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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_76/2024  
 
 
Urteil vom 19. März 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiberin Rupf. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________ und B.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Tobias Kazik, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 
2. Abteilung, Freischützgasse 1, 8004 Zürich, 
Beschwerdegegner, 
 
Kantonales Steueramt Zürich, Dienstabteilung Spezialdienste, 
Bändliweg 21, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich und direkte Bundessteuer, Steuerperioden 2011 bis 2017, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 9. Januar 2024 (SR.2023.00010, SR.2023.00011). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Am 12. Juli 2023 verfügte das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verfahrensnummern SR.2023.00010 sowie SR.2023.00011) in Sachen A.A.________ und B.A.________ (nachfolgend: Eheleute A.________), beide wohnhaft an der Strasse C.________ xxx, U.________, gegen das Kantonale Steueramt Zürich betreffend Nachsteuern der Staats- und Gemeindesteuern sowie der direkten Bundessteuer für die Perioden 2011-2017, dass das Kantonale Steueramt Zürich die Höhe der Ermessenseinschätzungen für die Steuerperioden 2013-2016 hinreichend begründet habe. Der/die hiergegen geführte Rekurs/Beschwerde der Eheleute A.________ erweise sich prima facie als aussichtslos, weshalb die Gesuche um unentgeltliche Prozessführung und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands abzuweisen seien. Die Eheleute A.________, welche über Verlustscheine und Schulden beim Obergericht verfügen würden, hätten die Verfahrenskosten von insgesamt Fr. 36'140.- (für SR.2023.00010 sowie SR.2023.00011) innert genannter Frist sicherzustellen, ansonsten auf ihre Rechtsmittel nicht eingetreten werde.  
Das hernach von den Eheleuten A.________ angegangene Bundesgericht hiess die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs mit Urteil vom 29. November 2023 gut und wies die Sache an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zur Neubeurteilung zurück (Urteil 9C_490/2023). Es erwog, auch wenn an die Begründung in einem "prima facie"-Verfahren nicht überspannte Anforderungen gestellt werden dürften, so sei zu potentiell relevanten Aspekten Stellung zu nehmen oder - durchaus knapp - zu skizzieren, weshalb diese nicht als relevant erachtet würden. Da das Verwaltungsgericht mit keiner Silbe darauf eingegangen sei, dass und weshalb die von den Eheleuten A.________ auf Aufhebung des vor der Vorinstanz angefochtenen Einspracheentscheids aus formellen Gründen gerichteten Vorbringen offensichtlich aussichtslos gewesen sein sollten, sei der Begründungspflicht nicht genügt worden. 
 
1.2. Im wiederaufgenommenen Verfahren gelangte das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich neuerlich zum Ergebnis, die bei ihm von den Eheleuten A.________ erhobenen Rechtsmittel erwiesen sich prima facie als aussichtslos, wies die Gesuche um unentgeltliche Prozessführung und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands mit Verfügung vom 9. Januar 2024 ab und hielt die Eheleute A.________ unter ergänzendem Verweis auf ihre Begründung in der Verfügung vom 12. Juli 2023 an, die Verfahrenskosten von insgesamt Fr. 36'140.- (für SR.2023.00010 sowie SR.2023.00011) innert genannter Frist sicherzustellen, ansonsten auf ihre Rechtsmittel nicht eingetreten werde.  
 
1.3. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 1. Februar 2024 gelangen die Eheleute A.________ (nachfolgend: die Beschwerdeführer) ans Bundesgericht und verlangen die Aufhebung der genannten Verfügung sowie die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands für das vorinstanzliche Verfahren, eventualiter die Rückweisung zur gehörigen Behandlung ihrer Gesuche. Es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzugestehen und den Beschwerdeführern für das vorliegende Verfahren die unentgeltliche Prozessführung einschliesslich der Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands zu gewähren.  
Die Vorinstanz und das Kantonale Steueramt schliessen auf Abweisung der Beschwerde und weisen darauf hin, das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung sei durch Abnahme der entsprechenden Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses gegenstandslos geworden. Die Beschwerdeführer nehmen Stellung. 
 
2.  
 
2.1. Der angefochtene Entscheid, mit welchem den Beschwerdeführern für das verwaltungsgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wurde, ist als Zwischenentscheid zu qualifizieren. Die Anfechtung von Zwischenentscheiden ist unter anderem dann möglich, wenn der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Für Zwischenentscheide, mit denen die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wird, bejaht das Bundesgericht diese Voraussetzung in aller Regel (BGE 129 I 129 E. 1.1; Urteil 9C_490/2023 vom 29. November 2023 E. 2.1). Davon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.  
 
2.2. Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens sind Zwischenentscheide mit dem in der Hauptsache zulässigen Rechtsmittel anzufechten (BGE 137 III 380 E. 1.1; 133 III 645 E. 2.2). In der vorliegenden Angelegenheit wird gegen den Endentscheid des Verwaltungsgerichts Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht geführt werden können (Art. 82 lit. a BGG, Art. 83 BGG e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG, Art. 90 BGG). Entsprechend steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auch für die Anfechtung des hier interessierenden Zwischenentscheids zur Verfügung. Die weiteren Eintretensvoraussetzungen (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG) geben zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.  
 
3.  
 
3.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten und - in den Schranken von Art. 95 BGG - von kantonalem Recht überprüft das Bundesgericht allerdings nur, wenn eine konkrete Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 143 II 283 E. 1.2.2).  
 
3.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet "willkürlich". Eine entsprechende Rüge ist hinreichend zu substanziieren (BGE 148 V 366 E. 3.2 f.; 147 I 73 E. 2.2).  
 
3.3. Im Falle eines Rückweisungsentscheids des Bundesgerichts hat die mit der Neubeurteilung befasste kantonale Instanz nach ständiger Rechtsprechung die rechtliche Beurteilung, mit der die Rückweisung begründet wird, ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Wegen dieser Bindung der Gerichte ist es diesen wie auch den Parteien, abgesehen von allenfalls zulässigen Noven, verwehrt, der Beurteilung des Rechtsstreits einen anderen als den bisherigen Sachverhalt zu unterstellen oder die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die im Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt oder überhaupt nicht in Erwägung gezogen worden sind (BGE 143 IV 214 E. 5.3.3; Urteile 2C_666/2021 vom 2. Februar 2022 E. 2.3; 2C_890/2018 vom 18. September 2019 E. 3.3).  
 
 
3.4. Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 V 366 E. 3.3; 147 I 73 E. 2.2).  
 
4.  
 
4.1. Streitgegenstand vor Bundesgericht ist ausschliesslich die Frage, ob die Vorinstanz das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu Recht abgewiesen hat, mit anderen Worten, ob es die an sie gerichtete Beschwerde aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Prozessaussichten ("prima facie-Prüfung") als offensichtlich aussichtslos betrachten durfte, dies - aufgrund der Bindunsgwirkung des Rückweisungsentscheids (E. 3.3) - lediglich noch betreffend die Frage der in den Rechtsmitteln an die Vorinstanz geltend gemachten formellen Vorbringen (E. 1.1 in fine).  
 
4.2. Wie das Bundesgericht in dem die Parteien betreffenden ersten Rechtsgang bereits ausgeführt hat, ist auch in einem Verfahren betreffend Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) zu wahren. Dieses verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründung muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die es seinen Entscheid stützt. Es darf sich aber auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränken und muss sich nicht ausdrücklich mit jeder tatsächlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen und diese widerlegen (BGE 146 IV 297 E. 2.2.7; 141 III 28 E. 3.2.4).  
 
4.3. Die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürichs vom 9. Januar 2024 hält betreffend die vorliegend im zweiten Rechtsgang noch interessierende Frage fest, dass und weshalb sich auch die mit den Rechtsmitteln vom 25. Juni 2023 vorgetragenen formellen Rügen der Beschwerderführer als prima facie offensichtlich aussichtslos erwiesen. Die Vorinstanz hat ausgeführt, weshalb das Recht auf mündliche Vertretung der Einsprache schon von Bundesrechts wegen nicht gelte, wenn - wie vorliegend - eine Ermessenstaxation angefochten werde (E. 3.2 der vorinstanzlichen Verfügung). Die Einsprachebehörde sei weder im Rahmen ihrer allgemeinen Treue- und Aufklärungspflicht, noch im Rahmen des kantonalen Verfahrensrechts gehalten gewesen, die Vorbringen der Pflichtigen/Beschwerdeführer durch eine persönliche Anhörung oder sonstige Untersuchungen zu ermitteln oder eine Nachfrist zur Verbesserung der Einspracheschrift zu gewähren. Anlass für eine mündliche Anhörung, Nachfristansetzung oder sonstige Untersuchungshandlungen hätten nicht bestanden. Auch die formellen Vorbringen der Pflichtigen/Beschwerdeführer erwiesen sich als prima facie aussichtslos (E. 3.3 der vorinstanzlichen Verfügung).  
 
4.4. Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz vor, bei der Beurteilung der Aussichtslosigkeit Art. 29 Abs. 3 BV verletzt zu haben, weil sie die "vorgeschriebene summarische Prüfung überspannt und trotz prima facie chancenreichem Argument gleichsam einseitig tiefer [gegraben habe], um dann diese chancenreiche bzw. jedenfalls prima facie nicht komplett aussichtslose Argumentation doch noch als nicht chancenreich darzustellen". Sodann habe sich die Vorinstanz nicht zum Spannungsverhältnis der von ihr zitierten Bestimmungen und der aus den allgemeinen Verfahrensgarantien hergeleiteten prozessualen Treue- und Aufklärungspflicht geäussert, deren rechtliches Fundament und Herleitung unterlassen und dadurch erneut das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer verletzt und eine Rechtsverweigerung im engeren Sinn begangen.  
 
4.5. Ob die von den Beschwerdeführern erhobenen Verfassungsrügen den im Verfahren vor Bundesgericht geltenden Anforderungen an Substanziierung und Begründung bei geltend gemachten Grundrechtsverletzungen zu genügen vermögen, ist ausgesprochen zweifelhaft (E. 3.1). Die Ausführungen der Beschwerdeführer verfangen diesbezüglich aber auch inhaltlich nicht. Die Vorinstanz hat sich mit den Vorbringen der Beschwerdeführer hinreichend auseinandergesetzt und - aufgrund des wegen Verletzung der Begründungspflicht erfolgten Rückweisungsentscheids nachvollziehbarerweise sogar mehr als nur ganz knapp - dargelegt, dass und weshalb ihres Erachtens die Ausführungen des Kantonalen Steueramtes im Einspracheentscheid einer prima facie-Prüfung standhalten und auch die gegen diesen vorgebrachten formellen Rügen daran nichts ändern (vgl. E. 4.3). Wie daraus eine Verfassungsverletzung abzuleiten wäre, etwa weil sich die Vorinstanz "einseitig detailliert" geäussert habe, erschliesst sich dem Bundesgericht nicht. Damit hat es mit der vorinstanzlichen Verfügung ihr Bewenden; die Beschwerde ist abzuweisen.  
 
4.6. Mit dem vorliegenden Entscheid erübrigen sich weitere Ausführungen zum Gesuch um aufschiebende Wirkung, insoweit dieses nicht ohnehin bereits gegenstandslos geworden ist (vgl. E. 1.3).  
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerdeführer ersuchen für das Verfahren vor Bundesgericht um die unentgeltliche Prozessführung einschliesslich der Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands. Die Mittellosigkeit sei ausgewiesen, die Beschwerde erscheine "mit Blick auf die vorgetragene Begründung nicht als aussichtslos".  
 
5.2. Nach Art. 29 Abs. 3 BV bzw. Art. 64 Abs. 1 BGG wird eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten befreit, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint, wobei die Tatbestandselemente "Prozessarmut" (BGE 144 III 531 E. 4.1) und "Prozessaussichten" (BGE 142 III 138 E. 5.1) kumulativ zu verstehen sind (BGE 144 IV 299 E. 2.1).  
 
5.3. Angesichts der den im Verfahren vor Bundesgericht geltenden Anforderungen an Substanziierung und Begründung bei geltend gemachten Grundrechtsverletzungen kaum genügenden und inhaltlich unzutreffenden Ausführungen der Beschwerdeführer (E. 4.5) haben die vor Bundesgericht gestellten Rechtsbegehren im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG als "aussichtslos" zu gelten. Der Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (im Sinne unentgeltlicher Prozessführung und Verbeiständung) ist daher abzuweisen.  
 
5.4. Ausgangsgemäss sind die reduzierten Gerichtskosten zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung den unterliegenden Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Steueramt Zürich und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 19. März 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rupf