Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_115/2024  
 
 
Urteil vom 20. September 2024  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Kiss, May Canellas, 
Gerichtsschreiber Kistler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Abtei B.________ in U.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Kevin Niederberger, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Fehlende Klagebewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts 
des Kantons Obwalden vom 7. Februar 2024 
(ZG 23/022/SKE). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 11. November 2022 reichte A.________ (Kläger, Beschwerdeführer) beim Kantonsgericht Obwalden eine Klage über Fr. 1.2 Mio ein. Die Klage richtet sich gegen die Abtei B.________ in U.________ (Beklagte, Beschwerdegegnerin), Kloster der C.________, kirchliche Stiftung nach Art. 87 ZGB. Als Zustelladresse bezeichnete der Kläger einerseits das Priorat D.________ in V.________ (Italien), und andererseits das E.________-Kollegium F.________. Das Kantonsgericht forderte den Kläger auf, Belege für das Bestehen der Beklagten einzureichen und ihren Sitz anzugeben. Der Kläger teilte mit, dass die Bezeichnung der Beklagten korrekt sei und sie originär ihren statutarischen Sitz in U.________ habe. Die Zustellung solle an das E.________-Kollegium F.________ erfolgen. Das E.________-Kollegium teilte mit Schreiben vom 29. Dezember 2022 mit, dass die Beklagte zivilrechtlich wohl nicht existiere und dies wohl anlässlich eines Schlichtungsverfahrens bemerkt worden sei. Bei ihm befinde sich keine Zustelladresse. Mit Entscheid vom 22. Februar 2023 stellte das Kantonsgericht fest, dass kein Schlichtungsversuch stattgefunden habe und erliess einen Nichteintretensentscheid. 
 
B.  
Gegen diesen Entscheid erhob der Kläger Berufung an das Obergericht des Kantons Obwalden. Das Obergericht trat mit Entscheid vom 7. Februar 2024 auf die Berufung nicht ein. Am 24. April 2024 nahm das Obergericht auf Gesuch des E.________-Kollegiums F.________ eine Berichtigung der Begründung des Entscheids vor. Demnach wird als Berufungsbeklagte nurmehr die Abtei B.________ in U.________ und nicht mehr das E.________-Kollegium F.________, das Rechtsanwalt Kevin Niederberger mandatiert hat, aufgeführt. Auf die Begründung des Entscheids des Obergerichts wird - soweit erforderlich - nachfolgend eingegangen. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht im Wesentlichen, den angefochtenen Entscheid aufzuheben, auf die Klage einzutreten und die Sache zur weiteren Beurteilung an die kantonalen Instanzen zurückzuweisen. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
 
1.  
Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Unter Vorbehalt einer rechtsgenüglichen Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) ist auf die Beschwerde einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, ansonsten darauf nicht eingetreten werden kann (BGE 140 III 115 E. 2; 134 II 244 E. 2.1). In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Unerlässlich ist, dass auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingegangen und im Einzelnen aufgezeigt wird, worin eine vom Bundesgericht überprüfbare Rechtsverletzung liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerde an das Bundesgericht nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 140 III 115 E. 2, 86 E. 2).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1, mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2; 135 III 397 E. 1.5). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG)  
 
2.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substantiiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen dazulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2).  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz hielt im Wesentlichen fest, der Beschwerdeführer habe keine Klagebewilligung eingereicht, weshalb die Erstinstanz zu Recht auf die Klage nicht eingetreten sei. Die Auffassung des Beschwerdeführers, die Erstinstanz habe sich widersprüchlich verhalten, indem sie von einem unbekannten Aufenthaltsort der Beschwerdegegnerin ausgegangen sei, aber keinen einseitigen Verzicht auf das Schlichtungsverfahren nach Art. 199 Abs. 2 ZPO angenommen habe, überzeuge nicht. Vielmehr habe er selbst sich widersprüchlich verhalten, indem er als Zustelladresse das E.________-Kollegium F.________ sowie das Priorat D.________ in V.________ angegeben habe. Damit sei der Aufenthaltsort der Beschwerdegegnerin nicht unbekannt, weshalb auch nicht einseitig auf das Schlichtungsverfahren verzichtet werden könne. Es könne offenbleiben, ob Art. 199 Abs. 2 lit. b ZPO auf juristische Personen überhaupt anwendbar sei. Ein beidseitiger Verzicht auf das Schlichtungsverfahren nach Art. 199 Abs. 1 ZPO liege auch nicht schon deshalb vor, weil die Beschwerdegegnerin in den langjährigen Verhandlungen jede Vergleichsbereitschaft abgelehnt habe. Daraus könne nicht geschlossen werden, dass sie an der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nicht interessiert sei. Ebenso wenig liege ein konkludenter Verzicht auf die Durchführung einer Schlichtungsverhandlung vor. Von einer vorbehaltlosen Einlassung im Sinne von Art. 221 Abs. 2 lit. b ZPO könne nicht ausgegangen werden. Vielmehr habe das E.________-Kollegium F.________, dem die Klage zugestellt worden sei, im Zusammenhang mit der fehlenden Klagebewilligung auf eine allenfalls fehlende Prozessvoraussetzung hingewiesen und betont, dass es nicht Partei des Verfahrens sei und somit auch nicht befugt sei, auf die Durchführung einer Schlichtungsverhandlung zu verzichten. Damit fehle es an einer gehörigen Klageeinleitung.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, nicht er, sondern das Kantonsgericht habe sich widersprüchlich verhalten. Das Gericht habe nämlich den Entscheid vom 22. Februar 2022 im Amtsblatt publiziert und festgehalten, dass dieser der Abtei B.________ in U.________, Domizil unbekannt, mit angeblichem Sitz in U.________, öffentlich mitgeteilt werde. Mit der Publikation gelte der Entscheid als zugestellt. Wenn das Kantonsgericht davon ausgegangen sei, dass das Domizil der Beklagten unbekannt sei, hätte es in Anwendung von Art. 199 Abs. 2 lit. b ZPO auf einen wirksam erfolgten einseitigen Verzicht auf das Schlichtungsverfahren schliessen müssen. Er weist darauf hin, dass der zivilrechtliche (Fort) Bestand der Beklagten erwiesen und es unbestritten sei, dass sowohl das E.________-Kollegium F.________ als auch das Priorat in D.________ deren abhängige Niederlassungen seien; die Vorinstanz habe deshalb Art. 199 Abs. 2 lit. b ZPO verletzt. Zudem habe sie im Rubrum ihres Entscheids auch festgehalten, dass das Domizil der Beschwerdegegnerin unbekannt sei.  
 
3.2.1. Soweit sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Entscheid wendet, übersieht er, dass nur der vorinstanzliche Entscheid, nicht aber der erstinstanzliche Entscheid zulässiges Anfechtungsobjekt vor Bundesgericht darstellt (Art. 75 Abs. 1 BGG). Seine diesbezüglichen Rügen sind daher unbeachtlich.  
 
3.2.2. Darüber hinaus setzt sich der Beschwerdeführer in seinen Rügen nicht hinreichend mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinander. So zeigt er nicht auf, inwiefern er sich nicht widersprüchlich verhält, wenn er sich einerseits darauf beruft, dass der Aufenthalt der Beschwerdegegnerin unbekannt sei und er deshalb im Sinne von Art. 199 Abs. 2 lit. b ZPO einseitig auf das Schlichtungsverfahren verzichten könne, andererseits aber geltend macht, die Beschwerdegegnerin verfüge je über Zustellungsadressen beim Priorat D.________ in V.________ (Italien) bzw. beim E.________-Kollegium F.________. Vielmehr bestätigt er die von ihm geschaffene Verwirrung, indem er diese Ausführungen in seiner Beschwerde an das Bundesgericht wiederholt. Mit diesen widersprüchlichen Vorbringen vermag der Beschwerdeführer nicht hinreichend eine Verletzung von Bundesrecht durch die Vorinstanz darzutun. Denn jedenfalls ist es für einen zulässigen einseitigen Verzicht auf das Schlichtungsverfahren im Sinne von Art. 199 Abs. 2 lit. b ZPO Sache der klagenden Partei und nicht des Gerichts, darzulegen, dass der Aufenthaltsort der beklagten Partei unbekannt ist (SUTTER - SOMM / SEILER, in: Handkommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2021, N. 8 zu Art. 199 ZPO; EGLI, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2. Aufl. 2016, N. 12 zu Art. 199 ZPO; vgl. auch INFANGER, in: Basler Kommentar Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 6 zu Art. 199 ZPO; AESCHLIMANN - DISLER / HEINZMANN, in: Chabloz/Dietschy-Martenet/ Heinzmann [Hrsg.], Petit Commentaire Code de procédure civile, 2020, N. 8 zu Art. 199 ZPO). Mit seinen Ausführungen legt der Beschwerdeführer aber gerade nicht dar, dass er vor den Vorinstanzen aufgezeigt habe, dass der Aufenthaltsort der Beschwerdegegnerin unbekannt sei und er damit in zulässiger Weise auf die Durchführung einer Schlichtungsverhandlung verzichten konnte. Ohnehin ergänzt er mit seinen Vorbringen den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt nach Belieben, ohne eine zulässige Sachverhaltsrüge zu erheben, weshalb seine diesbezüglichen Rügen unbeachtlich sind. Insgesamt erweist sich seine Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet, soweit darauf einzutreten ist.  
 
3.3.  
 
3.3.1. Sodann rügt der Beschwerdeführer, der angefochtene Entscheid verkenne die Tragweite eines beidseitigen Verzichts auf das Schlichtungsverfahren nach Art. 199 Abs. 1 ZPO. Für einen konkludenten Verzicht auf die Durchführung des Schlichtungsverfahrens genüge es, wenn die Gegenpartei sich der direkten Klageeinreichung nicht widersetze. Der Umstand, dass das E.________-Kollegium bemerkt habe, dass die Beschwerdegegnerin zivilrechtlich wohl nicht existiere und dies bei Einleitung eines allfälligen Schlichtungsverfahrens bemerkt worden wäre, könne nicht genügen, um ein Widersetzen gegen die direkte Klageerhebung anzunehmen. Das E.________-Kollegium habe mit seinem Schreiben vom 29. Dezember 2022 eine fehlende Passivlegitimation geltend gemacht und sich damit durchaus zur Hauptsache geäussert. Wenn es dies tue, ohne gleichzeitig einen Nichteintretensentscheid aufgrund fehlender Schlichtungsverhandlung beantragt zu haben, sei von einem gültig zustande gekommenen, unwiderruflichen Verzicht auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nach Art. 199 Abs. 1 ZPO auszugehen. Die Passivlegitimation sei eine materiellrechtliche Frage, deren Behandlung ein Eintreten in der Sache voraussetze. Im Anschluss daran äussert sich der Beschwerdeführer ausführlich zur Partei- und Prozessfähigkeit der Beschwerdegegnerin im vorliegenden Verfahren.  
 
3.3.2. Mit seiner Rüge verkennt der Beschwerdeführer den Unterschied von Partei und Zustellungsadressat. Seine Klage richtet sich gegen die Abtei B.________ in U.________, während er das E.________-Kollegium F.________ (neben dem Priorat D.________) als Zustellungsadressat angegeben hat. Wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat, ist es dem E.________-Kollegium als Zustellungsadressat wegen fehlender Parteistellung verwehrt, auf die Durchführung einer Schlichtungsverhandlung zu verzichten oder einen Nichteintretensentscheid zu fordern. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, bei dieser Sachlage sei richtigerweise kein konkludenter Verzicht auf die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens erkennbar, ist nicht zu beanstanden. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Partei- und Prozessfähigkeit der Beschwerdegegnerin im vorliegenden Verfahren stehe fest, ist er ferner nicht zu hören. Dem Entscheid der Vorinstanz lässt sich hierzu nichts entnehmen, ohne dass der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht hätte. Darauf ist nicht einzutreten.  
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann. Damit wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin steht keine Entschädigung zu, da ihr im bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand entstanden ist. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Obwalden schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. September 2024 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Kistler