Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_880/2022  
 
 
Urteil vom 22. März 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichter Hartmann, 
Gerichtsschreiberin de Sépibus. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Simone Thöni, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 
vom 7. September 2022 (VB.2022.00374). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der albanische Staatsangehörige A.________ (geb. 1999) reiste am 1. November 2019 in die Schweiz ein und heiratete gleichentags die Schweizer Bürgerin B.________ (geb. 2001). Im Rahmen eines Familiennachzugs erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehefrau, letztmals befristet bis zum 31. Oktober 2022. Die Ehe blieb kinderlos. 
Aus der am 2. Februar 2022 beim Migrationsamt des Kantons Zürich (nachfolgend: Migrationsamt) eingegangenen Mutationsmeldung der Einwohnerkontrolle Langnau ging hervor, dass A.________ seit dem 1. Februar 2022 von seiner Ehefrau getrennt lebe. Auf entsprechende Nachfrage teilte A.________ am 17. Februar 2022 dem Migrationsamt mit, dass er seit dem 30. Januar 2022 nicht mehr mit seiner Ehefrau zusammenlebe und die Scheidung beabsichtigt sei. 
 
B.  
Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs widerrief das Migrationsamt A.________s Aufenthaltsbewilligung mit Verfügung vom 4. April 2022. Den dagegen erhobenen Rekurs wies die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich mit Entscheid vom 19. Mai 2022 ab. Die dagegen eingereichte Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich blieb erfolglos (Urteil vom 7. September 2022). 
 
C.  
A.________ gelangt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, eventuell subsidiärer Verfassungsbeschwerde, vom 31. Oktober 2022 an das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 7. September 2022 sei aufzuheben und es sei ihm die am 31. Oktober 2022 abgelaufene Aufenthaltsbewilligung zu verlängern; eventualiter sei das Verfahren zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen eingeholt. 
Die Abteilungspräsidentin erteilte der Beschwerde am 1. November 2022 antragsgemäss die aufschiebende Wirkung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Der Beschwerdeführer macht in vertretbarer Weise geltend, im Rahmen eines nachehelichen Härtefalls einen Anspruch auf die Erteilung einer Bewilligung zu haben (Art. 50 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration [Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG; SR 142.20, in der Fassung vom 1. Oktober 2021 AIG]). Ob die Bewilligung zu Recht widerrufen bzw. nicht verlängert wurde, bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung und nicht des Eintretens (BGE 139 I 330 E. 1.1). Als Adressat des angefochtenen Urteils ist der Beschwerdeführer zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die weiteren Prozessvoraussetzungen sind ebenfalls gegeben, sodass auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten ist (vgl. Art. 42, Art. 82 lit. a, Art. 89 Abs. 1; Art. 100 Abs. 1 BGG). Da sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als zulässig erweist, ist auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten (Art. 113 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.1; Urteil 2C_795/2021 vom 17. März 2022 E. 2.1).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht es nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). Eine entsprechende Rüge ist hinreichend zu substanziieren (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2, Urteil 2C_795/2021 vom 17. März 2022 E. 2.2).  
 
3.  
Streitgegenstand bildet der Anspruch des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Der Beschwerdeführer macht insbesondere geltend, ihm stehe ein solcher Anspruch aufgrund eines nachehelichen Härtefalls (Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG) zu. 
 
3.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 AIG haben ausländische Ehegatten von Schweizer Bürgern Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft besteht der Anspruch des Ehegatten auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre gedauert hat und eine erfolgreiche Integration besteht (Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG) oder wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG; vgl. Urteil 2C_777/2018 vom 8. April 2019 E. 2.1).  
Wichtige persönliche Gründe nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG können namentlich vorliegen, wenn die Ehegattin oder der Ehegatte Opfer ehelicher Gewalt wurde oder die Ehe nicht aus freiem Willen geschlossen hat oder die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint (Art. 50 Abs. 2 AIG). Hinsichtlich der sozialen Wiedereingliederung nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG ist entscheidend, ob die persönliche, berufliche und familiäre Eingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte, und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre und - aus welchen Gründen auch immer - vorgezogen würde (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3, Urteil 2C_335/2020 vom 18. August 2020 E. 3.2). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der gesamten Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben voraus, die mit der Lebenssituation nach dem Dahinfallen der abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sein muss (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3). Der Härtefall muss sich auf die Ehe und den damit einhergehenden Aufenthalt beziehen (vgl. zum Ganzen: BGE 139 II 393 E. 6; 138 II 229 E. 3.1; 137 II 345 E. 3.2.3). Insofern hat eine gewisse Kontinuität bzw. Kausalität mit bzw. zur gescheiterten ehelichen und familiären Gemeinschaft zu bestehen (Urteile 2C_837/2016 vom 23. Dezember 2016 E. 4.3.1 und 2C_1151/2015 vom 5. September 2016 E. 3.2 mit Hinweisen). Wurden keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft und war der Aufenthalt im Land nur von kürzerer Dauer, besteht praxisgemäss kein Anspruch auf einen weiteren Verbleib, wenn die erneute Integration im Herkunftsland keine besonderen Probleme stellt (BGE 138 II 229 E. 3.1). 
 
3.2. Die Eheleute leben seit dem 30. Januar 2022 voneinander getrennt, weshalb der Beschwerdeführer sich zu Recht nicht auf Art. 42 Abs. 1 AIG beruft, um daraus ein Aufenthaltsrecht abzuleiten. Die Ehegemeinschaft hat vom 1. November 2019 bis zum 30. Januar 2022 und damit weniger als drei Jahre gedauert. Soweit sich der Beschwerdeführer auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG beruft, kann er aus dieser Bestimmung daher ebenfalls keine Rechte ableiten. Nicht massgebend ist, bis zu welchem Zeitpunkt die Ehe nach Beendigung des ehelichen Zusammenlebens formell noch weiter bestanden hat bzw. weiterbesteht (vgl. Urteile 2C_202/2018 vom 19. Juli 2019 E. 3.3; 2C_416/2009 vom 8. September 2009 E. 2.1.2. Eine (relevante) Ehegemeinschaft liegt vor, solange die eheliche Beziehung tatsächlich gelebt wird und ein gegenseitiger Ehewille besteht (BGE 138 II 229 E. 2). Dass die Ehe nach dem 30. Januar 2022 formell noch weiter bestanden hat, ändert daher nichts daran, dass der Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht aus Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG ableiten kann.  
 
3.3. Hinsichtlich der Frage des nachehelichen Härtefalls hat die Vorinstanz festgehalten, der noch junge Beschwerdeführer sei in Albanien aufgewachsen und sozialisiert worden. Mit der Sprache und den Gepflogenheiten seines Heimatlands sei er zweifellos nach wie vor bestens vertraut. In der Schweiz gehe er seit Juni 2020 einer Erwerbstätigkeit im Gastronomiebereich als Pizzaiolo nach. Vertiefte soziale Beziehungen zur hiesigen Bevölkerung würden nur behauptet; sie seien jedoch weder nachgewiesen noch angesichts der relativ kurzen Aufenthaltsdauer zu erwarten. Ebenso habe der Beschwerdeführer keinerlei Belege für die geltend gemachten Sprachkenntnisse eingereicht. Als jungem und gesundem Mann sei es dem Beschwerdeführer möglich, in der Heimat wieder eine Existenz aufzubauen.  
 
3.4. Der Beschwerdeführer ergänzt in verschiedener Hinsicht den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt (vertiefte Beziehungen zur schweizerischen Bevölkerung ergäben sich zwangsläufig durch die vielen Hobbys, welche die Eheleute pflegten; er sei gerade dabei, eine Prüfung für das Deutschzertifikat für die Niveaus A1-B1 abzulegen; mangels eines tragfähigen Beziehungsnetzes sei es ihm nicht möglich, in Albanien eine Stelle zu finden, mit der er seinen Lebensunterhalt finanzieren könne; seine Ehefrau habe die Ehe einseitig nicht mehr weiterführen wollen). Damit zeigt er jedoch nicht auf, inwiefern die Vorinstanz den Sachverhalt willkürlich festgestellt haben sollte. Ebenso wenig vermag er eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung darzutun, soweit er vorbringt, entgegen den Feststellungen der Vorinstanz sei es für ihn nicht möglich, in Albanien ein Stipendium für sein Studium zu erhalten, legt er doch nicht dar und ist auch nicht ersichtlich, inwiefern dieser Punkt für den Verfahrensausgang erheblich sein könnte (vgl. E. 2.2). Der rechtlichen Beurteilung ist daher der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt zugrunde zu legen. Gestützt auf diesen Sachverhalt hat die Vorinstanz das Vorliegen eines nachehelichen Härtefalls im Sinn von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG zu Recht verneint: Weder ist die soziale und wirtschaftliche Wiedereingliederung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland mit erhöhten Schwierigkeiten verbunden noch liegen sonstige Gründe vor, die einen Härtefall zu begründen vermöchten. Dass eine Wiederaufnahme des Studiums in Albanien - wie der Beschwerdeführer vorbringt - nicht möglich sei, ist, soweit überhaupt ein Bezug zur Ehe und dem damit einhergehenden Aufenthalt besteht, keine Konsequenz von so erheblicher Intensität, dass ein nachehelicher Härtefall zu bejahen wäre.  
 
3.5. Der Beschwerdeführer macht sodann geltend, selbst wenn die Voraussetzungen für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nicht gegeben wären, wäre eine Interessenabwägung vorzunehmen. Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Seine weitere Anwesenheit sei für den Arbeitgeber essenziell und liege angesichts des Fachkräftemangels im öffentlichen Interesse. Eine Wegweisung wäre unverhältnismässig.  
Soweit der Beschwerdeführer auf seine Bedeutung für seinen Arbeitgeber verweist, ergänzt er wiederum den Sachverhalt, ohne darzutun, inwiefern die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung willkürlich sein soll. Im Übrigen ergibt sich aus den Erwägungen zum Härtefall (E. 3.5), dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine Heimat zumutbar ist. Insofern sich der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Verhältnismässigkeit der Aufenthaltsbeendigung auf seine Integration beruft, verliert er aus den Augen, dass Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG vorliegend nicht anwendbar ist (vgl. E. 3.2). 
 
3.6. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist daher abzuweisen.  
 
4.  
Dem Verfahrensausgang entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtichen Angelegenheiten wird abgewiesen. 
 
2.  
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. März 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: de Sépibus