Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_724/2022  
 
 
Urteil vom 21. April 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Abrecht, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsdienst Inclusion Handicap, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Hilflosenentschädigung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 10. November 2022 (IV.2021.00636). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die 1966 geborene A.________ bezieht aufgrund psychischer Störungen seit 1. Juli 2004 eine ganze Invalidenrente der Invalidenversicherung (Invaliditätsgrad von 100 %; Verfügung vom 5. April 2006). Der Rentenanspurch wurde anlässlich mehrerer Revisionen bestätigt, zuletzt im Jahr 2015.  
 
A.b. Mit Verfügung vom 13. Oktober 2012 sprach die IV-Stelle A.________ zudem eine Hilflosenentschädigung wegen leichter Hilflosigkeit ab 1. November 2010 zu, welche sie mit Verfügung vom 17. September 2015 per Ende Oktober 2015 revisionsweise wieder aufhob. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich schützte diesen Entscheid mit Urteil vom 14. Juni 2017.  
 
A.c. Am 29. März 2021 meldete sich A.________ unter Hinweis darauf, dass inzwischen beide Kinder von zu Hause ausgezogen seien, erneut zum Bezug einer Hilflosenentschädigung an. Die IV-Stelle liess eine Abklärung vor Ort durchführen. Gestützt auf den entsprechenden Abklärungsbericht vom 11. Juni 2021 verneinte sie - nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren - mit Verfügung vom 28. September 2021 einen Anspruch der Versicherten auf eine Hilflosenentschädigung.  
 
B.  
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 10. November 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 10. November 2022 und die Verfügung der IV-Stelle vom 28. September 2021 seien aufzuheben und letztere sei zu verpflichten, ihr eine Hilflosenentschädigung wegen leichter Hilflosigkeit zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen und neuer Entscheidung an die IV-Stelle zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung. 
Während die IV-Stelle ohne inhaltliche Ausführungen auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten die Vorinstanz und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bestätigung der Verfügung der IV-Stelle vom 28. September 2021 einen Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Hilflosenentschädigung verneinte.  
 
2.2. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Urteil zugrundeliegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar (BGE 148 V 174 E. 4.1).  
 
2.3. Das kantonale Gericht hat die entscheidwesentlichen Rechtsgrundlagen zum Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung bei Hilflosigkeit leichten oder mittelschweren Grades (Art. 9 ATSG; Art. 42 Abs. 1 und 2 IVG; Art. 35 ff. IVV), namentlich zu den massgebenden sechs alltäglichen Lebensverrichtungen (Aufstehen, Absitzen, Abliegen; An- und Auskleiden; Essen; Körperpflege; Verrichten der Notdurft; Fortbewegung und Kontaktaufnahme; Art. 37 IVV; BGE 127 V 94 E. 3c; 125 V 297 E. 4a; 133 V 450 E. 7.2; je mit Hinweisen) sowie der lebenspraktischen Begleitung (Art. 42 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 38 IVV; BGE 146 V 322 E. 2.3; Urteil 9C_639/2015 vom 14. Juni 2021 E. 4.1) zutreffend wiedergegeben. Dasselbe gilt hinsichtlich der Beweiskraft von Abklärungsberichten (Art. 69 Abs. 2 IVV; BGE 140 V 543 E. 3.2.1 mit Hinweisen) sowie zum Vorgehen analog der Revision bei Neuanmeldung (Art. 17 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV). Darauf wird verwiesen.  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz stellte fest, ein Vergleich der beiden Abklärungsberichte vom 2. Juli 2015 und 11. Juni 2021 zeige keine wesentliche Veränderung hinsichtlich des Hilfebedarfs der Beschwerdeführerin. Auch anhand der medizinischen Unterlagen lasse sich keine Veränderung des Gesundheitszustands nachvollziehen, aufgrund welcher die Beschwerdeführerin vermehrt auf Hilfe angewiesen wäre. So habe der behandelnde Psychiater die gleichen Einschränkungen genannt wie in den Vorberichten. Ferner sei auch mit dem Auszug des Sohnes der Beschwerdeführerin aus der gemeinsamen Wohnung keine Veränderung des Hilfebedarfs ausgewiesen. Denn für die Beurteilung der Frage, ob eine Person auf Dritthilfe angewiesen sei, sei unerheblich, ob sie mit Familienmitgliedern zusammenwohne. Selbst wenn aber der Auszug des Sohnes als wesentliche Veränderung gewertet würde, würde sich am Resultat nichts ändern. Denn aus dem beweiskräftigen Abklärungsbericht vom 11. Juni 2021 ergebe sich, dass der für die Anerkennung einer lebenspraktischen Begleitung im Sinne von Art. 42 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 IVV erforderliche wöchentliche Zeitaufwand von insgesamt zwei Stunden bei weitem nicht erreicht sei, weshalb die IV-Stelle das Leistungsbegehren zu Recht abgewiesen habe.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben sowie eine fehlerhafte Ermessensausübung der Vorinstanz. Sie macht geltend, die Vorinstanz habe die Aufhebung der Hilflosenentschädigung im Jahr 2017 unter anderem mit Verweis auf die Mitwirkungspflicht des im gleichen Haushalt lebenden Sohnes bestätigt. Nachdem dieser nun ausgezogen sei, müsse von einer wesentlichen Veränderung und damit von einem Revisionsgrund ausgegangen werden. Der Hilfebedarf sei folglich einer umfassenden Prüfung zu unterziehen. Dieser sei im Abklärungsbericht vom 11. Juni 2021 viel zu tief festgesetzt worden. Insgesamt sei ein Hilfebedarf von wöchentlich 8,5 Stunden ausgewiesen, womit ein Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung für lebenspraktische Begleitung bestehe.  
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz hat richtig erkannt, dass die Notwendigkeit einer Dritthilfe objektiv nach dem Gesundheitszustand der versicherten Person zu beurteilen ist. Abgesehen vom Aufenthalt in einem Heim ist demgegenüber die Umgebung, in welcher sie sich aufhält, grundsätzlich unerheblich. Bei der lebenspraktischen Begleitung darf keine Rolle spielen, ob die versicherte Person allein lebt, zusammen mit dem Lebenspartner, mit Familienmitgliedern oder in einer der heutzutage verbreiteten neuen Wohnformen. Massgebend ist einzig, ob die versicherte Person, wäre sie auf sich allein gestellt, erhebliche Dritthilfe in Form von Begleitung und Beratung benötigen würde (BGE 146 V 322 E. 2.3; 133 V 450 E. 5, 472 E. 5.3.2; 98 V 23 E. 2; SVR 2011 IV Nr. 11 S. 29, 9C_410/2009 E. 5; Urteil 8C_241/2022 vom 5. August 2022). Demgegenüber ist die tatsächlich erbrachte Mithilfe von Familienmitgliedern eine Frage der Schadenminderungspflicht, die erst in einem zweiten Schritt zu prüfen ist (SVR 2011 IV Nr. 11 S. 29, 9C_410/2009 E. 5.1; Urteile 9C_567/2019 vom 23. Dezember 2019 E. 6.2; 8C_225/2014 vom 21. November 2014 E. 8.3.2; 8C_828/2011 vom 27. Juli 2012 E. 5.3.1; 9C_782/2010 vom 10. März 2011 E. 2.2).  
 
4.2. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, wies das kantonale Gericht in seinem Urteil vom 14. Juli 2017, mit dem die von der IV-Stelle verfügte Aufhebung der Hilflosenentschädigung geschützt wurde, unter dem Titel der Schadenminderungspflicht in mehreren Bereichen auf die zumutbare Hilfestellung ihres Sohnes hin. So nannte es etwa dessen Unterstützung im Zusammenhang mit beruhigenden Gesprächen in der Nacht, beim Duschen oder bei Haushaltsarbeiten. Durch den Auszug des Sohnes aus der gemeinsamen Wohnung kann die von ihm geleistete und von der IV-Stelle als zumutbare Hilfestellung eines Familienangehörigen angerechnete Unterstützung nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr im gleichen Umfang im Rahmen der Schadenminderungspflicht berücksichtigt werden. Die Änderung in Bezug auf die Wohnsituation der Beschwerdeführerin stellt somit insofern einen Neuanmeldungsgrund im Sinne von Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 ATSG dar, als sie geeignet ist, sich auf den anrechenbaren Zeitbedarf für die lebenspraktische Begleitung und - selbst bei einem unveränderten Gesundheitszustand - auch auf den Umfang des Anspruchs auf eine Hilflosenentschädigung auszuwirken (vgl. Urteil 9C_410/2015 vom 13. November 2015 E. 4.2.1 betreffend Rentenanspruch). Die Beschwerdeführerin macht damit zu Recht geltend, es liege ein Neuanmeldungsgrund vor, was dazu führe, dass der Anspruch auf Hilflosenentschädigung für die Zukunft in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend ("allseitig") neu zu prüfen ist, wobei keine Bindung an frühere Beurteilungen besteht (vgl. Urteil 9C_248/2017 vom 15. Februar 2018 E. 5.2; betreffend Rentenanspruch vgl. auch: BGE 148 V 195 E. 6.2; 141 V 9 E. 2.3).  
 
5.  
Zu prüfen bleibt, ob der Schluss der Vorinstanz, selbst unter Annahme einer wesentlichen Veränderung ändere sich am Ergebnis nichts, vor Bundesrecht standhält. 
 
5.1. Ein Abklärungsbericht betreffend die Hilflosigkeit (Art. 9 ATSG) hat rechtsprechungsgemäss folgenden Anforderungen zu genügen: Als Berichterstatterin wirkt eine qualifizierte Person, welche Kenntnis der örtlichen und räumlichen Verhältnisse sowie der Beeinträchtigungen und Hilfsbedürftigkeiten hat, die sich aus den von den Medizinalpersonen gestellten Diagnosen ergeben. Bei Unklarheiten über physische oder psychische Störungen und/oder deren Auswirkungen auf alltägliche Lebensverrichtungen sind Rückfragen an die medizinischen Fachpersonen nicht nur zulässig, sondern notwendig. Weiter sind die Angaben der Hilfe leistenden Personen zu berücksichtigen, wobei divergierende Meinungen der Beteiligten im Bericht aufzuzeigen sind. Der Berichtstext muss plausibel, begründet und detailliert bezüglich der einzelnen alltäglichen Lebensverrichtungen sein. Schliesslich hat er in Übereinstimmung mit den an Ort und Stelle erhobenen Angaben zu stehen. Das Gericht greift, sofern der Bericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage im soeben umschriebenen Sinne darstellt, in das Ermessen der die Abklärung tätigenden Person nur ein, wenn klar feststellbare Fehleinschätzungen vorliegen. Dies gebietet insbesondere der Umstand, dass die fachlich kompetente Abklärungsperson näher am konkreten Sachverhalt ist als das im Beschwerdefall zuständige Gericht (BGE 140 V 543 E. 3.2.1; 133 V 450 E. 11.1.1; 130 V 61 E. 6.2; 128 V 93 E. 4; SVR 2018 IV Nr. 69 S. 223, 9C_762/2017 E. 3.2).  
 
5.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Beurteilung der Abklärungsperson stehe in erheblichem Widerspruch zur Einschätzung ihres behandelnden Psychiaters. So halte Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, in seiner Stellungnahme vom 23. Juli 2021 fest, nur dank der erhaltenen Hilfe in lebenspraktischen Angelegenheiten habe bislang eine Einweisung in eine Institution mit ganztägiger Betreuung verhindert werden können. Sie sei - aufgrund sexuellen Missbrauchs unter Gewaltandrohung in der Vergangenheit - schwer traumatisiert und leide unter einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) mit ausgeprägten Ängsten und Zwängen. Ferner komme es immer wieder zu Dissoziationen. Dabei gerate sie in einen ausgesprochenen Spannungszustand, verliere schliesslich das Bewusstsein, stürze und steigere sich in eine extreme körperliche Spannung hinein mit Atembeschwerden, bis sich der Zustand spontan wieder löse und sie danach meist in einen tiefen Erschöpfungsschlaf falle oder auf die Notfallstation des Spitals gebracht werde. Aufgrund des anhaltenden Gefühls der Verunreinigung bestehe der Zwang, übermässig zu putzen, die Kleider und das Bettzeug übermässig häufig zu wechseln und den eigenen Körper übermässig häufig zu waschen. Immer wieder werde sie von Angstzuständen überwältigt und rufe die "dargebotene Hand" an oder in ihrer Not ihren Sohn und bitte ihn, bei ihr zu übernachten. Etwa zweimal im Monat müsse der Sohn die Nacht bei ihr verbringen. Da sie in Panik gerate, wenn sie die akustische Kontrolle verliere, könne sie nicht ohne eine vertraute Person in ihrer Wohnung duschen und auch nicht die Haare föhnen. Die Waschküche im Keller könne sie aus Angst, von Fremden angegriffen zu werden, nicht benutzen und das Einkaufen sei ihr nur in äusserst eingeschränktem Mass möglich. Sobald sie grössere Läden/Einkaufszentren betrete, leide sie unter der Angst, von jemandem angegriffen zu werden. Ein solches Geschäft könne sie nur mit einer schützenden Begleitperson betreten. Aufgrund ihrer Agoraphobie könne sie sich nicht länger im Freien aufhalten und Spaziergänge nur mit einer Begleitperson unternehmen. Aus Angst attackiert zu werden oder zu dissoziieren könne sie auch keine öffentlichen Verkehrsmittel benützen. Auch Fahrten alleine mit ihrem eigenen Auto könne sie nur in der nächsten Umgebung unternehmen. Aus sozialen Ängsten unterhalte sie auch kaum Kontakt zu ihren Freundinnen und sei vereinsamt. Zur Kontakteinschränkung würden auch die körperlichen Beeinträchtigungen beitragen. Diese verunmöglichten ihr zudem, den Müll zu entsorgen, Papier zu bündeln, das Bett neu zu beziehen, die Matratze zu drehen, mehr als für kurze Zeit oder in kleinerem Rahmen Staub zu saugen, schwere Einkaufstaschen zu tragen oder diese die Treppe hinauf zu tragen.  
Sodann bestätige auch die betreuende Person der Psychiatrie-Spitex, C.________, es seien zwei volle Stunden Betreuung notwendig, damit die Beschwerdeführerin im Alltag einigermassen bestehen könne. Er habe darauf hingewiesen, dass sie viele schlechte Tage habe, an denen sie dissoziiere und in Angst- und Panikattacken verfalle. Diese Situationen müssten immer wieder nachbesprochen werden. 
 
Weiter sei der Aufwand der Haushalts-Spitex von zwei Stunden zu berücksichtigen, welche sie nicht nur aus körperlichen Gründen benötige, sondern auch aufgrund ihres mangelnden Antriebs. 
Ihr Sohn beziffere seinen Aufwand mit ca. 4,5 Stunden pro Woche. Das umfasse die Anreisezeit (3 Besuche pro Woche), die Hilfe beim Duschen, Föhnen und Rückenwaschen, wie auch administrative Arbeiten, Einkäufe, Reinigung des Katzenklos sowie Übernachtungen bei ihr. 
 
5.3. Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass die Angaben des Dr. med. B.________, bei dem sie in engmaschiger psychotherapeutischer Behandlung ist (eine Sitzung pro Woche), in einem erheblichen Widerspruch zur Beurteilung der Abklärungsperson stehen. Auch in seiner Stellungnahme vom 15. Oktober 2021 wies der behandelnde Psychiater eindrücklich auf die Auswirkungen der psychischen Störungen der Beschwerdeführerin hin. Er stellte klar, dass aus psychiatrischer Sicht die Indikation für den Einsatz von Psychiatrie-Spitex im Unfang von mindestens zwei Stunden pro Woche gegeben sei. Ohne diese Hilfe steige die Gefahr eines erneuten Suizidversuchs. Auch die Unterstützung durch den Sohn (Übernachtung bei ihr in Krisensituationen) und der "dargebotenen Hand" sei notwendig. Ohne diese Hilfe könnte die Beschwerdeführerin nicht allein in ihrer Wohnung leben.  
Zwar stellt der Abklärungsbericht im Haushalt auch im Falle einer Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit ein geeignetes Beweismittel für die Bemessung der Hilflosigkeit der betroffenen Personen dar. Stimmen jedoch die Ergebnisse der Abklärung vor Ort nicht mit den ärztlichen Feststellungen der Behinderungen überein, so haben Letztere in der Regel mehr Gewicht als die im Haushalt durchgeführte Abklärung (BGE 133 V 450 E. 11.1.1 mit Hinweisen; Urteil 8C_464/2015 vom 14. September 2015 E. 4). Die IV-Stelle wäre damit bei hier gegebenen Unklarheiten über die Auswirkungen der psychischen Störungen gehalten gewesen, Rückfragen beim behandelnden Psychiater zu stellen (vgl. E. 5.1 hiervor) oder zumindest den Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) in das Abklärungsverfahren einzubinden, wie dies im Kreisschreiben über Invalidität und Hilflosigkeit (Rz. 8129 und 8133 KSIH, Stand: 1. Januar 2021) denn auch explizit vorgeschrieben ist. Überhaupt fällt auf, dass die IV-Stelle vor der Durchführung der Abklärung vor Ort keinen einzigen ärztlichen Bericht einholte, obwohl sie auf das Leistungsgesuch der Beschwerdeführerin eingetreten ist und es insofern den Untersuchungsgrundsatz zu beachten galt. Hinsichtlich der vom behandelnden Psychiater erwähnten körperlichen Beeinträchtigungen hielt die Vorinstanz fest, dieser sei für deren Beurteilung nicht zuständig. Das mag zwar zutreffen. Es kann aber nicht der Beschwerdeführerin zur Last gelegt werden, dass es die IV-Stelle unterlassen hat, den Sachverhalt in dieser Hinsicht genügend abzuklären. Vielmehr muss aufgrund fehlender aktueller ärztlicher Berichte davon ausgegangen werden, dass die Abklärungsperson nicht genügend Kenntnis der aktuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen (in somatischer wie auch in psychischer Hinsicht) hatte, was den Beweiswert ihres Abklärungsberichts erheblich schmälert. Im Übrigen macht die Beschwerdeführerin zu Recht geltend, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der anzurechnende Zeitbedarf gegenüber der letzten Abklärung im Jahr 2015 wesentlich geringer sein soll, nachdem sie mittlerweile alleine lebe und sich ihr Gesundheitszustand gemäss Angaben des Dr. med. B.________ zwischenzeitlich verschlechtert habe. Soweit das kantonale Gericht im Umstand, dass die Beschwerdeführerin im Vergleich zu früher alle zwei Wochen Besuch erhalte, gar ein Indiz für eine gesundheitliche Verbesserung sieht, greift dies offensichtlich zu kurz. 
 
5.4. Indem die Vorinstanz trotz der erheblichen Diskrepanz zwischen den Angaben des behandelnden Psychiaters und der Einschätzung gemäss Abklärungsbericht vom 11. Juni 2021 auf letzteren abstellte, ohne weitere Erhebungen zu veranlassen, verletzte sie den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) und damit Bundesrecht. Die Sache ist deshalb an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie aktuelle Berichte der behandelnden Ärzte einholt und die Abweichungen zwischen Abkärungsbericht und Stellungnahme des Dr. med. B.________ vom 23. Juli 2021 durch gezielte Rückfragen beim behandelnden Psychiater sowie unter Einbezug des RAD klärt.  
 
5.5.  
Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung oder an das kantonale Gericht zu weiterer Abklärung (mit noch offenem Ausgang) gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1 mit Hinweis). Die unterliegende IV-Stelle hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerdeführerin durch eine beim Rechtsdienst Inclusion Handicap angestellte Juristin zwar qualifiziert, aber nicht anwaltlich vertreten ist, hat ihr die Beschwerdegegnerin eine reduzierte Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 BGG; Art. 9 des Reglements über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht [SR 173.110.210.3]; vgl. Urteil 8C_450/2018 vom 16. Oktober 2018 E. 7 mit Hinweisen). Dem Verfahrensausgang entsprechend wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren gegenstandslos. 
Zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens ist die Sache an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückzuweisen (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 10. November 2022 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 28. September 2021 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die IV-Stelle des Kantons Zürich zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'600.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. April 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest