Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_763/2023
Urteil vom 25. Oktober 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichter Hurni, Hofmann,
Gerichtsschreiber Eschle.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dina Raewel,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz, willkürliche Beweiswürdigung;
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 7. Februar 2023 (SB210525-O/U/cs-ad).
Sachverhalt:
A.
Anlässlich einer Polizeikontrolle am 30. Januar 2019 wurden in den Jackeninnentaschen von A.________ zwei Pakete und im von ihm geführten Auto zwei weitere Pakete sichergestellt, die insgesamt ca. 2,15 Kilogramm Haschisch beinhalteten. Nochmal fünf Pakete mit insgesamt gut 3,5 Kilogramm Haschisch und ein Paket mit ca. 300 Gramm Kokain (91 % Reinheitsgehalt) fand die Polizei in einem Industriegebäude in U.________, und zwar in einem am Boden befestigten Tresor, für den der Beschwerdeführer den Schlüssel besass.
B.
B.a. Das Bezirksgericht Uster verurteilte A.________ mit Urteil vom 25. März 2021 des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 1 lit. b und lit. d BetmG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG [SR 812.121]) sowie des mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 1 lit. b und lit. d BetmG). Es sprach eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 33 Monaten aus, unter Anrechnung von 62 Tagen Haft, und schob die Freiheitsstrafe im Umfang von 21 Monaten auf (Probezeit: zwei Jahre).
B.b. Auf Berufung von A.________ bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 7. Februar 2023 den Schuldspruch wegen Verbrechens gegen das BetmG. Anders als das Bezirksgericht sprach es A.________ nurmehr wegen einfachen Vergehens gegen das BetmG schuldig. Es fällte ebenfalls eine Freiheitsstrafe von 33 Monaten aus, wovon es 21 Monate bei einer Probezeit von zwei Jahren aufschob.
C.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________ dem Bundesgericht die Aufhebung des Urteils des Obergerichts. Er sei lediglich des Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig zu sprechen. Hierfür sei er mit einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten zu bestrafen und es seien ihm die Kosten des Verfahrens zu höchstens einem Drittel aufzuerlegen. Die beschlagnahmte Barschaft von insgesamt Fr. 22'270.25 sei ihm nach Abzug dieser Kosten herauszugeben. In prozessualer Hinsicht ersucht A.________ für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) in Strafsachen einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Berufung hin geurteilt hat (Art. 80 BGG). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 1 BGG) und hat die Beschwerdefrist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Unter Vorbehalt rechtsgenüglicher Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG ) ist die Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 ff. BGG grundsätzlich zulässig.
2.
2.1. Der Beschwerdeführer kritisiert die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung und rügt eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo". Er habe nicht gewusst, dass sich in den bei ihm sichergestellten Paketen Betäubungsmittel, insb. Kokain, befunden hätten und er sei nicht in den Betäubungsmittelhandel involviert gewesen.
2.2. Das Bundesgericht ist als oberste Recht sprechende Behörde (Art. 1 Abs. 1 BGG) keine strafrechtliche Berufungsinstanz, die eine freie Prüfung in tatsächlicher Hinsicht vornimmt oder die vorinstanzliche Beweiswürdigung mit freier Kognition überprüft (BGE 148 IV 409 E. 2.2; 145 IV 154 E. 1.1). Es legt seinem Urteil vielmehr den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung kann es nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist. Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, das heisst, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 148 IV 39 E. 2.3.5, 356 E. 2.1; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen).
Die Willkürrüge muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 39 E. 2.6; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1; je mit Hinweisen).
Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 148 IV 409 E. 2.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; 145 IV 154 E. 1.1; je mit Hinweisen).
2.3. Der Beschwerdeführer vermag nicht aufzuzeigen, inwiefern die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen offensichtlich unrichtig und damit willkürlich sein sollen. In seinen Rügen beschränkt er sich im Wesentlichen darauf zu betonen, zwar geahnt zu haben, dass die Pakete etwas Illegales, wie Betäubungsmittel, beinhalten könnten, er dies aber nicht mit Sicherheit gewusst haben soll. Seine Erklärungen, wie seine DNA in den sichergestellten Tiefkühlbeutel gelangen konnte und wem die Betäubungsmittelutensilien sonst gehört haben könnten, stellen lediglich Wiederholungen seiner Verteidigung vor der Vorinstanz dar und erschöpfen sich in appelatorischer Kritik.
Unabhängig davon würden diese Vorbringen nichts daran ändern, dass die Vorinstanz bei der vorliegenden Beweislage mit ihren Sachverhaltsfestsellungen das Willkürverbot nicht verletzt. Es wurde eine erhebliche Menge an Betäubungsmitteln, insgesamt über 5,5 Kilogramm Haschisch und 273 Gramm reines Kokain, an verschiedenen Orten sichergestellt, die im (alleinigen) Einflussbereich des Beschwerdeführers liegen. So fand die Polizei Betäubungsmittel in seinen Jackeninnentaschen, im von ihm geführten Auto und in einem Tresor, für den er den Schlüssel besass. Zusätzlich wurden im Raum, in dem der Tresor stand, Betäubungsmittelutensilien sichergestellt, darunter ein Tiefkühlbeutel mit Milchzucker, der typischerweise als Streckmittel für Kokain verwendet wird. Auf der Innenseite dieses Beutels konnte die DNA des Beschwerdeführers festgestellt werden. Bei dieser Beweislage durfte die Vorinstanz ohne in Willkür zu verfallen zum Schluss gelangen, der Beschwerdeführer habe wissen müssen, dass sich Betäubungsmittel in den Paketen befinden. Die erheblichen Mengen an Betäubungsmitteln und die Betäubungsmittelutensilien, insbesondere der Tiefkühlbeutel mit Streckmittel, lassen zudem den willkürfreien Schluss zu, dass der Beschwerdeführer in den Betäubungsmittelhandel involviert war und dies wusste. Dies wird auch dadurch untermauert, dass es keinerlei Hinweise gibt und der Beschwerdeführer vor Bundesgericht auch nicht darlegt, wofür er die grossen Mengen an Haschisch und Kokain ausser dem Verkauf an Dritte sonst hätte verwenden sollen.
Die Willkürrüge des Beschwerdeführers erweist sich als unbegründet, soweit überhaupt darauf einzutreten ist.
3.
3.1. In rechtlicher Hinsicht wendet der Beschwerdeführer ein, der Besitz von Betäubungsmitteln allein reiche nicht für die Erfüllung des Tatbestands von Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG aus.
3.2. Gemäss Art. 19 Abs. 1 BetmG macht sich unter anderem strafbar, wer Betäubungsmittel unbefugt lagert, versendet, befördert, einführt, ausführt oder durchführt (lit. b), oder wer Betäubungsmittel unbefugt besitzt, aufbewahrt, erwirbt oder auf andere Weise erlangt (lit. d).
Ein schwerer Fall nach Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG liegt vor, wenn der Täter weiss oder annehmen muss, dass die Widerhandlung mittelbar oder unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann. In objektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand eine direkte oder indirekte Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen. In subjektiver Hinsicht ist erforderlich, dass der Täter von dieser Gefährdung wusste oder hätte wissen müssen. Die objektive und die subjektive Voraussetzung müssen kumulativ erfüllt sein (BGE 145 IV 312 E. 2.1.1 mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung ist die Schwelle zu einem qualifizierten Fall überschritten und von einer Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen (d.h. von mindestens 20 Personen) auszugehen, wenn ein Betäubungsmittelgemisch mindestens 18 Gramm reines Kokain enthält. Die reine Betäubungsmittelmenge bildet trotz des im Gesetzestext nicht mehr explizit enthaltenen Mengenbezugs weiterhin ein zentrales Kriterium zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Gesundheitsgefahr für viele Menschen (vgl. BGE 145 IV 312 E. 2.1.1-2.1.3; Urteile 6B_17/2022 vom 18. März 2024 E. 1.4; 6B_1280/2022 vom 4. Mai 2023 E. 4.1.1; je mit Hinweisen).
3.3. Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG gelangt auch zur Anwendung, wenn die Drogen noch nicht an Dritte abgegeben wurden, aber zur Abgabe an Dritte bestimmt waren. Bereits der Besitz einer qualifizierten Drogenmenge kann daher eine (ausreichende) Gefährdung im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG begründen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Täter bereits Anstalten getroffen hat, um die sichergestellten Betäubungsmittel zu veräussern, oder wenn anderweitig feststeht, dass die Drogen für die Abgabe an Dritte bestimmt waren (Urteile 7B_689/2023 vom 26. August 2024 E. 6.3.3; 6B_134/2021 vom 20. Juni 2022 E. 1.3.5; je mit Hinweisen).
3.4. Der Argumentation des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Sie übersieht, dass nach der dargelegten Rechtsprechung bereits der Besitz zur Erfüllung des Tatbestands von Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG ausreicht, sofern feststeht, dass die Betäubungsmittel für die Abgabe an Dritte vorgesehen waren. Wie oben ausgeführt, durfte die Vorinstanz aufgrund der konkreten Umstände und der erheblichen Menge ohne in Willkur zu verfallen davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer beabsichtigte, das Kokain, das bei ihm gefunden wurde, an Dritte abzugeben (vgl. E. 2.3 hiervor). Daran würde auch nichts ändern, wenn der Beschwerdeführer noch keine Anstalten für das effektive Inverkehrbringen getroffen haben sollte, wie er geltend macht. Die Vorinstanz hat den schweren Fall im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG zu Recht bejaht.
4.
Seine Begehren, die Kosten des kantonalen Verfahrens seien ihm nur zu einem Drittel aufzuerlegen und das übrig gebliebene Bargeld sei ihm herauszugeben, begründet der Beschwerdeführer nur mit der beantragten milderen Qualifikation der Tat. Da es beim Schuldspruch bleibt, ist darauf nicht weiter einzugehen.
5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war (Art. 64 BGG). Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. Oktober 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Der Gerichtsschreiber: Eschle