Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9D_9/2023  
 
 
Urteil vom 17. Oktober 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Finanzdepartement des Kantons Solothurn, Erlassabteilung, Rathaus, 4509 Solothurn, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Solothurn, Steuerperiode 2021, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonalen Steuergerichts Solothurn vom 28. August 2023 (SGSEK.2023.12). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (nachfolgend: die Steuerpflichtige) hat steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________/SO. Zur hier interessierenden Steuerperiode 2021 ist sie rechtskräftig veranlagt worden. Am 23. Januar 2023 ersuchte die Steuerpflichtige um Erlass der offenen Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Solothurn, Steuerperiode 2021, von Fr. 932.65. Sie begründete dies damit, dass sie von Renten aus erster und zweiter Säule sowie den zusätzlich ausgerichteten Ergänzungsleistungen lebe. Mit Verfügung vom 8. Mai 2023 hiess das Finanzdepartement des Kantons Solothurn das Erlassgesuch im Umfang der hälftigen offenen Steuern, ausmachend Fr. 466.35, gut. Bei Gegenüberstellung von Einkommen und festen Lebenshaltungskosten verblieb nach Ansicht des Finanzdepartements ein Freibetrag von rund Fr. 160.-, was einem Teilerlass, so das Finanzdepartement, aber nicht entgegenstehe. Dementsprechend blieben Fr. 466.30 zu bezahlen.  
 
1.2.  
 
1.2.1. Dagegen gelangte die Steuerpflichtige am 24. Mai 2023 an das Steuergericht des Kantons Solothurn. Sie machte geltend, das betreibungsrechtliche Existenzminimum nicht zu erreichen. Zudem seien ihr Gelder für die Tochter angerechnet worden, die ihr aber nicht zur Verfügung stünden. Das steuerbare Einkommen betrage Fr. 19'937.-, dies bei Einnahmen von der Höhe von Fr. 26'600.- und Abzügen von Fr. 6'663.-.  
 
1.2.2. Das Steuergericht wies den Rekurs mit Urteil vom 28. August 2023 im Verfahren SGSEK.2023.12 ab. Es erwog, gemäss Vorinstanz bestünden ein Einkommen von Fr. 3'102.- (Rente aus erster Säule, Ergänzungsleistungen, Rente aus zweiter Säule) sowie anrechenbare Ausgaben von Fr. 2'942.-. Dies ergebe einen Überschuss von Fr. 160.- pro Monat. Mit der Steuerpflichtigen gelte, dass Ergänzungsleistungen nicht zu versteuern seien. Entgegen deren Auffassung könnten die Ergänzungsleistungen für die Zwecke des betreibungsrechtlichen Existenzminimums aber nicht unberücksichtigt bleiben. Sodann sei die Kinderrente nicht in die Berechnung einbezogen worden, was die Steuerpflichtige übersehe. Das Existenzminimum sei in allen Teilen zutreffend berechnet worden. Der Teilerlass von 50 Prozent sei angemessen. Was die verbleibende zweite Hälfte der offenen Steuern angehe, könne die Steuerpflichtige beim Steueramt des Kantons Solothurn um Ratenzahlungen ersuchen.  
 
1.3. Mit Eingabe vom 2. Oktober 2023 erhebt die Steuerpflichtige beim Bundesgericht subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Sie ersucht sinngemäss um Aufhebung des angefochtenen Entscheids und um Erlass der verbleibenden Fr. 466.30.  
 
2.  
 
2.1. Streitig ist der Erlass von Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Solothurn. Weder stellt sich dabei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch liegt aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vor (Art. 83 lit. m BGG), was die Steuerpflichtige auch gar nicht vorbringt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Entsprechend entfällt die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) und kann, bei gegebenen Voraussetzungen, einzig die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG; BGE 149 I 109 E. 2.1; 147 I 89 E. 1.1; Urteil 9D_8/2023 vom 3. Oktober 2023 E. 2.1) erhoben werden. Die Eingabe ist daher als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen.  
 
2.2. Mit einer subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte gerügt werden (Art. 116 BGG; BGE 146 I 195 E. 1.2.1). Anders als im Fall des Bundesgesetzesrechts geht das Bundesgericht der Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (einschliesslich der Grundrechte) nur nach, falls und soweit eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet wird (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 116 und 117 BGG; BGE 149 I 109 E. 2.1; 149 III 81 E. 1.3). Die beschwerdeführende Person hat daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 149 III 81 E. 1.3). Fehlt es an einer derartigen Begründung, so ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (BGE 148 I 104 E. 1.5).  
 
2.3.  
 
2.3.1. Vorliegend gehen die Erlassgründe aus § 182 ff. des Gesetzes (des Kantons Solothurn) vom 1. Dezember 1985 über die Staats- und Gemeindesteuern (StG/SO; BGS 614.11) hervor. In ständiger Praxis hat das Bundesgericht erwogen, die genannten Normen verliehen keinen Rechtsanspruch auf Erlass der Steuer (zuletzt: Urteil 9D_8/2023 vom 3. Oktober 2023 E. 2.3.1). Demgemäss kann eine steuerpflichtige Person allein durch die willkürliche Auslegung und/oder Anwendung dieses kantonalen Erlassrechts und insbesondere durch die angeblich willkürliche Verweigerung des Steuererlasses in keinen rechtlich geschützten Interessen betroffen sein (Art. 115 lit. b BGG). Folglich ist sie auch nicht legitimiert, um im Erlasspunkt Willkürrügen vorzubringen (Urteile 9D_8/2023 vom 3. Oktober 2023 E. 2.3.1; zum "Bewilligungsanspruch" als Voraussetzung von Art. 115 lit. b BGG auch: BGE 149 I 72 E. 3.1; 147 I 89 E. 1.2.1; 146 I 195 E. 1.2.1).  
 
2.3.2. Fehlt im Erlassverfahren ein rechtlich geschütztes Sachinteresse, weshalb eine angebliche materielle Rechtsverweigerung nicht gerügt werden kann, bleibt es einer steuerpflichtigen Person immerhin möglich, mit der Verfassungsbeschwerde diejenigen Rechte als verletzt zu rügen, deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Das erforderliche rechtlich geschützte Verfahrensinteresse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung der Partei, am Verfahren teilzunehmen und ihre Parteirechte auszuüben ("Star-Praxis"; BGE 149 I 72 E. 3.1; Urteil 6B_562/2021 vom 7. April 2022 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 148 IV 170; BGE 141 IV 1 E. 1.1; Urteil 9D_8/2023 vom 3. Oktober 2023 E. 2.3.2). Unter diesem Titel kann etwa vorgebracht werden, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, die beschwerdeführende Person sei nicht angehört worden, sie habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder die Akteneinsicht sei ihr verwehrt worden (BGE 114 Ia 307 E. 3c). Zulässig ist auch die Rüge, das Recht zur unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV) sei in verfassungsrechtlich unhaltbarer Weise verweigert worden. Unzulässig sind dagegen Vorbringen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids hinauslaufen und die sich von der Beurteilung in der Sache nicht trennen lassen (BGE 146 IV 76 E. 2; 137 I 128 E. 3.1.1; 137 II 305 E. 2; Urteil 9D_8/2023 vom 3. Oktober 2023 E. 2.3.3).  
 
3.  
 
3.1. Die Steuerpflichtige trägt in ihrer kurzen Eingabe zunächst Kritik an der Veranlagungsverfügung vor. Sie beanstandet insbesondere, dass die "ganze Veranlagungsverfügung (...) nicht stimmt". Sämtliche Einkünfte der Tochter gingen "automatisch auf ein Konto bei der Gemeinde", welche die Mittel an die Pflegeeltern weiterleitetet. Entsprechend sei es unzutreffend, wenn die Einnahmen "mitberechnet" würden. Ihr jährliches Einkommen belaufe sich, nach Abzug des AHV-Beitrags, korrekterweise nur auf Fr. 26'072.-. Dies führe zu einem "ganz anderen Steuertarif".  
 
3.2. Soweit die Steuerpflichtige Kritik an der Veranlagungsverfügung anbringt, ist festzuhalten, dass diese in Rechtskraft erwachsen ist. Die Beanstandungen hätten im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens vorgetragen werden können. Ein Erlassverfahren kann nicht dazu dienen, um auf eine rechtskräftige Veranlagungsverfügung zurückzukommen. Dieser Grundsatz geht insbesondere aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) vom 12. Juni 2015 über die Behandlung von Gesuchen um Erlass der direkten Bundessteuer (SR 642.121) hervor. Dieser besagt: "Weder kann mit dem Gesuch die Revision der Veranlagung verlangt werden, noch ersetzt das Erlassverfahren das Rechtsmittelverfahren." Gleiches trifft zumindest sinngemäss auch auf die hier streitbetroffenen Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Solothurn zu. Abgesehen davon stehen der Steuerpflichtigen ohnehin nur Rügen zur Verfügung, die dem Wesen der "Star-Praxis" entsprechen; um im Erlasspunkt Willkürrügen vorzubringen, ist die Steuerpflichtige nicht legitimiert. Die Stossrichtung der Eingabe zielt aber geradewegs auf eine materielle Neubeurteilung der Sache ab, was nicht angeht. Zur Rüge der materiellen Rechtsverweigerung ist die Steuerpflichtige nicht zugelassen. Rügen, wonach eine formelle Rechtsverweigerung vorliege, sind nicht ersichtlich. Die Steuerpflichtige bringt weder ausdrücklich noch zumindest sinngemäss vor, die Vorinstanz habe ihren Gehörsanspruch verletzt. Damit fehlen verwertbare Rügen.  
 
3.3. Mangels hinreichender Begründung ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, was durch einzelrichterlichen Entscheid des Abteilungspräsidenten im vereinfachten Verfahren zu geschehen hat (Art. 42 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Wie die Vorinstanz ausgeführt hat, ist es der Steuerpflichtigen unbenommen, dem Steueramt des Kantons Solothurn ein Gesuch um Ratenzahlungen zu unterbreiten.  
 
4.  
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Dem Kanton Solothurn, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt der Präsident:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonalen Steuergericht Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 17. Oktober 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher