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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_440/2024  
 
 
Urteil vom 17. April 2025  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Haag, Präsident, 
Bundesrichter Müller, 
nebenamtliche Bundesrichterin Pont Veuthey, 
Gerichtsschreiberin Gerber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Gemeinde Riehen, 
Wettsteinstrasse 1, 4125 Riehen, 
vertreten durch Andreas Dürr und/oder 
Adrien Jaccottet, Advokaten, 
 
Amt für Umwelt und Energie 
des Kantons Basel-Stadt, 
Spiegelgasse 15, Postfach, 4001 Basel. 
 
Gegenstand 
Rechtsverweigerung (Lärmschutz), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, vom 14. Juni 2024 (VD.2023.174, VD.2024.17). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ist Eigentümer und Bewohner der Liegenschaft am Grenzacherweg xxx in Riehen. Er beschwert sich seit Jahren über die Lärmbelastung am Grenzacherweg. Mit Eingabe vom 31. Oktober 2023 erhob er beim Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt Rekurs wegen Rechtsverweigerung durch das kantonale Amt für Umwelt und Energie (AUE) und den Gemeinderat Riehen betreffend die Lärmsanierung des Grenzacherwegs (Verfahren VD.2023.174). 
Daraufhin wurde ihm mitgeteilt, das AUE habe bereits mit Verfügung vom 27. September 2023 die zur Reduktion der Lärmimmissionen am Grenzacherweg erforderlichen Massnahmen angeordnet. Diese Verfügung sei aber von der Gemeinde Riehen mit Rekurs angefochten worden. Mit Verfügung des Departements Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt (WSU) vom 11. Dezember 2023 wurde A.________ zum Rekursverfahren beigeladen. 
 
B.  
Der Regierungsrat überwies die Eingabe A.________ s mit Schreiben vom 29. November 2023 dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt zum Entscheid und wies darauf hin, dass er nur für die Beschwerde gegen die Gemeinde Riehen zuständig sei. Mit Bezug auf das AUE sei das WSU zuständig, welches ein gesondertes Verfahren führe. 
Das WSU wies den Rekurs von A.________ gegen das AUE am 12. Januar 2024 ab, soweit es darauf eintrat. Dagegen erhob A.________ am 17. Januar 2024 Rekurs an den Regierungsrat, der den Rekurs am 26. Januar 2024 wiederum dem Appellationsgericht zum Entscheid überwies (VD.2024.17). 
 
C.  
Das Appellationsgericht entschied am 14. Juni 2024 über beide Rekurse gemeinsam. Es wies sie ab, soweit es darauf eintrat. 
 
D.  
Gegen den Entscheid im Verfahren VD.2023.174 (Rechtsverweigerung bzw. Rechtsverzögerung durch die Gemeinde Riehen) hat A.________ am 16. Juli 2024 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, das Appellationsgericht Basel-Stadt sei wegen eines falschen Sachverhalts zu rügen und die Sache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Auflage, ein neues Urteil auf der Grundlage des wirklichen Sachverhalts zu fassen. 
 
E.  
Das Appellationsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde und verzichtet im Übrigen auf eine Vernehmlassung. Die Gemeinde Riehen beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Sie weist darauf hin, dass ihrem Rekurs gegen die Sanierungsverfügung des AUE mit Zwischenentscheid des WSU vom 3. Juli 2024 die aufschiebende Wirkung entzogen und ihr eine neue Frist bis 30. Juni 2025 gesetzt worden sei, um am Grenzacherweg einen lärmmindernden Deckbelag einzubauen. Das AUE hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
F.  
In seiner Replik vom 15. November 2024 hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest. Er führt aus, die Gemeinde Riehen habe Rekurs gegen den Entzug der aufschiebenden Wirkung an das Appellationsgericht erhoben. Dies belege, dass sie nicht gewillt sei, die ihr neu gesetzte Frist einzuhalten. Am 7. März 2025 reicht der Beschwerdeführer den Entscheid des Appellationsgerichts vom 27. Februar 2025 zu den Akten, der den Rekurs der Gemeinde Riehen gegen den Entzug der aufschiebenden Wirkung gutheisst. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Appellationsgerichts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG). Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Abweisung (soweit Eintreten) seines Rechtsverzögerungs- und -verweigerungsrekurses gegen die Gemeinde Riehen. Dazu ist er als Rekurrent grundsätzlich befugt (Art. 89 Abs. 1 BGG). 
Fraglich ist, inwiefern noch ein aktuelles Rechtsschutzbedürfnis an der Beurteilung der Anträge vom 31. Oktober 2023 besteht, nachdem bereits am 27. September 2023 eine Sanierungsverfügung des AUE erlassen worden ist. Die Frage kann offenbleiben, sofern die Beschwerde ohnehin abzuweisen ist. 
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 lit. a-c BGG). Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht) prüft es dagegen nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG); hierfür gelten qualifizierte Begründungsanforderungen (BGE 139 I 229 E. 2.2 mit Hinweisen). Soweit die Beschwerdeschrift diese Anforderungen nicht erfüllt, ist darauf nicht einzutreten. 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 und Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Das Vorbringen von Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereignet haben oder entstanden sind (echte Noven), ist vor Bundesgericht grundsätzlich unzulässig (BGE 143 V 19 E. 1.1 S. 23 mit Hinweisen). Auf die vom Beschwerdeführer eingereichten neuen Unterlagen, die nach dem angefochtenen Entscheid vom 14. Juni 2024 datieren, ist daher nicht weiter einzugehen. 
 
3.  
Angefochten ist einzig der Entscheid des Appellationsgerichts im Verfahren VD.2023.174 gegen die Gemeinde Riehen. Der Beschwerdeführer hatte dieser Rechtsverweigerung bzw. -verzögerung vorgeworfen aufgrund der "viel zu lange andauernden widerrechtlichen Lärmsituation des Grenzacherwegs". 
 
3.1. Das Appellationsgericht hielt fest, dass die Gemeinde Riehen als für die Gemeindestrassen zuständiges Gemeinwesen bei Grenzwertüberschreitungen primär für die Ergreifung der erforderlichen Sanierungsmassnahmen verantwortlich sei; nur wo sie dieser Verpflichtung nicht nachzukommen gewillt oder in der Lage sei, habe das AUE als kantonale Vollzugsbehörde zu entscheiden. Nachdem aber nunmehr das AUE eine Sanierungsverfügung erlassen habe, liege unabhängig vom Verhalten der Gemeinde Riehen keine Rechtsverweigerung mehr vor.  
Inwieweit die Gemeinde zur Vornahme von Sanierungsmassnahmen verpflichtet sei, sei Gegenstand des hängigen departementalen Rekursverfahrens gegen die Verfügung vom 27. September 2023. Auch die Frage, ob die Gemeinde Riehen in rechtsverzögernder oder gar rechtsverweigernder Weise ihren Sanierungspflichten gemäss Art. 16 USG nicht nachkomme, werde in jenem Verfahren zu entscheiden sein. 
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers könne der Gemeinde auch nicht vorgeworfen werden, gegen die Verfügung vom 27. September 2023 Rekurs erhoben zu haben: Sie sei durch die Sanierungsverfügung in ihrer Autonomie tangiert und sei daher (ebenso wie der Beschwerdeführer) berechtigt, deren Rechtmässigkeit in einem Rechtsmittelverfahren überprüfen zu lassen. Die Erhebung dieses Rekurses könne daher keine Rechtsverweigerung begründen. 
 
3.2. Der Beschwerdeführer wirft dem Appellationsgericht vor, von einem falschen Sachverhalt ausgegangen zu sein, weil es angenommen habe, dass die Gemeinde gestützt auf eigene Lärmmessungen weiterhin eine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte bestreite. Dies treffe nicht zu, hätten doch die von der Gemeinde im März 2023 durchgeführten Lärmmessungen am Grenzacherweg gemäss Bericht vom 14. April 2023 eine "sehr gute Übereinstimmung" mit den vorherigen Berechnungen aufgewiesen, d.h. die Grenzwertüberschreitung bestätigt. Die Gemeinde habe denn auch gegenüber dem AUE mit Schreiben vom 9. Mai und vom 29. August 2023 geltend gemacht, sie wolle den Strassenbelagswechsel am Grenzacherweg nicht sofort durchführen, um ihn mit (später) geplanten Werkleitungserneuerungen und dem Ausbau des Fernwärmenetzes zu koordinieren.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, diese falsche Sachverhaltsfeststellung sei entscheiderheblich gewesen, weil das Appellationsgericht daraus gefolgert habe, die Gemeinde Riehen habe das Recht, die Frage der Grenzwertüberschreitung klären zu lassen, bevor sie über eine Sanierung und die zu ergreifenden Massnahmen förmlich zu beschliessen habe. 
 
3.3. Das Appellationsgericht hat zwar (in E. 4.1) der Vernehmlassung der Gemeinde entnommen, dass diese eine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte weiterhin bestreite. Es hielt aber (in E. 4.3) fest, dass die Gemeinde Riehen schon deshalb zur Rekurserhebung berechtigt gewesen sei, weil die Sanierungsverfügung des AUE sie in ihrer Autonomie tangiere. Es erwog weiter, es könne "offensichtlich nicht Gegenstand [des vorliegenden] Verfahrens sein, die Argumentation der Gemeinde zur Begründung dieses Rekurses [...] zu beurteilen". Insofern spielte die Frage, mit welchen Argumenten die Gemeinde ihren Rekurs begründete, für den Ausgang des vorliegend streitigen Verfahrens keine Rolle.  
 
3.4. Das Appellationsgericht legte im Übrigen (in E. 4.4) dar, dass nunmehr mit der Verfügung des AUE vom 27. September 2024 eine Sanierungsverfügung erlassen worden sei, weshalb insofern keine Rechtsverweigerung mehr vorliege. Es ging also gerade nicht davon aus, dass die Gemeinde (nach einer allfälligen Überprüfung der Immissionsgrenzwerte) noch verpflichtet sei, eine eigene, kommunale Sanierungsverfügung zu erlassen. Der Beschwerdeführer legt nicht substanziiert dar, inwiefern dies Bundesrecht verletzte; dies liegt auch nicht auf der Hand.  
 
3.5. Kommt es nach dem Gesagten für den Ausgang des Verfahrens auf die vom Beschwerdeführer gerügte Sachverhaltsannahme nicht an, besteht kein Anlass, diese zu korrigieren und den angefochtenen Entscheid aufzuheben (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
4.  
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 BGG) und sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Gemeinde Riehen, dem Amt für Umwelt und Energie des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. April 2025 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Haag 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gerber