Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_465/2023, 8C_467/2023
Urteil vom 16. September 2024
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Grünenfelder.
Verfahrensbeteiligte
8C_465/2023
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow,
Beschwerdegegner,
und
8C_467/2023
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente, Invalideneinkommen),
Beschwerden gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 9. Juni 2023 (62/2022/9).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________, geboren 1966, arbeitete als Monteur bei der B.________ GmbH, (heute: C.________ AG), und war dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Bei einem Verkehrsunfall am 3. Juli 2013 zog er sich ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma, ein stumpfes Bauch- und Thoraxtrauma sowie verschiedene, die rechte Körperseite betreffende Knochenbrüche zu. Diese multiplen Verletzungen erforderten mehrere Operationen, welche am Spital D.________ durchgeführt wurden (Hospitalisation vom 3. bis 16. Juli 2013). Die Suva übernahm die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung und Taggeld). Im Dezember 2013 meldete sich A.________ (auch) bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Im Unfallverfahren wurde ihm am 30. Juni 2014 für die erlittenen somatischen Beeinträchtigungen rechtskräftig eine Integritätsentschädigung von 10 % zugesprochen.
A.b. Die Invalidenversicherung liess A.________ durch die ABI Aerztliches Begutachtungsinstitut GmbH (nachfolgend: ABI), Basel, polydisziplinär begutachten und verneinte am 8. Dezember 2017 einen Leistungsanspruch. Das Obergericht des Kantons Schaffhausen hob die entsprechende Verfügung beschwerdeweise auf und sprach A.________ mit rechtskräftigem Entscheid vom 11. Februar 2020 ab 1. Juni 2014 eine Viertelsrente der Invalidenversicherung zu (Invaliditätsgrad: 40 %).
A.c. Zwischenzeitlich hatte die Suva bei der MEDAS Zentralschweiz, Luzern, ein die ABI-Expertise ergänzendes polydisziplinäres Gutachten vom 18. Februar 2019 eingeholt. Sie schloss den Fall mit Verfügung vom 5. Juli 2019 per Ende August 2019 ab, sprach A.________ ab 1. September 2019 eine Invalidenrente (Invaliditätsgrad: 46 %) zu und anerkannte einen zusätzlichen (körperlichen) Integritätsschaden, basierend auf einer Integritätseinbusse von 5 %. Am 25. Februar 2020 verfügte die Suva sodann gestützt auf eine Integritätseinbusse von 50 % eine zusätzliche Integritätsentschädigung für die auf den Unfall zurückzuführenden psychischen Beschwerden. Mit Einspracheentscheid vom 18. Mai 2022 hielt sie an der zugesprochenen Invalidenrente fest und verneinte einen 65 % übersteigenden Gesamtintegritätsschaden.
B.
Die dagegen gerichtete Beschwerde des A.________ hiess das Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Entscheid vom 9. Juni 2023 (teilweise) gut, hob den Einspracheentscheid vom 18. Mai 2022 auf und sprach A.________ eine Invalidenrente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 54 % zu. Zwecks betragsmässiger Festlegung der Rente wies es die Sache an die Suva zurück.
C.
C.a. Die Suva führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Verfahren 8C_465/2023) und beantragt, in Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie dem Versicherten die Herabsetzung des Invaliditätsgrades, welcher der ab 1. September 2019 zugesprochenen Invalidenrente zugrundeliege, auf 40 % in Aussicht stelle und ihm Gelegenheit zum Rückzug der vorinstanzlichen Beschwerde gebe. Eventualiter sei der Einspracheentscheid vom 18. Mai 2022 zu bestätigen, subeventualiter der ab 1. September 2019 geltende Invaliditätsgrad auf 48 % festzulegen.
C.b. A.________ lässt ebenfalls Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben (Verfahren 8C_467/2023) mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids sei ihm eine Invalidenrente auf der Basis einer vollumfänglichen Erwerbsunfähigkeit zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache an die Suva, subeventualiter an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie zur weiteren Abklärung der Leistungsfähigkeit ein gerichtliches Gutachten einhole; hernach sei über den Rentenanspruch neu zu befinden. Sodann ersucht A.________ um unentgeltliche Rechtspflege.
Während beide Beschwerde führenden Parteien auf Abweisung der jeweils entgegengesetzten Beschwerde schliessen, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit in beiden Beschwerdeverfahren auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1. Soweit das kantonale Gericht die Sache im angefochtenen Entscheid zur Rentenfestsetzung zurückgewiesen hat, handelt es sich formal um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG. Da die Rückweisung jedoch einzig der rechnerischen Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient und demgemäss der Verwaltung keine Entscheidungsfreiheit mehr verbleibt, ist sie als Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG zu behandeln (SVR 2008 IV Nr. 39 S. 131, 9C_684/2007 E. 1.1; Urteil 8C_764/2014 vom 23. März 2015 E. 1.3). Nachdem auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind, kann die Beschwerde - wie von den Prozessparteien übereinstimmend beantragt - materiell behandelt werden.
1.2. Den Beschwerden der Suva (8C_465/2023) und des Versicherten (8C_467/2023) liegt derselbe Sachverhalt zugrunde. Es stellen sich überdies konnexe Rechtsfragen; die Rechtsmittel sind gegen den nämlichen Entscheid gerichtet. Daher rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren zu vereinigen und in einem Urteil zu erledigen (vgl. BGE 144 V 173 E. 1.1 mit Hinweis; Urteil 8C_457/2023 vom 27. Dezember 2023 E. 1 mit Hinweis).
2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ; BGE 148 V 209 E. 2.2 mit Hinweis).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG ).
3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die vorinstanzliche Zusprache einer Invalidenrente der Unfallversicherung basierend auf einem Invaliditätsgrad von 54 % aus Sicht des Bundesrechts stand hält.
3.1. Das kantonale Gericht hat richtig erkannt, dass im Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 3. Juli 2013 die bis 31. Dezember 2016 gültig gewesenen Bestimmungen des UVG zur Anwendung gelangen (vgl. BGE 146 V 51 E. 2.3).
3.2. Sodann findet sich im angefochtenen Entscheid eine zutreffende Darstellung der Bestimmungen und Grundsätze über die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers bei Unfällen (Art. 6 Abs. 1 UVG), die Voraussetzungen des Anspruchs auf eine Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 UVG) und die Invaliditätsbemessung nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG). Richtig sind auch die Ausführungen über den Beweiswert von Arztberichten im Allgemeinen (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a) und von Berichten versicherungsinterner Ärzte im Besonderen (BGE 145 V 97 E. 8.5; 135 V 465 E. 4.4). Darauf wird verwiesen.
4.
Die Vorinstanz hat dem polydisziplinären Gutachten der MEDAS Zentralschweiz vom 18. Februar 2019 Beweiskraft zuerkannt und auf den Mittelwert der darin genannten Arbeitsfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten von 55 bis 60 % abgestellt (nämlich: 57,5 %). Im Rahmen des Einkommensvergleichs hat sie die im Einspracheentscheid vom 18. Mai 2022 vertretene Auffassung übernommen, wonach das Valideneinkommen anhand der vom Bundesamt für Statistik (BfS) herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (nachfolgend: LSE), indexiert für das Jahr 2019, auf Fr. 68'367.- zu veranschlagen sei (LSE 2018, TA1_tirage_skill_level, Männer, Total, Kompetenzniveaur 1). Anhand der Gegenüberstellung mit dem aufgrund desselben Tabellenwerts - jedoch unter Berücksichtigung eines 20%igen anstelle des von der Suva verfügten 10%igen Abzugs vom Tabellenlohn - ermittelten Invalideneinkommen von Fr. 31'449.- (Fr. 68'367.- x 0.575 = Fr. 39'311.- x 0.8) hat das kantonale Gericht den Invaliditätsgrad auf 54 % festgelegt und die Beschwerde des Versicherten daher (teilweise) gutgeheissen.
5.
5.1. Was Letzterer im Verfahren 8C_467/2023 dagegen vorbringt, verfängt nicht. Soweit er im Hinblick auf die vorinstanzliche Beweiswürdigung (erneut) rügt, ihm stehe eine Invalidenrente auf der Basis einer vollumfänglichen Erwerbsunfähigkeit zu, lässt er ausser Acht, dass das kantonale Gericht einlässlich dargelegt hat, weshalb davon in Anbetracht des psychiatrischen MEDAS-Teilgutachtens der Dr. med. E.________ vom 6. November 2018 keine Rede sein kann (vgl. vorinstanzliche Erwägung 4.2). Beizupflichten ist den Erwägungen des kantonalen Gerichts auch und im Wesentlichen darin, dass ausgehend von der gutachterlichen Hauptdiagnose ("Anhaltende depressive Episode, gegenwärtig mittelgradig ausgeprägt, differenzialdiagnostisch rezidivierende depressive Störung [F32.1, DD F33.1 nach ICD-10]") keine nennenswerten Widersprüche zur übrigen Aktenlage bestehen. Das gilt besonders im Hinblick auf die in der Psychiatrie F.________ vom 31. Januar bis 24. April 2019 durchgeführte stationäre Behandlung (vgl. Austrittsbericht vom 10. Mai 2019), auf welche in der Beschwerde im Weiteren Bezug genommen wird. Fehlt es dabei offenkundig an Anhaltspunkten für eine seit der Begutachtung durch Dr. med. E.________ eingetretene (dauerhafte) Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustands, so findet die Behauptung, es liege eine jegliche Erwerbstätigkeit ausschliessende psychische Einschränkung vor, keine Stütze. Ausserdem setzten sich die Behandler der Psychiatrie F.________ mit der Arbeitsfähigkeit des Versicherten überhaupt nicht auseinander, sodass er daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten kann.
5.2. Gleiches gilt entgegen der Ansicht des Versicherten in Anbetracht der am 24. Februar 2020 erstatteten versicherungsinternen Beurteilung des psychischen Integritätsschadens durch den Suva-Psychiater Dr. med. G.________. Dieser bestätigte explizit, mit Dr. med. E.________ sei von erheblichen Auffälligkeiten in der Persönlichkeit des Versicherten auszugehen, welche jedoch unfallfremd seien und einen starken Einfluss auf den Verlauf und das Ausmass der psychischen Beschwerden und Beeinträchtigungen hätten. Im Sinne einer ganzheitlichen Würdigung sei daher nicht von einer mittelschweren bis schweren, sondern bloss von einer eigentlich mittelschweren depressiven Störung auszugehen, was immer noch eine recht grosszügige Beurteilung darstelle. Mit anderen Worten besteht, anders als der Versicherte meint, eine vollumfängliche Übereinstimmung zwischen der auf die Arbeitsfähigkeit bezogenen Einordnung der psychischen Beschwerden durch die psychiatrische MEDAS-Expertin Dr. med. E.________ und der soeben erwähnten des Dr. med. G.________. Nachdem auch der Anspruch auf eine Integritätsentschädigung einen Schaden voraussetzt, der in einem natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zum Unfall steht (vgl. BGE 142 V 435 E. 1; 129 V 177 E. 3.1 und 3.2; Urteil 8C_643/2018 vom 4. Juli 2019 E. 5.3.1.3), zielen die diese Tatsache ausser Acht lassenden weiteren Einwände des Versicherten allesamt ins Leere. Der in der Beschwerde erwähnte Art. 36 Abs. 2 UVG ändert am Erfordernis des adäquaten Kausalzusammenhangs ebenfalls nichts (dazu schon: BGE 115 V 413; ferner: Urteil 8C_483/2021 vom 11. Februar 2022 E. 2.2.2 mit Hinweisen). Dass die von Dr. med. E.________ attestierten und von Dr. med. G.________ bestätigten vorbestehenden psychischen Einschränkungen erst durch den Unfall aktiviert oder durch die Vorinstanz in diesem Sinn unzutreffend interpretiert worden wären, ist nicht erstellt. Der diesbezüglich sorgfältigen Beweiswürdigung im angefochtenen Entscheid begegnet der Versicherte in erster Linie mit der Wiederholung des bereits im kantonalen Verfahren Vorgebrachten. Dabei beschränkt er sich in weiten Teilen darauf, den stichhaltigen vorinstanzlichen Darlegungen die eigene Sichtweise gegenüberzustellen. Auch anderweitig vermag er weder (substanziiert) aufzuzeigen noch ist zu erkennen, inwieweit das kantonale Gericht die medizinischen Akten rechtsfehlerhaft gewürdigt und dergestalt eine vollumfängliche Erwerbsunfähigkeit aus psychischen - oder somatischen (gastroenterologischen) - Gründen übersehen haben soll.
5.3. Da somit von weiteren medizinischen Abklärungen, vor allem der (eventualiter) verlangten Einholung eines Obergutachtens, keine entscheidrelevanten Erkenntnisse zu erwarten sind, durfte das kantonale Gericht bundesrechtskonform und ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes davon absehen (zur antizipierten Beweiswürdigung: BGE 144 V 361 E. 6.5; 136 I 229 E. 3).
6.
Im Verfahren 8C_465/2023 verweist die Beschwerde führende Suva vorab auf den rechtskräftigen obergerichtlichen Entscheid vom 11. Februar 2020 über die von der Invalidenversicherung auszurichtende Viertelsrente. Sie rügt, es sei unzulässig, wenn das kantonale Gericht dort noch von einem Abzug vom Tabellenlohn abgesehen und den Invaliditätsgrad mit 40 % beziffert habe, wohingegen es in der Unfallversicherung einen solchen von 20 % anerkenne, was zu einem wesentlich höheren Invaliditätsgrad (54 %) führe. Selbst wenn der Vorinstanz in diesem Punkt keine Rechtsverletzung vorgeworfen werden könnte, bleibe unverständlich, weshalb sie anstelle des im Einspracheentscheid vom 18. Mai 2022 gewährten 10%igen Abzugs einen solchen von 20 % bejaht habe. Schliesslich sei dem Versicherten im MEDAS-Gutachten vom 18. Februar 2019 eine real zumutbare Arbeitszeit von immerhin 5 Stunden täglich - entsprechend einer Arbeitsfähigkeit von 59,95 % bei einer betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit im Jahr 2019 von 41,7 Stunden - attestiert worden. Demzufolge verletze die vorinstanzliche Annahme einer tieferen Arbeitsfähigkeit von 57,5 % für angepasste Tätigkeiten Bundesrecht.
7.
7.1. Soweit die Suva im Rahmen ihres Hauptantrags auf eine Bindungswirkung schliessen will, hat das Bundesgericht eine solche für die Unfallversicherung schon in BGE 131 V 362 hinsichtlich der durch die Invalidenversicherung vorgenommenen Invaliditätsschätzung verneint. Dies wurde vor allem damit begründet, dass der Unfallversicherer mangels "Berührtseins" im Sinne von Art. 49 Abs. 4 ATSG nicht zur Einsprache oder zur Beschwerde gegen den Entscheid der IV-Stelle über den Rentenanspruch als solchen oder den Invaliditätsgrad berechtigt sei. Die Rechtsprechung bestätigte das Fehlen einer (auch nur) relativen Bindungswirkung der Invaliditätsschätzung der Invalidenversicherung für die Unfallversicherung in der Folge auch im umgekehrten Fall (BGE 133 V 549). Dabei trug das Bundesgericht dem Umstand Rechnung, dass die Voraussetzungen für eine Rente in den erwähnten Sozialversicherungszweigen trotz des grundsätzlich gleichen Invaliditätsbegriffs verschieden sind, berücksichtigt doch die Invaliditätsschätzung in der Unfallversicherung lediglich die natürlich und adäquat kausalen gesundheitlichen und erwerblichen Unfallfolgen. Daher ist bei einem rechtskräftigen Abschluss des Unfallversicherungsverfahrens selbst im Fall der Beteiligung der IV-Stelle ein späterer Streit um eine Rente der Invalidenversicherung nicht ein für alle Mal ausgeschlossen. Häufig bestehen denn auch nicht bloss unfallbedingte gesundheitliche Beeinträchtigungen, sondern auch krankhafte Vorzustände oder psychische Fehlentwicklungen, für welche der Unfall keine adäquat kausale Ursache darstellt (BGE 133 V 549 E. 6.2; vgl. auch Urteil 8C_729/2020 vom 16. April 2021 E. 7.1).
7.2. Im Licht dieser Rechtsprechung erkannte die Praxis sodann, dass nicht nur die Invalidenversicherung, sondern daran anschliessend auch das kantonale Gericht den Leistungsanspruch selbstständig und ohne Bindung an die Feststellung der Invalidität durch die Unfallversicherung zu prüfen hat (BGE 136 V 279 E. 4.1; Urteil 9C_898/2008 vom 28. November 2008; E. 7.1 hiervor). Ein stichhaltiger Grund, weshalb es sich im - hier interessierenden - umgekehrten Fall auf gerichtlicher Ebene anders verhalten sollte als auf Verwaltungsstufe (BGE 133 V 549), ist nach dem Gesagten ebenso wenig zu ersehen. Erachtete sich das kantonale Gericht somit an seine im Entscheid vom 11. Februar 2020 getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand des Versicherten nicht gebunden und prüfte es die Beweiskraft des MEDAS-Gutachtens vom 18. Februar 2019 für die Belange der Unfallversicherung neu, so ist dies nicht zu beanstanden. Damit erweist sich auch die gestützt darauf getroffene Festlegung des Invaliditätsgrads (auf 40 %) samt Abzug vom Tabellenlohn im vorliegenden Verfahren betreffend Unfallversicherung als nicht bindend. Dies gilt umso mehr, als für die damalige Zusprache einer Viertelsrente der Invalidenversicherung allein das Erreichen der Erheblichkeitsgrenze von 40 % massgeblich war (vgl. aArt. 28 Abs. 2 IVG), wohingegen in der Unfallversicherung ab einem Invaliditätsgrad von 10 % (vgl. Art. 18 Abs. 1 UVG) eine prozentgenaue Rentenzusprache zu erfolgen hat.
8.
8.1. Das kantonale Gericht hat sodann - wie erwähnt (vgl. E. 4 hievor) - abweichend von der Suva einen 20%igen Abzug vom Tabellenlohn vorgenommen. Wird in der Beschwerde eventualiter verlangt, es sei am gemäss Einspracheentscheid vom 18. Mai 2022 auf 10 % festgelegten Abzug festzuhalten, so stellt sich die Frage, ob das diesbezügliche Eingreifen in das Ermessen des Beschwerde führenden Unfallversicherers als rechtens anzusehen ist.
8.2.
8.2.1. Die vorinstanzliche Begründung, es bedürfe einer wohlwollenden, wertschätzenden Arbeitsatmosphäre, idealerweise in einem Team, das den Versicherten aufnehme, zielt ins Leere. Denn praxisgemäss stellt eine psychisch bedingte verstärkte Rücksichtnahme seitens Vorgesetzter und mitarbeitender Personen in der Regel keinen eigenständigen Abzugsgrund dar (statt vieler: Urteile 8C_504/2018 vom 19. Oktober 2018 E. 3.6.1; 8C_327/2018 vom 31. August 2018 E. 3.5; 9C_366/2015 vom 22. September 2015 E. 4.3.1). Der massgebliche ausgeglichene Arbeitsmarkt (Art. 16 ATSG) umfasst im Übrigen auch sogenannte Nischenarbeitsplätze, also Stellen- und Arbeitsangebote, bei welchen eingeschränkte Personen mit einem sozialen Entgegenkommen seitens des Arbeitgebers rechnen können (BGE 148 V 174 E. 9.1; Urteil 9C_134/2016 vom 12. April 2016 E. 5.3).
8.2.2. Sodann ist dem im MEDAS-Gutachten vom 18. Februar 2019 enthaltenen Belastungsprofil zu entnehmen, aus gastroenterologischer Sicht führten die leicht- bis mässiggradigen funktionellen diarrhoeartigen Stuhlunregelmässigkeiten, welche eine diätische Anpassung in Form eines speziellen Mahlzeitenrhythmus erforderten, zu einer Verkürzung der täglichen Arbeitszeit um 20 bis 30 %. Ausgeschlossen sei somit eine körperlich belastende Tätigkeit, weil eine solche einen regelmässigen Mahlzeitenrhythmus mit ausreichender Kalorienzufuhr voraussetze. Möglich sei aber eine eher leichte Tätigkeit. Eine Toilette müsse dabei jederzeit erreichbar sein und der Arbeitsprozess kurzfristig für Toilettenbesuche unterbrochen werden können. Die Leistungsfähigkeit per se sei durch die gastroenterologischen Symptome allein nicht wesentlich reduziert, jedoch deren zeitlicher Umfang. Vor diesem Hintergrund ergibt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz gerade keine erhebliche qualitative gastroenterologisch bedingte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. Denn sowohl die Anforderung, jederzeit eine Toilette aufsuchen zu können, als auch die Notwendigkeit eines speziellen Mahlzeitenrhythmus - worin das kantonale Gericht abzugsbegründende Faktoren ersehen hat - sind gemäss beweiskräftiger gutachterlicher Einschätzung durch die zeitliche Reduktion der Arbeitsfähigkeit bereits abgedeckt. Sie können somit nicht zusätzlich in die Bemessung des leidensbedingten Abzugs einfliessen und so zu einer doppelten Anrechnung desselben Gesichtspunkts führen (BGE 146 V 16 E. 4.1 mit Hinweis).
8.3.
8.3.1. Was in der Vernehmlassung dazu vorgebracht wird, führt zu keinem anderen Ergebnis. Unbegründet sind vorab die Einwände betreffend BGE 148 V 174. Auf die in diesem Urteil ausführlich wiedergegebene bundesgerichtliche Rechtsprechung betreffend Abzug vom Tabellenlohn (zur Geltung in der Unfallversicherung: Urteil 8C_541/2021 vom 18. Mai 2022) kann ohne Weiteres verwiesen werden. So bestätigte das Bundesgericht (auch) seither verschiedentlich, dass soweit einer versicherten Person nur mehr leichte Arbeiten zumutbar sind, dies auch bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit nicht automatisch einen zusätzlichen leidensbedingten Abzug nach sich zieht, weil der Tabellenlohn im Kompetenzniveau 1 bereits eine Vielzahl von leichten Tätigkeiten umfasst. Lediglich wenn - auch in Anbetracht eines ausgeglichenen Arbeitsmarkts - unter Berücksichtigung solcher Einschränkungen, die personen- oder arbeitsplatzbezogen sein können, kein genügend breites Spektrum an zumutbaren Verweistätigkeiten mehr besteht, rechtfertigt sich allenfalls ein (zusätzlicher) Abzug vom Tabellenlohn (statt vieler: SVR 2023 UV Nr. 17 S. 54, 8C_281/2022, E. 6.4.2; Urteile 8C_53/2023 vom 31. August 2023 E. 2.5.2.2; 8C_502/2022 vom 17. April 2023 E. 5.2; je mit Hinweis auf Urteil 8C_48/2021 vom 20. Mai 2021 E. 4.3.3). Inwieweit es sich im konkreten Fall so verhalten soll, ist - wie auch die Vorinstanz eingeräumt hat - weder erkennbar noch (substanziiert) dargelegt.
8.3.2. Hinsichtlich des Pausenbedarfs ist dem psychiatrischen MEDAS-Teilgutachten der Dr. med. E.________ zu entnehmen, die psychischen Störungen führten in dem Sinne zu einer zeitlichen Einschränkung, als sich die gastroenterologisch bereits auf 70 bis 80 % verkürzte Arbeitszeit (aufgrund der Pausen) nochmals reduziere. Letztlich sei von einer real nutzbaren Arbeitszeit von 5 Stunden pro Tag auszugehen. Damit fällt eine doppelte Berücksichtigung in Form eines Abzugs auch in diesem Kontext ausser Betracht (vgl. E. 8.2.2 hiervor). Dass sich der im neurologischen MEDAS-Teilgutachten vom 20. November 2018 erwähnte Pausenbedarf ("Eine Arbeitstätigkeit mit vorwiegend sitzender Tätigkeit und Einschalten von genügend Pausen [...]") - wie vernehmlasssungsweise behauptet - darüber hinaus und separat auswirken würde, geht aus dem gutachterlichen Belastungsprofil nicht hervor.
8.3.3. Hingegen weist der Versicherte grundsätzlich zu Recht darauf hin, dass er seine Arbeitsfähigkeit nicht vollschichtig umsetzen kann. Der standardisierte Median-Bruttolohn von Männern ohne Kaderfunktion liegt bei einem Teilzeitpensum von 50 bis 74 % im Vergleich zu einem Vollpensum (ab 90 %) gemäss Tabelle T18 der LSE 2018 in der Tat tiefer (vgl. dazu auch: Urteil 8C_729/2019 vom 25. Februar 2020 E. 5.3.3.1 mit Hinweisen). Ob sodann in der geltend gemachten Ausländereigenschaft (Niederlassungsbewilligung der Kategorie C) ein abzugsrelevantes Merkmal zu erblicken ist, erscheint zumindest fraglich. Zwar besteht, wie in der Beschwerde dargelegt, eine tabellarische Lohndifferenz zu Ungunsten der fraglichen Ausländerkategorie im Vergleich mit berufstätigen Schweizern (vgl. LSE 2018, TA12). Ob diese aber im Fall des Versicherten, welcher schon seit seiner Geburt in der Schweiz lebt, deutsch spricht und vor seinem Unfall bereits jahrelang im Inland erwerbstätig war (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation: Urteil 8C_829/2023 vom 12. Juli 2024 E. 6.2.5), ins Gewicht fällt, kann offen bleiben.
8.4. So oder anders finden sich keine triftigen Gründe für einen Eingriff in das Ermessen der Suva (vgl. BGE 137 V 71 E. 5.2). Die vorinstanzliche Erhöhung des Abzugs vom Tabellenlohn auf 20 % erweist sich vor diesem Hintergrund als rechtsfehlerhaft. Folglich hat es mit dem bereits im Einspracheentscheid vom 18. Mai 2022 auf 10 % festgesetzten Abzug sein Bewenden.
9.
Beizupflichten ist der Suva schliesslich auch hinsichtlich der vom kantonalen Gericht festgesetzten Arbeitsfähigkeit. Wohl kann praxisgemäss im Fall einer seitens der medizinischen Sachverständigen festgelegten Bandbreite (hier: 55 bis 60 %) in der Regel vom Mittelwert ausgegangen werden (vgl. Urteil 9C_280/2010 vom 12. April 2011 E. 4.2, nicht publ. in: BGE 137 V 71, aber in: SVR 2011 IV Nr. 69 S. 207; Urteil I 822/04 vom 21. April 2005 E. 4.4). Vorliegend wurde die zumutbare Arbeitsfähigkeit aber näher definiert. Die psychiatrische MEDAS-Gutachterin Dr. med. E.________ legte - wie erwähnt (vgl. E. 8.3.2 hiervor) - im Rahmen ihrer für die Gesamtbeurteilung entscheidenden psychiatrischen Begutachtung eingehend dar, real sei eine Arbeitszeit von 5 Stunden täglich zumutbar. Weshalb darauf nicht abgestellt werden könnte, ist weder erkennbar noch dem angefochtenen Entscheid zu entnehmen. Aufgerechnet auf 25 Wochenstunden entspricht dies, wie von der Suva zutreffend berechnet im Vergleich zur betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,7 Stunden einer konkreten Arbeitsfähigkeit von 59,95 %. Die vorinstanzliche Reduktion auf 57,5 % verletzt folglich Bundesrecht.
10.
Somit ist dem unbestrittenen Valideneinkommen von Fr. 68'367.- das von der Suva basierend auf einer verwertbaren Arbeitszeit von 5 Stunden pro Woche (für 2019: Fr. 5'465.03 bei 40 Wochenstunden, das heisst Fr. 3'415.64 bei 25 Wochenstunden) - unter Berücksichtigung eines 10%igen Abzugs - für das Jahr 2019 korrekt ermittelte Invalideneinkommen von Fr. 36'889.- (Fr. 3'415.64 x 12 x 0.9) gegenüberzustellen. Daraus resultiert der im Einspracheentscheid vom 18. Mai 2022 zu Recht auf 46 % festgelegte Invaliditätsgrad.
11.
Insgesamt ist die Beschwerde der Suva (8C_465/2023) teilweise gutzuheissen und der angefochtene obergerichtliche Entscheid entsprechend abzuändern. Demgegenüber erweist sich die Beschwerde des Versicherten (8C_467/2023) als unbegründet, was zu deren Abweisung führt.
12.
Dem Ausgang des Verfahrens folgend hat der Versicherte grundsätzlich die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Prozessführung und Verbeiständung) kann jedoch entsprochen werden ( Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG ). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach die begünstigte Partei der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu in der Lage ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verfahren 8C_465/2023 und 8C_467/2023 werden vereinigt.
2.
Die Beschwerde der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) im Verfahren 8C_465/2023 wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 9. Juni 2023 wird aufgehoben und der Einspracheentscheid der Suva vom 18. Mai 2022 bestätigt. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
3.
Die Beschwerde des A.________ im Verfahren 8C_467/2023 wird abgewiesen.
4.
A.________ wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Dr. Volker Pribnow wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.
5.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.- werden A.________ auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.
6.
Dem Rechtsvertreter des A.________ wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 4'200.- ausgerichtet.
7.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Obergericht des Schaffhausen zurückgewiesen.
8.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 16. September 2024
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder