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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_296/2023  
 
 
Urteil vom 25. September 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Hänni, Ryter, 
Gerichtsschreiber Weber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Kanton Zürich, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch den Regierungspräsidenten und Vorsteher der Finanzdirektion des Kantons Zürich, 
Walcheplatz 1, 8090 Zürich, 
 
gegen  
 
A.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Tomas Poledna, 
 
Gegenstand 
Covid-19-Härtefallprogramm; 3. Zuteilungsrunde, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 30. März 2023 (VB.2022.00735). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die am 11. Juli 2019 ins Handelsregister eingetragene A.________ AG mit Sitz in U.________ bezweckt die Führung eines Gastronomiebetriebs. 
 
B.  
 
B.a. Am 26. April 2021 ersuchte sie die Finanzdirektion des Kantons Zürich im Rahmen der 3. Zuteilungsrunde des Covid-19-Härtefallprogramms um Gewährung eines nicht rückzahlbaren Beitrags in Höhe von Fr. 63'139.--. Mit Einschreiben an die Finanzdirektion vom 27. April 2021 ergänzte sie ihr Gesuch dahingehend, dass sie insgesamt einen nicht rückzahlbaren Beitrag von Fr. 153'920.-- beantragte; im elektronischen Formular sei nur die Eingabe des tieferen Betrags möglich gewesen. Mit Verfügung vom 11. Mai 2021 hiess die Finanzdirektion das Gesuch im Umfang von Fr. 63'139.-- gut. Die Gesuchsergänzung der A.________ AG vom 27. April 2021 berücksichtigte sie nicht.  
Der Regierungsrat des Kantons Zürich hiess den dagegen erhobenen Rekurs mit Beschluss vom 26. Oktober 2022 teilweise gut und gewährte der A.________ AG zusätzlich einen nicht rückzahlbaren Beitrag von Fr. 819.--. 
 
B.b. Mit Beschwerde vom 1. Dezember 2022 gelangte die A.________ AG an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und beantragte die Aufhebung des Rekursentscheids und die Zusprache eines nicht rückzahlbaren Beitrags von Fr. 153'550.20. Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde mit Urteil vom 30. März 2023 teilweise gut und wies die Angelegenheit im Sinne der Erwägungen an die Finanzdirektion zurück. Das Verwaltungsgericht erwog im Wesentlichen, dass der massgebliche Zeitraum zur Bestimmung des Umsatzes von Jungunternehmen mit der Aufnahme der tatsächlichen Geschäftstätigkeit beginne und nicht bereits mit der Gründung, wie dies der Regierungsrat angenommen hatte.  
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 22. Mai 2023 beantragt der Kanton Zürich, vertreten durch den Regierungspräsidenten und Vorsteher der Finanzdirektion, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. März 2023 sei aufzuheben und der Beschluss des Regierungsrats vom 26. Oktober 2022 sei zu bestätigen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. 
Die A.________ AG (nachfolgend Beschwerdegegnerin) beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen. Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung beantragt die Gutheissung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 und Art. 95 lit. a BGG; BGE 149 II 476 E. 1; 149 II 462 E. 1.1). Sind diese nicht offensichtlich aus dem angefochtenen Entscheid oder den Akten ersichtlich, muss der Beschwerdeführer darlegen, inwiefern sie erfüllt sind, ansonsten ist die Beschwerde unzulässig (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 142 V 395 E. 3.1; 134 II 45 E. 2.2.3).  
 
1.2. Strittig und zu prüfen ist die Beschwerdelegitimation. Die vorliegende Beschwerde wird vom Kanton Zürich, vertreten durch seinen Regierungspräsidenten und Vorsteher der Finanzdirektion, gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich erhoben. Der Kanton Zürich beruft sich zu Recht nicht auf einen Legitimationsgrund nach Art. 89 Abs. 2 BGG (vgl. Urteile 2C_709/2022 vom 25. Juli 2024 E. 1.2; 2C_99/2023 vom 10. Juni 2024 E. 1.2; 2C_557/2023 vom 1. Mai 2024 E. 3.3 f.). Er macht aber geltend, er sei nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert.  
 
1.3. Gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt, wer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat oder wer keine Möglichkeit zur Teilnahme hatte (lit. a), wer durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist (lit. b) und wer ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c).  
 
1.3.1. Artikel 89 Abs. 1 BGG ist in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf stützen, falls es durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater oder aber in spezifischer, schutzwürdiger Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen wird, namentlich wenn einem Entscheid präjudizielle Bedeutung für die öffentliche Aufgabenerfüllung zukommt. Die Beschwerdebefugnis zur Durchsetzung hoheitlicher Anliegen setzt eine erhebliche Betroffenheit in wichtigen öffentlichen Interessen voraus. Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung begründet keine Beschwerdebefugnis im Sinne dieser Regelung. Gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG sind Gemeinwesen nur restriktiv zur Beschwerdeführung zuzulassen (BGE 147 II 227 E. 2.3.2; 146 V 121 E. 2.3.1; 141 II 161 E. 2.1; Urteile 2C_709/2022 vom 25. Juli 2024 E. 1.3.1; 2C_557/2023 vom 1. Mai 2024 E. 3.5.1).  
 
1.3.2. Besondere Zurückhaltung ist im Falle intraorganischer Konflikte geboten, das heisst, wenn sich Organe desselben Gemeinwesens gegenüberstehen, konkret der Kanton und "sein" Verwaltungsgericht, mithin die oberste Exekutivbehörde und die oberste Justizbehörde desselben Kantons. Solche Streitigkeiten sollen grundsätzlich nicht vor Bundesgericht ausgetragen werden. Es gilt daher in der Regel das Verbot der intraorganischen Verfahren (BGE 141 II 161 E. 2.2 und 2.4; 136 V 346 E. 3.5; 134 V 53 E. 2.3; Urteile 2C_709/2022 vom 25. Juli 2024 E. 1.3.2; 2C_99/2023 vom 10. Juni 2024 E. 1.3.1; 2C_557/2023 vom 1. Mai 2024 E. 3.5.2). Einer Kantonsregierung fehlt die Legitimation grundsätzlich erst Recht, wenn es um die Auslegung und Anwendung von kantonalem Recht geht (BGE 141 II 161 E. 2.2; Urteile 2C_99/2023 vom 10. Juni 2024 E. 1.3.1; 2C_557/2023 vom 1. Mai 2024 E. 3.5.2 und 3.8).  
 
1.3.3. Es müssen aussergewöhnliche Umstände vorliegen, um vom Grundsatz abzuweichen, dass intraorganische Streitigkeiten nicht vom Bundesgericht beurteilt werden (vgl. BGE 141 II 161 E. 2.2; Urteile 2C_709/2022 vom 25. Juli 2024 E. 1.3.3; 2C_99/2023 vom 10. Juni 2024 E. 1.3.1; 2C_557/2023 vom 1. Mai 2024 E. 3.5.2; 9C_759/2023 vom 18. Januar 2024 E. 1.5.4). Dies kommt namentlich dann in Betracht, wenn aufgrund der präjudiziellen Bedeutung eines Entscheids ein Bereich öffentlicher Aufgabenerfüllung als Ganzes in Frage steht (vgl. BGE 141 I 161 E. 2.4; 138 II 506 E. 2.1.1; Urteile 2C_709/2022 vom 25 Juli 2024 E. 1.3.3; 2C_99/2023 vom 10. Juni 2024 E. 1.4.3.1; 2C_557/2023 vom 1. Mai 2024 E. 3.9; 2C_226/2021 vom 24. August 2021 E. 2.6). So wurde die Legitimation eines Kantons etwa bejaht betreffend die Anwendung des Öffentlichkeitsprinzips im Bereich des Asylrechts (Urteil 1C_267/2020 vom 22. Februar 2021 E. 1.3.2 f.; vgl. hingegen Urteile 1C_370/2020 vom 14. Juni 2021 E. 2.3 f.; 1C_780/2013 vom 4. März 2014 E. 3), zur Anfechtung von Urteilen, welche die kantonale Regelungskompetenz und damit bedeutsame öffentliche Interessen in Frage stellten (vgl. Urteil 2C_1016/2011 vom 3. Mai 2012 E. 1.2.3, nicht publ. in: BGE 138 I 196; BGE 137 IV 269 E. 1.4; 135 II 12 E. 1.2.2), sowie hinsichtlich der Finanzierung von Pflegeleistungen im Sinne des KVG bei einer interkantonalen Fragestellung (Urteil 9C_460/2021 vom 1. April 2022 E. 2.2.2 f., nicht publ. in: BGE 148 V 242). Verneint wurde demgegenüber das Beschwerderecht jener Kantone, die lediglich finanzielle Interessen und das Anliegen der richtigen Rechtsanwendung geltend machten, etwa im Zusammenhang mit einer Entschädigungen, die sich auf das Opferhilfegesetz (OHG; SR 312.5) stützte (BGE 123 II 425 E. 4), hinsichtlich einer befürchteten Haftpflicht in Folge eines Entscheids (BGE 133 II 400 E. 2.4.2), mit Blick auf kantonalrechtliche Ergänzungsleistungen (BGE 134 V 53 E. 2.3.3), bezüglich jährlicher Mehrausgaben im Stipendienwesen von bis zu 37 Mio. Franken (BGE 141 II 161 E. 2.4; vgl. auch Urteil 2C_226/2021 vom 24. August 2021 E. 2.6) sowie betreffend die Auslegung der Übergangsbestimmungen im Zuge der Abschaffung der Erbschaftssteuer für Nachkommen, bei der ein einmaliges Steueraufkommen von insgesamt rund 30. Mio Franken auf dem Spiel stand (BGE 136 II 383 E. 2.5).  
 
1.4. Vorliegend wehrt sich der Kanton gegen ein Urteil seines eigenen Verwaltungsgerichts, das in Auslegung des kantonalen Rechts zu einem Ergebnis gekommen ist, welches von der Rechtsauffassung der Exekutivbehörden abweicht.  
 
1.4.1. Es geht darum, ob und in welcher Höhe der Kanton Zürich der Beschwerdegegnerin Staatsbeiträge in Form von Covid-19-Härtefallgeldern auszurichten hat (vgl. angefochtenes Urteil E. 6). Der Kanton Zürich ist folglich ausschliesslich in seiner Eigenschaft als Hoheitsträger betroffen, nicht aber wie ein Privater. Diese Tatbestandsvariante des Art. 89 Abs. 1 BGG (vorne E. 1.3.1) kommt zur Legitimation vorliegend folglich nicht in Frage (vgl. Urteile 2C_709/2022 vom 25. Juli 2024 E. 1.4.1; 2C_99/2023 vom 10. Juni 2024 E. 1.4.1).  
 
1.4.2. Da der vorliegenden Beschwerde eine Organstreitigkeit zugrunde liegt (vgl. vorne E. 1.4), müssten aussergewöhnliche Umstände gegeben sein, um die Legitimation des Kantons Zürich gestützt auf die Betroffenheit in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe zu bejahen (vorne E. 1.3.2 f.). Solche Umstände werden vom Kanton nicht hinreichend dargelegt: Soweit er eine Zersplitterung der Auslegung von Bundesrecht befürchtet und sich gezwungen sieht, eine seiner Ansicht nach bundesrechtswidrige Verfügung zu erlassen, übersieht er, dass vorliegend nicht die Anwendung von Bundesrecht, sondern von subsidiärem kantonalem Recht in Frage steht (vgl. Urteile 2C_709/2022 vom 25. Juli 2024 E. 1.4.2; 2C_99/2023 vom 10. Juni 2024 E. 1.4.2.2 f.; 2C_142/2022 vom 15. Dezember 2023 E. 1.4.8 mit Hinweisen). Der Kanton kann aus der Auslegung des kantonalen Rechts, die von seiner eigenen Auffassung abweicht, keine Beschwerdebefugnis ableiten (Urteile 2C_709/2022 vom 25. Juli 2024 E. 1.4.2; 2C_99/2023 vom 10. Juni 2024 E. 1.4.2.3; vgl. vorne E. 1.3.2 f.; ferner Urteil 2C_557/2023 vom 1. Mai 2024 E. 3.8). Zudem ist nicht ersichtlich, inwiefern es hier um ein über das rein Finanzielle hinausgehendes Interesse an der öffentlichen Aufgabenerfüllung gehen könnte. Dass das angefochtene Urteil einen zentralen Aspekt des Härtefallprogramms beträfe oder gar dieses System als Ganzes in Frage stellen würde, ist jedenfalls nicht dargetan (Urteile 2C_709/2022 vom 25. Juli 2024 E. 1.4.2; 2C_99/2023 vom 10. Juni 2024 E. 1.4.3.1; vgl. vorne E. 1.3.2 f.).  
 
2.  
Die Legitimation des Kantons Zürich ist nach dem Dargelegten zu verneinen (Urteile 2C_709/2022 vom 25. Juli 2024 E. 2; 2C_99/2023 vom 10. Juni 2024 E. 1.4.4). Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Kanton Zürich, um dessen Vermögensinteressen es geht, die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Zürich hat der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Entschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Kosten des Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem Kanton Zürich auferlegt. 
 
3.  
Der Kanton Zürich hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. September 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: F. Weber