Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_928/2022
Urteil vom 12. Oktober 2023
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Bundesrichter von Werdt, Schöbi,
Gerichtsschreiber Möckli.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Valentina Bühlmann,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Ursula Engelberger,
Beschwerdegegner,
C.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Elena Lanfranconi Jung.
Gegenstand
Eheschutzmassnahmen (Obhuts- und Betreuungsfragen),
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Obwalden vom 25. Oktober 2022 (ZG 22/001).
Sachverhalt:
A.
Die Parteien heirateten 2015. Sie haben die am xx.yy.2017 geborene Tochter C.________.
B.
Im September 2020 reichte der Vater ein Eheschutzgesuch ein. Die Hauptverhandlung wurde am 2. März 2021 unterbrochen, um weitere Berichte einzuholen. Darauf ersuchte der Vater um vorsorgliche Anordnung eines Besuchsrechts. Am 10. März 2021 berichtete die Mutter über Verhaltensweisen des Kindes, welche auf einen möglichen sexuellen Missbrauch hindeuten würden.
Mit Entscheid vom 30. März 2021 ordnete das Kantonsgericht Obwalden für die Dauer des Verfahrens bzw. bis zum Vorliegen eines Zwischenberichtes der Luzerner Psychiatrie ein begleitetes Besuchsrecht an und errichtete eine Beistandschaft gemäss Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB sowie eine Kindesvertretung gemäss Art. 299 ZPO. Sodann gab es bei Dr. med. D.________, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, ein Erziehungsfähigkeitsgutachten in Auftrag; dabei sollte insbesondere auch der Vorwurf einer möglichen Traumatisierung resp. eines sexuellen Missbrauchs geprüft werden.
Mit Zwischenbericht vom 16. Juni 2021 hielt der Gutachter fest, dass nicht (mehr) feststellbar sei, ob C.________ traumatisierenden Erlebnissen ausgesetzt gewesen sei. Auf Berufung des Vaters hin hob das Obergericht des Kantons Obwalden mit Entscheid vom 18. August 2021 den Massnahmeentscheid vom 30. März 2021 auf und ordnete ein unbegleitetes Besuchsrecht (mit diversen Phasen) an. Die hiergegen erhobene Beschwerde zog die Mutter zurück, nachdem das Bundesgericht keine aufschiebende Wirkung gewährt hatte.
Am 14. Mai 2021 verlangte die Mutter im Rahmen des hängigen Eheschutzverfahrens, dass die Tochter vorsorglich unter ihre Obhut zu stellen und sie zu berechtigen sei, mit dem Kind spätestens ab 1. August 2021 in U.________, Österreich, Wohnsitz zu nehmen. Mit Entscheid vom 27. Juli 2021 wies das Kantonsgericht das Gesuch ab, ebenso das Obergericht am 14. Dezember 2021 die hiergegen erhobene Berufung.
Am 23. August 2021 erstattete der Gutachter das Erziehungsfähigkeitsgutachten und am 9. November 2021 fand die Fortsetzungsverhandlung im erstinstanzlichen Verfahren statt.
C.
Mit Eheschutzentscheid vom 30. Dezember 2021 bzw. 11. Januar 2022 stellte das Kantonsgericht die Berechtigung zur Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes fest, wies die eheliche Wohnung dem Ehemann zu, stellte das Kind unter die Obhut der Mutter, wies jedoch deren Gesuch um Erteilung einer Wegzugsbewilligung nach Art. 301a Abs. 2 ZGB ab; sodann regelte es das Besuchsrecht des Vaters, verpflichtete die Eltern, eine fachtherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, und regelte den durch den Vater zu leistenden Kindesunterhalt.
Während die Mutter diesen Entscheid akzeptierte, erhob der Vater Berufung. In deren Gutheissung stellte das Obergericht des Kantons Obwalden mit Entscheid vom 25. Oktober 2022 das Kind unter die Obhut des Vaters, unter Regelung des Besuchsrechts der Mutter und der von den jeweiligen Elternteilen bis zum bzw. ab dem Obhutswechsel zu zahlenden Unterhaltsbeiträge für das Kind.
D.
Gegen den obergerichtlichen Entscheid hat die Mutter am 28. November 2022 Beschwerde erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheides, eventualiter um Rückweisung der Sache an die Vorinstanz; ferner hat sie ein Gesuch um aufschiebende Wirkung gestellt, welchem mit Präsidialverfügung vom 14. Dezember 2022 stattgegeben worden ist. Die Kindesvertreterin unterstützt mit Vernehmlassung vom 19. Dezember 2022 die Beschwerde der Mutter, verzichtet jedoch auf förmliche Anträge. Der Vater verlangt mit Vernehmlassung vom 21. Dezember 2022 die Abweisung. Das Obergericht verlangt mit Vernehmlassung vom 21. Dezember 2022 die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Am 29. Dezember 2022 hat der Vater eine Replik zur Vernehmlassung der Kindesvertreterin und am 13. Januar 2023 hat die Mutter Repliken zu den Vernehmlassungen des Vaters und des Obergerichtes eingereicht, sodann der Vater am 26. Januar 2023 eine Duplik und die Mutter am 15. Februar 2023 eine Triplik.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Endentscheid in einer Eheschutzsache (Art. 72 Abs. 1, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG ). Dabei handelt es sich um vorsorgliche Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5.1; 149 III 81 E. 1.3), so dass nur die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte möglich ist. Es gilt somit das Rügeprinzip im Sinn von Art. 106 Abs. 2 BGG. Das bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend begründete Rügen und appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt (BGE 142 III 364 E. 2.4; 149 III 81 E. 1.3).
2.
Das Kantonsgericht ist in seinem 92-seitigen Entscheid unter Beachtung der einschlägigen bundesgerichtlichen Kriterien und gestützt auf die gutachterlichen Empfehlungen zum Schluss gelangt, dass eine alternierende Obhut nicht in Frage komme und die alleinige Obhut im Sinn des Kontinuitätsprinzips der Mutter zuzuteilen sei. Allerdings hat es der Mutter untersagt, den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes nach Österreich zu verlegen.
Demgegenüber hat das Obergericht die Obhut dem Vater zugewiesen. Es hat die im Gutachten gemachten Aussagen zusammengefasst und festgehalten, dass ein eskalierter chronifizierter Elternkonflikt bestehe, der völlig zulasten des Kindes gehe. Beide Parteien hätten an sich gute Ressourcen, aber sie seien beide nicht in der Lage, das jeweils Positive des anderen anzuerkennen und zu integrieren. Die Beziehung der Mutter zum Kind werde vom Gutachter als sehr eng, teilweise exklusiv bis exkludierend beschrieben, was unter Berücksichtigung der traumatischen Vorgeschichte (Fehlgeburtsproblematik) und der erheblichen Aggressivität zwischen den Parteien zu sehen sei. Sie sei bemüht, das Kind vor jeglichen angenommenen und realen ungünstigen äusseren Einflüssen aktiv und jederzeit zu beschützen. Weiter habe der Gutachter festgehalten, dass sich bei keinem Elternteil mit Blick auf die Erziehungsfähigkeit aus entwicklungspsychiatrischer Sicht Einschränkungen ergeben würden. Bei der Bindungstoleranz bestehe hingegen ein erhebliches Problemfeld, vor allem auf Seiten der Mutter, etwas weniger beim Vater. Aktuell funktioniere die Kommunikation zwischen den Parteien nur unter massivsten äusseren Rahmenbedingungen; hochverbindliche begleitende Kindesschutzmassnahmen dürften daher unumgänglich sein. Weiter hielt der Gutachter fest, dass der Vater ein Mann der Tat sei und viele Ideen habe; wenn er das Obhutsrecht hätte, wäre er wohl flexibler, die Kontakte zwischen Mutter und Kind zu gestalten als es umgekehrt jetzt der Fall sei. Dennoch empfahl der Gutachter, C.________ in ihrer momentanen Lebensumgebung zu belassen und daher die alleinige Obhut der Mutter zuzuweisen, weil der Übergang von der jetzigen in eine andere Situation so aufwändig und schwierig wäre, dass darin kein Vorteil für das Kind bzw. das Kindeswohl ersichtlich sei.
Indes hat das Obergericht im Anschluss an die Wiedergabe der gutachterlichen Feststellungen und Emfpehlungen befunden, die Obhutsfrage sei rechtlicher Natur und ausschliesslich durch das Gericht zu entscheiden. Sodann dürfe die Zuteilung entgegen dem Gutachter und der Erstinstanz vorliegend nicht mit der Stabilität der Verhältnisse begründet werden, weil damit das missbräuchliche Verhalten der Mutter gebilligt würde. Die Parteien hätten vor der Trennung im August 2019 beide Teilzeit gearbeitet und das Kind gemeinsam sowie anschliessend ein Jahr lang alternierend betreut. Im September 2020 habe die Mutter den Kontakt zwischen Vater und Tochter abgebrochen und die alleinige Obhut übernommen. Sie habe dabei Missbrauchsvorwürfe erhoben und eine Traumatisierung des Kindes geltend gemacht. Das Gutachten komme nun zum Schluss, dass es keine Anhaltspunkte für Gewalttaten oder einen sexuellen Missbrauch sowie allgemein einer Traumatisierung gegeben habe. Somit sei der Kontaktunterbruch ohne hinreichenden Grund erfolgt und die Tatsache, dass das Kind in der Folge seinen Lebensmittelpunkt bei der Mutter gehabt habe, dürfe bei der Zuteilung nicht berücksichtigt werden, ansonsten dass missbräuchliche Verhalten der Mutter gebilligt und Anreiz geschaffen würde, so zu handeln.
Weiter hat das Obergericht festgehalten, dass das Kind zu beiden Elternteilen eine gute Beziehung habe. Trotz des Kontaktabbruchs im September 2020 habe C.________ sich schnell wieder an den Kontakt zum Vater gewöhnt, sich an gemeinsame Erlebnisse erinnert und die Besuchstage genossen. So habe bei ihrer Einvernahme denn auch die Mutter ausgesagt, sie habe gesehen, dass die Besuche beim Vater dem Kind gut täten. Die Besuchstage würden nun auch regelmässig, d.h. grundsätzlich wöchentlich stattfinden, und zwar unbegleitet und auch Übernachtungen umfassend. Die Beziehung von C.________ zu beiden Elternteilen sei somit von einer persönlichen Bindung und echten Zuneigung getragen. Unzweifelhaft sei das Verhältnis zur Mutter enger als jenes zum Vater. Dies sei aber wohl hauptsächlich Folge des Kontaktunterbruchs und der alleinigen Obhutsübernahme durch die Mutter und deshalb bei der Obhutszuteilung nicht zu berücksichtigen. Mithin sei in erster Linie die Erziehungsfähigkeit ausschlaggebend. Diese sei, unter Ausschluss der Kooperationsfähigkeit und Bindungstoleranz, grundsätzlich bei beiden Elternteilen zu bejahen. Bei der Mutter scheine allerdings eine gewisse Tendenz zur Überbehütung zu bestehen, wie die Ausführungen des Gutachters nahelegten. Bei der Kooperationsfähigkeit seien bei beiden Parteien Unzulänglichkeiten vorhanden, v.a. aber bei der Mutter. Während der Vater gewillt sei, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und Vorschläge zu unterbreiten, sei die Mutter hierzu nur teilweise im Stande; der Gutachter habe festgehalten, dass sie in Momenten, in welchen ihre eigenen inneren Ängste um das Kind Überhand nehmen würden, nicht mehr zur Kooperation fähig sei. Beim Vater würden keine Anhaltspunkte für eine fehlende Bindungstoleranz bestehen; vielmehr habe er stets betont, wie wichtig es sei, dass C.________ von beiden Elternteilen betreut werde. Dagegen bestehe bei der Mutter in Sachen Bindungstoleranz ein erhebliches Problemfeld, wie der Gutachter festgestellt habe. So habe sie eigenmächtig die Obhut übernommen und bei den begleiteten Besuchstagen darauf beharrt, selbst anwesend zu sein, dies anfänglich auch, nachdem unbegleitete Besuche angeordnet worden seien. Sodann habe sie die mit der Beiständin vereinbarten Besuchstage jeweils kurzfristig angepasst und bei ihr statt an einem neutralen Ort stattfinden lassen. Sie habe dies zwar mit einer Verweigerungshaltung durch C.________ begründet. Allerdings sei davon auszugehen, dass dieses Verhalten des Kindes nicht auf eine Abneigung gegenüber dem Vater zurückzuführen gewesen sei, denn die Kontakte seien von Beginn weg harmonisch verlaufen; vielmehr dürfte die ablehnende Haltung des Kindes auf der negativen Einstellung der Mutter beruht haben. Diese wäre jedoch verpflichtet gewesen, das Kind positiv vorzubereiten. Erst nach dem Vollstreckungsgesuch des Vaters habe sich die Besuchsproblematik verbessert und die vereinbarten Besuchstage und -wochenenden (mit Übernachtung) könnten seither meist stattfinden; teilweise sage die Mutter die Besuchstage jedoch ab mit der Begründung, C.________ sei krank. Verschiedene Vorfälle würden zeigen, dass die Bereitschaft der Mutter, die Kontakte des Kindes zum Vater zu fördern, sich nicht erhöht habe. Insgesamt scheine die Bindungstoleranz und Kooperationsfähigkeit des Vaters deutlich besser, auch wenn die Mutter ausgesagt habe, es sei für sie das Allerwichtigste, dass C.________ den Kontakt zum Vater aufbauen und ihn sehen könne. Es sei deshalb fraglich, ob sie das angeordnete Besuchsrecht ermöglichen werde, insbesondere bei einem Umzug nach U.________ in Österreich. Ferner sei der Hang zur Überbehütung dem Kindeswohl abträglich. Auch wenn ein Obhutswechsel mit Schwierigkeiten verbunden sein möge und gut vorbereitet werden müsse, sei er auf langfristige Sicht im Kindeswohl. C.________ übernachte inzwischen auch beim Vater und die Beziehung sei intensiviert, so dass ein Obhutswechsel nunmehr einfacher vollzogen werden könne.
3.
Die Mutter rügt in vielerlei Hinsicht eine Verletzung des Willkürverbotes und ferner des rechtlichen Gehörs. Schwerpunkt bildet dabei die Rüge, das Obergericht habe in seinem Entscheid vom 25. Oktober 2022 das Kriterium der Kontinuität, nämlich dass C.________ seit August 2020 unter ihrer alleinigen Obhut lebe, nicht berücksichtigt, und es sei ohne sachlichen Gründe von der Empfehlung des Gutachters abgewichen, wonach eine Obhutsumteilung nicht im Kindeswohl sei. Es gehe nicht an, dass das Obergericht im Zusammenhang mit dem Verhalten und der Angstsymptomatik des Kindes im Zeitraum vor September 2020 auf den nach Vorliegen des Gutachtens bestehenden Wissensstand abgestellt und ihr als Mutter einen bösen Willen unterstellt habe. Umso weniger könne dies angehen, als der Gutachter festgehalten habe, dass sie zu 100 % von einer Traumatisierung des Kindes ausgegangen sei. Dies habe das Obergericht einfach ausgeblendet und ihr vorgeworfen, sie habe keine Gründe gehabt, den Kontakt des Kindes zum Vater zu unterbrechen. Vielmehr habe die erste Instanz korrekt festgestellt, dass sie bei der Tochter in den Wochen vor dem letzten Vorfall im September 2020 ein geändertes Verhalten bemerkt habe (Verstecken aller Spielsachen im Schrank etc.) und C.________ durch den Aufenthalt beim Vater immer komplett aus dem Rhythmus geworfen worden sei und Probleme mit dem Stuhlen gehabt habe; erst nach ein paar Tagen habe sich die Situation jeweils wieder beruhigt. Insgesamt sei für C.________ angesichts ihres Alters zentral, dass sie die Bindung zur Hauptbezugsperson aufrechterhalten könne. Ebenso wenig habe das Obergericht berücksichtigt, was ebenfalls Art. 9 BV verletze, dass C.________ nunmehr den Kindergarten besuche und der Gutachter festgehalten habe, sie müsse ausserhalb ihres Minikosmos diesen dritten Raum besiedeln. Das Obergericht habe sodann auch ausser Acht gelassen, dass die Parteien mittlerweile fachtherapeutische Unterstützung geholt hätten und regelmässig eine Mediation besuchten. Insofern sei es willkürlich und gehörsverletzend, wenn ihr umfassend eine fehlende Kooperationsfähigkeit vorgeworfen werde. Sodann stehe die Annahme, ihre Bindungstoleranz sei stark eingeschränkt, in Widerspruch zu der vom Obergericht selbst festgestellten Tatsache, dass die vereinbarten Besuchstage und -wochenenden (mit Übernachtung) seither mehrheitlich stattfinden würden. Es sei willkürlich, wenn das Obergericht ihr im Zusammenhang mit der Bindungstoleranz den weit zurückliegenden, aus ihrer Sicht damals begründeten Kontaktabbruch vorhalte und die Erziehungsfähigkeit nur daran messe. Vielmehr sei der Gutachter davon ausgegangen, dass die Erziehungsfähigkeit auf beiden Seiten vollumfänglich gegeben sei.
4.
Die Willkürrügen der Beschwerdeführerin sind im Kern begründet:
Zunächst fällt auf, dass das Obergericht das erstinstanzliche Gesuch der Mutter um Bewilligung einer Verlegung des Aufenthaltsortes des Kindes nach Österreich zum Ausgangs- und Schlusspunkt seiner Zuteilungsüberlegungen gemacht hat. Indes hat die Mutter gegen den erstinstanzlichen Entscheid, mit welchem dieses Gesuch abgewiesen worden ist, keine Berufung erhoben. Sie hat mithin akzeptiert, dass das Kind so oder anders auch in der Zukunft in der Schweiz leben wird, und die Wegzugsfrage stellte sich im Rahmen der vom Vater erhobenen Berufung nicht mehr. Insofern ist das Obergericht von für den Berufungsentscheid nicht massgeblichen Gesichtspunkten ausgegangen.
Was sodann die Befolgungspflicht im Zusammenhang mit Gutachten anbetrifft, gelten folgende Grundsätze: Gemäss Art. 157 ZPO würdigt das Gericht ein Gutachten an sich frei; indes muss es nach konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung triftige Gründe nennen, wenn es vom Gutachten bzw. von den gutachterlichen Schlussfolgerungen abweicht, was der Fall ist, wenn die Glaubwürdigkeit des Gutachtens durch die Umstände ernsthaft erschüttert ist (BGE 128 I 81 E. 2; 130 I 337 E. 5.4.2; 132 II 257 E. 4.4.1; 137 III 226 E. 4.2; 138 III 193 E. 4.3.1; 141 IV 369 E. 6.1; 142 IV 49 E. 2.1.3; 146 IV 114 E. 2.1). Triftige Gründe in diesem Sinn können sich namentlich ergeben, wenn das Gutachten die gesetzlichen Qualitätserfordernisse nicht erfüllt, mithin unvollständig, unklar bzw. nicht nachvollziehbar oder widersprüchlich ist (vgl. Art. 188 Abs. 2 ZPO; Urteil 4A_177/2014 vom 8. September 2014 E. 6.2).
Als willkürlich erweist es sich, wenn das Obergericht die Empfehlungen des Gutachters mit dem Argument beiseite schiebt, dieser hätte sich nicht zur Obhut äussern dürfen, weil es sich dabei um eine Rechtsfrage handle. Das Gericht hat dem Gutachter die Obhutsfrage explizit gestellt (vgl. Gutachtensfrage 4); entsprechend seltsam mutet es an, dem Gutachter vorzuwerfen, dazu Stellung genommen zu haben. Ohnehin äusserte sich dieser nicht zur Obhut als Rechtsbegriff, sondern zu den für die Obhutszuteilung relevanten Sachverhaltselementen, und er begründete im Übrigen, wieso vorliegend ein Obhutswechsel aus der Sicht des Kindes bzw. des Kindeswohles nicht erstrebenswert erscheint. Dies sind typische Fachfragen, zu welchen sich der Gutachter äussern darf und soll und zu deren Beantwortung er im Gutachtensauftrag im Rahmen der Formulierung der Fragen auch explizit angehalten wurde. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, inwiefern die Glaubwürdigkeit des Gutachtens durch die Umstände ernsthaft erschüttert sein könnte und die gutachterlichen Empfehlungen deshalb pauschal übergangen werden dürften.
Was sodann die Kriterien anbelangt, welche für die Obhutszuteilung zentral sind (vgl. dazu weiter unten), hat das Obergericht das Kontinuitätskriterium, von welchem sich auch der Gutachter bei seinen Empfehlungen hat leiten lassen, mit pönalen und generalpräventiven Argumenten für unmassgeblich erklärt, indem es der Mutter vorgeworfen hat, den Vater in unberechtigter Weise des Kindesmissbrauchs bezichtigt zu haben, was nicht belohnt werden dürfe, ansonsten dies Schule machen könnte. Der Vater geht vernehmlassungsweise noch weiter, indem er geltend macht, dies sei geschehen, um ihm das Kind zu entfremden und durch einen Kontaktunterbruch leichter eine Wegzugsgenehmigung für Österreich erwirken zu können. Indes ging der Gutachter davon aus, dass die Verhaltensweisen des Kindes auf den heftigen Elternkonflikt zurückzuführen gewesen sein dürften, aber die Mutter von einer Traumatisierung des Kindes überzeugt war. Im Übrigen vertritt das Obergericht selbst die Ansicht, dass die Mutter eine starke Neigung habe, überall Gefahren für das Kind zu sehen und dieses überzubehüten. Insofern scheinen keine objektiven Anhaltspunkt greifbar, dass die Mutter das Kind dem Vater mit böser Absicht entfremden wollte.
Weiterungen hierzu erübrigen sich insofern, als die betreffenden "inneren Sachverhalte" bzw. allfällige Motive der Mutter für den vorliegenden Zuteilungsentscheid entgegen der expliziten Ansicht des Obergerichtes ohnehin irrelevant sind: Entscheidungen über die elterliche Sorge, die Obhut und das Besuchsrecht haben sich ausschliesslich am Kindeswohl zu orientieren und dürfen nicht dazu dienen, einen Elternteil für sein Verhalten zu belohnen oder zu bestrafen (z.B. Urteile 5A_476/2011 vom 13. September 2011 E. 2.2 und 5A_729/2020 vom 4. Februar 2021 E. 3.3.5.4 betreffend Obhut; 5A_179/2018 vom 31. Januar 2019 E. 5.2 betreffend Besuchsrecht; 5A_377/2021 vom 21. Februar 2022 E. 3.4 betreffend elterliche Sorge). Insofern sind keine triftigen Gründe im Sinn der genannten Rechtsprechung ersichtlich und entsprechend ist das Obergericht in Willkür verfallen, wenn es das Kontinuitätskriterium und das u.a. darauf abstellende Gutachten bzw. die gutachterlichen Empfehlungen ausser Acht gelassen und einzig dahingehend auf das Gutachten abgestellt hat, als dieses die Bindungstoleranz bei der Mutter als tendenziell kleiner erachtet.
Wie erwähnt dürfen pönale Überlegungen, wie sie vom Vater vernehmlassungsweise stark unterstützt werden, beim Zuteilungsentscheid keine Rolle spielen. Leitmaxime ist vielmehr das Kindeswohl, und zwar ausgehend von der aktuellen Situation. So darf beispielsweise bei Wegzugsentscheiden, wenn der eine Elternteil bereits eigenmächtig den Aufenthaltsort des Kindes verlegt hat, nicht dieser durch Obhutszuteilung an den anderen bestraft werden, sondern ist vielmehr von der Situation auszugehen, wie sie nach dem erfolgten Wegzug besteht (BGE 144 III 10 E. 5 und 6; Urteil 5A_397/2018 vom 16. August 2019 E. 2). Diesbezüglich erweist sich der angefochtene Entscheid als widersprüchlich, wenn das Obergericht in Bezug auf die aktuelle Situation feststellt, dass das Besuchsrecht nunmehr relativ gut klappe und auch die Übernachtungen beim Vater stattfänden, es aber gleichzeitig unter Rückgriff auf die frühere Vermutung der Mutter, das Kind könnte sexuell missbraucht worden sein, und den in der Folge eingetretenen Kontaktunterbruch davon ausgeht, die Mutter könnte in Zukunft das Besuchsrecht obstruieren, wenn sie weiterhin die Obhut habe. Wenn das Obergericht eine aktuelle Situation, wie es sie selbst feststellt, gewissermassen durch frühere Vorfälle übersteuert, verfällt es in Willkür. In unsachlicher Weise misst es auch mit zwei Ellen, wenn es in eben diesem Kontext aus der väterlichen Aussage, es sei ihm wichtig, dass das Kind zu beiden Elternteilen eine gute Beziehung habe, darauf schliesst, der Vater sei bindungstolerant, während es dieselbe Aussage der Mutter entgegen dem nunmehr relativ gut funktionierenden Besuchsrecht nicht gelten lässt. Zwar dürfen aus dem früheren Verhalten oder überhaupt den Charakterzügen der Mutter durchaus Prognosen für die Zukunft gestellt werden; es ist aber willkürlich, ihr generalisierend eine künftige Blockade des Besuchsrechts zu unterstellen, wenn dieses nunmehr relativ gut funktioniert.
Was die relevanten Kriterien für die Obhutszuteilung anbelangt, so ist auf die persönliche Beziehung zwischen Elternteilen und Kind, auf die erzieherischen Fähigkeiten der Elternteile (einschliesslich Bindungstoleranz) und ihre Bereitschaft, das Kind in eigener Obhut zu haben, sodann auf die Stabilität der örtlichen und familiären Verhältnisse (Kontinuitätsprinzip), ferner auf die Sprache, Beschulung und gesundheitlichen Bedürfnisse sowie bei einem älteren Kind auch auf dessen Wünsche und Äusserungen abzustellen (BGE 136 I 178 E. 5.3; 142 III 481 E. 2.7; Urteile 5A_589/2021 vom 23. Juni 2022 E. 3.1.2; 5A_224/2022 vom 13. Dezember 2022 E. 3.1; 5A_555/2023 vom 17. August 2023 E. 5). Nach den zutreffenden Willkürrügen in der Beschwerde hat das Obergericht - im Unterschied zum Kantonsgericht, welches lege artis all diese Kriterien gegeneinander abgewogen hat - ausschliesslich das Element der Bindungstoleranz als Teilgehalt der Erziehungsfähigkeit herausgepickt und gewürdigt. Darin liegt Willkür begründet.
Es ist nicht am Bundesgericht, umso weniger als ihm vorliegend nur Willkürkognition zukommt, die erforderliche Gesamtwürdigung selbst vorzunehmen, zumal auch nicht ins Auge fällt, dass willkürfrei die Obhutszuteilung einzig an die Mutter erfolgen könnte. Dass ihre Bindungstoleranz kleiner zu sein scheint als diejenige des Vaters, ergibt sich nicht nur aus den gutachterlichen Ausführungen, sondern auch aus anderen Elementen, welche das Obergericht durchaus willkürfrei festgehalten hat. Indes wird das Element der Bindungstoleranz als Teilgehalt der Erziehungsfähigkeit insbesondere gegen das Kontinuitätsprinzip aufzuwiegen, aber auch mit allen anderen relevanten Kriterien im Rahmen einer Gesamtwürdigung abzugleichen sein.
Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, die zahlreichen weiteren im zweifachen Schriftenwechsel ausführlich abgehandelten Parteistreitpunkte im Einzelnen zu erörtern, soweit sie überhaupt im Rahmen von Verfassungsrügen vorgetragen werden (Vorhalt des Vaters, die Mutter sei eine Helikopter-Mutter, was eine Gefährdung des Kindeswohls bedeute, während diese geltend macht, sich hervorragend um die Tochter zu kümmern; unterschiedliche Auffassung, was die Therapeutin zur Traumatisierung des Kindes genau festgehalten hat; unterschiedliche Auffassung, in welchem Umfang der Vater während des Zusammenlebens an der Betreuung des Kindes beteiligt war, ob die Familie gemeinsam oder der Vater durchwegs im unteren Stockwerk gelebt hat, was die Auswirkungen seiner damaligen Arbeitsdepression auf das Kind bzw. den Betreuungsumfang waren und ob nach der Trennung für eine erste Zeit tatsächlich eine eigentliche alternierende Betreuung stattgefunden hat; gegenseitige Schuldzuweisungen im Zusammenhang mit den Problemen des Kindes bezüglich Stuhlgang, Einnässen etc.; Einfluss der Mediation auf die Kooperationsmöglichkeiten; u.a.m.). Vielmehr wird es Sache des Obergerichtes sein, nach dem Vorbild des erstinstanzlichen Entscheides alle relevanten Elemente im Einzelnen zu würdigen und einer neuen Entscheidung zuzuführen. Diesbezüglich ist einzig festzuhalten, dass das Obergericht gestützt auf die Offizial- und Untersuchungsmaxime den beweisrelevanten Sachverhalt zu aktualisieren haben wird. Dies ist nötig, weil seit dem erstinstanzlichen Beweisverfahren (gerade in Relation zum Kindesalter) viel Zeit verstrichen ist; sodann ist dies auch möglich, weil bei Kindesangelegenheiten im Berufungsverfahren keinerlei Novenschranken bestehen (BGE 144 III 349 E. 4.2.1).
5.
Wird das Obergericht die Obhutsfrage neu zu beurteilen haben, erübrigen sich Erwägungen zu den beschwerdeweise vorgebrachten Rügen zur Festsetzung des Kindesunterhaltes. Dieser wird in Abhängigkeit zur Beurteilung der Obhutsfrage ebenfalls neu festzusetzen sein.
6.
Aufgrund des Gesagten ist in dahingehender Gutheissung der Beschwerde der angefochtene Entscheid insgesamt aufzuheben und die Sache zur Aktualisierung des Sachverhaltes und neuen Entscheidung im Sinn der Erwägungen an das Obergericht des Kantons Obwalden zurückzuweisen.
7.
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdegegner in bundesgerichtlichen Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
In dahingehender Gutheissung der Beschwerde wird der Entscheid des Obergerichtes des Kantons Obwalden vom 25. Oktober 2022 aufgehoben und die Sache zur Aktualisierung des Sachverhaltes und zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurückgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- (Gerichtsgebühren von Fr. 3'000.-- und Entschädigung der Kindesvertretung von Fr. 2'000.--) werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
3.
Der Beschwerdegegner wird verpflichtet, die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen.
4.
Die Kindesvertreterin wird für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 2'000.-- entschädigt.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Kindesvertreterin und dem Obergericht des Kantons Obwalden mitgeteilt.
Lausanne, 12. Oktober 2023
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Herrmann
Der Gerichtsschreiber: Möckli