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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_153/2024  
 
 
Urteil vom 22. Januar 2025  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Viscione, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Heine, Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Ackermann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Paul Hollenstein, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Amt für Arbeit, Arbeitslosenversicherung, Thurgauerstrasse 80, 8050 Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung (Einstellung in der Anspruchsberechtigung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 26. Januar 2024 (AL.2023.00169). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1960, meldete sich am 27. Juni 2022 beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) Meilen zur Arbeitsvermittlung an und beantragte am 13. Juli 2022 Arbeitslosenentschädigung ab 1. Juli 2022. Mit Verfügung vom 17. Mai 2023, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 11. August 2023, stellte das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA; ab 1. Januar 2024 Amt für Arbeit) des Kantons Zürich A.________ mit Wirkung ab 1. Mai 2023 für die Dauer von 16 Tagen wegen ungenügender persönlicher Arbeitsbemühungen in der Anspruchsberechtigung ein. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 26. Januar 2024 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 26. Januar 2024 und der Einspracheentscheid des AWA vom 11. August 2023 seien aufzuheben. 
Das Amt für Arbeit, das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich sowie das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 145 V 57 E. 4.2). 
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die Einstellung in der Anspruchsberechtigung zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung wegen ungenügender persönlicher Arbeitsbemühungen für die Dauer von 16 Tagen bestätigte. 
 
3.  
Das kantonale Gericht legte die vorliegend massgebenden Rechtsgrundlagen über die Pflicht der versicherten Person, alles Zumutbare zu unternehmen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder zu verkürzen (Art. 17 Abs. 1 AVIG), den zu erbringenden Nachweis der Arbeitsbemühungen für jede Kontrollperiode (Art. 26 Abs. 2 AVIV, Art. 27a AVIV), die andernfalls drohende Einstellung in der Anspruchsberechtigung (Art. 30 Abs. 1 lit. c AVIG), welche sich am Grad des Verschuldens bemisst (Art. 30 Abs. 3 AVIG), sowie die Grundsätze über die Dauer der Einstellung (Art. 45 Abs. 3 AVIV) zutreffend dar. Korrekt wiedergegeben wurde auch die Rechtsprechung, wonach nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Bewerbungen von Bedeutung ist (BGE 139 V 524 E. 2.1.4 mit Hinweisen), es nicht auf den Erfolg der Arbeitsbemühungen, sondern auf die Intensität derselben ankommt (BGE 124 V 225 E. 6) und in der Regel mindestens zehn bis zwölf geeignete Arbeitsbemühungen je Kontrollperiode nachgewiesen werden müssen (BGE 141 V 365 E. 4.1 mit Hinweis). Darauf wird verwiesen. 
 
4.  
In sachverhaltlicher Hinsicht steht fest, dass der Beschwerdeführer im April 2023 mit zwölf schriftlichen Bewerbungen die Anforderungen in quantitativer Hinsicht erfüllte. Bemängelt wurde jedoch die fehlende Kontinuität der Stellensuche. So erfolgten sämtliche Bemühungen vom 5. bis 7. April 2023 und vom 24. bis 29. April 2023. In der Zeit zwischen dem 8. und 23. April 2023 wurden keine entsprechenden Anstrengungen dokumentiert. 
 
4.1. Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, dass die im April 2023 erfolgte Konzentration der Arbeitsbemühungen auf lediglich 14 Tage nicht zulässig sei. Denn mit einem Unterbruch von 16 Tagen zwischen dem 8. und 23. April 2023 sei die Stellensuche während weniger als der Hälfte der Kontrollperiode erfolgt. In der Vorgabe betreffend persönliche Arbeitsbemühungen vom 15. September 2022 sei festgehalten, dass die Bewerbungen regelmässig über den ganzen Monat verteilt erfolgen müssten. Zwar sei es wegen der Schwankungen im Stellenangebot unter Umständen gerechtfertigt, die schriftlichen Bewerbungen gebündelt an einigen Tagen im Kontrollmonat zu verfassen. Mit Blick auf BGE 139 V 524 E. 4.2 folge daraus jedoch nicht, dass bei insgesamt genügender Anzahl und Qualität hinsichtlich der Schriftlichkeit der persönlichen Arbeitsbemühungen die Konzentration derselben auf die letzten Tage des Kontrollmonats zu tolerieren wäre. Vorliegend sei in Anbetracht des breiten Suchprofils zudem nicht überwiegend wahrscheinlich, dass während der genannten Zeitspanne keine für den Beschwerdeführer zumutbaren Stellen ausgeschrieben gewesen wären. Namentlich habe er in der Zeit von Januar bis Juni 2023 - und insbesondere vom 5. bis 7. respektive 24. bis 29. April 2023 - in seinem angestammten Bereich stets die von ihm geforderte Anzahl von Bewerbungen nachweisen können. Entschuldbare Gründe, welche in der Kontrollperiode April 2023 geringere Anforderungen an die Stellensuche gerechtfertigt hätten, seien somit nicht ersichtlich. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Beschwerdeführer wegen ungenügender Arbeitsbemühungen im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. c AVIG in der Anspruchsberechtigung eingestellt worden sei.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer rügt im Wesentlichen, er habe in der ersten und letzten Woche der Kontrollperiode April 2023 die quantitativ erforderlichen Bemühungen erbracht. Die Argumentation der Vorinstanz sei nicht schlüssig, wenn sie erwäge, die Konzentration der schriftlichen Bewerbungen auf einige Tage im Monat erscheine vernünftig, und ihm gleichzeitig den Unterbruch zwischen dem 8. und 23. April 2023 zum Vorwurf mache. Die Auseinandersetzung der Vorinstanz mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, namentlich mit BGE 139 V 524 E. 4.2, erweise sich daher als wenig kongruent.  
 
4.3.  
 
4.3.1. Im von der Vorinstanz herangezogenen BGE 139 V 524 hatte sich das Bundesgericht mit den Anforderungen an die persönlichen Arbeitsbemühungen in der Zeit vor der Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung zu befassen. So hatte der Stellensuchende dort während über einem Monat (25. November 2011 bis 4. Januar 2012) und damit während rund einem Drittel der dreimonatigen Kündigungszeit keine Bewerbungen getätigt. Zwar hatte er die Kontrollperiodenregelung von Art. 26 in Verbindung mit Art. 27a AVIV erst ab der Ende Februar 2012 erfolgten Anmeldung zur Arbeitsvermittlung zu beachten (BGE 139 V 524 E. 4.1). Das Bundesgericht hielt jedoch fest, daraus allein folge nicht, dass bei insgesamt genügender Anzahl und Qualität der persönlichen Arbeitsbemühungen während der Kündigungszeit ein mehr als einmonatiger Unterbruch der Stellensuche ohne Weiteres zu tolerieren wäre. Denn für die Zeit vor der Anmeldung bei der zuständigen Amtsstelle ergebe sich die Pflicht der Versicherungsleistungen beanspruchenden Person zur persönlichen Arbeitssuche direkt aus der in Art. 17 Abs. 1 AVIG verankerten allgemeinen Schadenminderungspflicht (BGE 139 V 524 E. 4.2).  
Diese Konstellation unterscheidet sich vom vorliegenden Fall in zweierlei Hinsicht: Zum einen waren dort die persönlichen Arbeitsbemühungen während der Kündigungszeit streitig. Zum anderen handelte es sich um einen Unterbruch der Stellensuche von mehr als einem ganzen Monat. Die dortigen Schlussfolgerungen des Bundesgerichts lassen sich somit nicht vorbehaltlos auf den vorliegenden Fall übertragen. 
 
4.3.2. In Bezug auf die Kontinuität kann gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung von versicherten Personen nicht von vornherein verlangt werden, dass sie ihre Arbeitsbemühungen über die gesamte Kontrollperiode hinweg verteilen. So kann es unter Umständen sinnvoll sein, die Bewerbungen an einigen Tagen im Monat zu tätigen, zumal die Stelleninserate regelmässig erscheinen und die Bewerbungsfristen in der Regel relativ lange laufen (Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts C 6/05 vom 6. März 2006 E. 3.2; C 319/02 vom 4. Juni 2003 E. 4.2; C 39/99 vom 9. Juli 1999 E. 4; C 64/91 vom 28. Dezember 1992 E. 2b und C 14/88 vom 5. Juli 1988 E. 3a).  
 
4.3.3. Nach dem Gesagten erweist sich die Auseinandersetzung der Vorinstanz mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in der Tat als unstimmig. Denn es handelt sich vorliegend mit 16 Tagen um einen - im Vergleich zur Konstellation in BGE 139 V 524 - deutlich kürzeren Unterbruch der Stellensuche. Mit insgesamt zwölf schriftlichen Bewerbungen in der ersten und letzten Woche des Kontrollmonats April 2023 hat der Beschwerdeführer den Nachweis für seine Arbeitsbemühungen in quantitativer Hinsicht erbracht. Gegen eine Konzentration der Bewerbungen innerhalb der Kontrollperiode ist praxisgemäss (vgl. E. 4.3.2 hiervor) nichts einzuwenden. Die Stellensuche des Beschwerdeführers im Kontrollmonat April 2023 ist folglich auch in Bezug auf die Kontinuität nicht zu beanstanden.  
 
5.  
Zusammenfassend erweist sich die vorinstanzliche Feststellung, wonach der Beschwerdeführer zu Recht wegen ungenügender persönlicher Arbeitsbemühungen im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. c AVIG in der Anspruchsberechtigung eingestellt worden sei, als bundesrechtswidrig. Die Vorinstanz hat mithin Bundesrecht verletzt, indem sie die Einstellung in der Anspruchsberechtigung zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung wegen ungenügender persönlicher Arbeitsbemühungen für die Dauer von 16 Tagen bestätigte. Die Beschwerde ist begründet. 
 
6.  
 
6.1. Das unterliegende Amt für Arbeit handelt in seinem amtlichen Wirkungskreis und nicht in seinem Vermögensinteresse. Es trägt daher keine Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 4 BGG; BGE 133 V 640), hat jedoch dem obsiegenden Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).  
 
6.2. Zur Neuverlegung der Parteientschädigung des kantonalen Verfahrens ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 68 Abs. 5 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 26. Januar 2024 und der Einspracheentscheid des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich vom 11. August 2023 werden aufgehoben. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Beschwerdegegner hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 22. Januar 2025 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Viscione 
 
Die Gerichtsschreiberin: Ackermann