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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_234/2024  
 
 
Urteil vom 12. August 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Verein A.________, 
vertreten durch Claudia Büchi und Gian Andrea Rusca, Rechtsanwälte, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern, Brünnenstrasse 66, 3018 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Bern und direkte Bundessteuer, Steuerperioden ab 1.8.2017, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 13. März 2024 (100.2022.17/18U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der Verein A.________ betreibt eine Privatschule und war seit 1990 wegen Gemeinnützigkeit von den Kantons- und Gemeindesteuern sowie von der direkten Bundessteuer befreit. Mit Verfügungen vom 10. Januar 2018 und Einspracheentscheide vom 1. Juli 2020 hob die Steuerverwaltung des Kantons Bern die Steuerbefreiung rückwirkend per 31. Juli 2017 auf, da der Verein ein marktübliches Schulgeld erhebe. 
 
B.  
Der vom Verein A.________ hiergegen erhobenen Rekurs und die hiergegen erhobene Beschwerde hiess die Steuerrekurskommission des Kantons Bern mit Entscheiden vom 7. Dezember 2021 gut und bestätigte die Steuerbefreiung. Auf Beschwerde der Steuerverwaltung hin hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 13. März 2024 die Entscheide der Steuerrekurskommission auf und bestätigte die Einspracheentscheide vom 1. Juli 2020 der Steuerverwaltung. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt der Verein A.________, die Sache sei unter Aufhebung des Urteil des Verwaltungsgerichts zu neuem Entscheid an dieses zurückzuweisen. 
Während die kantonale Steuerverwaltung und das Verwaltungsgericht auf Abweisung der Beschwerde schliessen, verzichtet die Eidgenössische Steuerverwaltung auf einen Antrag. 
In seiner Stellungnahme vom 1. Juli 2024 hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerdeschrift hat unter anderem ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde an das Bundesgericht ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art. 107 Abs. 2 BGG), darf sich diese grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Aufhebung bzw. Rückweisung des angefochtenen Urteils zu beantragen. Grundsätzlich ist ein materieller Antrag erforderlich, damit die Beschwerde zulässig ist, ausser wenn das Bundesgericht ohnehin nicht reformatorisch entscheiden könnte (BGE 137 II 313 E. 1.3; 136 V 131 E. 1.2; 134 III 379 E. 1.3; 133 III 489 E. 3.1: siehe allerdings auch BGE 133 II 409 E. 1.4.1).  
Rechtsbegehren sind nach Treu und Glauben auszulegen, insbesondere im Lichte der dazu gegebenen Begründung (BGE 123 IV 125 E. 1; Urteil 9C_344/2020 vom 22. Februar 2021 E. 1.2). Es genügt, wenn der Beschwerde insgesamt entnommen werden kann, was die beschwerdeführende Person verlangt (Urteil 9C_8/2022 vom 6. März 2023 E. 1.1 mit Hinweisen). 
 
1.2. Der Beschwerdeführer stellt einen grundsätzlich unzulässigen rein kassatorischen Antrag. Aus dem Gesamtzusammenhang der Begründung ergibt sich jedoch, dass er letztlich eine Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit verlangt, wozu er gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ohne weiteres legitimiert ist. Die Beschwerde wurde fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Weiter ist kein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG gegeben, insbesondere handelt es sich bei der streitigen Steuerbefreiung weder um eine Subvention im Sinne von Art. 83 lit. k BGG noch um einen Erlass von Abgaben im Sinne von Art. 83 lit. m BGG. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.  
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, als es die Gemeinnützigkeit des Beschwerdeführers verneinte und damit die Aufhebung der Steuerbefreiung bestätigte.  
 
3.2. Die Vorinstanz behandelte die direkte Bundessteuer und die Staats- und Gemeindesteuern in einem einzigen Urteil, was zulässig ist, soweit die betroffenen Rechtsfragen im Bundesrecht und harmonisierten kantonalen Recht gleich geregelt sind. Auch das Bundesgericht behandelt die aufgeworfenen Fragen in einem Urteil, da sie auf demselben Sachverhalt beruhen und sich dieselben Rechtsfragen stellen (vgl. zum Ganzen BGE 142 II 293 E. 1.2; Urteil 2C_480/2016 vom 12. Januar 2017 E. 1.1, in: StE 2017 B 27.5 Nr. 21).  
 
4.  
 
4.1. Gemäss Art. 56 lit. g DBG (SR 642.11) und Art. 83 Abs. 1 lit. g des Steuergesetzes des Kantons Bern vom 21. Mai 2000 (BSG 661.11; vgl. auch Art. 23 Abs. 1 lit. f StHG [SR 642.14]) sind von der Steuerpflicht befreit juristische Personen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen, für den Gewinn und für das Kapital, die ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken gewidmet sind. Unternehmerische Zwecke sind grundsätzlich nicht gemeinnützig.  
 
4.2. Eine Steuerbefreitung wegen Gemeinnützigkeit setzt voraus, dass die Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit liegt und uneigennützig erfolgt. Daraus folgt unter anderem, dass der Kreis der Destinatäre, denen die Förderung oder Unterstützung zukommt, grundsätzlich offen sein muss (BGE 147 II 287 E. 5.2). Bei Privatschulen, deren Besuch nicht kostenlos ist, hängt die Frage, ob noch von einem offenen Destinatärkreis ausgegangen werden kann, unter anderem davon ab, ob das erhobene Schulgeld effektiv für weite Bevölkerungskreise erschwinglich ist (vgl. BGE 146 II 359 E. 6).  
 
5.  
 
5.1. Gemäss den Feststellungen des kantonalen Gerichts erhob der Beschwerdeführer im Schuljahr 2017/18 für die Unter- und Mittelstufe ein Schulgeld von mindestens Fr. 695.- pro Monat. Abhängig vom steuerbaren Einkommen (plus 0.75 % des Einkommens über Fr. 15'000.-) und vom steuerbaren Vermögen (plus 0.1 % des Vermögens über Fr. 100'000.-) der Eltern stieg dieses bis zum Maximaltarif von monatlich Fr. 1'335.- an. Für das zweite Kind reduzierte sich dieser Betrag um 25 %, für das dritte Kind um 75 %. Daneben bestand ein Unterstützungsfonds, aus welchem in begründeten Fällen ein Betrag von Fr. 150.- an das Schulgeld bezahlt wurden. Für die Oberstufe bestand ein höherer Tarif.  
Ausgehend von dieser Schulgeldordnung nahm die Vorinstanz verschiedene Berechnungen hypothetischer Familien mit unterschiedlichem Einkommen vor. Gestützt auf diese Berechnungen kam sie zum Schluss, dass der Besuch der Unter- und Mittelstufe des Beschwerdeführers für Familien mit einem durchschnittlichen Einkommen wohl mit finanziellen Einschränkungen verbunden, aber zumindest für ein Kind erschwinglich sein dürfte. Die Beschulung zweier Kinder durch den Beschwerdeführer dürfte das Familienbudget erheblich belasten und kaum mehr tragbar sein. Jedenfalls für Familien mit einem Einkommen unter dem Durchschnitt und insbesondere für einkommensschwächere Familie sei das Schulgeld bereits für ein Kind nicht mehr bezahlbar. Ein Besuch der Oberstufe führe zu noch weitergehenderen finanziellen Einschränkungen für die Familien. Damit sei der Destinatärskreis im Ergebnis zu wenig offen, weshalb eine Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit nicht in Frage komme. 
 
5.2. Der Beschwerdeführer bringt hiergegen in erster Linie vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das steuerbare mit dem verfügbaren Einkommen gleichgesetzt. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass sich auch die Vorinstanz bewusst war, dass diese beiden Werte aufgrund der unterschiedlichen Abzüge nicht mathematisch exakt identisch sind. Geht man mit dem Beschwerdeführer davon aus, dass das steuerbare Einkommen tendenziell tiefer als das verfügbare Einkommen ist, so folgt daraus, dass die Vorinstanz die Höhe des Schulgeldes für Familien, welche mehr als den Mindestansatz bezahlen, überschätzt hat. Da jedoch selbst eine Differenz beim steuerbaren Einkommen von Fr. 10'000.- lediglich zu einer Änderung des monatlichen Schulgeldes (für das erste Kind) von Fr. 75.- führt (vgl. E. 5.1 hiervor), vermag die geltend gemachte Rechenungenauigkeit nicht dazu zu führen, dass die Grundaussage des Verwaltungsgericht (mit einem durchschnittlichen Einkommen könne sich eine Familie höchstens die Beschulung eines Kindes leisten, während für unterdurchschnittliche Einkommen der Schulbesuch nicht erschwinglich sei) als offensichtlich unrichtig erscheinen würde. Dies gilt umso mehr, als das Verwaltungsgericht in seinen Berechnungen von sehr moderaten Wohnkosten (so wurde etwa eine Miete von lediglich Fr. 1'700.- für eine vierköpfige Familie mit einem verfügbaren Einkommen von Fr. 9'000.- eingesetzt) ausging.  
 
5.3. Sind demnach die Schulkosten für einen nicht zu vernachlässigenden Teil der Bevölkerung nicht erschwinglich, so hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, als es die Gemeinnützigkeit des Beschwerdeführers verneint hat. Daran vermag weder der Umstand, dass einzelnen Kinder aus einkommensschwachen Familien aufgrund privater Geldgeber in der weiteren Familie trotzdem der Schulbesuch möglich ist, noch die Tatsache, dass andere Privatschulen - welche indessen ebenfalls nicht als gemeinnützig anerkannt sind - bedeutend höhere Schulgelder als der Beschwerdeführer verlangen, etwas zu ändern. Demnach ist die Beschwerde abzuweisen.  
 
6.  
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 12. August 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold