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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_299/2024  
 
 
Urteil vom 19. September 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Bovey, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christian Hochstrasser, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsawalt Adrien Jaccottet 
und/oder Rechtsanwältin Sabrina Brand, 
 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Aufhebung/Einstellung der Betreibung (Art. 85 SchKG), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, vom 23. April 2024 (BZ 2023 117). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die A.________ AG ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in U.________. Sie wurde von B.________ und von C.________ im Jahr 2009 gegründet. B.________ hielt 15 der 500 Namenaktien und C.________ die restlichen 485 Namenaktien. B.________ war seit der Gründung bis im August bzw. September 2017 Mitglied des Verwaltungsrats der A.________ AG.  
 
A.b. Am 22. Dezember 2017 leitete B.________ beim Betreibungsamt Baar eine Betreibung gegen die A.________ AG für eine Forderung von Fr. 227'977.04 zuzüglich 5 % Zins seit 20. September 2017 ("Darlehensforderung; Variable Lohnforderungen und Lohnnebenforderungen bis 2016; Entschädigungsforderung aus missbräuchlicher Kündigung des Arbeitsverhältnisses") sowie Fr. 924.45 ("5 % Zins von Fr. 39'856.26 vom 02.04.2017 bis 19.09.2017") ein. Der Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. xxx wurde der A.________ AG am 12. Januar 2018 zugestellt, worauf diese gleichentags Rechtsvorschlag erhob.  
 
A.c. Mit Eingabe vom 28. März 2018 reichte B.________ bei der Schlichtungsbehörde Arbeitsrecht des Kantons Zug ein Schlichtungsgesuch gegen die A.________ AG ein. Am 5. Juli 2018 erteilte die Schlichtungsbehörde die Klagebewilligung. Daraufhin reichte B.________ mit Eingabe vom 9. Oktober 2018 beim Zuger Kantonsgericht Klage gegen die A.________ AG ein und machte unter anderem eine Forderung von Fr. 161'169.65 nebst Zins geltend. Zudem verlangte er die Beseitigung des Rechtsvorschlags in der Betreibung Nr. xxx. Die A.________ AG beantragte die Abweisung der Klage und forderte widerklageweise Fr. 270'829.88 nebst Zins.  
 
A.d. Am 22. Juni 2021 fällte das Kantonsgericht Zug einen Teilenentscheid. Es verpflichtete unter anderem die A.________ AG, B.________ den Nettobetrag von Fr. 43'292.4 nebst Zins zu 5 % seit dem 1. Oktober 2017 zu bezahlen, und hielt fest, dass B.________ die Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Baar in diesem Umfang fortsetzen könne. Gegen diesen Teilentscheid erhoben beide Parteien Berufung beim Obergericht des Kantons Zug. Mit Entscheid vom 24. November 2022 bzw. Berichtigung vom 1. Dezember 2022 verpflichtete das Obergericht die A.________ AG, B.________ den Betrag von Fr. 43'292.40 nebst Zins zu 5 % seit dem 1. Oktober 2017 (Provision 2016) sowie den Betrag von Fr. 92'606.40 nebst Zins zu 5 % seit dem 21. September 2017 (Darlehen) zu bezahlen. Sodann beseitigte das Obergericht den Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Baar im genannten Umfang. Weiter verpflichtete das Obergericht B.________ zur Zahlung von Fr. 7'720.90 nebst Zins zu 5 % seit dem 8. Mai 2018 an die A.________ AG und hielt fest, dass die A.________ AG die Betreibung Nr. yyy des Betreibungsamtes Basel-Stadt im genannten Umfang fortsetzen könne. Hinsichtlich der von der A.________ AG geltend gemachten "Rückforderung für Bezüge und Zahlungen mit Maestro-Karten ohne geschäftliche Begründung bzw. ohne Beleg" wies das Obergericht die Sache betreffend die Geschäftsjahre 2009-2013, 2016 und 2017 zur Weiterführung des Verfahrens an das Kantonsgericht zurück. Gegen dieses Urteil erhoben beide Parteien Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht, das die Beschwerden mit Urteil vom 22. Juni 2023 abwies, soweit es darauf eintrat (Verfahren 4A_20/2023 und 4A_24/2023).  
 
B.  
 
B.a. Mit Eingabe vom 31. Juli 2023 erhob die A.________ AG beim Einzelrichter am Kantonsgericht Zug eine Klage auf Einstellung bzw. Aufhebung der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Baar.  
 
B.b. Mit Entscheid vom 28. November 2023 hob das Kantonsgericht Zug die Betreibung Nr. xxx im Umfang von Fr. 7'720.90 nebst Zins zu 5 % seit 8. Mai 2018 auf (Dispositiv-Ziffer 1.1). Die von ihm am 2. August 2023 angeordnete vorläufige Einstellung der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Baar hob es auf (Dispositiv-Ziffer 1.2). Im Übrigen wies es die Klage ab, soweit es darauf eintrat (Dispositiv-Ziffer 1.3).  
 
C.  
Gegen diesen Entscheid reichte die A.________ AG mit Eingabe vom 11. Dezember 2023 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zug ein. Mit Urteil vom 23. April 2024 wies das Obergericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. 
 
D.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 13. Mai 2024 ist die A.________ AG an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt, es sei die Dispositiv-Ziffer 1 des obergerichtlichen Entscheids aufzuheben und es sei die Betreibung Nr. xxx im Umfang von Fr. 92'606.40 zuzüglich Zins zu 5 % seit 21. September 2021 einzustellen, eventualiter aufzuheben und im Umfang von Fr. 43'292.40 zuzüglich Zins zu 5 % seit 1. Oktober 2017 aufzuheben. Zudem ersucht die Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung und darum, das Betreibungsamt Hünenberg anzuweisen, bis zum rechtskräftigen Entscheid im Beschwerdeverfahren in der Betreibung Nr. xxx keine weiteren Betreibungshandlungen vorzunehmen, insbesondere keine Konkursandrohung auszufertigen. 
Mit Beschwerdeantwort vom 3. Juni 2024 beantragt B.________ (nachfolgend: Beschwerdegegner), die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Zudem beantragt er, die vom Bundesgericht superprovisorisch gewährte aufschiebende Wirkung wieder zu entziehen. 
Mit Verfügung vom 10. Juni 2024 hat der Präsident der urteilenden Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt und das Betreibungsamt Hünenberg angewiesen während der Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens keine weiteren Betreibungshandlungen vorzunehmen, insbesondere keine Konkursandrohung zu erlassen. 
Die Parteien haben weitere unaufgeforderte Eingaben eingereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid des oberen kantonalen Gerichts, das als Rechtsmittelinstanz über eine Klage nach Art. 85 SchKG mit einem Streitwert von über Fr. 30'000.-- entschieden hat, ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b und Art. 75 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Die im kantonalen Verfahren unterlegene Beschwerdeführerin hat als Klägerin ein schützenswertes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur soweit zulässig, als erst der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher auszuführen ist (BGE 148 V 174 E. 2.2.). Echte Noven sind in jedem Fall unzulässig. Folglich bleiben Tatsachen und Beweismittel unberücksichtigt, die erst nach dem angefochtenen Urteil entstanden sind und somit nicht durch dieses veranlasst worden sein können (vgl. BGE 149 III 465 E. 5.5.1; 148 V 174 E. 2.2).  
Die von der Beschwerdeführerin mit Eingaben vom 10. Juni 2024 und 8. August 2024 eingebrachten echten Noven (Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug vom 27. Mai 2024 bzw. Entscheid des Kantonsgerichts Zug vom 6. August 2024) sind unzulässig und können nicht berücksichtigt werden. 
 
2.  
Mit der Klage nach Art. 85 SchKG kann der Betriebene aus materiellrechtlichen Gründen in ein laufendes Betreibungsverfahren eingreifen. Beweist er durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes die Aufhebung bzw. die Einstellung der Betreibung verlangen. Diese Möglichkeit steht dem Betriebenen praxisgemäss auch zu, sofern er das Nichtbestehen der Betreibungsforderung urkundlich nachweisen kann. Darüber wird im summarischen Verfahren geurteilt, wobei dem Entscheid nur betreibungsrechtliche Wirkungen zukommen (BGE 140 III 41 E. 3.1 und 3.3.2; Urteil 5A_657/2022 vom 7. September 2023 E. 2.1; BANGERT, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 26 zu Art. 85 SchKG). 
Der Nachweis der Tilgung, Stundung oder des Nichtbestands der betriebenen Forderung kann nur durch einen strikten Urkundenbeweis erbracht werden; blosse Glaubhaftmachung genügt nicht. Zudem muss die Urkunde einen unmittelbaren Beweis für die Tilgung, Stundung oder den Nichtbestand der betriebenen Forderung liefern; ein Indizienbeweis ist nicht ausreichend (BGE 140 III 41 E. 3.4.1). Urkundenbegriff und Beweismass von Art. 85 SchKG und Art. 81 Abs. 1 SchKG (Einwendungen gegen den definitiven Rechtsöffnungstitel) entsprechen sich (BGE 140 III 41 E. 3.3.2; MARCHAND, La compensation dans la procédure de poursuite, JdT 2012 II S. 66 f.). 
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, dass die Rückzahlung des Darlehens an den Beschwerdegegner aufgrund des der Beschwerdeführerin gewährten COVID-19-Kredites gestützt auf Art. 2 Abs. 2 lit b des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 2020 über Kredite mit Solidarbürgschaft infolge des Coronavirus (Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz, Covid-19-SBüG, SR 951.26) gestundet sei. Die Betreibung hätte damit im Umfang der Darlehensvaluta zuzüglich Verzugszins zufolge Stundung eingestellt werden müssen.  
 
3.2. Das Obergericht hat dazu einerseits erwogen, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Stundung gestützt auf Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG auf Gesetz beruhe und ein auf Gesetz beruhender Stundungseinwand im Verfahren nach Art. 85 SchKG generell unzulässig sei. Andererseits hat es - unter Hinweis auf den Entscheid des Kantonsgerichts Zug A3 2021 2 vom 24. Januar 2022, in: GVP 2022 S. 89 - dafürgehalten, dass die Frage, ob die Rückzahlung von Darlehen von Gesellschaftern oder von nahestehenden Personen während der Dauer der Solidarbürgschaft ausgeschlossen ist, im Rahmen eines materiellrechtlichen Prozesses über die Rückzahlung des Darlehens (z.B. Aberkennungsklage nach Art. 83 Abs. 2 SchKG oder Anerkennungsklage nach Art. 79 SchKG) beurteilt werde. Im vorliegenden Fall stehe der Geltendmachung des Einwands im Verfahren nach Art. 85 SchKG auch das rechtskräftige obergerichtliche Urteil vom 23. November 2022 bzw. 1. Dezember 2022 entgegen. Der Beschwerdegegner habe im Oktober 2018 beim Kantonsgericht Zug die Rückzahlung des im Jahr 2015 gewährten und per 20. September 2017 gekündigten Darlehens von Fr. 92'606.40 verlangt. Der Covid-19-Kredit sei dem Beschwerdeführer am 26. März 2020 gewährt worden. Der Teilentscheid des Kantonsgerichts Zug sei am 22. Juni 2021 ergangen. Die Beschwerdeführerin hätte den Einwand, die Rückzahlung des Darlehens sei aufgrund von Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG ausgeschlossen, im Forderungsprozess vor Kantonsgericht Zug als echtes Novum einbringen können. Sie habe jedoch weder im erstinstanzlichen noch später im zweitinstanzlichen und auch nicht zuletzt im bundesgerichtlichen Verfahren den Einwand der Stundung der Darlehensforderung gestützt auf Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG vorgebracht. Mittlerweile liege ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil des Obergerichts Zug vom 23. November 2022 bzw. 1. Dezember 2022 vor, mit welchem die Beschwerdeführerin verpflichtet worden sei, dem Beschwerdegegner das gewährte Darlehen von Fr. 92'606.40 nebst Zins zurückzuzahlen.  
Auch der Beschwerdegegner ist der Auffassung, dass die Frage, ob die Darlehensforderung fällig gewesen sei, bereits rechtskräftig und abschliessend beurteilt sei. Versäumnisse aus vorangegangenen Erkenntnisverfahren im Rahmen des nachfolgenden Vollstreckungsverfahrens nachzuholen, entspreche nicht der ratio legis von Art. 85 SchKG
 
3.3. Die Beschwerdeführerin hält vor Bundesgericht an ihrer Auffassung fest, mangels gesetzlicher Einschränkung von Art. 85 SchKG auf rein privatrechtliche Stundungen sei es ihr gestattet, sich auf Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG und die entsprechende gesetzliche Stundungswirkung zu berufen. Definiere man die Stundung als "Hinausschieben der Fälligkeit der Schuld", so bewirke Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG genau das und es müsse folglich zulässig sein, den entsprechenden Einwand im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 85 SchKG vorzubringen. Rechtsfehlerhaft sei der angefochtene Entscheid der Vorinstanz auch deshalb, weil diese zu Unrecht die Auffassung vertrete, das Rückzahlungsverbot nach Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG hätte nicht erst im Rahmen einer Klage nach Art. 85 SchKG vorgebracht werden dürfen. Da es sich beim Verfahren nach Art. 85 SchKG gerade um ein Verfahren mit rein betreibungsrechtlicher Wirkung handle, sei der betreibungsrechtliche Einwand der unzulässigen Zwangsvollstreckung in einem solchen Verfahren zweifelsohne an richtiger Stelle vorgetragen. Der Wortlaut der Norm von Art. 85 SchKG nenne die Stundung denn auch ausdrücklich als zulässigen Einwand. In beweismässiger Hinsicht sei festzuhalten, dass sämtliche Sachverhaltselemente, die gestützt auf Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG zur Stundung führen, durch Urkunden bewiesen worden seien.  
 
3.4.  
 
3.4.1. Der Bundesrat erliess am 25. März 2020 die Verordnung zur Gewährung von Krediten und Solidarbürgschaften in der Folge des Coronavirus (COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung, COVID-19-SBüV, AS 2020 1077). Diese wurde per 19. Dezember 2020 aufgehoben und durch das Covid-19-SBüG ersetzt resp. überbaut (vgl. Art. 27 Covid-19-SBüG; BEZZOLA-BÜCHLER, Staatliche Drittsicherheiten für Private, 2023, Rz. 568). Die bereits zu Beginn der Pandemie erlassene COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung diente gemäss ihrem Art. 6 Abs. 1 ausschliesslich der Sicherstellung von Bankkrediten für die laufenden Liquiditätsbedürfnisse des Gesuchstellers oder der Gesuchstellerin. Dieser Zweck wurde in Art. 2 Abs. 1 Covid-19-SBüG bestätigt (vgl. CHENAUX/NÖSBERGER, in: Corona-Kredite für KMU - Umsetzung des Massnahmenpakets und Kommentierung des Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetzes [Covid-19-SBüG], 2021, N. 5 zu Art. 2 Covid-19- SBüG; MICHELI/SPAHNI, Irrégularités dans les crédits COVID-19, AJP 2023 S. 480). Im Zentrum der Argumentation der Beschwerdeführerin steht die Bestimmung von Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG. Danach ist die Gewährung von Darlehen oder die Rückzahlung von Darlehen von Gesellschafterinnen und Gesellschaftern oder von nahestehenden Personen während der Dauer der Solidarbürgschaft "ausgeschlossen" (Art. 2 Abs. 2 lit. b Teilsatz 1 Covid-19-SBüG). Das Gesetz beschränkt das Verbot nicht auf die Verwendung von liquiden Mitteln, die aus Covid-19-Krediten stammen. Vielmehr betrifft das Verbot, unter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen, die gesamten liquiden Mittel (oder anderen Vermögenswerte) des Unternehmens und nicht nur die durch Kredite erlangten (CHENAUX/NÖSBERGER, a.a.O., N. 36 zu Art. 2 Covid-19- SBüG; FRITSCHI, Von Darlehen und Dividenden - Dos and Don'ts bei Covid-19-Krediten, Recht relevant. für Verwaltungsräte [RR-VR] 5/2021 S. 7). Das in Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG erwähnte Verbot der Rückzahlung von Darlehen von Gesellschafterinnen und Gesellschaftern oder von nahestehenden Personen entspricht dem Zweck des Gesetzes, die Liquidität des Unternehmens sicherzustellen, denn auch die Rückzahlung von Darlehen mindert die Liquidität (MÄRKLI/GUT, Missbrauch von Krediten nach COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung, AJP 2020 S. 734; CHENAUX/NÖSBERGER, a.a.O., N. 38 zu Art. 2 Covid-19-SBüG). Allerdings gilt das Verbot nicht uneingeschränkt. Bereits aufgrund des Gesetzeswortlauts zulässig ist die Erfüllung von Verpflichtungen gegenüber einer anderen Gruppengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die vor Entstehung der Solidarbürgschaft bestanden haben, namentlich von vorbestehenden ordentlichen Zins- und Amortisationszahlungspflichten (Art. 2 Abs. 2 lit. b Teilsatz 2 Covid-19-SBüG). In der Botschaft des Bundesrats vom 18. September 2020 zum Bundesgesetz über Kredite mit Solidarbürgschaft infolge des Coronavirus wurde hinsichtlich Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG sodann ausgeführt was folgt (BBl 2020 8477 ff., 8501) :  
 
"Buchstabe b verbietet ab Erhalt des Covid-19-Kredits die Gewährung neuer Darlehen oder die Rückzahlung von Darlehen von Gesellschafterinnen und Gesellschaftern (z. B. Aktionärinnen, Gesellschafter einer GmbH und Genossenschafterinnen) oder von nahestehenden Personen. [...] In Bezug auf vorbestehende Kredite, d. h. bereits vor Abschluss der Kreditvereinbarung bzw. des Kreditvertrags nach der COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung bestehende Kredite, soll insbesondere vermieden werden, dass mit Covid-19-Krediten ausserordentliche Amortisationen oder ausserordentliche Zinszahlungen geleistet werden. Ordentliche, vertragliche Amortisationen und Zinszahlungen für vorbestehende Kredite (inkl. Verzugszinsen) und die Erfüllung einer vorbestehenden Verpflichtung zur Gewährung eines Darlehens unter einem bereits vor der Aufnahme eines Covid-19-Kredits abgeschlossenen Kreditvertrags sind - entsprechend dem Grundsatz pacta sunt servanda - zulässig. Ebenfalls zulässig ist die Rückzahlung von Darlehen aufgrund einer ausserordentlichen Kündigung eines Kreditverhältnisses durch die Kreditgeberin, das vor Abschluss der Kreditvereinbarung oder des Kreditvertrags nach der COVID-19-Solidarbürgschaftverordnung bestand. Vorausgesetzt ist aber auch hier die zweckkonforme Verwendung der Kreditmittel. Insbesondere ausserordentliche Kündigungen oder Rückzahlungen zwecks Umschuldung bestehender Kredite mit einem Covid-19-Kredit erfüllen diese Voraussetzung nicht." 
Aus den zitierten Ausführungen in der Botschaft geht hervor, dass die vertragskonforme Rückzahlung eines vorbestehenden Darlehens im Grundsatz trotz Erhalts eines noch nicht abbezahlten Covid-19-Kredits zulässig ist. Das wird in der Lehre bestätigt (GLANZMANN, Die Auswirkungen des Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetzes auf das Aktienrecht, SZW 2021 S. 270). Die Frage musste von der Vorinstanz allerdings nicht weiter erörtert werden, weil sie den Einwand der Beschwerdeführerin aus nachfolgenden Gründen zu Recht als verspätet erachtet hat. 
 
3.4.2. Wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat, ist die Frage, ob die Rückzahlung eines Darlehens aufgrund von Art. 2 Abs. 2 lit. b des Covid-19-SBüG in einem konkreten Fall zur Zeit unzulässig ist, im Rahmen eines materiellrechtlichen Prozesses über die Rückzahlung des Darlehens zu beurteilen. Allerdings sind im Rahmen einer Klage nach Art. 85 SchKG materiellrechtliche Gründe - wenn auch nur vorfrageweise - ebenfalls zu beachten (s. vorne E. 2; vgl. auch Urteil 5P.8/2005 vom 3. Mai 2005 E. 1.1; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 11 zu Art. 85 SchKG). Nicht zu überzeugen vermag es deshalb, wenn die Vorinstanz in ihrer Hauptbegründung gleichwohl zur Auffassung gelangt, eine Geltendmachung des genannten Einwands im Verfahren von Art. 85 SchKG sei generell ausgeschlossen. Stattdessen hätte die Vorinstanz den Schluss ziehen müssen, dass die Berufung auf Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG einen materiellrechtlichen Einwand darstellt, der vom Schuldner grundsätzlich (unter anderem) auch im Verfahren nach Art. 85 SchKG geltend gemacht werden kann. Richtig ist hingegen wiederum, dass dann, wenn bereits vor Anhebung der Klage nach Art. 85 SchKG ein materiellrechtliches Urteil über den Forderungsbestand besteht, dessen Rechtskraftwirkung zu beachten ist (BANGERT, a.a.O., N. 13 zu Art. 85 SchKG). Hätte Tilgung bzw. Stundung vom Schuldner schon im vorangegangenen Erkenntnisverfahren vorgebracht werden können, so kann er damit im Verfahren nach Art. 85 SchKG nicht mehr gehört werden. Auch insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei Art. 81 Abs. 1 SchKG (vgl. dazu BGE 138 III 583 E. 6.1.2; 135 III 315 E. 2.5; ABBET, in: La mainlevée de l'opposition, 2. Aufl. 2022, N. 4 zu Art. 81 SchKG; STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 5 zu Art. 81 SchKG). Im konkreten Fall ist unbestritten, dass dem Verfahren nach Art. 85 SchKG bereits ein abgeschlossenes Erkenntnisverfahren über die in Betreibung gesetzte Darlehensrückforderung vorausgegangen ist. Ausserdem handelt es sich beim Einwand, die Forderung des Beschwerdegegners auf Rückzahlung des Darlehens sei aufgrund der Inanspruchnahme des COVID-19-Kredites gestundet, im vorliegenden Fall um einen solchen, welcher gemäss dem Prozessrecht im damaligen Erkenntnisverfahren noch vorgebracht werden konnte. Zu Recht hat die Vorinstanz deshalb festgehalten, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem auf Art. 2 Abs. 2 lit. b Covid-19-SBüG gestützten Einwand im vorliegenden Verfahren wegen der Rechtskraftwirkung des materiellen Urteils ausgeschlossen ist.  
 
4.  
 
4.1. Weiter verlangt die Beschwerdeführerin eine Aufhebung der Betreibung zufolge Tilgung der in Betreibung gesetzten Forderungen durch Verrechnung. Dabei widerspricht die Beschwerdeführerin der Auffassung des Obergerichts, der strikte Urkundenbeweis der Tilgung der Schuld durch Verrechnung sei nicht erbracht. In Wirklichkeit könne der Bestand der zur Verrechnung gebrachten Gegenforderung nicht in Zweifel gezogen werden. Sie habe durch die Ausübung des Gestaltungsrechts der Verrechnung und durch diverse zusammenhängende Urkunden bewiesen, dass die in Betreibung gesetzte Forderung getilgt sei. Sodann habe sie rechtzeitig Widerklage gegen die Forderungen des Beschwerdegegners erhoben. Die Gutheissung der Klage durch das Kantonsgericht im materiellrechtlichen Verfahren sei nach der Rückweisung zum erneuten Entscheid durch das Obergericht faktisch eine reine Formsache. Ausserdem sei es stossend, dass das Obergericht die beiden eng zusammenhängenden Ansprüche der Parteien mit Teilentscheid vom 24. November 2022 bzw. 1. Dezember 2022 - ohne ersichtlichen Grund und damit willkürlich - auseinandergerissen und damit eine offensichtliche Schlechterstellung der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Vollstreckung der Forderungen bewirkt habe.  
 
4.2. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet. Möchte der Betriebene die Tilgung der Schuld durch Verrechnung beweisen, müssen sich im Verfahren nach Art. 85 SchKG sowohl der Bestand der Gegenforderung als auch der Zugang der Verrechnungserklärung, d.h. die effektive Ausübung des Gestaltungsrechts, klar aus Urkunden ergeben (BANGERT, a.a.O., N. 20 zu Art. 85a SchKG; WEINBERG, Richterliche Aufhebung oder Einstellung der Betreibung im Verfahren nach Art. 85 SchKG, 1990, S. 71; Urteil 5A_674/2012 vom 4. Februar 2013 E. 2). Vorliegend haben die Vorinstanz und die Erstinstanz richtigerweise festgestellt, dass die behauptete Verrechnungsforderung Gegenstand eines hängigen Gerichtsverfahrens bildet und keine Urkunde vorliegt, aus der hervorgehen würde, dass der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin Fr. 144'790.66 schuldet. Zu Recht als unerheblich erachtet hat es die Vorinstanz dabei, dass die von den Parteien eingeklagten Forderungen in verfahrensrechtlicher Hinsicht unterschiedliche Wege genommen haben. Die Vorinstanz hat damit kein Bundesrecht verletzt, wenn sie die Voraussetzungen einer Aufhebung der Betreibung in Ermangelung eines strikten Urkundenbeweises der Tilgung der Schuld nicht als gegeben erachtet hat.  
 
5.  
Aus den dargelegten Gründen ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ausserdem hat sie den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, und dem Betreibungsamt U.________ mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. September 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss