Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_349/2025  
 
 
Urteil vom 20. Mai 2025  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Bovey, Präsident, 
Bundesrichter Hartmann, Josi, 
Gerichtsschreiberin Lang. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwältin Anja Stolz, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kreis Bülach Süd, Schaffhauserstrasse 104, 8152 Glattbrugg, 
 
C.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Kathrin Obwegeser-Mayer. 
 
Gegenstand 
Wiederherstellung aufschiebende Wirkung (Kindesschutzmassnahmen), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 15. April 2025 (PQ250014-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1975) und B.________ (geb. 1956) sind die Eltern von C.________ (geb. 2019). Aus einer früheren Beziehung hat A.________ noch einen weiteren Sohn, D.________ (geb. 2011).  
 
A.b. Bereits kurz nach der Geburt von D.________ wurden für diesen Kindesschutzmassnahmen errichtet, die in der Folge wieder aufgehoben wurden. Nachdem bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kreis Bülach Süd (KESB) im Jahr 2021 eine Gefährdungsmeldung eingegangen war, eröffnete diese erneut ein Kindesschutzverfahren. Am 14. Oktober 2021 ordnete die KESB für beide Söhne eine sozialpädagogische Familienbegleitung sowie eine Erziehungsaufsicht an. Später beschloss sie die Weiterführung der Familienbegleitung, hob allerdings die Erziehungsaufsicht auf und errichtete stattdessen für die beiden Söhne eine Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB (Entscheid vom 30. Juni 2022).  
 
A.c. Im weiteren Verlauf ordnete die KESB die Einholung eines Erziehungsfähigkeitsgutachtens über die Mutter an. Dieses datiert vom 24. Oktober 2024 und kommt zum Schluss, dass einer Kindeswohlgefährdung lediglich mit einer ausserfamiliären Platzierung begegnet werden könne.  
 
A.d. Daraufhin entzog die KESB mit Entscheid vom 22. Januar 2025 superprovisorisch der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für D.________ bzw. beiden Eltern dasjenige für C.________ und brachte die Kinder in einer geeigneten Institution unter. Für die Kinder setzte die KESB eine Kindesvertreterin ein. Ohne zunächst einen vorsorglichen Entscheid zu treffen, bestätigte die KESB am 13. Februar 2025 den superprovisorisch angeordneten Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts und die Platzierung der Kinder definitiv und regelte das Besuchsrecht der Eltern. Einer allfälligen Beschwerde gegen den Entscheid entzog die KESB die aufschiebende Wirkung.  
 
B.  
 
B.a. Die Eltern erhoben hiergegen beim Bezirksrat Bülach Beschwerde. In prozessualer Hinsicht beantragten sie, dieser sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen und die beiden Kinder seien während der Dauer des Beschwerdeverfahrens wieder zu ihnen zu bringen. Der Bezirksrat wies diesen prozessualen Antrag am 19. März 2025 ab.  
 
B.b. Daraufhin gelangten die Eltern mit Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich. Diesem beantragten sie die Gutheissung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und die Wiedererteilung des Aufenthaltsbestimmungsrechts in Bezug auf C.________, der umgehend zu seinen Eltern zu bringen sei. Die Abweisung ihres Gesuchs um Wiedererteilung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf bzw. um Rückkehr von D.________ nach Hause fochten sie hingegen nicht an. Das Obergericht wies die Beschwerde mit Entscheid vom 15. April 2025 ab (Dispositiv-Ziff. 1). Die Gerichtskosten auferlegte es den Eltern, nahm diese jedoch zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege einstweilen auf die Gerichtskasse (Dispositiv-Ziff. 2).  
 
C.  
A.________ und B.________ (die Beschwerdeführer) wenden sich mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 6. Mai 2025 an das Bundesgericht. Diesem beantragen sie die Aufhebung von Dispositiv-Ziff. 1 und 2 des Entscheids vom 15. April 2025. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sei gutzuheissen und es sei den Beschwerdeführern das Aufenthaltsbestimmungsrecht über C.________ wieder zu erteilen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der KESB. In prozessualer Hinsicht ersuchen die Beschwerdeführer um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Das Bundesgericht hat weder die kantonalen Akten noch Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Innert Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) angefochten ist der Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 BGG) betreffend die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf die Beschwerde gegen einen Entscheid der KESB zum Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid (Art. 93 BGG) öffentlich-rechtlicher Natur in unmittelbarem Zusammenhang mit Zivilrecht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG), der in einer nicht vermögensrechtlichen Angelegenheit ergangen und offensichtlich geeignet ist, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur zu bewirken (vgl. Urteil 5A_120/2015 vom 31. März 2015 E. 1.1). Die Beschwerdeführer sind überdies zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen erweist sich daher als das zutreffende Rechtsmittel; auf die ebenfalls erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten (Art. 113 BGG).  
 
1.2. Mehrfach rügen die Beschwerdeführer den superprovisorischen Entscheid der KESB bzw. richtet sich ihre Kritik gegen den verfügten Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Diese Aspekte sind im bundesgerichtlichen Verfahren aber nicht Streitgegenstand (Art. 75 Abs. 1 BGG), weshalb auf die entsprechenden Ausführungen der Beschwerdeführer nicht einzugehen ist.  
 
2.  
Entscheide über die aufschiebende Wirkung gelten als Entscheide über vorsorgliche Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG (BGE 137 III 475 E. 2). Demnach kann vorliegend nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Auch eine Berichtigung oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen kommt nur infrage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat (BGE 133 III 585 E. 4.1). Die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte muss nach dem strengen Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG in der Beschwerde vorgebracht und begründet werden. Die rechtsuchende Partei hat präzise anzugeben, welches verfassungsmässige Recht durch den angefochtenen Entscheid verletzt wurde, und im Einzelnen darzulegen, worin die Verletzung besteht. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen, während es auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt (BGE 144 II 313 E. 5.1; 142 III 364 E. 2.4). 
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführer übersehen die Anwendbarkeit von Art. 98 BGG auf ihre Beschwerde. Soweit sie nur die Verletzung von einfachem Bundesrecht geltend machen (Art. 445 Abs. 2, Art. 310 Abs. 1 i.V.m. Art. 445 Abs. 2 und Art. 450c ZGB), ist auf ihre Beschwerde von vornherein nicht einzutreten.  
 
3.2. Soweit sie sodann Verfassungsbestimmungen (Art. 9, Art. 14, Art. 29 Abs. 1 und 2 BV) als verletzt rügen, erfüllen die Ausführungen die geltenden Anforderungen an die Begründung solcher Rügen nicht: Es genügt nämlich nicht, den vorinstanzlichen Erwägungen lediglich die eigene Sicht der Dinge gegenüberzustellen und dann abschliessend eine ganze Reihe von Verfassungsbestimmungen als verletzt zu bezeichnen, ohne sich mit dem Gehalt der genannten Bestimmungen im Einzelnen auseinanderzusetzen und detailliert aufzuzeigen, inwiefern die Vorinstanz diese konkret verletzt haben soll.  
 
3.3. Sodann tragen die Beschwerdeführer dem Bundesgericht echte Noven vor, die vor Bundesgericht allerdings unbeachtlich sind (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 149 III 465 E. 5.5.1). Dies betrifft insbesondere die Entwicklung des Besuchsrechts bzw. die angebliche "Abschottung" des Kindes von seinen Eltern durch die KESB und die Beiständin. Ausserdem beziehen sie sich auf die Beschwerdeantwort der Kindesvertreterin im Verfahren vor dem Bezirksrat vom 2. April 2025. Soweit ersichtlich, haben sie diese der Vorinstanz nicht eingereicht und anderes behaupten die Beschwerdeführer nicht. Inwiefern dieses unechte Novum vor Bundesgericht zulässig sein sollte, erörtern sie entgegen ihrer Verpflichtung hierzu jedoch nicht (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.2). Auch darauf ist daher nicht einzugehen.  
 
4.  
Wie aus den vorstehenden Erwägungen folgt, ist auf die Beschwerde schon gar nicht einzutreten. Selbst wenn darauf eingetreten werden könnte, wäre sie jedoch abzuweisen: 
 
4.1. Kern- und Angelpunkt der vorinstanzlichen Argumentation ist, dass dem Entscheid über die Wiedererteilung der aufschiebenden Wirkung die aktuellen Verhältnisse zugrunde zu legen seien, wobei eine Interessenabwägung zwischen den Interessen der Eltern am Aufenthaltsbestimmungsrecht und dem Interesse des Kindes an der fortdauernden Fremdplatzierung während des Beschwerdeverfahrens und bei Rückplatzierung zu den Eltern zu erfolgen habe. Aus den Akten gehe hervor, dass die Mutter nicht in der Lage sei, die Bedürfnisse der Kinder wahrzunehmen und darauf einzugehen. Dies zeige sich auch seit der ausserfamiliären Platzierung. Sollte das Kind für die Dauer des Beschwerdeverfahrens nach Hause zurückkehren, bestünde gemäss der vorinstanzlichen Einschätzung die Gefahr, dass die Mutter nicht adäquat auf seine Bedürfnisse eingehen könnte und ihre eigenen Bedürfnisse und Ängste in den Vordergrund stellen würde. Dies sei angesichts der Ungewissheit über den Ausgang des bezirksrätlichen Verfahrens und der damit verbundenen Belastung nicht im Interesse des Kindes.  
 
4.2. Die Beschwerdeführer verkennen den Gehalt dieser Erwägungen, wenn sie wiederholt ausführen, die Vorinstanz habe ihnen dahingehend zugestimmt, dass weder das Erfordernis der Dringlichkeit noch jenes der Gefahr im Verzug gegeben sei, weswegen die Interessenabwägung obsolet und die Voraussetzungen für den Entzug der aufschiebenden Wirkung gemäss Art. 450c ZGB nicht gegeben seien. Denn davon abgesehen, dass die Vorinstanz das Vorliegen einer besonderen Dringlichkeit im Zeitpunkt des Entscheids der KESB bejahte (E. 3.5 des angefochtenen Entscheids), stellte sie für den eigenen Entscheid über die Wiedererteilung der aufschiebenden Wirkung bzw. über die Rückkehr des Kindes für die Dauer des Beschwerdeverfahrens auf die Verhältnisse ab, wie sie sich zum Zeitpunkt des Entscheids präsentierten. Dass diese Vorgehensweise gegen verfassungsmässige Rechte verstossen würde, behaupten die Beschwerdeführer nicht konkret. Ohnehin erwiese sich die Vorgehensweise der Vorinstanz, aufgrund der zum Zeitpunkt ihres Entscheids gegebenen Ausgangslage nicht mehr unmittelbar auf eine Dringlichkeit abzustellen, sondern letztlich zu beurteilen, ob eine Rückplatzierung für die Dauer des bezirksrätlichen Verfahrens im Kindeswohl liegen würde, als verfassungskonform (vgl. Urteil 5A_110/2025 vom 16. April 2025 E. 5.2.2).  
 
4.3. Die vorinstanzliche Erwägung, wonach die Mutter nicht in der Lage sei, die Bedürfnisse der Kinder wahrzunehmen und darauf einzugehen, kritisieren die Beschwerdeführer als aktenwidrig. Dabei beziehen sie sich unter anderem auf die Beschwerdeantwort der Kindesvertreterin im Verfahren vor dem Bezirksrat vom 2. April 2025. Diese ist jedoch vorliegend nicht zu beachten (oben E. 3.3). Im Übrigen stellen sie den vorinstanzlichen Ausführungen in appellatorischer Art und Weise lediglich ihre eigene Auffassung gegenüber, wobei sie sich nicht mit dem Hinweis der Vorinstanz auf das Standortgespräch vom 26. Februar 2025 auseinandersetzen. Darauf ist nicht einzugehen.  
 
4.4. Es hat folglich mit der vorinstanzlichen Einschätzung sein Bewenden, wonach es nicht im Interesse des Kindes liegt, während des bezirksrätlichen Verfahrens nach Hause zu gehen. Die Abweisung des Antrags auf Wiederteilung der aufschiebenden Wirkung und Rückkehr des Kindes erweist sich daher (mindestens) als verfassungskonform. Die Ausführungen der Beschwerdeführer zur besonderen Dringlichkeit zielen damit ebenso ins Leere wie der Vorwurf, die Vorinstanz begründe ihren Entscheid gegenüber dem Beschwerdeführer nicht, weshalb eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) vorliege. Schliesslich lebt der Beschwerdeführer im gleichen Haushalt wie die Beschwerdeführerin und hat die Vorinstanz explizit erwogen, dass eine Rückkehr in dieses Zuhause für die Dauer des Beschwerdeverfahrens nicht im Interesse des Kindes liege. Folglich ist auch der im Zusammenhang mit der Dringlichkeit gestellte Beweisantrag auf Einholung von Jugendstrafakten abzuweisen. Damit sei jedoch nicht gesagt, dass die Vorgehensweise der KESB - insbesondere der Erlass eines superprovisorischen Entscheids nach fast dreimonatigem Abwarten nach Vorliegen des Gutachtens vom 24. Oktober 2024 - auf den ersten Blick nicht mindestens fragwürdig erscheint. Dies ist aber, wie bereits erwähnt, vorliegend nicht Streitgegenstand (oben E. 1.2).  
 
4.5. Die Kostenfolgen (Dispositiv-Ziff. 2 des angefochtenen Ent scheids) fechten die Beschwerdeführer nicht unabhängig vom Ausgang des vorliegenden Beschwerdeverfahrens an. Ausführungen hierzu erübrigen sich.  
 
5.  
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Eine Parteientschädigung schulden sie jedoch nicht (Art. 68 Abs. 3 BGG). Ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, da die Beschwerde als von Anfang an aussichtslos qualifiziert werden muss (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der finanziellen Lage der Beschwerdeführer ist jedoch mit einer reduzierten Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kreis Bülach Süd, C.________ und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. Mai 2025 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Bovey 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lang