Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_756/2024
Urteil vom 14. Januar 2025
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Bovey, Präsident,
Bundesrichter Hartmann, Bundesrichterin De Rossa,
Gerichtsschreiber Levante.
Verfahrensbeteiligte
1. A.________ AG in Liquidation,
2. B.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Georg Friedli,
Beschwerdeführer,
gegen
Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, Poststrasse 25, 3071 Ostermundigen KATA,
C.________, Bürgschaftsgenossenschaft...,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mario Marti,
Gegenstand
Konkursandrohung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 21. Oktober 2024 (ABS 24 253).
Sachverhalt:
A.
A.a. Über die A.________ AG, mit Sitz in Bern, wurde am 27. September 2022 der Konkurs eröffnet. Das Konkursverfahren wurde am 15. Februar 2023 mangels Aktiven eingestellt. Das Konkursamt publizierte die Meldung, das Konkursverfahren werde mangels Aktiven als geschlossen erklärt, falls nicht ein Gläubiger bis zum 4. März 2023 dessen Durchführung verlange und einen Kostenvorschuss leiste (SHAB vom 22. Februar 2023). Kein Gläubiger leistete den Kostenvorschuss.
A.b. Am 8. November 2023 stellte die C.________, Bürgschaftsgenossenschaft... (nachfolgend: C.________) beim Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, gegen die A.________ AG in Liquidation ein Betreibungsbegehren für eine Forderung im Umfang von CHF 100'077.44 (nebst Zinsen). Der Zahlungsbefehl (Betreibung Nr. xxx) wurde am 16. November 2023 zugestellt, worauf die Betreibungsschuldnerin Rechtsvorschlag erhob. Mit Entscheid vom 8. April 2024 beseitigte das Regionalgericht Bern-Mittelland den Rechtsvorschlag und erteilte die provisorische Rechtsöffnung für den in Betreibung gesetzten Betrag.
A.c. Am 4. Juni 2024 stellte die C.________ das Fortsetzungsbegehren, worauf das Betreibungsamt der A.________ AG in Liquidation am 21. Juni 2024 die Konkursandrohung zustellte.
A.d. Gegen diese Konkursandrohung erhoben die A.________ AG in Liquidation sowie B.________, einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsratspräsident, am 8. Juli 2024 betreibungsrechtliche Beschwerde. Sie verlangten, die Konkursandrohung vom 21. Juni 2024 sei aufzuheben, soweit nicht deren Nichtigkeit festgestellt werden müsse. Weiter sei das Handelsregisteramt des Kantons Bern anzuweisen, die A.________ AG in Liquidation von Amtes wegen zu löschen, wenn bis zum 22. Februar 2025 kein begründeter Einspruch dagegen erhoben wurde.
B.
Mit Entscheid vom 21. Oktober 2024 wies das Obergericht des Kantons Bern, kantonale Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, die Beschwerde ab.
C.
Mit Eingabe vom 4. November 2024 haben die A.________ AG in Liquidation sowie B.________ Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Die Beschwerdeführer beantragen, der obergerichtliche Entscheid vom 21. Oktober 2024 sei aufzuheben. In der Sache verlangen sie, die Konkursandrohung vom 21. Juni 2024 sei aufzuheben, soweit nicht deren Nichtigkeit festzustellen sei.
Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Erwägungen:
1.
1.1. Angefochten ist der Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts, das als kantonale Aufsichtsbehörde über die Konkursandrohung, mithin in einer Schuldbetreibungs- und Konkurssache entschieden hat. Die Beschwerde in Zivilsachen ist gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 BGG ).
1.2. Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist vom angefochtenen Entscheid besonders berührt. Sie hat als Betreibungsschuldnerin ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides und ist daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 BGG). Inwieweit der Beschwerdeführer als Organ und Aktionär aufgrund der Konkursandrohung gegen die Beschwerdeführerin ein hinreichendes schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Entscheides haben soll, braucht - beim vorliegenden Ausgang der Beschwerde - nicht weiter erläutert zu werden.
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur soweit zulässig, als erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher auszuführen ist (BGE 133 III 393 E. 3).
2.
Das Obergericht hat festgehalten, dass die Beschwerdeführerin nach Schluss des Konkursverfahrens im Handelsregister (nach Art. 159a Abs. 1 lit. a HRegV) nach wie vor eingetragen sei. Nach Einstellung des Konkursverfahrens (am 15. Februar 2023) mangels Aktiven könne sie nicht nur auf Konkurs, sondern nach dem Wortlaut von Art. 230 Abs. 3 SchKG auch auf Pfändung betrieben werden. Die vom Betreibungsamt ausgestellte Konkursandrohung sei wegen behaupteter fehlender Rechtspersönlichkeit weder aufzuheben noch nichtig zu erklären. Zu der von den Beschwerdeführern beantragten Anordnung gegenüber dem kantonalen Handelsregisteramt erachtete sich die Vorinstanz nicht zuständig.
3.
Anlass zur Beschwerde gibt die Konkursandrohung gegenüber der Beschwerdeführerin, die nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven betrieben wird. Während das Obergericht die Fortsetzung der Betreibung auf Konkurs bestätigt hat, rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 230 SchKG und Art. 159 HRegV.
3.1. Die Beschwerdeführer machen im Wesentlichen geltend, es liege kein Anwendungsfall von Art. 230 SchKG vor; nach dem einschlägigen Art. 159a Abs. 1 lit. a HRegV bestehe die Beschwerdeführerin nicht mehr weiter, weshalb sie nicht Adressatin einer Konkursandrohung sein könne. Die Löschung im Handelsregister sei keine notwendige Bedingung für den Verlust der Rechtspersönlichkeit. Die Beschwerdeführer berufen sich auf die Rechtsprechung (BGE 56 III 189), wonach eine Aktiengesellschaft, über welche das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt und mangels Sicherheitsleistung durch die Gläubiger geschlossen worden ist, nicht mehr betrieben werden könne. Das Obergericht habe sich in Widerspruch zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung gesetzt und damit Bundesrecht verletzt.
3.2. Die Beschwerdeführer geben zutreffend die Regeste von BGE 56 III 189 wieder ("Eine Aktiengesellschaft, über die der Konkurs eröffnet, mangels [zur Kostendeckung genügender] Aktiven eingestellt und hernach mangels Sicherheitsleistung geschlossen worden ist, kann nicht mehr betrieben werden"). Ihre Darstellung greift indes zu kurz. Aus den Erwägungen des Urteils geht hervor, dass sich die Regeste auf eine Konstellation bezieht, in welcher die Aktiengesellschaft infolge des Konkurses im Handelsregister gelöscht wurde. Das Bundesgericht hielt fest, dass die "infolge des Konkurses im Handelsregister gelöschte Aktiengesellschaft nur noch zu Konkurszwecken weiterbesteht und nach Schluss des Konkursverfahrens als Rechtssubjekt gänzlich verschwindet und überhaupt nicht mehr betrieben werden kann" (BGE 56 III 189 S. 191 f.). Im vorliegenden Fall steht jedoch fest und ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Betreibung und nachfolgenden Konkursandrohung im Handelsregister eingetragen ist. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführer kann aus BGE 56 III 189 (oder aus dem weiter zitierten BGE 53 III 187) nicht abgeleitet werden, dass eine im Handelsregister noch nicht gelöschte Aktiengesellschaft nicht betrieben werden könne.
3.3. Kein anderes Verständnis der Rechtslage hatten die eidgenössischen Räte, als sie das Bundesgesetz über die Revision des SchKG vom 28. September 1949 (in Kraft seit 1. Januar 1950; AS 1950 I 57) schufen und den Abs. 3 von Art. 230 SchKG einführten. Weil der Schuldner nur auf Konkurs betrieben werden konnte, solange er im Handelsregister eingetragen war, und das Verfahren bei erneuter Konkursbetreibung nach Einstellung mangels Aktiven aller Voraussicht nach doch wieder eingestellt wird, sollte - nach dem Willen des Gesetzgebers - der Gläubiger die Möglichkeit haben, den Schuldner während zwei Jahren "auch auf Pfändung" betreiben zu können (Amtl. Bull. 1949 I S. 79, Votum Ständerat Muheim). Nichts deutet daraufhin, dass - wie die Beschwerdeführer meinen - eine Gesellschaft nach Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven trotz Eintrag im Handelsregister nicht mehr betrieben werden kann.
3.4. Nach dem Wortlaut von Art. 230 Abs. 3 SchKG - sowie der Entstehungsgeschichte - kann der Gläubiger den Schuldner nach der Eröffnung des Konkurses und der Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven (nicht nur, aber jedenfalls) auf Konkurs betreiben, wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat. Dies entspricht einhelliger Lehrmeinung, welche mit Recht ablehnt, dass ein Gläubiger sein Wahlrecht durch Nichtleistung des Kostenvorschusses zur Durchführung des Konkursverfahrens verwirkt habe (LUSTENBERGER/SCHENKER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 22d zu Art. 230; LORANDI, in: <www.konkurseinstellung-praxis.ch>, Kommentar 18; VOUILLOZ, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 9 zu Art. 230; ferner GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 46 zu Art. 230). Die Beschwerdeführer gehen sodann fehl, wenn sie meinen, Art. 230 Abs. 3 SchKG sei nur anwendbar, wenn der Konkurs über die Gesellschaft nicht eröffnet worden sei. Das Gegenteil trifft zu: Die Bestimmung kommt zur Anwendung, wenn - wie hier - der Konkurs eröffnet und das Verfahren mangels Aktiven wieder eingestellt worden ist; etwas anderes lässt sich aus dem Hinweis der Beschwerdeführer (auf KREN KOSTKIEWICZ, OF-Kommentar SchKG, 20. Aufl. 2020, N. 26 zu Art. 230) nicht ableiten.
3.5. Die Beschwerdeführer machen geltend, dass (nicht Art. 230 SchKG, sondern) Art. 159a Abs. 1 lit. a HRegV einschlägig sei. Die Vorinstanz hat - unter Hinweis auf diese Bestimmung - festgehalten, dass eine Rechtseinheit von Amtes wegen gelöscht wird, wenn innert zwei Jahren nach Publikation der Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven kein begründeter Einspruch erhoben wurde. Die Beschwerdeführer legen nicht dar, inwiefern die Vorinstanz Art. 159a Abs. 1 lit. a HRegV verletzt habe, wenn sie festgestellt hat, dass die Betreibungsschuldnerin im Handelsregister nach wie vor eingetragen ist (und sogar ein Einspruch der Beschwerdegegnerin beim Handelsregisteramt gegen die Löschung eingelegt worden ist), und gefolgert hat, dass der Zusatz "in Liquidation" an ihrem Fortbestand nichts ändert. Die Beschwerdeführer erwähnen schliesslich selber die von der Vorinstanz zitierte Rechtsprechung, wonach erst die Löschung der Aktiengesellschaft im Handelsregister zum Verlust der Rechtspersönlichkeit führt (BGE 132 III 731 E. 3.1; Urteile 5A_92/2021 vom 24. August 2023 E. 1.1; 4A_527/2020 vom 22. April 2021 E. 5.2). Der Vorwurf der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe diese Rechtsprechung falsch interpretiert und sich in Widerspruch zu BGE 56 III 189 gesetzt, so dass die Konkursandrohung rechtswidrig sei, geht fehl, denn bereits in dem Urteil aus dem Jahre 1930 wird festgehalten, dass die Betreibung gegen die Aktiengesellschaft möglich ist, solange sie im Handelsregister eingetragen ist.
3.6. Schliesslich legen die Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern die Vorinstanz Vorschriften im Sinne von Art. 22 SchKG verkannt habe, wenn sie festgehalten hat, dass eine Nichtigkeit der Konkursandrohung nicht vorliegt. Nach dem Dargelegten ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz Art. 230 Abs. 3 SchKG oder Art. 159 Abs. 1 lit. a HRegV verletzt haben soll, wenn sie die Konkursandrohung des Betreibungsamtes bestätigt hat.
4.
Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die gemeinsam prozessierenden Beschwerdeführer zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu leisten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung auferlegt.
3.
Eine Parteientschädigung ist nicht zu leisten.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, mitgeteilt.
Lausanne, 14. Januar 2025
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Bovey
Der Gerichtsschreiber: Levante