Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_106/2024
Urteil vom 27. September 2024
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Bundesrichter von Werdt, Bovey,
Gerichtsschreiberin Lang.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Maritta Schneider-Mako,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Caterina Nägeli,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Prozesskosten (Abänderung vorsorglicher Massnahmen im Scheidungsverfahren),
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 11. Januar 2024 (LY230013-O/U).
Sachverhalt:
A.
Zwischen A.________ (geb. 1960) und B.________ (geb. 1962) ist am Bezirksgericht Horgen das Scheidungsverfahren hängig.
A.a. Im Laufe des Scheidungsverfahrens wurde B.________ (mit Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom 7. August 2018) im Rahmen vorsorglicher Massnahmen verpflichtet, A.________ für die weitere Dauer des Scheidungsverfahrens Unterhaltsbeiträge zu bezahlen, und zwar monatlich Fr. 33'200.-- (ab 1. April 2017) bzw. Fr. 28'076.-- (ab 1. April 2019).
A.b. Am 31. Mai 2022 ersuchte B.________ das Bezirksgericht um Abänderung des vorsorglichen Massnahmeentscheids. Er beantragte insbesondere, ab dem 1. Juni 2022 zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von lediglich Fr. 6'000.-- verpflichtet zu werden; ab dem 1. Januar 2023 sei seine Verpflichtung zur Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen für die weitere Dauer des Scheidungsverfahrens aufzuheben.
A.c. Das Bezirksgericht änderte den Massnahmeentscheid in der Folge ab. Es verpflichtete B.________, A.________ ab dem 1. Juni 2022 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 24'474.-- und ab dem 1. Januar 2025 von Fr. 18'457.-- zu bezahlen (Entscheid vom 31. März 2023). Die Gerichtskosten auferlegte es B.________ zu vier Fünfteln und A.________ zu einem Fünftel, zudem verpflichtete es B.________, A.________ eine (reduzierte) Parteientschädigung von Fr. 12'000.-- (zuzüglich MWST von 7.7 %) zu bezahlen.
B.
Die hiergegen erhobene Berufung von A.________ hiess das Obergericht mit Entscheid vom 11. Januar 2024 insofern gut, als es die von B.________ monatlich zu bezahlenden Unterhaltsbeiträge ab dem 1. Juni 2022 auf Fr. 25'450.-- und ab dem 1. Januar 2025 auf Fr. 19'429.-- festlegte (Dispositiv-Ziff. 1). Die erstinstanzliche Entscheidgebühr von Fr. 8'000.-- auferlegte das Obergericht zu fünf Sechsteln A.________ und zu einem Sechstel B.________ (Dispositiv-Ziff. 2). Ausserdem verpflichtete es A.________, ihrem Ehemann für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 13'333.-- (zuzüglich MWST von 7.7 %) zu bezahlen (Dispositiv-Ziff. 4). Die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren verteilte das Obergericht nach demselben Schlüssel auf die Parteien (Dispositiv-Ziff. 3) und verpflichtete A.________ für das Berufungsverfahren zur Leistung einer Parteientschädigung von Fr. 10'667.-- an ihren Ehemann (Dispositiv-Ziff. 5).
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 13. Februar 2024 ficht A.________ (Beschwerdeführerin) den angefochtenen Entscheid hinsichtlich der Kosten- und Entschädigungsfolgen des erstinstanzlichen Verfahrens an. Sie beantragt dem Bundesgericht, Dispositiv-Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Entscheids insofern abzuändern, als die erstinstanzliche Entscheidgebühr von Fr. 8'000.-- zu vier Fünfteln dem Beschwerdegegner und zu einem Fünftel ihr aufzuerlegen sei und der Beschwerdegegner ihr für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 12'000.-- (zuzüglich MWST von 7.7 %) zu bezahlen habe. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurückzuweisen.
Dazu eingeladen, reichte der Beschwerdegegner am 2. September 2024 seine Beschwerdeantwort ein. Er beantragte die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht verzichtete auf Vernehmlassung. Die Beschwerdeführerin, der die Eingaben der Vorinstanz und des Beschwerdegegners zugestellt wurden, äusserte sich nicht mehr.
Das Bundesgericht hat ausserdem die kantonalen Akten eingeholt.
Erwägungen:
1.
Vor Bundesgericht ist allein die Regelung der erstinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsfolgen durch die Vorinstanz angefochten. Im Streit um derartige Nebenpunkte folgt der Rechtsweg an das Bundesgericht jenem der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1; 134 I 159 E. 1.1). Dort ging es um die Abänderung vorsorglicher Massnahmen (Unterhaltsbeiträge) im Scheidungsverfahren, mithin um eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) vermögensrechtlicher Natur, deren Streitwert die Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) übersteigt. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich - anders als der Beschwerdegegner meint - um einen Endentscheid (Art. 90 BGG; siehe BGE 134 III 426 E. 2.2) einer letzten kantonalen Instanz, die auf Rechtsmittel hin entschieden hat (Art. 75 BGG). Die Beschwerdeführerin ist zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 BGG) und hat diese innert Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereicht. Die Beschwerde in Zivilsachen erweist sich demnach als das zutreffende Rechtsmittel.
2.
Massnahmeentscheide, die gestützt auf Art. 276 ZPO ergehen, unterstehen Art. 98 BGG (Urteil 5A_593/2021 vom 29. Oktober 2021 E. 1.3 mit Hinweis; vgl. BGE 133 III 393 E. 5.1). Dies gilt auch, wenn, wie hier, nur Nebenpunkte wie die Kostenfolgen eines solchen Entscheids streitig sind.
Daher kann vorliegend einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (BGE 149 III 81 E. 1.3). Auch die Anwendung von Bundesgesetzen prüft das Bundesgericht im Rahmen von Art. 98 BGG nur auf die Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) hin. In Verfahren nach Art. 98 BGG kommt zudem eine Berichtigung oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen nur infrage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat (BGE 133 III 585 E. 4.1). Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; Rügeprinzip). Es prüft nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen (BGE 144 II 313 E. 5.1; 142 III 364 E. 2.4). Dies setzt voraus, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt (BGE 145 I 121 E. 2.1
in fine mit Hinweis).
3.
Strittig ist die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen für das erstinstanzliche Verfahren.
3.1. Die Vorinstanz verglich die von der Beschwerdeführerin gestellten Berufungsanträge mit der im Berufungsverfahren erzielten Verbesserung und berechnete darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin im Umfang von ungefähr fünf Sechsteln unterliege. Anschliessend erwog die Vorinstanz, die Beschwerdeführerin habe sowohl die erst- als auch die zweitinstanzliche Entscheidgebühr zu fünf Sechsteln zu tragen und dem Beschwerdeführer entsprechend für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 13'333.-- (zuzüglich MWST) zu bezahlen.
3.2. Die Beschwerdeführerin rügt dieses Vorgehen. Zusammengefasst macht sie geltend, indem die Vorinstanz die Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens einzig nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Parteien im Berufungsverfahren verteilt habe, verstosse sie gegen das Willkürverbot gemäss Art. 9 BV. Die Verteilung der Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens bzw. der Anteil des Obsiegens und Unterliegens richte sich nach den Anträgen im erstinstanzlichen Verfahren und den letztlich im Berufungsverfahren zugesprochenen Unterhaltsbeiträgen. Der vorinstanzliche Entscheid sei ein klarer und willkürlicher Fehlentscheid, der auch Art. 106 ZPO widerspreche. Berechne man das Obsiegen anhand der ursprünglichen Anträge der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren und dem Ergebnis des Berufungsverfahrens, unterliege der Beschwerdegegner zu vier Fünfteln, weshalb ihm in diesem Umfang die Gerichtskosten aufzuerlegen seien. Ausserdem habe er der Beschwerdeführerin eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 12'000.-- (drei Fünftel von Fr. 20'000.--) zu bezahlen.
3.3. Der Beschwerdegegner setzt dem im Wesentlichen entgegen, er verstehe nicht, weshalb die Beschwerdeführerin kein Berichtigungsgesuch gestellt habe, wenn der Entscheid derart offensichtlich falsch sei. Im Übrigen überlasse er es dem Bundesgericht, ob und wenn ja in welchem Umfang es auf die Beschwerde eintreten und diese gutheissen oder abweisen wolle.
3.4.
3.4.1. Gemäss Art. 318 Abs. 3 ZPO entscheidet die Rechtsmittelinstanz, wenn sie einen neuen Entscheid trifft, auch über die Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens. Dies tat die Vorinstanz, wobei sie die Kosten nach dem Ausgang des Verfahrens gemäss Art. 106 Abs. 2 ZPO verteilte. Dies ist grundsätzlich unstrittig.
3.4.2. Allerdings auferlegte die Vorinstanz den Parteien die Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens ausschliesslich gemessen am (geringen) Erfolg der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren, in dem sie nur eine leichte Erhöhung der Unterhaltsbeiträge erreichte (Sachverhalt Bst. B). Für die Verteilung der Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens sind jedoch nicht die Berufungsanträge, sondern die ursprünglich gestellten Begehren zu berücksichtigen (Urteil 4A_396/2021 vom 2. Februar 2022 E. 4.5), wobei das Obsiegen nach Massgabe des Prozessergebnisses des Berufungsverfahrens zu bestimmen ist (Urteile 5D_84/2023 vom 23. Februar 2024 E. 4; 4A_17/2013 vom 13. Mai 2013 E. 4.1). Die Vorinstanz hat diese Rechtslage verkannt und damit Art. 106 Abs. 2 ZPO und Art. 118 Abs. 3 ZPO willkürlich (Art. 9 BV) angewendet. Das Vorgehen der Vorinstanz führt - wie in der Beschwerde zutreffend geltend gemacht - im Ergebnis dazu, dass die Beschwerdeführerin, obwohl sie gemessen an ihren (erstinstanzlichen) Anträgen zu vier Fünfteln obsiegt, einen Grossteil der erstinstanzlichen Gerichtskosten übernehmen und überdies dem Beschwerdegegner auch noch eine Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren bezahlen muss. Dieses Ergebnis ist stossend und willkürlich (vgl. auch zit. Urteil 5D_84/2023 E. 4).
3.4.3. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdegegners stand der Beschwerdeführerin ausserdem der Weg über eine Berichtigung (Art. 334 ZPO) nicht offen, denn das Dispositiv des angefochtenen Entscheids ist weder unklar noch widersprüchlich oder unvollständig und steht auch mit der Begründung nicht im Widerspruch. Daran ändert entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners nichts, dass die Vorinstanz ausführt, die Prozesskosten würden der unterliegenden Partei auferlegt, wenn sie gleichzeitig festhält, die Beschwerdeführerin habe die Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu fünf Sechsteln zu übernehmen.
4.
4.1. Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Beschwerde gutzuheissen ist. Auf eine Rückweisung an die Vorinstanz zur Neuverlegung der Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens kann verzichtet werden, nachdem einerseits erstellt ist, dass die Vorinstanz eine Verteilung der Kosten nach Massgabe von Art. 106 Abs. 2 ZPO anstrebte, und andererseits der Ausgang des Verfahrens feststeht. Dispositiv-Ziff. 2 und 4 des angefochtenen Entscheids sind folglich insofern abzuändern, als die erstinstanzliche Entscheidgebühr von Fr. 8'000.-- dem Beschwerdegegner zu vier Fünfteln und der Beschwerdeführerin zu einem Fünftel auferlegt und der Beschwerdegegner verpflichtet wird, der Beschwerdeführerin eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 12'000.-- (zuzüglich MWST von 7.7 %) zu bezahlen.
4.2.
4.2.1. Was die Prozesskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens angeht, ersucht der Beschwerdegegner darum, diese nicht ihm aufzuerlegen. Wenn tatsächlich ein krasser und willkürlicher Fehlentscheid vorliege, könne er dafür nichts, weshalb es nicht korrekt und fair sei, ihn dafür die Konsequenzen tragen zu lassen.
4.2.2. Sinngemäss beruft sich der Beschwerdegegner damit auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur sogenannten "Justizpanne", bei deren Vorliegen die rechtsmittelbeklagte Partei unter Umständen von der Kostenpflicht entlastet werden kann. Dies setzt allerdings voraus, dass die rechtsmittelbeklagte Partei selber die Gutheissung des Rechtsmittels beantragt oder zumindest keinen (unbegründeten) Antrag gestellt bzw. sich mit dem angefochtenen Entscheid nicht identifiziert hat (Urteil 5A_87/2022 vom 2. November 2022 E. 4.4.1 mit zahlreichen Hinweisen, nicht publ. in: BGE 149 III 12). Obschon der Beschwerdegegner in seiner Beschwerdeantwort ausführt, er überlasse es "im Übrigen" dem Bundesgericht, ob und wenn ja, in welchem Umfang es auf die Beschwerde eintreten und diese gutheissen oder abweisen wolle, beantragt er die Abweisung der Beschwerde und begründet seinen Antrag auch. Da dieser Antrag sich als unbegründet erweist, unterliegt der Beschwerdegegner. Für ein Absehen von der Kostenpflicht besteht unter diesen Umständen kein Raum.
4.2.3. Entsprechend hat der Beschwerdegegner die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu übernehmen ( Art. 66 Abs. 1 und 2 BGG ) und die Beschwerdeführerin für ihren Aufwand zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Dispositiv-Ziff. 2 und 4 des Entscheids des Obergerichts des Kantons Zürich vom 11. Januar 2024 (LY230013-O/U) werden insofern abgeändert, als die erstinstanzliche Entscheidgebühr von Fr. 8'000.-- dem Beschwerdegegner zu vier Fünfteln und der Beschwerdeführerin zu einem Fünftel auferlegt und der Beschwerdegegner verpflichtet wird, der Beschwerdeführerin eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 12'000.-- (zuzüglich MWST von 7.7 %) zu bezahlen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
3.
Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, mitgeteilt.
Lausanne, 27. September 2024
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Herrmann
Die Gerichtsschreiberin: Lang