Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_1201/2024
Urteil vom 22. Januar 2025
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hofmann,
Gerichtsschreiber Clément.
Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl,
Postfach, 8036 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Nichtanhandnahme; Nichteintreten,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 9. Oktober 2024 (UE240116-O/U/AEP>GRO).
Sachverhalt:
A.
A.a. Am 23. Februar 2023 um 09.13 Uhr meldete sich D.________ bei der Stadtpolizei Zürich und teilte dieser mit, dass ihre Vermieterin E.________ ihren Mitbewohner †C.A.________, bei dem es sich auch um den Grossneffen von E.________ handle, mit einem Gurt am Fenster erhängt aufgefunden habe. Laut dem Ausrückebericht der Stadtpolizei Zürich und dem Einsatzprotokoll von Schutz & Rettung der Stadt Zürich, beide vom 23. Februar 2023, sei beim Eintreffen der Stadtpolizei Zürich im Zimmer von †C.A.________ bereits die Totenstarre eingetreten gewesen. Ein Polizeibeamter habe daraufhin den im Fenster eingeklemmten Hosengurt durch Öffnen des Fensters gelöst und †C.A.________ in der Folge vorsichtig zu Boden gelassen. Reanimationsmassnahmen seien nicht durchgeführt worden.
A.b. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) gab beim Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich (nachfolgend: IRM) eine Legalinspektion und eine computertomografische Bildgebung des Leichnams von †C.A.________ in Auftrag. Nachdem dieser am 24. Februar 2023 um 15.45 Uhr von der Staatsanwaltschaft zur Bestattung freigegeben worden war, beauftragte A.A.________, der Vater von †C.A.________, das Universitätsspital Zürich (nachfolgend: USZ) mit der Durchführung einer privaten Obduktion. Die in der Folge vom USZ erstellten Berichte zur Obduktion und zu toxikologischen Untersuchungen vom 10. April 2023 und vom 2. Mai 2023 sowie der vom Universitätsspital Basel am 19. April 2023 erstattete konsiliarische Befund wurden am 12. Mai 2023 durch die Staatsanwaltschaft dem IRM zur Beantwortung der von A.A.________ formulierten Fragen zu den Umständen des Todes von †C.A.________ unterbreitet. Die Beantwortung dieser Fragen erfolgte mit Ergänzungsgutachten des IRM vom 27. Juli 2023.
B.
Die Staatsanwaltschaft verfügte am 25. März 2024, dass betreffend den Todesfall von †C.A.________ keine Strafuntersuchung anhand genommen werde. Gegen diese Verfügung erhoben A.A.________ und B.A.________, die Eltern von †C.A.________, mit Eingaben vom 9. bzw. 11. April 2024 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich (nachfolgend: Obergericht, Vorinstanz), welches diese mit Beschluss vom 9. Oktober 2024 abwies.
C.
A.A.________ und B.A.________ beantragen dem Bundesgericht mit Beschwerde in Strafsachen vom 11. November 2024 (Postaufgabe) sinngemäss, der Beschluss des Obergerichts vom 9. Oktober 2024 sei aufzuheben und es sei eine erneute Untersuchung des Todes von †C.A.________ anzuordnen, insbesondere die Durchführung einer DNA-Analyse des Gurtes, um die Beteiligung Dritter abschliessend zu prüfen, weitergehende Untersuchung der Autopsie- und Toxikologieergebnisse des USZ, um alternative Todesursachen zu ermitteln und alle weiteren forensischen Massnahmen, die zur Klärung der Todesursache erforderlich sind.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde hat ein Begehren und eine Begründung zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). In gedrängter Form ist darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Um den Begründungsanforderungen zu genügen, muss die beschwerdeführende Partei mit ihrer Kritik bei den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 146 IV 297 E. 1.2 mit Hinweis). Das bedeutet, dass die Rechtsschrift auf den angefochtenen Entscheid und seine Begründung Bezug nehmen und sich damit auseinandersetzen muss (BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 140 III 86 E. 2; je mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.6; 147 IV 73 E. 4.1.2; je mit Hinweisen).
1.2. Gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Erhebung einer Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und (kumulativ) ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Legitimiert ist nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG insbesondere die Privatklägerschaft, mithin die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen indes nur berechtigt, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Zivilforderungen im Sinne dieser Bestimmung sind unmittelbar aus der Straftat resultierende und vor den Zivilgerichten geltend zu machenden Ansprüchen, in erster Linie solche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR (BGE 146 IV 76 E. 3.1; 141 IV 1 E. 1.1; Urteil 6B_562/2021 vom 7. April 2022 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 148 IV 170).
Richtet sich die Beschwerde - wie vorliegend - gegen die Nichtanhandnahme oder Einstellung eines Verfahrens, muss die geschädigte Person im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen und inwiefern sich der angefochtene Entscheid auf welchen konkreten Zivilanspruch auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Es prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 149 IV 9 E. 2; 146 IV 185 E. 2), aber ohne eingehende Auseinandersetzung mit der Sache. In der Beschwerdeschrift ist einleitend und in gedrängter Form darzulegen, inwiefern die Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind. Dabei genügt nicht, dass die Privatklägerschaft lediglich behauptet, von der fraglichen Straftat betroffen zu sein; sie muss vielmehr die Anspruchsvoraussetzungen und namentlich den erlittenen Schaden genau substanziieren und letzteren soweit möglich beziffern. Genügt die Beschwerde diesen strengen Begründungsanforderungen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche konkrete Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 186 E. 1.4.1; 137 IV 246 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Dies ist dann der Fall, wenn die Straftat unmittelbar zu einer so starken Beeinträchtigung der körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität geführt hat, dass sich daraus ohne Weiteres ein Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung ergibt (zum Ganzen: Urteile 7B_182/2024 vom 26. März 2024 E. 2.1.2; 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; je mit Hinweisen; siehe auch Urteile 7B_588/2023 vom 10. Dezember 2024 E. 1.3.1; 7B_566/2023 vom 14. Mai 2024 E. 1.2.1; je mit Hinweisen).
2.
2.1. Die Beschwerdeführenden gelangen ans Bundesgericht, da sie die behördlichen Abklärungen zum Todesfall ihres Sohnes, †C.A.________, als nicht hinreichend erachten. Alternative Todesursachen zum Suizid seien von der Staatsanwaltschaft nicht ausreichend untersucht worden, es habe "Ermittlungsdefizite" gegeben und "wesentliche Ermittlungsschritte" seien unterblieben. Wie bereits die Vorinstanz festgestellt hat, scheint es den Beschwerdeführern in erster Linie darum zu gehen, dass der Tod ihres Sohnes nicht als Suizid eingestuft wird. Das Anliegen der Eltern von †C.A.________, den "ungeklärten und tragischen Tod" ihres Sohnes möglichst umfassend aufklären zu lassen, ist aus menschlicher Sicht nachvollziehbar. Allerdings besteht aus rechtlicher Warte kein Anlass, um im Sinne der Anträge der Beschwerdeführenden zu entscheiden.
2.2. Die Beschwerdeführenden äussern sich nicht zu einem ihnen zustehenden Zivilanspruch, der sie zur vorliegenden Beschwerde in Strafsachen berechtigen könnte. Damit kommen sie den Begründungsanforderungen offensichtlich nicht nach. Vorliegend gereicht ihnen dies jedoch nicht zum Nachteil und auf die Beschwerde ist in Anwendung der dargelegten Ausnahmeregel (siehe Erwägung 1.2 hiervor) grundsätzlich einzutreten, da die untersuchte Straftat unmittelbar zu einer so starken Beeinträchtigung namentlich der psychischen Integrität der Beschwerdeführenden geführt hat, dass sich daraus ohne Weiteres ein möglicher Anspruch auf Genugtuung ergibt.
2.3. In der Sache erschöpfen sich die Ausführungen der Beschwerde-führenden in appellatorischer Kritik. Sie führen mehrere Bestimmungen der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) an, die aus ihrer Sicht nicht korrekt angewendet worden seien. Sie nennen verschiedene Ermittlungshandlungen, die geboten gewesen wären. In der unterbliebenen DNA-Analyse des Gurtes erblicken die Beschwerdeführenden eine "unterlassene Verfolgung kritischer DNA-Beweise". Zudem monieren sie ein "Ignorieren festgestellter Widersprüche in gerichtsmedizinischen Befunden", da das IRM eine Erstickung durch Erhängen angenommen habe, während das USZ auf eine mögliche Herzinsuffizienz, wahrscheinlich ausgelöst durch Kokainkonsum, verwiesen habe. Eine "vernachlässigte" Prüfung erblicken die Beschwerdeführenden alsdann auch darin, ob †C.A.________ vor seinem Tod medizinische Hilfe in Anspruch genommen habe.
Mit den zentralen Rügen, welche die Beschwerdeführenden im bundesgerichtlichen Verfahren vorbringen, hat sich bereits die Vorinstanz eingehend beschäftigt, so insbesondere mit den angeblichen Widersprüchen zwischen dem (ersten) rechtsmedizinischen Gutachten des IRM und der vom Beschwerdeführer 1 eingeholten konsiliarischen Beurteilung vom 19. April 2023 der Pathologie des Universitätsspitals Basel im Auftrag des USZ (angefochtener Beschluss E. II.4.2.4) und der mutmasslich zu Unrecht unterbliebenen DNA-Analyse des Gurtes (angefochtener Beschluss E. II.4.4.2). Mit den diesbezüglichen Erwägungen setzen sich die Beschwerdeführenden in ihrer Beschwerde nicht materiell auseinander. Vielmehr nehmen sie diese lediglich zum Anlass um - nun auch dem Bundesgericht - ihre Sicht der Dinge darzulegen, das heisst, wie die Ermittlungen hätten vorgenommen werden müssen, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen, und welche rechtlichen Konsequenzen sich aus den vorgenommenen Ermittlungen hätten ergeben sollen. Die Beschwerdeführenden vermögen damit nicht aufzuzeigen, inwiefern die Vorinstanz mit dem angefochtenen Beschluss Recht im Sinne von Art. 95 BGG verletzt haben soll. Dafür bestehen ferner auch keine Anhaltspunkte. Die Vorinstanz hat sich ausführlich zur Rechtmässigkeit der Nichtanhandnahmeverfügung vom 25. März 2024 und den Rügen der Beschwerdeführenden in deren Beschwerde vom 9. bzw. 11. April 2024 geäussert. Insbesondere die nach Ansicht der Beschwerdeführenden bestehenden Widersprüche im amtlichen Gutachten des IRM und der vom Beschwerdeführer 1 eingereichten konsiliarischen Beurteilung vom 19. April 2023 der Pathologie des Universitätsspitals Basel im Auftrag des USZ konnten dabei - unter Verweis auf die diesbezüglich bereits in der Nichtanhandnahmeverfügung zutreffenden Ausführungen - ausgeräumt werden. Die Staatsanwaltschaft gab beim IRM ein Ergänzungsgutachten in Auftrag, nachdem die Beschwerdeführenden den privat eingeholten Befund eingereicht hatten. Dieses datiert vom 27. Juli 2023, ordnet die Erkenntnisse der Universitätsklinik Basel - der ausdrücklich nicht die gesamten Unterlagen vorgelegen hatten - in den Gesamtkontext ein und bekräftigt die (erste) sachverständige Beurteilung des IRM. Die zentrale Passage im angefochtenen Beschluss hierzu lautet: "Dass das USZ [genauer: die Pathologie des Universitätsspitals Basel im Auftrag des USZ] hinsichtlich der Todesursache zu einem anderen Schluss gelangte als das IRM, vermag in diesem Fall die Schlussfolgerungen des IRM nicht in Zweifel zu ziehen. So erweisen sich die Erwägungen des IRM dazu, dass die unterschiedlichen Einschätzungen in Bezug auf die Todesursache insbesondere darauf zurückgeführt werden könnten, dass die vom Beschwerdeführer 1 beauftragten Ärzte weder von den äusseren Körperbefunden, wie sie sich unmittelbar nach dem Versterben von †C.A.________ gezeigt hatten, noch von den begleitenden Fallumständen Kenntnis gehabt hätten, als nachvollziehbar und überzeugend." (angefochtener Beschluss E. II.4.2.4). Auch das von den Beschwerdeführenden monierte Absehen von einer DNA-Analyse des Gurtes und von Abklärungen im Hinblick auf allfällige frühere Arztbesuche wurden von der Vorinstanz hinreichend adressiert. Diese kam diesbezüglich zusammenfassend zum Schluss, dass sich aus der durchgeführten Legalinspektion keine Hinweise auf Abwehrverletzungen ergeben hätten, die für eine Fremdeinwirkung gesprochen hätten (angefochtener Beschluss E. II.4.4.1). Es hätten sich in den verschiedenen Einvernahmen ferner keine Hinweise darauf ergeben, dass sich †C.A.________ im fraglichen Zeitraum akustisch oder auf andere Weise bemerkbar gemacht hätte, etwa um Hilfe herbeizurufen (angefochtener Beschluss E. II.4.4.1). Insgesamt kam die Vorinstanz zum Schluss, der Staatsanwaltschaft sei dahingehend zu folgen, dass keine Hinweise auf eine Dritteinwirkung auf den Tod von †C.A.________ vorlägen. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Gurt nicht auf DNA-Spuren untersucht worden sei und keine weiteren Untersuchungshandlungen vorgenommen worden seien, beispielsweise in Bezug auf allfällige frühere Arztbesuche von †C.A.________ (angefochtener Beschluss E. II.4.5). Diese Schlussfolgerung ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.
3.
Die Beschwerdeführenden rügen ferner keine Verletzung von Verfahrensrechten, deren Missachtung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommen würde ("Star-Praxis"; BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1), weshalb auch unter diesem Titel nicht auf die Beschwerde einzutreten ist.
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind den Beschwerdeführenden unter solidarischer Haftbarkeit und intern zu gleichen Teilen aufzuerlegen ( Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführenden unter solidarischer Haftbarkeit und intern zu gleichen Teilen auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. Januar 2025
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Der Gerichtsschreiber: Clément