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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_483/2024  
 
 
Urteil vom 18. Dezember 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hänni, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Ryter, 
Bundesrichter Kradolfer, 
Gerichtsschreiber Marti. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Advokatin Sonia Lopez Garcia, 
 
gegen  
 
Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau, 
Rechtsdienst, Bahnhofplatz 3C, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Familiennachzug, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 28. August 2024 (WBE.2023.437). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Am 19. Mai 2007 heiratete die in der Schweiz aufenthaltsberechtigte kroatische Staatsbürgerin A.A.________ ihren Ehemann B.A.________, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina. Dieser erhielt am 24. Oktober 2008 eine in der Folge regelmässig verlängerte Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehefrau in der Schweiz. Aus der Ehe ging die Tochter C.A.________ (geb. 2009) hervor.  
 
1.2. Mit Urteil vom 26. April 2017 verurteilte das Bezirksgericht Aarau B.A.________ wegen Nötigung, qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfachen Konsums von Betäubungsmitteln zu einer 22-monatigen Freiheitsstrafe und einer Busse von Fr. 2'500.00. Zudem belief sich der Sozialhilfebezug der Familie bis Ende Mai 2017 auf über Fr. 53'000.-- und es lagen gegen B.A.________ gemäss Auszug des Betreibungsamts U.________ vom 2. Juni 2017 insgesamt 24 ungetilgte Verlustscheine im Gesamtbetrag von über Fr. 42'000.00 sowie offene Betreibungen im Gesamtbetrag von über Fr. 58'000.00 vor. Am 31. Oktober 2017 verweigerte das Migrationsamt eine weitere Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von B.A.________ aufgrund von dessen schwerwiegender Straffälligkeit. Das Bundesgericht bestätigte den Wegweisungsentscheid am 7. August 2019 (Urteil 2C_445/2019). B.A.________ verliess am 9. November 2019 die Schweiz und am Folgetag trat ein dreijähriges Einreiseverbot in Kraft.  
 
1.3. Am 5. September 2022 stellte A.A.________ ein (neues) Nachzugsgesuch für B.A.________, der sich nach Ablauf des Einreiseverbots offenbar besuchshalber in der Schweiz aufhielt. Das Migrationsamt wies das Nachzugsgesuch am 16. März 2023 ab, unter Ansetzung einer 10-tägigen Frist zur Ausreise aus der Schweiz und dem Schengenraum. Mit Strafbefehl vom 26. April 2023 verurteilte die Staatsanwaltschaft Lenzburg B.A.________ wegen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzug des Führerausweises zu einer unbedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je Fr. 80.--. Die auf kantonaler Ebene gegen den Entscheid des Migrationsamts vom 16. März 2023 erhobenen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Einspracheentscheid des Migrationsamts vom 24. November 2023; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 28. August 2024).  
 
1.4. Mit Beschwerde vom 3. Oktober 2024 gelangt A.A.________ ans Bundesgericht und verlangt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 28. August 2024 sei aufzuheben sowie das Gesuch um Familiennachzug für ihren Ehemann zu bewilligen. Eventualiter sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht liess die Akten einholen und verzichtete auf eine Vernehmlassung.  
 
2.  
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Endentscheid des Verwaltungsgerichts vom 28. August 2024 (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Auf dem hier betroffenen Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a BGG) nur zulässig, wenn auf die angestrebte Aufenthaltsbewilligung ein bundes- oder völkerrechtlicher Anspruch besteht (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin kann sich grundsätzlich weiterhin auf die freizügigkeitsrechtlichen Bestimmungen des Familiennachzugs berufen (Art. 3 Abs. 1 und 2 lit. a Anhang | FZA). Zudem macht sie geltend, ihr Ehemann stelle (mittlerweile) keine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mehr dar und sein Gesundheitszustand habe sich stark verschlechtert. Dies reicht aus, um einen potentiellen Anspruch auf (Wieder-) Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung darzutun. Da auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 42, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG), ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten. 
 
3.  
 
3.1. Mit der Beschwerde kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 149 I 248 E. 3.1; 149 I 105 E. 2.1; 148 I 104 E. 1.5; 147 II 44 E. 1.2).  
 
3.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von den tatsächlichen Grundlagen ihres Urteils weicht es nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2 mit Hinweisen). Offensichtlich unrichtig heisst willkürlich (Art. 9 BV; BGE 141 IV 317 E. 5.4 mit Hinweisen). Entsprechende Mängel sind in der Beschwerdeschrift klar und detailliert aufzuzeigen (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2; 144 V 50 E. 4.2). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1).  
 
3.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; unechte Noven; BGE 148 I 160 E. 1.7), was in der Beschwerde näher darzulegen ist (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 344 E. 3). Echte Noven sind dagegen in jedem Fall unzulässig. Folglich bleiben Tatsachen und Beweismittel unberücksichtigt, die erst nach dem angefochtenen Urteil entstanden sind und somit nicht durch dieses veranlasst worden sein können (vgl. BGE 149 III 465 E. 5.5.1; 148 V 174 E. 2.2).  
 
4.  
Streitig ist vor Bundesgericht die Frage, ob die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf materielle Prüfung des Gesuchs um Nachzug ihres Ehemanns hat. 
 
4.1. Nach der Rechtsprechung ist ein neues Gesuch um Familiennachzug nach erfolgter Aufenthaltsbeendigung wegen Straffälligkeit zu prüfen, wenn sich der Betroffene seit Eintritt der Rechtskraft des Widerrufsentscheids und seiner Ausreise während fünf Jahren im Ausland bewährt hat (Urteile 2C_189/2024 vom 4. November 2024 E. 3.2; 2C_344/2023 vom 6. Februar 2024 E. 3.5; 2C_484/2020 vom 19. Januar 2021 E. 3.2; vgl. ferner BGE 146 I 185 E. 4.1; 136 II 177 E. 2.1). Eine frühere Beurteilung ist möglich, soweit das Einreiseverbot von Beginn an unter fünf Jahren angesetzt worden oder eine Änderung der Sachlage eingetreten ist, die derart ins Gewicht fällt, dass ein anderes Ergebnis im Bewilligungsverfahren ernstlich in Betracht gezogen werden kann (Urteile 2C_189/2024 vom 4. November 2024 E. 3.2; 2C_344/2023 vom 6. Februar 2024 E. 3.5; 2C_484/2020 vom 19. Januar 2021 E. 3.2; vgl. auch BGE 136 II 177 E. 2.2). Wie die Vorinstanz richtig festhält, gilt diese Regelung auch im Bereich des hier anwendbaren FZA (Urteil des Bundesgerichts 2C_253/2017 vom 30. Mai 2017 E. 4.5; vgl. Art. 5 Anhang | FZA).  
 
4.2. In Anwendung dieser Grundsätze erwog die Vorinstanz, die vom Ehemann in der Schweiz begangenen qualifizierten Betäubungsmitteldelikte würden in eine Deliktskategorie fallen, bei welcher neurechtlich gemäss Art. 66a Abs.1 lit. o StGB unabhängig von der Strafhöhe eine mindestens fünfjährige obligatorische Landesverweisung auszusprechen wäre, weshalb sich eine Neuüberprüfung vor Ablauf der üblichen fünfjährigen Bewährungsfrist nicht rechtfertige. Ohnehin habe sich der Ehemann der Beschwerdeführerin nach seiner Ausreise aus der Schweiz nicht während fünf Jahren bewährt und wohlverhalten, sondern sei am 20. Dezember 2022 erneut straffällig und mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau vom 26. April 2023 wegen vorsätzlichen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzug des Führerausweises zu einer unbedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je Fr. 80.-- verurteilt worden. Selbst wenn vorliegend ausnahmsweise eine vorzeitige Neuprüfung der Bewilligungssituation bereits mit Ablauf des dreijährigen Einreiseverbots in Betracht gezogen würde, sei aufgrund der erneuten Delinquenz des Ehemannes in der Schweiz nicht ersichtlich, inwiefern sich zwischenzeitlich die Interessenabwägung zu dessen Gunsten verschoben haben könne.  
Weiter erwog die Vorinstanz die persönlichen Umstände der Familie und die gesundheitliche Situation des Ehemannes seien bereits im vorangegangenen und rechtskräftig abgeschlossenen Wegweisungsverfahren erörtert worden, ohne dass zwischenzeitlich eine massgebliche Veränderung der Verhältnisse ersichtlich sei oder zumindest substanziiert behauptet werde. Soweit in der Beschwerdeschrift eine Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustands des Ehemannes behauptet werde, fehlten hierzu einerseits nähere Angaben und jegliche Belege. Andererseits sei nicht ersichtlich, weshalb eine (Weiter-) Behandlung im Herkunftsland ausgeschlossen sein solle, zumal sich der Ehemann gemäss den Angaben der Beschwerdeführerin in Sarajevo in psychiatrische Behandlung begeben habe. 
 
4.3. Diese Beurteilung der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden. Was die Beschwerdeführerin gegen den angefochtenen Entscheid anführt, vermag nicht zu überzeugen.  
 
4.3.1. Die vor Bundesgericht erhobene Beschwerde beschränkt sich über weite Strecken auf abstrakte Ausführungen ohne Fallbezug. Darauf ist nicht einzugehen (vorstehende E. 3.1). Soweit die Beschwerdeführerin konkrete Kritik am angefochtenen Urteil übt, verweist sie auf einen verschlechterten Gesundheitszustand des Ehemanns und stützt sich in diesem Zusammenhang auf eine pathologisch-histologische Untersuchung des Klinikzentrums der Universität in Sarajevo, wonach ihr Ehemann an Protastakrebs im fortgeschrittenen Stadium leide und eine Chemotherapie durchgeführt werde. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin die Krebserkrankung ihres Ehemanns bereits vor der Vorinstanz vorgebracht hat. Falls es sich dabei um ein echtes Novum handeln sollte, wie die Beschwerdeführerin vorbringt, ist dieses vor Bundesgericht von Vorhinein unzulässig (vorstehende E. 3.3). Wäre demgegenüber von einem unechten Novum auszugehen, legt die Beschwerdeführerin nicht dar, inwiefern erst der angefochtene Entscheid Anlass zu dessen Einreichung gab (vorstehende E. 3.3). Mangels Zulässigkeit der neuen Tatsachen und Beweismittel (Art. 99 BGG) kann der Beschwerdeführerin somit nicht gefolgt werden, wenn sie gestützt auf die Krebsdiagnose veränderte Verhältnisse geltend machen will, die eine Neubeurteilung erfordern. Auch eine Rückweisung der Sache gestützt auf die neuen Tatsachen und Beweismittel fällt ausser Betracht.  
 
4.3.2. Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, die Vorinstanz habe im vorliegenden Fall nicht das gesamte familiäre und freundschaftliche Umfeld des Ehemannes der Beschwerdeführerin berücksichtigt. Zudem habe sie auch nicht berücksichtigt, wie stark die Psyche nicht nur der Beschwerdeführerin, sondern auch der Tochter belastet werde. Auch daraus vermag die Beschwerdeführerin indes nichts zu ihren Gunsten abzuleiten: Zum einen sind diese Vorbingen nicht weiter belegt und zum anderen ist nicht ersichtlich, inwiefern es sich dabei um neue bzw. veränderte Sachumstände handeln soll.  
 
4.3.3. Wie die Vorinstanz schliesslich zutreffend festhält, kann aufgrund der neuerlichen Verurteilung vom 26. April 2023 nicht gesagt werden, dass sich der Ehemann der Beschwerdeführerin bewährt bzw. klaglos verhalten hat. Damit fehlt es an der entsprechenden Voraussetzungen für eine Neubeurteilung, sogar wenn eine solche vorliegend ausnahmsweise vor Ablauf der fünfjährigen Bewährungsfrist in Betracht gezogen würde. Der Einwand der Beschwerdeführerin, ihr Ehemann stelle keine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, stösst damit ins Leere.  
 
4.4. Im Ergebnis wendet die Vorinstanz die relevanten Kriterien bundesrechtskonform an, weshalb auf ihre Erwägungen verwiesen werden kann (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG). Eine Verletzung von Art. 5 Abs. 2 BV, Art. 9 BV und Art. 14 BV sowie von (sinngemäss) Art. 8 EMRK und Art. 3 Anhang | FZA liegt nicht vor.  
 
5.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde offensichtlich unbegründet. Sie ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid abzuweisen. 
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. Dezember 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: J. Hänni 
 
Der Gerichtsschreiber: C. Marti