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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_1327/2024  
 
 
Urteil vom 13. Januar 2025  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiberin Kern. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung Besondere Delikte, Rheinstrasse 27, 
 
Gegenstand 
Verlängerung der Untersuchungshaft, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 21. November 2024 (470 24 230 dia). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung Besondere Delikte, führt ein Strafverfahren gegen A.________ wegen Mordes an B.________, angeblich begangen am 4. Oktober 2000. Nachdem A.________ am 8. Dezember 2023 von Deutschland in die Schweiz ausgeliefert worden war, versetzte ihn das Zwangsmassnahmengericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 11. Dezember 2023 in Untersuchungshaft. Das Zwangsmassnahmengericht verlängerte diese mehrfach, zuletzt mit Entscheid vom 9. Oktober 2024 für die Dauer von drei Monaten bis zum 6. Januar 2025. 
 
B.  
Dagegen erhob A.________ Beschwerde beim Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht. Dieses wies die Beschwerde mit Beschluss vom 21. November 2024 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
A.________ beantragt vor Bundesgericht mit Beschwerde in Strafsachen im Wesentlichen, der Beschluss vom 21. November 2024 sei vollumfänglich aufzuheben und er sei unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. 
Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. A.________ hat am 17. Dezember 2024 repliziert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der angefochtene kantonal letztinstanzliche Entscheid betrifft die Verlängerung der Untersuchungshaft. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und befindet sich weiterhin in Haft. Er ist deshalb nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Da auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten.  
 
2.  
Gemäss Art. 221 Abs. 1 StPO sind Untersuchungs- und Sicherheitshaft unter anderem zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (lit. a; sog. Fluchtgefahr). Anstelle der Haft sind eine oder mehrere mildere Massnahmen anzuordnen, wenn diese den gleichen Zweck erfüllen (Art. 212 Abs. 2 lit. c und Art. 237 Abs. 1 StPO). Generell muss sich die Haft als verhältnismässig erweisen (vgl. Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 BV sowie Art. 197 Abs. 1 lit. c und d StPO). 
 
3.  
Der Beschwerdeführer bestreitet den dringenden Tatverdacht. 
 
3.1. Er gibt zu, B.________ am 4. Oktober 2000 im Rahmen einer Drogenübergabe mit einer Schusswaffe erschossen zu haben. Er macht jedoch geltend, die Schussabgabe sei "ohne Absicht [...] in Folge eines missglückten Raubes" erfolgt. Folglich handle es sich - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht um Mord. Dieser Verdacht gründe einzig auf seinen eigenen Aussagen. Er habe diese aber unter dem Vorbehalt gemacht, dass sie "sehr unvollständig" und "teils falsch" sein könnten, da er bei seiner Einvernahme an (offenbar chronischem) Schlafmangel und Konzentrationsstörungen gelitten habe. Er sehe die Verwendung seiner Aussagen unter diesen Umständen als widerrechtlich an. Auch die Auswertung der daktyloskopischen Spuren werfe Fragen auf, namentlich, weshalb solche Spuren erst nach 23 Jahren beachtet würden. Zu den ihm vorgeworfenen verwerflichen Beweggründen bringt der Beschwerdeführer vor, die "beschriebene Bereichungsabsicht" sei "ein Merkmal jeden Raubes" und kein "alleiniges Mordmerkmal".  
Schliesslich moniert er, die Straftat sei - selbst wenn es sich um Mord gehandelt hätte - bereits verjährt. Das Bundesgericht habe zwar im Urteil 7B_915/2024 vom 1. Oktober 2024 festgehalten, dass die altrechtliche 20-jährige Verjährungsfrist für die Verfolgung der Straftat am 14. Juli 2004 durch eine Editionsverfügung der Staatsanwaltschaft unterbrochen worden sei (und von neuem zu laufen begonnen habe). Das Bundesgericht habe dabei aber nicht geprüft, ob die fragliche Verfügung rechtmässig erlassen worden sei. Mittlerweile habe sich herausgestellt, dass dies nicht der Fall sei, denn die Staatsanwaltschaft habe damals keinen hinreichenden Verdacht für den Erlass einer solchen Verfügung gehabt. Da die Verfügung nicht rechtmässig erlassen worden sei, habe diese auch den Lauf der Verjährungsfrist nicht unterbrochen. Deshalb sei die Straftat längst verjährt. 
 
3.2. Das Haftgericht hat bei der Überprüfung des dringenden Tatverdachts im Gegensatz zum erkennenden Sachgericht keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweisergebnisse vorzunehmen, sondern nur zu prüfen, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für ein Verbrechen oder Vergehen vorliegen. Bei Beginn der Strafuntersuchung sind die Anforderungen an den dringenden Tatverdacht geringer als in späteren Stadien. So ist im Laufe des Strafverfahrens ein immer strengerer Massstab an die Erheblichkeit und Konkretheit des Tatverdachts zu stellen. Nach Durchführung der in Betracht kommenden Untersuchungshandlungen muss eine Verurteilung wahrscheinlich sein (BGE 143 IV 316 E. 3.1 f.; Urteil 7B_917/2024 vom 6. September 2024 E. 3.1; je mit Hinweisen). Wenn sich die Frage stellt, ob Prozesshindernisse wie die Verjährung einem Strafverfahren entgegenstehen, ist bei der Abklärung des hinreichenden Tatverdachts eine summarische Prüfung vorzunehmen. Steht fest, dass die der beschuldigten Person vorgeworfene Straftat mit grosser Wahrscheinlichkeit bereits verjährt ist, muss der dringende Tatverdacht verneint werden (Urteil 7B_915/2024 vom 1. Oktober 2024 E. 3.1 mit Hinweis, zur Publikation vorgesehen).  
 
3.3. Der Argumentation des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden: Dieser gibt nicht nur in seinen Aussagen vor den Strafverfolgungsbehörden, deren Beweiskraft er in Frage stellt, sondern auch in seiner Beschwerdeschrift vor Bundesgericht zu, dass er für die tödliche Schussabgabe verantwortlich gewesen sei. Zudem scheint er nicht zu bestreiten, dass er B.________ ausrauben wollte. Bei dieser Sachlage ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den dringenden Tatverdacht auf Mord in grundsätzlicher Hinsicht bejaht. Was die Frage der Verjährung betrifft, bringt der Beschwerdeführer mit seinen pauschalen Behauptungen keine Argumente vor, welche die Editionsverfügung vom 14. Juli 2004 als offensichtlich unrechtmässig erscheinen lassen. Diese Frage ist daher nicht im Haftprüfungsverfahren, sondern vom Sachgericht zu beurteilen. Bis dahin ist davon auszugehen, dass die Verjährung wahrscheinlich noch nicht eingetreten ist.  
 
4.  
Der Beschwerdeführer bestreitet die Fluchtgefahr. 
 
4.1. Er macht geltend, entgegen der Vorinstanz gebe es keine Hinweise auf Fluchtgefahr. Er sei die meiste Zeit an seinem Wohnort "ganz normal angemeldet" gewesen und zwar auch kurz nach der angeblichen Tat. Er wohne seit 2006 an derselben Adresse. Er selbst habe das grösste Interesse, dabei zu helfen, den Fall "gerne mit einem Prozess" zu Ende zu bringen. Es gäbe bestimmt "Sicherungsmassnahmen", die "tauglich" wären, ihn an einer Flucht zu hindern, auch ein Wohnsitz in der Schweiz wäre möglich.  
 
4.2. Dem kann nicht gefolgt werden: Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, hat der Beschwerdeführer im Falle einer Verurteilung mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Zudem ist er bereits in der Vergangenheit untergetaucht und in den letzten über 20 Jahren nicht mehr in der Schweiz wohnhaft gewesen. Die Beurteilung der Vorinstanz ist zu bestätigen.  
 
5.  
Der Beschwerdeführer beanstandet seine Haftbedingungen. 
 
5.1. Die konkreten Haftmodalitäten sind grundsätzlich nicht im Haftprüfungsverfahren zu beanstanden, sondern im Rahmen der gesetzlich separat geregelten Haftvollzugsbeschwerde nach Art. 235 Abs. 5 StPO. Fragen der Haftbedingungen können nur ausnahmsweise direkt zum Gegenstand des Haftprüfungsverfahrens erhoben werden, falls das Haftregime die Rechtmässigkeit der Haft als solche tangiert. Dies kann etwa der Fall sein, wenn bei der beschuldigten Person aus medizinischen Gründen die Hafterstehungsfähigkeit offensichtlich fehlt oder wenn ausreichend dargetan wird, dass das beanstandete Haftregime in der Weise unzumutbar erscheint, dass sich in Nachachtung der Grundrechte der beschuldigten Person (insbesondere Art. 10 Abs. 3 BV oder Art. 3 EMRK) eine sofortige Haftentlassung aufdrängt (Urteile 7B_983/2024 vom 29. Oktober 2024 E. 5.4; 7B_116/2024 vom 26. Februar 2024 E. 7.2.2; je mit Hinweisen).  
 
5.2. Der Beschwerdeführer moniert, ihm würden grundsätzliche Verteidigungs- und Gefangenenrechte verwehrt. Das Gefängnis habe zur "Zuspitzung" seiner "medizinischen Situation" beigetragen, Urkunden "unterdrückt" und "schwerwiegende Eingriffe in den Postverkehr" zu verantworten. Er habe deswegen am 9. Dezember 2024 eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht.  
 
5.3. Mit diesen sehr allgemein gehaltenen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, dass er offensichtlich nicht hafterstehungsfähig wäre. Ferner lässt seine Kritik das Haftregime auch nicht unzumutbar erscheinen. Es kann daher nach der zitierten Rechtsprechung in diesem Verfahren nicht weiter darauf eingegangen werden.  
 
6.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ist dagegen gutzuheissen, da die Voraussetzungen nach Art. 64 Abs. 1 BGG erfüllt sind. Entsprechend sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer beantragt auch seine unentgeltliche Verbeiständung. Das Bundesgericht bestellt der Partei jedoch nur einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin, wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist (Art. 64 Abs. 2 BGG). Da der Beschwerdeführer eigenhändig eine fristgerechte und ausführliche Beschwerdeschrift eingereicht hat, erscheint seine Verbeiständung zur Wahrung seiner Rechte nicht notwendig. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, Rechtsanwalt Dr. Valentin Landmann, Zürich, und dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Basel-Landschaft schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. Januar 2025 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kern