Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_217/2025
Urteil vom 14. April 2025
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichterin van de Graaf, Bundesrichter Kölz,
Gerichtsschreiber Schurtenberger.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Samuel Domenech,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8036 Zürich.
Gegenstand
Entsiegelung und Durchsuchung,
Beschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Winterthur, Zwangsmassnahmengericht, vom 28. Januar 2025 (GT240054-K/U/ch).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Zürich - Limmat führt gegen A.________ eine Strafuntersuchung betreffend versuchte Tötung und weitere Delikte. In deren Rahmen wurde ein Mobiltelefon iPhone 12 pro Max von A.________ sichergestellt. A.________ verlangte die Siegelung des Geräts.
B.
Mit Verfügung vom 28. Januar 2025 hiess das Bezirksgericht Winterthur, Zwangsmassnahmengericht, das Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft vom 23. Dezember 2024 gut und ordnete die Freigabe des sichergestellten Mobiltelefons zur Durchsuchung und weiteren Verwendung an.
C.
A.________ führt mit Eingabe vom 10. März 2025 Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts sei aufzuheben, die Entsiegelung zu verweigern und das Mobiltelefon ihm herauszugeben. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren.
Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Staatsanwaltschaft hat sich in der Sache nicht vernehmen lassen.
Mit Präsidialverfügung vom 31. März 2025 wurde der Beschwerde auf Antrag von A.________ die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Erwägungen:
1.
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und beurteilt die Zulässigkeit der bei ihm erhobenen Beschwerden mit freier Kognition (BGE 149 IV 9 E. 2; 149 IV 97 E. 1; 148 IV 275 E. 1.1; 146 IV 185 E. 2).
1.2. Angefochten ist ein nach Art. 248a StPO kantonal letztinstanzlicher Entscheid eines Zwangsmassnahmengerichts. Dagegen steht gemäss Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BGG die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht nach Art. 78 bis 81 BGG grundsätzlich offen.
1.3.
1.3.1. Der angefochtene Entsiegelungsentscheid schliesst die gegen den Beschwerdeführer geführte Strafuntersuchung nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG. Demnach ist er gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nur dann unmittelbar mit Beschwerde an das Bundesgericht anfechtbar, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Dabei muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln. Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass er auch mit einem für die beschwerdeführende Partei günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behoben werden kann (BGE 150 IV 103 E. 1.2.1; 148 IV 155 E. 1.1; 144 IV 321 E. 2.3; je mit Hinweisen). Woraus sich der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben soll, ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, sofern es nicht offensichtlich ist (BGE 150 III 248 E. 1.2; 149 II 170 E. 1.3; 144 III 475 E. 1.2; je mit Hinweisen).
Das Siegelungsverfahren dient dem Geheimnisschutz im Hinblick auf eine Durchsuchung von Aufzeichnungen und Gegenständen. Es gelangt daher nur zur Anwendung, wenn von den betroffenen Personen gesetzliche Geheimnisschutzgründe substanziiert angerufen werden. In Frage kommen aufgrund des abschliessenden Verweises von Art. 248 Abs. 1 StPO einzig die in Art. 264 StPO geregelten Geheimnisschutzgründe. Wird im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht schlüssig behauptet, dass der vom Zwangsmassnahmengericht angeordneten Entsiegelung derartige Geheimnisschutzgründe entgegenstehen, droht nach der Praxis des Bundesgerichts ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann (zum Ganzen: Urteil 7B_145/2025 vom 25. März 2025 E. 2.2, zur Publikation bestimmt, mit Hinweisen).
1.3.2. Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerdeschrift geltend, der sichergestellte Datenträger enthalte höchstpersönliche Daten über ihn und über seine Familie. Daher befänden sich auf dem sichergestellten Datenträger Daten, die seine verfassungsrechtlich geschützte Privatsphäre (Art. 13 Abs. 1 BV) tangierten. In der Stellungnahme vom 16. Januar 2025 habe er konkret darauf hingewiesen, dass sich auf seinem Mobiltelefon Bilder, Videos und Korrespondenz über seine Familie in der Türkei und seine Fluchtgeschichte befänden. Die Behauptung der Vorinstanz, er habe keine Privatgeheimnisse darlegen bzw. substanziieren können, treffe nicht zu. Im Übrigen würden auch Daten entsiegelt, die keine Verfahrensrelevanz hätten.
Damit kann er keinen drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG belegen:
Zwar ist rechtsprechungsgemäss ohne Weiteres davon auszugehen, dass bei der (vollständigen) Durchsuchung von privat genutzten Smartphones persönliche Aufzeichnungen und Korrespondenz im Sinne von Art. 264 Abs. 1 lit. b StPO tangiert sind. Persönliche Aufzeichnungen und Korrespondenz der beschuldigten Person sind aber gerade nicht absolut geschützt, sondern laut dem Gesetz nur dann, wenn das Interesse am Schutz ihrer Persönlichkeit das Strafverfolgungsinteresse überwiegt. Auf eine Beschwerde gegen die Entsiegelung eines Mobiltelefons kann daher nur dann gestützt auf Art. 264 Abs. 1 lit. b StPO eingetreten werden, wenn die beschwerdeführende Partei dartut oder ohne Weiteres erkennbar ist, dass das Interesse am Schutz ihrer Persönlichkeit gegenüber dem Strafverfolgungsinteresse überwiegen könnte (Urteil 7B_145/2025 vom 25. März 2025 E. 2.7, zur Publikation bestimmt, mit Hinweisen).
Dies ist hier nicht der Fall. Der Verdacht der versuchten vorsätzlichen Tötung wiegt sehr schwer, und es ist nicht erkennbar, dass das Interesse des beschuldigten Beschwerdeführers am Schutz seiner Persönlichkeit dem bedeutenden Strafverfolgungsinteresse vorgehen könnte. Die Staatsanwaltschaft hat sich bei der Durchsuchung des Mobiltelefons jedoch strikt auf die Suche nach verfahrensrelevanten Inhalten zu beschränken und darf bloss solche formell beschlagnahmen und zu den Verfahrensakten nehmen (siehe Urteil 7B_1146/2024 vom 8. April 2025 E. 2.5 mit Hinweisen).
1.3.3. Nach dem Gesagten fehlt es an der Eintretensvoraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG.
2.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, da sich die Beschwerde als aussichtslos erweist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dessen finanzieller Lage ist bei der Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat und dem Bezirksgericht Winterthur, Zwangsmassnahmengericht, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. April 2025
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Der Gerichtsschreiber: Schurtenberger