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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_862/2024  
 
 
Urteil vom 25. September 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Koch, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Kölz, Hofmann, 
Gerichtsschreiberin Kern. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Luzi Bardill und/oder Rechtsanwalt Claudio Allenspach, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden, Rohanstrasse 5, 7001 Chur. 
 
Gegenstand 
Entsiegelung und Durchsuchung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Graubünden vom 15. Juli 2024 (645-2024-87). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Graubünden führt ein Strafverfahren gegen A.________ wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung etc. Im Rahmen einer Hausdurchsuchung an seinem Wohnort stellten die Strafverfolgungsbehörden am 20. Juni 2024 unter anderem ein Protokoll des Landgerichts München I vom 13. Dezember 2018 inklusive Beilagen sicher. A.________ verlangte gleichentags die Siegelung. 
 
B.  
Am 25. Juni 2024 beantragte die Staatsanwaltschaft beim Zwangsmassnahmengericht des Kantons Graubünden, das Protokoll des Landgerichtes München I inklusive Beilagen sei zu entsiegeln. Mit Entscheid vom 15. Juli 2024 ordnete das Zwangsmassnahmengericht die Entsiegelung des Protokolls inklusive Beilagen und seine Herausgabe an die Staatsanwaltschaft an. 
 
C.  
A.________ verlangt mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht, der Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts sei aufzuheben und das Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft abzuweisen. Der Staatsanwaltschaft sei "in Gutheissung des Siegelungsgesuchs" ausdrücklich zu verbieten, das versiegelte Dokument zu entsiegeln und zu durchsuchen. Es sei festzustellen, dass der gesamte Inhalt des Protokolls des Landgerichtes München I inkl. Beilagen nicht durchsucht oder beschlagnahmt werden dürfe. Die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, das Protokoll inkl. Beilagen umgehend zurückzugeben. Eventualiter sei die Sache im Sinne der Erwägungen zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Zwangsmassnahmengericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werde. A.________ hat mit Eingabe vom 13. September 2024 repliziert. 
Mit Verfügung vom 26. August 2024 hat der Präsident der II. strafrechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein nach Art. 248a StPO kantonal letztinstanzlicher Entscheid eines Zwangsmassnahmengerichts. Dagegen steht gemäss Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BGG die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht grundsätzlich offen. 
 
2.  
 
2.1. Der angefochtene Entsiegelungsentscheid schliesst die gegen den Beschwerdeführer laufende Strafuntersuchung nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG. Demnach ist er gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nur dann unmittelbar mit Beschwerde an das Bundesgericht anfechtbar, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Dabei muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln. Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass er auch mit einem für die beschwerdeführende Partei günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behoben werden kann (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 IV 321 E. 2.3; je mit Hinweisen).  
Woraus sich der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben soll, ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, sofern dies nicht offensichtlich ist (BGE 149 II 170 E. 1.3; 144 III 475 E. 1.2; 142 III 798 E. 2.2; je mit Hinweisen). Wird im Entsiegelungsverfahren ausreichend substanziiert geltend gemacht, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsrechte entgegenstehen, droht nach der Praxis des Bundesgerichts im Fall der Entsiegelung ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann. Werden dagegen (lediglich) andere Beschlagnahmehindernisse wie insbesondere ein mangelnder Deliktskonnex geltend gemacht, fehlt es grundsätzlich am nicht wieder gutzumachenden Nachteil (so aus der jüngeren Rechtsprechung etwa die Urteile 7B_132/2024 vom 19. August 2024 E. 1.2; 7B_106/2022 vom 16. November 2023 E. 1.2; 7B_301/2023 vom 11. September 2023 E. 2.1; 7B_58/2023 vom 10. Juli 2023 E. 2.1; 1B_155/2023 vom 10. Mai 2023 E. 1.2; teilweise mit weiteren Hinweisen). 
 
2.2. In der Beschwerde wird unter dem Titel "Prozessuales" auf "geschützte Geheimhaltungsrechte von A.________" Bezug genommen, in der materiellen Beschwerdebegründung jedoch kein solches - dem Beschwerdeführer persönlich zustehendes - Geheimhaltungsrecht substanziiert. Vielmehr stellt der Beschwerdeführer im Wesentlichen ausführlich dar, weshalb es an anderen Entsiegelungsvoraussetzungen mangle, so insbesondere einem hinreichenden Tatverdacht, der Beweiseignung und Untersuchungsrelevanz sowie der Verhältnismässigkeit. Unter dem Titel "Interessenabwägung" nimmt der Beschwerdeführer zwar erneut auf "schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen" Bezug, übt jedoch in diesem Zusammenhang hauptsächlich Kritik daran, dass kein schutzwürdiges Interesse an der Durchsuchung des Protokolls bestehe. Damit lässt sich kein drohender Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG belegen.  
Entsprechendes gilt, wenn sich der Beschwerdeführer auf eine "Vergleichsvereinbarung" zwischen zwei Gesellschaften und eine darin enthaltene Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitsklausel beruft; macht er doch gerade nicht geltend, er sei persönlich Partei dieser Vereinbarung. Unter diesen Umständen muss nicht beurteilt werden, ob sich mit einer vertraglichen Geheimhaltungsverpflichtung des Entsiegelungsgegners überhaupt ein drohender nicht wieder gutzumachender Nachteil begründen liesse. 
Im Übrigen ist zu beachten, dass die Aushändigung des entsiegelten Protokolls an den Privatkläger - welche der Beschwerdeführer offenbar verhindern möchte - nicht Gegenstand des Entsiegelungsverfahrens ist (siehe Art. 102 Abs. 1 StPO). 
 
2.3. Demnach fehlt es an den Voraussetzungen für eine selbstständige Anfechtung des Vor- bzw. Zwischenentscheids beim Bundesgericht.  
 
3.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden und dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Graubünden schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. September 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Koch 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kern