Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_582/2022  
 
 
Urteil vom 12. Juli 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Marco Chevalier, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
VAUDOISE ALLGEMEINE 
Versicherungs-Gesellschaft, 
Place de Milan, 1001 Lausanne, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Berufskrankheit; Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 24. August 2022 (VBE.2022.113). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1966, war als Psychologin bei der Klinik B.________, Departement Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, beschäftigt und dadurch bei der Vaudoise Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft AG (nachfolgend: Vaudoise) obligatorisch gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert. Am 17. Februar 2021 meldete die Klinik, dass sich A.________ bei der Arbeit mit dem Covid-19-Virus angesteckt habe. Sie war am 22. Oktober 2020 positiv getestet worden. Mit Verfügung vom 23. März 2021 und Einspracheentscheid vom 16. Februar 2022 lehnte die Vaudoise ihre Leistungspflicht ab mit der Begründung, es sei nicht rechtsgenüglich nachgewiesen, dass sich A.________ am Arbeitsplatz angesteckt habe. 
 
B.  
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 24. August 2022 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils seien ihr die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen, eventuell sei die Sache zu weiteren Abklärungen zurückzuweisen.  
Die Vaudoise und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) bringen in ihren Vernehmlassungen vor, dass es für die Anerkennung der Infektion mit dem Covid-19-Virus als Berufskrankheit einer spezifischen Risikoexposition im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit bedürfe. Während die Vaudoise auf Abweisung der Beschwerde schliesst, sieht das BAG diesbezüglich weiteren Abklärungsbedarf. 
 
D.  
Das vorliegende Urteil ergeht nach öffentlicher Beratung am 12. Juli 2024. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 148 V 366 E. 3.1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie eine Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin für die geltend gemachte Covid-19-Infektion am Arbeitsplatz mit nachfolgender Long-Covid-Erkrankung als Berufskrankheit gemäss Art. 9 Abs. 1 UVG verneinte. Zur Frage steht dabei insbesondere, ob es für die Annahme einer Berufskrankheit der Verwirklichung eines typischen Berufsrisikos bedarf. 
 
3.  
 
3.1. Gemäss Vorinstanz richtete die Klinik B.________ im Frühsommer 2020 eine spezialisierte Covid-Station für die Betreuung von schwerstkranken Patienten ein. Die Beschwerdeführerin sei indessen als Psychologin nicht mit deren Pflege beschäftigt gewesen. Vielmehr hätten sich ihre Kontakte in der Klinik beschränkt auf ihre Arbeitskollegen, dies vorab bei anderthalbstündigen interdisziplinären Rapporten, bei 15- bis 20-minütigen Kurzrapporten sowie anlässlich von 45-minütigen Mittagessen. Eine Isolation der Covid-Patienten auf einer separaten Abteilung sei jedoch aufgrund der Gesamtlage im Oktober 2020 teilweise nicht mehr gewährleistet gewesen. Das Personal, das sich um Patienten mit verdächtigen Symptomen gekümmert habe, unter anderem auch die Vorgesetzte der Beschwerdeführerin, sei zu jener Zeit auch auf der Station der Beschwerdeführerin - in Schutzkleidung - ein- und ausgegangen und habe sich mit dem übrigen Personal, das lediglich eine Maske getragen habe, auf dem Gang gekreuzt. Am 19. Oktober 2020 seien, so das kantonale Gericht weiter, eine leitende Ärztin und mehrere andere Mitarbeiter aus dem Team der Beschwerdeführerin positiv getestet worden. Das kantonale Gericht verneinte eine Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin aus Art. 9 Abs. 1 UVG mit der sich an die Empfehlung der Ad-hoc-Kommission Schaden UVG (Nr. 1/2003 vom 22. Mai 2003 in der revidierten Fassung vom 23. Dezember 2020) anlehnenden Begründung, dass die Beschwerdeführerin keine schadensgeneigte Arbeit verrichtet und sich somit kein typisches Berufsrisiko verwirklicht habe, selbst wenn sie sich am Arbeitsplatz angesteckt haben sollte. Es lägen im Übrigen, so die Vorinstanz, auch keine epidemiologischen Untersuchungsergebnisse vor, aufgrund derer eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Ansteckungen an Arbeitsplätzen wie dem der Beschwerdeführerin als ausgewiesen gelten könnte.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin erneuert ihren Standpunkt, dass die gesetzliche Regelung eine Haftung aus Berufskrankheit nicht ausschliesse, nur weil die betreffenden Klinikmitarbeiter nicht direkt in die Intensivpflege von Erkrankten involviert seien. Zwar übe sie keinen Pflegeberuf aus, jedoch habe eine räumliche Trennung zur Covid-Station im Oktober 2020 nicht mehr gewährleistet werden können. Zudem sei es, gerade auch wegen der Überlastung der Covid-Station, zu zahlreichen Infektionsfällen in ihrem beruflichen Umfeld, das heisst bei Arbeitskollegen, gekommen. Ihre Vorgesetzte, welche einen Tag vor ihr positiv getestet worden sei, habe sich parallel um die direkte Pflege von Covid-Patienten gekümmert. Demgegenüber habe sie, die Beschwerdeführerin, im privaten Umfeld die Schutz- und Hygienemassnahmen strikt eingehalten, sei sogar weit über die behördlichen Empfehlungen hinausgegangen. Ihr Ehemann habe im Home-Office gearbeitet und sei damals negativ getestet worden. Weitere private Kontakte habe sie vermieden. In der Empfehlung der Ad-hoc-Kommission Schaden UVG werde die Bestimmung von Art. 9 UVG zu einschränkend ausgelegt.  
 
3.3. Das BAG vertritt die Auffassung, es sei beim Spitalpersonal zu differenzieren, ob direkter Kontakt mit infizierten Personen bestanden habe oder ob es sich um eine Tätigkeit in einem nicht spezifisch exponierten Bereich, etwa in der Administration, beziehungsweise um zudienende Tätigkeiten (z.B. in der Küche oder Reinigung) handle. Es bedürfe für eine Leistungspflicht des Unfallversicherers aus Berufskrankheit einer besonderen Risikoexposition im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit.  
 
4.  
 
4.1. Als Berufskrankheiten gelten nach Art. 9 Abs. 1 UVG Krankheiten (Art. 3 ATSG), die bei der beruflichen Tätigkeit ausschliesslich oder vorwiegend durch schädigende Stoffe oder bestimmte Arbeiten verursacht worden sind, wobei der Bundesrat die Liste dieser Stoffe und Arbeiten sowie der arbeitsbedingten Erkrankungen erstellen soll. Diese Liste findet sich in Anhang 1 zur UVV. Während in dessen Ziff. 1 die schädigenden Stoffe aufgeführt werden, enthält Ziff. 2 neben den durch physikalische Einwirkungen verursachten Erkrankungen (lit. a) eine Doppelliste mit einer abschliessenden Aufzählung von Krankheiten und der Arbeiten, die als Ursache für die jeweils aufgeführten Krankheiten zugelassen sind (lit. b).  
Auf der Doppelliste aufgezählt werden insbesondere Infektionskrankheiten bei Arbeiten in Spitälern, Laboratorien, Versuchsanstalten und dergleichen. 
 
4.2. Eine Leistungspflicht des Unfallversicherers für Berufskrankheiten im Sinne von Art. 9 Abs. 1 UVG war bereits im KUVG vom 13. Juni 1911 enthalten, wobei jedoch lediglich die Verursachung von Krankheiten durch am Arbeitsplatz hergestellte oder verwendete Giftstoffe geregelt war (Bereinigte Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen 1848-1947, Band XV; Art. 68 KUVG und Verordnung I über die Unfallversicherung vom 25. März 1916, Art. 47). Die Versicherung im Sinne einer Kausalhaftung löste die Arbeitgeberhaftpflicht des Fabrikgesetzes ab (Ulrich Meyer, Allgemeine Einführung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, 3. Aufl. 2016, S. 33 ff. Rz. 10 ff.; Ghislaine Frésard-Fellay, in: Basler Kommentar, Unfallversicherungsgesetz, Einführung N. 4 ff.; Efrem Beretta, Le malattie professionali nel diritto svizzero, RDAT 1989 S. 263 ff.). Im Jahr 1974 wurden zusätzlich andere, das heisst nicht durch Giftstoffe verursachte, berufsbedingte Erkrankungen erfasst (Verordnung über Berufskrankheiten vom 17. Dezember 1973, Art. 3; AS 1974 47 ff., 50 f.). Anlässlich der Revision mit dem Inkrafttreten von UVG und UVV per 1. Januar 1984 wurde schliesslich zusätzlich die Generalklausel von Art. 9 Abs. 2 UVG eingefügt, dies entsprechend der bisherigen freiwilligen Praxis der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva; vgl. BGE 114 V 109 E. 2b; Walter Seiler, Der Entwurf zu einem neuen Unfallversicherungsgesetz, SZS 1977 S. 6 ff., 12). Danach gelten als Berufskrankheiten auch andere Krankheiten, von denen nachgewiesen wird, dass sie ausschliesslich oder stark überwiegend durch berufliche Tätigkeit verursacht worden sind.  
Das Bundesgericht erkannte in der Folge, dass eine vorwiegende Verursachung durch schädigende Stoffe und Arbeiten im Sinne von Art. 9 Abs. 1 UVG dann gegeben sei, wenn diese mehr wiegen als alle andern mitbeteiligten Ursachen, mithin im gesamten Ursachenspektrum mehr als 50 % ausmachen, während nach der Generalklausel von Art. 9 Abs. 2 UVG eine Verursachung durch die berufliche Tätigkeit zu mindestens 75 % vorausgesetzt wird (BGE 114 V 109 E. 3; vgl. ferner BGE 133 V 421 E. 4.1; 117 V 354 E. 2a; RKUV 1988 Nr. U 61 S. 447 E. 1; Urteil 8C_420/2007 vom 29. Januar 2008 E. 4.2). 
Ebenfalls seit der Revision per 1. Januar 1984 gelten als Berufskrankheiten nicht nur wie bis dahin gemäss KUVG in Laboratorien und Versuchsanstalten, sondern auch in Spitälern verursachte Infektionskrankheiten. 
 
4.3. Was die Doppelliste in Ziff. 2 lit. b des Anhangs 1 zur UVV betrifft, ist die Zusammenhangsfrage - entsprechend dem Wortlaut von Ziff. 2 ("als arbeitsbedingte Erkrankungen im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 des Gesetzes gelten"; "sont réputées affections dues à certains travaux au sens de l'art. 9, al. 1"; "sono malattie professionali provocate da determinati lavori ai sensi dell'articolo 9 capoverso 1") - vom Verordnungsgeber aufgrund arbeitsmedizinischer Erkenntnisse vorentschieden. Es besteht in beweisrechtlicher Hinsicht praxisgemäss die natürliche Vermutung, es liege eine Berufskrankheit vor, wenn eine der dort aufgelisteten Krankheiten aufgetreten ist und der Versicherte die entsprechende, im UVV-Anhang umschriebene Tätigkeit verrichtet. Die natürliche Vermutung hat dem schlüssigen Gegenbeweis zu weichen, wenn konkrete Umstände des Einzelfalls klar gegen eine berufliche Verursachung sprechen (BGE 126 V 183 E. 4a).  
 
4.4. Es wird im vorliegenden Fall die Frage aufgeworfen, ob es zur Qualifizierung einer Erkrankung als Berufskrankheit eines berufstypischen Risikos bedürfe. Gemäss Empfehlung Nr. 1/2003 der Ad-hoc-Kommission Schaden UVG vom 22. Mai 2003 in der revidierten Fassung vom 23. Dezember 2020 sollen die nach Ziff. 2 lit. b des Anhangs 1 zur UVV erforderlichen Voraussetzungen für eine Leistungspflicht des Unfallversicherers nur dann gegeben sein, wenn die versicherte Person in einem Spital mit Arbeiten mit infizierten Patienten betraut ist oder wenn Arbeiten in einer stark infizierten/infizierenden oder kontaminierten Umgebung in Laboratorien oder Versuchsanstalten zur Beurteilung stehen. Das Gesundheits- und Pflegepersonal ambulanter und stationärer Einrichtungen sowie von Pflegeeinrichtungen ist nach der Empfehlung dem Spitalpersonal gleichgestellt, soweit es einem spezifischen beruflichen Expositionsrisiko ausgesetzt ist, indem es direkt infizierte Patienten wegen der Infektion in diesen Einrichtungen behandelt und pflegt. Es ist daran zu erinnern, dass die Empfehlungen der Ad-hoc-Kommission Schaden UVG für das Bundesgericht nicht verbindlich sind (BGE 114 V 315 E. 5c; 146 V 74 E. 5.3.11; Urteil 8C_207/2010 vom 31. Mai 2010 E. 3.3.3).  
 
4.5. Dass die Ausübung einer schadensgeneigten Arbeit vorauszusetzen wäre für eine Leistungspflicht des Unfallversicherers aus Art. 9 Abs. 1 UVG, wird von der Lehre überwiegend verneint (Thomas Flückiger, in: Hürzeler/Kieser [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Sozialversicherungsrecht, UVG, 2018, N. 25 zu Art. 9 UVG; Frésard/Moser-Szeless, L'assurance-accidents obligatoire, in: SBVR, S. 949 Rz. 158; Andreas Traub, in: Basler Kommentar, Unfallversicherungsgesetz, N. 33 ff. zu Art. 9 UVG; ferner Gehring/Kieser, Pflegefachpersonen und Covid-19 - Blick auf die Versicherungssituation, in: Pflegerecht - Pflege in Politik, Wissenschaft und Ökonomie 2021, S. 147; anders hingegen Anne-Sylvie Dupont, La prise en charge des soins de santé en cas d'épidémie, in: Jusletter 22. Juni 2020 Rz. 26; Barman Ionta/Ionta, COVID-19 sous l'angle de la maladie professionnelle, in: Sylvie Pétremand, Assurances sociales et pandémie de Covid-19/Sozialversicherungen und Covid-19-Pandemie, 2021, S. 59 ff., 71). Gemäss Traub ist dies dem Gesetzeszweck geschuldet, soll doch eingedenk der Wurzeln des Instituts der Berufskrankheit in der Arbeitgeberhaftpflicht nicht nur der klassische Fall der in sich schadensgeneigten Arbeit erfasst werden, sondern sei vielmehr daran anzuknüpfen, dass die Exposition des Arbeitnehmers im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers stattfand. Insbesondere müsse daher die Quelle der Belastung nicht unbedingt dem Betrieb selbst zugeordnet werden. In den Blick genommen wurde dabei das bundesgerichtliche Urteil 8C_420/2007 vom 29. Januar 2008. Zu beurteilen war dort die Haftung aus Berufskrankheit im Fall einer Bankangestellten, deren asthmatische Beschwerden sich nach einer Lösungsmittelexposition durch Malerarbeiten am Arbeitsplatz verschlimmerten. Das Bundesgericht liess die Frage, ob die Giftexposition als typisches Berufsrisiko vorauszusetzen sei, offen (E. 4.3), nachdem als alternative Ursache der geklagten Beschwerden auch eine Virusinfektion im privaten Umfeld im Raum stand.  
 
4.6. Vorliegend ist indessen eine andere Konstellation zu beurteilen, zumal es sich um einen Anwendungsfall im Rahmen der Doppelliste handelt. Den dort zusammengefassten Gruppen von "bestimmten Tätigkeiten" (Art. 9 Abs. 1 UVG; "certains travaux"; "determinati lavori") und Erkrankungen liegt bereits eine Qualifikation der - wegen der damit unmittelbar verbundenen charakteristischen Risiken - gesundheitsgefährdenden Arbeiten zugrunde, indem der Verordnungsgeber Spitäler, Laboratorien und Versuchsanstalten als potentiell risikobehaftete Arbeitsplätze für Infektionskrankheiten erachtet. Die Anwendung einer natürlichen Vermutung, dass die Infektionskrankheit durch die Arbeit im Spital verursacht worden sei, rechtfertigt sich indessen nur dann, wenn es sich dabei um eine Tätigkeit mit dem spezifischen Risiko des vom Verordnungsgeber als gesundheitsgefährdend definierten Arbeitsplatzes handelt. Nicht jegliche Tätigkeit in einem Spital oder Laboratorium oder in einer Versuchsanstalt kann als gesundheitsgefährdend gelten. So erwog das Eidgenössische Versicherungsgericht, später I. und II. sozialrechtliche Abteilung, heute III. und IV. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts, bei der Beurteilung des Falls einer Versicherten, die in einem Flüchtlingsempfangsheim angestellt war und sich mit Tuberkulose angesteckt hatte, der Gesetzgeber habe bei den in der Doppelliste aufgeführten Tätigkeiten im Spital, im Labor oder in einer Versuchsanstalt Arbeitsplätze im Blick gehabt, wo Kranke gepflegt werden oder mit den entsprechenden Krankheitserregern gearbeitet wird (RAMA 1997 Nr. U 273 S. 176 E. 2b).  
 
4.7. Im vorliegenden Fall wurden in der betreffenden Klinik gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen zwar auch akut an Covid-19 erkrankte Patienten betreut. Unbestrittenerweise war die Beschwerdeführerin als Psychologin jedoch nicht mit deren Pflege beschäftigt. Somit war sie durch ihre Tätigkeit nicht dem spezifischen Ansteckungsrisiko eines gesundheitsgefährdenden Arbeitsplatzes in einem Spital ausgesetzt. Dass sie, insbesondere in der Mittagspause beim gemeinsamen Essen ohne Schutzvorkehrungen, mit Pflegekräften und Ärzten in Kontakt kam, die ihrerseits eine solche schadensgeneigte Tätigkeit ausübten, und dass Patienten mit verdächtigen Symptomen zunächst noch in ihrem Zimmer auf der Station der Beschwerdeführerin unter Quarantäne gestellt wurden, kann für die Geltung der natürlichen Vermutung einer berufsbedingten Ansteckung nicht genügen. Eine Haftung der Beschwerdegegnerin aus Berufskrankheit gestützt auf die Vermutung nach Art. 9 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Ziff. 2 lit. b des Anhangs 1 zur UVV fällt somit ausser Betracht.  
 
4.8. Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss geltend, eine Ansteckung sei in der Klinik jedenfalls wahrscheinlicher gewesen als im privaten Umfeld. Weitere Abklärungen und Befragungen zu den Verhältnissen am Arbeitsplatz und im häuslichen Bereich erübrigen sich indessen. Nachdem es hier am Erfordernis einer Tätigkeit an einem gesundheitsgefährdenden und damit schützenswerten Arbeitsplatz fehlt, ist eine Leistungspflicht bereits aus diesem Grund auszuschliessen. Weitergehende Abklärungen zu alternativen Ansteckungsmöglichkeiten sind lediglich dann erforderlich, wenn die Voraussetzungen nach der Doppelliste erfüllt sind (z.B. in einer Klinik tätige Pflegefachfrau, bei der nach Blutkontakt mit Patienten Hepatitis C diagnostiziert wurde, Urteil 8C_326/2018 vom 7. November 2018) oder aber eine Giftstoffexposition am Arbeitsplatz tatsächlich erfolgt ist, aber ein breiteres Ursachenspektrum in Betracht fällt (vgl. z.B. Krebsrisiko durch ionisierende Strahlen im Herzkatheterlabor bei einem Kinderkardiologen, SVR 2022 UV Nr. 41 S. 161, 8C_457/2021, bei Tätigkeit in Kernkraftwerken, SVR 2019 UV Nr. 29 S. 108, 8C_695/2018, und SVR 2021 UV Nr. 19 S. 93, 8C_570/2020, oder in einer Gummifabrik, SVR 2007 UV Nr. 35 S. 117, U 95/06, und SZS 2015 S. 146, 8C_429/2013; Asbestexposition, SVR 2011 UV Nr. 3 S. 9, 8C_67/2010, oder fragliche Vergiftung mit Lösungsmitteln am Arbeitsplatz, Urteil 8C_420/2007 vom 29. Januar 2008 E. 4.3; Leukämie bei Benzol-Exposition eines Tankwarts, SVR 2000 UV Nr. 22 S. 75, U 293/99).  
 
4.9. Es stellt sich schliesslich die Frage, ob eine Leistungspflicht des Unfallversicherers gestützt auf Art. 9 Abs. 2 UVG mit der Voraussetzung der ausschliesslichen oder stark überwiegenden Verursachung der Krankheit durch die berufliche Tätigkeit zu prüfen sei. Die sogenannte Generalklausel greift indessen gemäss übereinstimmendem Wortlaut in allen Sprachversionen nur dann, wenn "andere Krankheiten" als die gemäss Abs. 1 vom Bundesrat bestimmten als Ursache einer beruflichen Tätigkeit in Betracht fallen. Die Generalklausel bezweckt, allfällige Lücken zu schliessen, die dadurch entstehen, dass die bundesrätliche Liste gemäss Anhang I zur UVV eine Krankheit nicht aufführt, die durch die Arbeit verursacht wurde (oder einen schädigenden Stoff, der eine Krankheit verursachen kann, BGE 114 V 109 E. 2b; Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung vom 18. August 1976, BBl 1976 III 141 ff., 166). Infektionskrankheiten wie die vorliegend zu beurteilende sind jedoch in der Doppelliste ausdrücklich aufgezählt. Sind die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht des Unfallversicherers nicht erfüllt, weil es am zweiten Erfordernis der schädigenden Tätigkeit im Spital fehlt, liegt von vornherein kein Anwendungsfall von Art. 9 Abs. 2 UVG vor und ist eine Leistungspflicht gestützt darauf daher ausgeschlossen.  
 
4.10. Zusammengefasst erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Das angefochtene Urteil lässt sich im Ergebnis nicht beanstanden.  
 
5.  
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegenden Beschwerdegegnerin steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 12. Juli 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo