässigem subacromialem Impingement bei Bursitis subacromial rechts und erheblichen muskulären Verspannungen bei St. n. Auffahrunfall am 17. Juli 2020. Er verordnete Physiotherapie aufgrund einer Zervikobrachialgie nach Schleudertrauma. Die Schulterspezialisten der Klinik H.________ diagnostizierten eine posttraumatische muskuloskelettale Omalgie mit Skapuladyskinesie und Zervikobrachialgie nach Auffahrunfall. Dr. med. G.________ übernahm diese Diagnose in der Folge und führte die Schulterbeschwerden des Versicherten auf myofasziale Triggerpunkte zurück. Diese wiederum seien Folge der Krafteinwirkung durch die Heckkollision am 17. Juli 2020, wo es zur Überlastung der Muskulatur und zur Formierung von aktiven Triggerpunkten gekommen sei. Dr. med. G.________ wies dabei auch darauf hin, dass es aufgrund der zunächst während Monaten weiterhin ausgeübten Tätigkeit als Pizzaiolo zu einer Verstärkung der Schmerzen gekommen sei.  
 
6.2. Die Zervikobrachialgie resp. das Zervikobrachialsyndrom bezeichnet Schmerzen im Bereich des Halses, des Schultergürtels und der Arme (Brachialgie), evtl. mit sensiblen und motorischen Ausfällen, vegetativ-trophischen Störungen infolge Distorsion der Halswirbelsäule, Bandscheibenschaden etc. mit Irritation oder Kompression von Wurzeln zervikaler Spinalnerven. Die Ursache kann degenerativer (Bandscheibendegeneration) oder traumatischer Natur sein (z.B. nach HWS-Distorsion; Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 269. Aufl. 2023, S. 1922). Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Ausführungen des Dr. med. G.________ leuchtet nicht ein, warum sich gemäss Dr. med. C.________ (vgl. Beurteilung vom 10. September 2021) jegliche Diskussion über einen Zusammenhang zwischen der HWS-Distorsion und den Schulterschmerzen erübrigen soll. Vielmehr wäre der beratende Arzt gehalten gewesen, sich mit der Frage der Unfallkausalität der fachärztlich diagnostizierten Zervikobrachialgie resp. der muskuloskelettalen Omalgie auseinanderzusetzen. Wohl trifft zu, dass im Bericht der erstbehandelnden Ärztin und im gleichentags ausgefüllten Dokumentationsbogen für Erstkonsultation nach kranio-zervikalem Beschleunigungstrauma keine Schulterbeschwerden erwähnt werden. Immerhin ist aber von einem Nackenhartspann die Rede. Der Beschwerdeführer selber gab in einem Fragebogen am 1. September 2020 an, sich am Tag nach dem Unfall wegen Nackenschmerzen in ärztliche Behandlung begeben zu haben und aktuell unter Schulterschmerzen rechts und Kopfschmerzen zu leiden. Trotz dieser Schmerzen arbeitete er nach dem Unfall weiter als Pizzaiolo, bevor ihn seine Hausärztin am 22. Januar 2021 ab 5. Januar 2021 zu 100 % krank schrieb. Gemäss ihrem Arztzeugnis vom 3. März 2021 kam es im Rahmen der Arbeit zu verstärkten Schulterschmerzen rechts. Damit im Einklang steht die Einschätzung des Dr. med. G.________ (vgl. E. 5.3.3 hiervor), wonach es aufgrund der zunächst während Monaten weiterhin ausgeübten Tätigkeit als Pizzaiolo zu einer Verstärkung der Schmerzen infolge vermehrter Formierung von myofaszialen Triggerpunkten gekommen sei. Die Schulterschmerzen standen demnach zu Beginn offenbar nicht im Vordergrund. Sie verschlimmerten sich aber im weiteren Verlauf unter der Belastung der Tätigkeit als Pizzaiolo.  
 
6.3. Nach dem Gesagten bestehen insbesondere aufgrund der Beurteilung des Dr. med. G.________ (zumindest geringe) Zweifel an der Einschätzung des beratenden Arztes. Indem die Vorinstanz dennoch darauf abgestellt und ohne weitere Abklärungen festgehalten hat, die vom Beschwerdeführer geklagten Schulterbeschwerden seien nicht auf den Unfall vom 17. Juli 2020 zurückzuführen, hat sie den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) verletzt (vgl. E. 2.3 hiervor). Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache an die Allianz zurückzuweisen, damit sie im Verfahren nach Art. 44 ATSG eine externe Begutachtung anordne und anschliessend über den Anspruch des Beschwerdeführers neu verfüge. Dabei empfiehlt es sich, vor der Begutachtung beim behandelnden Physiotherapeuten einen Bericht und bei der Hausärztin einen Auszug aus der Krankengeschichte einzuholen, um allenfalls weitere (echtzeitliche) Informationen zum erstmaligen Auftreten der Schulterschmerzen zu erlangen, soweit dies für die Beurteilung der Kausalitätsfrage überhaupt entscheidend sein sollte. Die Beschwerde ist insoweit begründet.  
 
7.  
Streitig ist ferner der Anspruch des Beschwerdeführers auf unentgeltliche Rechtsverbeitständung im Einspracheverfahren. 
 
7.1. Wo die Verhältnisse es erfordern, wird der gesuchstellenden Person im sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsverfahren ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt (Art. 37 Abs. 4 ATSG). Kumulative Voraussetzungen für eine solche unentgeltliche Verbeiständung sind Bedürftigkeit, sachliche Gebotenheit der Vertretung sowie Nichtaussichtslosigkeit der Rechtsbegehren (BGE 132 V 200 E. 4.1). Die Notwendigkeit der anwaltlichen Verbeiständung ist im Verwaltungsverfahren, in welchem der Untersuchungsgrundsatz gilt (Art. 43 ATSG), nur in Ausnahmefällen zu bejahen. Es müssen sich schwierige Fragen rechtlicher oder tatsächlicher Natur stellen. Zu berücksichtigen sind die konkreten Umstände des Einzelfalls, Eigenheiten der anwendbaren Verfahrensvorschriften sowie weitere Besonderheiten des jeweiligen Verfahrens. Neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit des Sachverhalts fallen auch bei der versicherten Person liegende Gründe in Betracht, etwa ihre Fähigkeit, sich im Verfahren zurechtzufinden. Des Weiteren muss eine gehörige Interessenwahrung durch Verbandsvertreter, Fürsorgestellen oder andere Fach- und Vertrauensleute sozialer Institutionen ausser Betracht fallen (BGE 125 V 32 E. 4b; SVR 2017 IV Nr. 57 S. 177, 8C_669/2016 E. 3.3.3). Grundsätzlich geboten ist die Verbeiständung auch, falls ein besonders starker Eingriff in die Rechtsstellung des Bedürftigen droht; andernfalls bloss, wenn zur relativen Schwere des Falls besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller auf sich alleine gestellt nicht gewachsen ist (BGE 130 I 182 E. 2.2 mit Hinweisen; Urteil 9C_786/2019 vom 20. Dezember 2019 E. 5.1).  
 
7.2. Die Vorinstanz hielt im angefochtenen Entscheid in diesem Zusammenhang fest, die Streitfrage betreffe die Frage der Unfallkausalität der geklagten Schulterbeschwerden, die anhand der medizinischen Einschätzungen in den Akten und der Aussagen des Beschwerdeführers zu beurteilen sei. Es handle sich nicht um schwierige und/oder komplexe Sach- und Rechtsfragen. Vielmehr sei von einem einfachen, durchschnittlichen Sachverhalt auszugehen. Insbesondere gehe es nicht um die Würdigung von umfangreichen medizinischen Akten. Eine Unfähigkeit des Beschwerdeführers, sich im Administrativverfahren zurechtzufinden, sei nicht ersichtlich und werde auch nicht substanziiert geltend gemacht. Ungeachtet dessen wäre es ihm auch zumutbar gewesen, sich für das Administrativverfahren mit dem Beizug von Fach- und Vertrauensleuten sozialer Institutionen oder unentgeltlicher Rechtsberatungsstellen zu behelfen. Die Voraussetzung der Erforderlichkeit resp. der sachlichen Gebotenheit der anwaltlichen Vertretung sei vor diesem Hintergrund nicht erfüllt.  
 
7.3. Die Einwände des Versicherten sind nicht geeignet, ein abweichendes Ergebnis zu begründen. Entgegen seiner Auffassung ist die Erforderlichkeit im Einspracheverfahren nicht grundsätzlich gegeben. Ist in einem Verwaltungsverfahren die rechtliche Relevanz ärztlicher Berichte zu beurteilen, sind in der Regel medizinische Kenntnisse und juristischer Sachverstand erforderlich. Über beides verfügt der Beschwerdeführer nicht, wie er einwendet. Trotzdem kann allein deswegen nicht von einer komplexen Fragestellung gesprochen werden, die eine anwaltliche Vertretung gebieten würde, wie die Vorinstanz bereits zutreffend dargelegt hat. Die gegenteilige Auffassung liefe darauf hinaus, dass der Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung in praktisch allen Verwaltungsverfahren bejaht werden müsste, in denen medizinische Unterlagen zur Diskussion stehen. Dies würde der Konzeption von Art. 37 Abs. 4 ATSG als einer Ausnahmeregelung widersprechen, wie das Bundesgericht wiederholt betont hat (Urteil 8C_397/2023 vom 19. Februar 2024 E. 5 mit Hinweisen). Es bedarf mithin weiterer Umstände, welche die Sache als nicht (mehr) einfach und eine anwaltliche Vertretung als notwendig oder sachlich geboten erscheinen lassen (SVR 2018 IV Nr. 32 S. 103, 9C_436/2017 E. 3.5; 2017 IV Nr. 57 S. 177, 8C_669/2016 E. 3.2). Sprachliche Defizite genügen für sich allein nicht (Urteil 8C_650/2011 vom 15. Februar 2012 E. 4.2.2). Weitere Umstände legt der Beschwerdeführer nicht dar. Damit hält die Schlussfolgerung der Vorinstanz, es fehle an der sachlichen Gebotenheit der anwaltlichen Verbeiständung im Einspracheverfahren, vor Bundesrecht stand.  
 
8.  
Die Gerichtskosten sind entsprechend dem Ausmass des Obsiegens und Unterliegens aufzuteilen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der teilweise obsiegende Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Soweit dadurch nicht gegenstandslos geworden, kann seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entsprochen werden (Art. 64 BGG). Er hat der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
Zur Neuverlegung der Parteientschädigung des kantonalen Verfahrens ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 13. Dezember 2023 und der Einspracheentscheid der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG vom 28. Dezember 2022 werden in Bezug auf die Leistungseinstellung aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwältin Alessandra Biondi wird als unentgeltliche Anwältin bestellt. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden zu Fr. 600.- der Beschwerdegegnerin und zu Fr. 200.- dem Beschwerdeführer auferlegt. Der Anteil des Beschwerdeführers wird vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'100.- zu entschädigen. 
 
5.  
Der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 982.60 ausgerichtet. 
 
6.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau zurückgewiesen. 
 
7.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 10. Oktober 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest