Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_431/2024, 1C_432/2024
Urteil vom 29. Juli 2024
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Chaix, Haag,
Gerichtsschreiberin Gerber.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Eric Stern,
gegen
Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus, Fachstelle Administrativmassnahmen, Postgasse 29, 8750 Glarus.
Gegenstand
1C_431/2024
Abklärung der Fahreignung (Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung),
1C_432/2024
Abklärung der Fahreignung (Akteneinsicht),
Beschwerden gegen die Verfügungen des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus, Präsident,
vom 10. und 18. Juni 2024 (VG.2024.00039).
Sachverhalt:
A.
Die Abteilung Administrativmassnahmen der Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus verfügte am 10. Mai 2024, A.________ müsse sich zur Überprüfung ihrer Fahreignung bis spätestens am 28. Juni 2024 einer verkehrsmedizinischen Abklärung unterziehen. Bei Nichtbefolgung ohne zureichenden Grund werde ihr der Führerausweis gestützt auf Art. 30 der Verkehrszulassungsverordnung vom 27. Oktober 1976 (VZV; SR 741.51) vorsorglich entzogen. Einer allfälligen Beschwerde gegen die Verfügung wurde die aufschiebende Wirkung entzogen. Zur Begründung führte die Behörde aus, A.________ habe gegenüber der Polizei angegeben, im Zeitraum zwischen 2018 bis 2023 mindestens dreimal Kokain konsumiert zu haben. Der Konsum von Kokain könne rasch zu einer ausgeprägten psychischen Abhängigkeit führen, weshalb Zweifel an ihrer Fahreignung bestünden.
B.
Dagegen gelangte A.________ am 24. Mai 2024 mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus. Sie beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Zudem beantragte sie den Beizug und die Übermittlung der Akten des Strafverfahrens, in dem die fragliche Aussage zum Kokainkonsum angeblich erfolgt sei.
B.a. Mit Präsidialverfügung vom 10. Juni 2024 wies das Verwaltungsgericht Glarus das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ab.
B.b. Am 13. Juni 2024 stellte das Verwaltungsgericht dem Rechtsvertreter von A.________ einen kurzen Auszug aus dem polizeilichen Einvernahmeprotokoll vom 21. Dezember 2023 aus den Zürcher Strafakten zu und verwies sie für eine vollständige Einsicht in die Strafakten an die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich. Mit Präsidialverfügung vom 18. Juni 2024 wies das Verwaltungsgericht Glarus das Gesuch um vollständige bzw. weitergehende Akteneinsicht ab.
C.
A.________ hat am 11. Juli 2024 gegen beide Verfügungen des Verwaltungsgerichts Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben.
Im Verfahren 1C_431/2024 beantragt sie, in Aufhebung der Verfügung vom 10. Juni 2024 sei ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Im Verfahren 1C_432/2024 beantragt sie, in Aufhebung der Verfügung vom 18. Juni 2024 sei ihr Einsicht in die vollständigen Akten zu gewähren, insbesondere in das vollständige Protokoll der polizeilichen Einvernahme vom 21. Dezember 2023.
In beiden Verfahren beantragt sie in prozessualer Hinsicht, das Verwaltungsgericht sei anzuweisen, das kantonale Beschwerdeverfahren bis zum Abschluss des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens zu sistieren, und es sei, im Sinne einer vorsorglichen Massnahme, die Fachstelle Administrativmassnahmen der Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus anzuweisen, bis zum Abschluss des bundesgerichtlichen Verfahrens von Administrativmassnahmen abzusehen. Zur Entkräftung der Bedenken hinsichtlich einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit sei sie weiterhin bereit (wie bereits mit Schreiben vom 4. Juli 2024 offeriert), sich sofort einer Haarprobenentnahme zu unterziehen, unter der Bedingung, dass dies ohne Kostenauflage zu ihren Lasten geschehe.
D.
Das Bundesgericht lud die Vorinstanzen mit Verfügung vom 12. Juli 2024 in beiden Verfahren ein, sich bis zum 25. Juli 2024 zum Gesuch um vorsorgliche Massnahmen zu äussern.
Das Verwaltungsgericht verzichtet am 15. Juli 2024 auf eine Stellungnahme zum Gesuch um vorsorgliche Massnahmen und beantragt die Abweisung der Beschwerden.
Die Fachstelle Administrativmassnahmen beantragt mit Eingabe vom 19. Juli 2024, die Beschwerden seien abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Sie teilt mit, sie habe bereits am 15. Juli 2024 den vorsorglichen Sicherungsentzug des Führerausweises der Beschwerdeführerin angeordnet und einer dagegen gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen, da sich die Beschwerdeführerin innert der angesetzten Frist keiner verkehrsmedizinischen Abklärung unterzogen habe und eine Belassung des Führerausweises nicht mehr länger zu verantworten gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin teilt mit, sie habe am 18. Juli 2024 gegen den vorsorglichen Sicherungsentzug vom 15. Juli 2024 Beschwerde beim Verwaltungsgericht Glarus eingereicht und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Sie ersucht das Bundesgericht, die aufschiebende Wirkung infolge Dringlichkeit vorsorglich zu gewähren.
Erwägungen:
1.
Bei den angefochtenen Verfügungen handelt es sich um kantonal letztinstanzliche Zwischenentscheide in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit. Dagegen steht die Beschwerde an das Bundesgericht nur offen, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; lit. b kommt vorliegend nicht in Betracht).
1.1. Aufgrund des Entzugs der aufschiebenden Wirkung (bzw. deren Nichtwiederherstellung) drohte der Beschwerdeführerin ein vorsorglicher Führerausweisentzug, sofern sie sich nicht innert der angesetzten Frist für die verkehrsmedizinische Fahreignungsprüfung anmeldete. Damit hatte sie die Wahl, sich entweder der Prüfung zu unterziehen, noch bevor über deren Rechtmässigkeit entschieden worden war, oder aber einen provisorischen Sicherungsentzug des Fahrausweises zu riskieren, mit den damit verbundenen Nachteilen für die berufliche und private Mobilität. Diese Nachteile könnten auch bei einer Gutheissung der Beschwerde nicht vollständig rückgängig gemacht werden.
Zwischenzeitlich ist der angedrohte vorsorgliche Sicherungsentzug bereits verfügt worden und damit der Nachteil eingetreten. Dies führt allerdings nicht zur Gegenstandslosigkeit der vorliegenden Beschwerde: Da der Entzug der aufschiebenden Wirkung Voraussetzung für den vorsorglichen Sicherungsentzug während der Hängigkeit des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist, besteht noch ein aktuelles Interesse an dessen Beurteilung.
Da die Beschwerde einen Entscheid über vorsorgliche Massnahmen betrifft, kann vor Bundesgericht nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 97 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
1.2. Die Verfügung vom 18. Juli 2024 betrifft die Akteneinsicht. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bewirkt eine Beschränkung der Akteneinsicht grundsätzlich keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, weil sie - wie jede andere Verweigerung des rechtlichen Gehörs - auch noch bei der Anfechtung des Endentscheids voll wirksam gerügt und die damit verbundenen Nachteile in der Regel durch die Aufhebung des Endentscheids rückgängig gemacht werden können (vgl. z.B. Urteil 2C_599/2007 vom 5. Dezember 2007 E. 2.2 und 2.3 mit Hinweisen, in: StR 63/2008 291; zu gewissen Ansnahmen im Strafverfahren vgl. Urteil 1B_585/2021 vom 16. Februar 2022 E. 1.2 mit Hinweisen). Wie oben (E. 1.1) dargelegt, können jedoch die mit dem vorsorglichen Entzug des Fahrausweises verbundenen Nachteile durch eine Gutheissung der Beschwerde in der Hauptsache nicht vollständig wieder gutgemacht werden. Unter diesen Umständen ist ausnahmsweise die Möglichkeit eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils zu bejahen.
1.3. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die Beschwerden grundsätzlich einzutreten ist. Diese betreffen das selbe verwaltungsgerichtliche Verfahren, weshalb es sich rechtfertigt, die Verfahren zu vereinigen.
1.4. Im Folgenden sind zunächst kurz die gesetzlichen Grundlagen und die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Fahreignungsuntersuchung darzustellen (E. 2), bevor auf die Rügen gegen die angefochtenen Verfügungen zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (E. 3) und zur Akteneinsicht (E. 4) einzugehen ist.
2.
Motorfahrzeugführer müssen über Fahreignung und Fahrkompetenz verfügen (Art. 14 Abs. 1 SVG). Gemäss Art. 16 Abs. 1 lit. b des SVG wird der Lernfahr- oder Führerausweis einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn sie an einer Sucht leidet, welche die Fahreignung ausschliesst. Nach der Rechtsprechung darf auf fehlende Fahreignung wegen Drogensucht geschlossen werden, wenn eine Person nicht (mehr) in der Lage ist, Drogenkonsum und Strassenverkehr ausreichend auseinanderzuhalten, oder wenn die naheliegende Gefahr besteht, dass sie im akuten Rauschzustand am motorisierten Strassenverkehr teilnimmt (BGE 129 II 82 E. 4.1 S. 86 f.; 127 II 122 E. 3c S. 126 mit Hinweisen).
Bestehen Zweifel an der Fahreignung einer Person, so wird diese einer Fahreignungsuntersuchung unterzogen (Art. 15d Abs. 1 SVG), namentlich bei Fahren unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder bei Mitführen von Betäubungsmitteln, welche die Fahrfähigkeit stark beeinträchtigen oder ein hohes Abhängigkeitspotenzial aufweisen (Art. 15d Abs. 1 lit. b SVG). Die Aufzählung in Art. 15d Abs. 1 SVG ist nicht abschliessend, d.h. es genügen auch andere konkrete Anhaltspunkte, welche die Fahreignung in Frage stellen (Urteil 1C_458/2019 vom 25. März 2020 E. 2.1 mit Hinweisen). Da der Konsum von Kokain rasch zu einer ausgeprägten psychischen Abhängigkeit führt, kann eine gerichtsmedizinische Begutachtung der Fahreignung bereits bei gelegentlichem Kokainkonsum angezeigt sein, auch wenn daraus nicht zwingend auf eine Abhängigkeit geschlossen werden kann (BGE 120 Ib 305 E. 4c und d). So hat das Bundesgericht die Fahreignungsabklärung einer Person geschützt, die gemäss ihren Angaben seit drei Jahren gelegentlich Kokain konsumierte und sich innerhalb eines halben Jahres mindestens 30 g davon beschaffte (Urteil 1C_282/2007 vom 13. Februar 2008 E. 2.4; vgl. auch Urteil 1C_434/2016 vom 1. Februar 2017 betreffend eine Person, die über einen Zeitraum von rund 1 ½ Jahren hinweg rund 25-mal Kokain in nicht unerheblicher Menge konsumierte). Dagegen verneinte das Bundesgericht ernsthafte Bedenken an der Fahreignung einer Person, die lediglich einmal und nicht im Zusammenhang mit dem Führen eines Motorfahrzeugs Kokain konsumierte und einen ungetrübten automobilistischen und bürgerlichen Leumund hatte (Beschluss 6A.72/2006 vom 7. Februar 2007 E. 3.2).
3.
Das Verwaltungsgericht erwog in der Verfügung vom 10. Juni 2024, die Beschwerde habe nach Art. 93 Abs. 1 des kantonalen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 4. Mai 1986 (VRG/GL; GS III G/1) grundsätzlich aufschiebende Wirkung; diese könne jedoch aus wichtigen Gründen entzogen werden (Abs. 2). Die Beschwerdeführerin habe im Rahmen eines Strafverfahrens am 21. Dezember 2023 gegenüber der Polizei geltend gemacht, im Zeitraum zwischen 2018 bis 2023 regelmässig Kokain konsumiert zu haben. Anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 8. April 2024 habe sie ausgeführt, dass sie in seltenen Fällen, namentlich etwa drei Mal, im Zeitraum zwischen 2018 bis 2023, Kokain konsumiert habe. In ihrer Beschwerde vom 24. Mai 2024 habe sie schliesslich geltend gemacht, seit sechs Jahren kein Kokain mehr konsumiert zu haben. Sie sei somit in ihren späteren Darstellungen von ihrer ursprünglichen Aussage, im Zeitraum zwischen 2018 bis 2023 regelmässig Kokain konsumiert zu haben, abgewichen. Dies erscheine nicht glaubhaft; die Aussage vom 21. Dezember 2023 sei als Aussage erster Stunde zu werten, welche gegenüber späteren Darstellungen unbefangener und zuverlässiger erscheine. Es sei überwiegend wahrscheinlich, dass sie ihren Konsum im Bewusstsein um eine mögliche Fahreignungsabklärung bagatellisiert habe. Es lägen damit konkrete Gründe vor, die auf eine die Fahreignung beeinträchtigende Betäubungsmittelabhängigkeit und eine mögliche Verkehrsgefährdung schliesen liessen. Dies rechtfertige den Entzug der aufschiebenden Wirkung. Das erhebliche öffentliche Interesse an der sofortigen Abklärung der Fahreignung überwiege das geltend gemachte entgegenstehende Interesse der Beschwerdeführerin an einem Aufschub der Anordnung.
3.1. Die Beschwerdeführerin rügt in erster Linie eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV). Das Verwaltungsgericht habe sich massgeblich auf die polizeiliche Einvernahme vom 21. Dezember 2023 gestützt. Diese habe die Strafanzeige der Beschwerdeführerin gegen B.________ wegen sexueller Übergriffe betroffen. Die Einsichtnahme in das Einvernahmeprotokoll sei ihr von der Zürcher Staatsanwaltschaft verweigert und auch vom Verwaltungsgericht nicht gewährt worden. Die Beschwerdeführerin habe stets bestritten, im Zeitraum zwischen 2018 bis 2023 regelmässig Kokain konsumiert zu haben. Dies würde die Einsichtnahme in das vollständige Protokoll vom 21. Dezember 2023 belegen. Auch in der späteren (in den Akten liegenden) polizeilichen Einvernahme vom 8. April 2024 habe sie ausgesagt, Kokain nur "in ganz seltenen Fällen" und nur "zusammen mit B.________" konsumiert zu haben. Mit diesem habe sie letztmals 2020 Kontakt gehabt, weshalb ein Drogenkonsum mindestens 4 Jahre zurückliege und daher keine Zweifel an ihrer aktuellen Fahreignung begründen könne. Damit rügt sie sinngemäss auch eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung bzw. eine willkürliche Beweiswürdigung (Art. 9 BV).
3.2. Das rechtliche Gehör umfasst nach ständiger Rechtsprechung u.a. das Recht des Betroffenen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 119 Ia 136 E. 2d S. 139; 118 Ia 17 E. 1c S. 19, je mit Hinweisen).
Allerdings ist über vorsorgliche Massnahmen - zu denen auch die aufschiebende Wirkung bzw. deren Wiederherstellung gehört - rasch zu entscheiden. Das Gericht kann sich daher auf eine Würdigung der behaupteten Tatsachen mit dem Beweismass der Glaubhaftmachung beschränken und die Rechtslage nur summarisch prüfen (vgl. BGE 131 III 473 E. 2.3). Dabei darf es grundsätzlich auf die Aktenlage abstellen und ist in der Regel nicht verpflichtet, schon auf dieser Verfahrensstufe Beweismassnahmen zu treffen.
3.3. Aus den verwaltungsgerichtlichen Akten ergibt sich, dass das Einvernahmeprotokoll vom 21. Dezember 2023 dem Verwaltungsgericht nicht schon von der Fachstelle Administrativmassnahmen übermittelt worden war, sondern erst am 13. Juni 2024 von der Staatsanwaltschaft Zürich (vgl. unten, E. 4.1). Bei seinem Entscheid über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung lag dem Verwaltungsgericht somit lediglich der Rapport der Kantonspolizei Glarus vom 19. April 2024 betreffend den Verdacht der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz vor. Darin wurde der Beschwerdeführerin vorgehalten, sie habe im Rahmen der Einvernahme in Folge ihrer Strafanzeige gegen B.________ wegen Vergewaltigung ausgesagt, im Zeitraum zwischen 2018 bis 2023 regelmässig Kokain konsumiert zu haben. Dies wurde indessen von der Beschwerdeführerin bestritten: Sie gab zu Protokoll, nur "in ganz seltenen Fällen, zusammen mit B.________, Kokain konsumiert" zu haben. "Dies aus dem Grund, weil er jeweils das Kokain mitgebracht hatte". Auf die Frage, wie ihr Kokainkonsum im Zeitraum zwischen 2018 bis 2023 aussah, antwortete sie "ca. dreimal (...), dies aber immer zusammen mit B.________". Aus der Einvernahme vom 19. April 2024 lässt sich daher der Verdacht, die Beschwerdeführerin habe auch nach Abbruch des Kontakts zu B.________ Kokain konsumiert, nicht stützen. Es geht aus dem Protokoll auch nicht hervor, wann der letzte Kontakt mit B.________ stattfand.
Andere Anhaltspunkte für eine mangelnde Fahreignung der Beschwerdeführerin lagen nicht vor. Insbesondere ergibt sich aus den Akten nicht, dass diese in irgend einer Weise im Strassenverkehr auffällig geworden wäre.
Die Zweifel an ihrer Fahreignung beruhen somit einzig auf der angeblich von ihr selbst, anlässlich der Anzeigeerstattung wegen eines Sexualdelikts, gemachten Äusserung zu ihrem Kokainkonsum im Zeitraum zwischen 2018 bis 2023. Diese Äusserung wurde von der Beschwerdeführerin bestritten. Ohne die beantragte Einsichtnahme in das Protokoll konnte sie jedoch ihre Einwände nicht substanziieren und damit die Behauptung der Polizei betreffend ihre damalige Aussage nicht entkräften. Sie konnte somit auch im Verfahren um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht glaubhaft machen, seit Jahren kein Kokain mehr konsumiert zu haben. Wie oben (E. 1.1) dargelegt, kam dem Entscheid über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung besonderes Gewicht zu, weil es zu einer Vorwegnahme der Hauptsache (Durchführung der Verkehrsuntersuchung vor Rechtskraft der Verfügung) oder zu einem vorsorglichen Fahrausweisentzug mit den damit verbundenen Nachteilen führen konnte. Unter diesen besonderen Umständen hätte das Verwaltungsgericht, wenn es massgeblich auf die streitige und von keiner Seite belegte Aussage der Beschwerdeführerin vom 21. Dezember 2023 abstellen wollte, bereits im Verfahren betreffend vorsorgliche Massnahmen das Protokoll dieser Einvernahme beiziehen und der Beschwerdeführerin darin Einsicht geben müssen, bzw. ihr mindestens den für die Sache wesentlichen Inhalt mündlich oder schriftlich zur Kenntnis bringen müssen (vgl. dazu unten, E. 4.4).
3.4. Eine Gehörsverletzung ist daher zu bejahen. Dies führt grundsätzlich zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Wie nachfolgend dazulegen sein wird (E. 4.1), erfolgte der Beizug des Protokolls und dessen auszugsweise Übermittlung an die Beschwerdeführerin zwar wenige Tage später, am 13. Juni 2023. Damit konnte der Mangel jedoch nicht geheilt werden, zumal das Akteneinsichtsrecht ungenügend gewährt wurde (unten, E. 4.4).
4.
Zu prüfen ist die Verfügung vom 18. Juni 2024 betreffend Akteneinsicht.
4.1. Am 11. und 12. Juni 2024 ersuchte die Beschwerdeführerin erneut um Einsicht in die Strafakten. Daraufhin telefonierte der Verwaltungsgerichtspräsident mit der für das Strafverfahren zuständigen Staatsanwältin (vgl. Aktennotiz vom 13. Juni 2024). Diese erklärte sich damit einverstanden, das Protokoll vom 21. Dezember 2023 dem Verwaltungsgericht zu übermitteln, wenn der Beschwerdeführerin lediglich die für oder gegen die Fahreignung sprechenden Passagen übermittelt würden. Der Verwaltungsgerichtspräsident stellte dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin gleichentags folgenden Auszug des Protokolls zu:
Frage 3 (Auszug)
Treffen zu. Wir trafen uns und nach ein zwei Bier packte er sein Koks aus. Ich war zu diesem Zeitpunkt psychisch labil und liess mich auf das ein. Ich konsumierte selber Drogen und Alkohol und war viel unterwegs am Wochenende. Nach dem ersten Treffen trennten sich unsere Wege dann.
Frage 15. Wollte er sie mit dem Alkohol gefügig machen?
Ja, das hat er mich sowieso immer. Das sagte er auch immer. Mit Drogen "aufpuschen" und mit Sex runterfahren.
Für die vollständige Akteneinsicht sei ein Gesuch bei der Staatsanwaltschaft Zürich zu stellen.
Am 17. Juni 2024 teilte der Rechtsvertreter mit, die Staatsanwältin habe ihn informiert, dass noch keine Einsicht in die Strafakten gewährt werden könne, weil noch keine parteiöffentlichen Einvernahmen durchgeführt worden seien. Er ersuchte das Verwaltungsgericht erneut um Zustellung der vollständigen Akten, insbesondere des vollständigen Protokolls der Befragung vom 21. Dezember 2023.
4.2. Am 18. Juni 2024 wies der Präsident des Verwaltungsgerichts den Antrag auf vollständige bzw. weitergehende Akteneinsicht ab. Er erwog, es seien sämtliche zur Entscheidfindung relevanten Akten zugestellt worden, insbesondere auch ein Auszug aus dem Protokoll der polizeilichen Befragung vom 21. Dezember 2023. Einer vollständigen Einsicht in die Strafakten stehe das öffentliche Interesse an der Strafuntersuchung entgegen. Eine weitergehende Einsicht sei der Beschwerdeführerin daher nicht zu gewähren. Vielmehr genüge die bereits gewährte (eingeschränkte) Akteneinsicht, um sich gegen die streitige Fahreignungsabklärung umfassend und rechtsgenüglich zu verteidigen.
4.3. Die Beschwerdeführerin rügt vor Bundesgericht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und des Willkürverbots (Art. 9 BV), weil die übermittelten, collageartig zusammenkopierten Auszüge gerade keine Aussagen zum Drogenkonsum im Zeitraum zwischen 2018 bis 2023 enthielten und daher für die Beurteilung der Fahreignung irrelevant seien. Zudem fehle (für Frage 3) die Fragestellung und ein Teil der Antwort. Der Umstand, dass im Strafverfahren noch keine parteiöffentlichen Einvernahmen stattgefunden hätten, stelle keine Schranke des Akteneinsichtsrechts im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dar. Im Übrigen verkenne das Verwaltungsgericht, dass nicht zum Nachteil der Beschwerdeführerin auf Aussagen abgestellt werden dürfe, ohne ihr vorher vom wesentlichen Inhalt Kenntnis zu geben (so ausdrücklich Art. 69 Abs. 1 VRG/GL).
4.4. Der Anspruch auf rechtliche Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV umfasst u.a. das Recht der Parteien, Einsicht in die Akten eines hängigen Verfahrens zu nehmen. Dieses Recht kann zum Schutz von überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen eingeschränkt werden. Will eine Behörde jedoch zum Nachteil der betroffenen Person auf geheime Akten abstellen, muss es dieser deren wesentlichen Inhalt bekannt geben und ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Bezeichnung von Gegenbeweisen eröffnen (BGE 115 Ia 293 E. 5c; Urteil 1C_441/2012 vom 4. März 2013, E. 5.7 - 5.9; BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar zur BV, 2015, N. 55 zu Art. 29 BV; STEINMANN/SCHINDLER/WYSS, in: St. Galler Kommentar zur BV, 4. Aufl. 2023, N. 68 zu Art. 29 BV).
Wie aufgezeigt, wurde das Einvernahmeprotokoll vom 21. Dezember 2023 dem Verwaltungsgericht am 13. Juni 2024 übermittelt. Es bildete ab diesem Zeitpunkt Bestandteil der Verfahrensakten und unterlag dem Akteneinsichtsrecht der Parteien. Dabei kann offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht befugt oder gar verpflichtet gewesen wäre, sich über die Vorgaben der Staatsanwaltschaft Zürich hinwegzusetzen und der Beschwerdeführerin vollständige Einsicht zu gewähren. Jedenfalls aber mussten alle den Kokainkonsum und damit die Fahreignung betreffenden Aussagen übermittelt werden. Gleichzeitig mussten die zum Verständnis und zur Einordnung der Aussagen nötigen Informationen gegeben werden. Vorliegend interessieren insbesondere Zeitpunkt und Dauer des Drogenkonsums. Sollten sich im Einvernahmeprotokoll (entgegen der Behauptung der Polizei) keine Aussagen zu einem regelmässigen Kokainkonsum im Zeitraum zwischen 2018 bis 2023 finden, sollte auch dies festgehalten werden. Diesen Anforderungen genügte die Akteneinsicht vorliegend nicht.
Zwar steht vor dem Entscheid des Verwaltungsgerichts noch nicht fest, ob es zum Nachteil der Beschwerdeführerin auf die Einvernahme vom 21. Dezember 2023 abstellen will. Dies kann jedoch nicht massgeblich sein, wenn es, wie vorliegend geschehen, bereits in der Verfügung über die Nichtwiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zum Nachteil der Beschwerdeführerin auf diese Einvernahme abgestellt hat und darauf nicht zurückgekommen ist.
5.
Zusammenfassend sind die Beschwerden gutzuheissen. Die Sache ist zur Vervollständigung der Akteneinsicht und neuem Entscheid über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (oder sofortigem Endentscheid) an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Bis zu diesem Entscheid kann der am 15. Juli 2024 verfügte vorläufige Sicherheitsentzug nicht vollzogen werden. Sollte dies bereits geschehen sein, ist der Beschwerdeführerin ihr Fahrausweis zurückzugeben.
Damit werden die Gesuche um aufschiebende Wirkung und vorsorgliche Massnahmen im bundesgerichtlichen Verfahren gegenstandslos.
Die obsiegende Beschwerdeführerin hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 BGG). Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerden 1C_431/2024 und 432/2024 werden vereinigt.
2.
Die Beschwerden werden gutgeheissen und die Verfügungen des Präsidenten des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 10. und 18. Juni 2024 aufgehoben. Die Sache wird im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.
Bis zum Entscheid über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (bzw. einem früheren Endentscheid) kann der am 15. Juli 2024 angeordnete vorläufige Sicherheitsentzug nicht vollzogen werden.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Der Kanton Glarus (Staats- und Jugendanwaltschaft, Fachstelle Administrativmassnahmen) hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen.
5.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus und dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, Präsident, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 29. Juli 2024
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Die Gerichtsschreiberin: Gerber