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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_522/2024  
 
 
Urteil vom 30. Januar 2025  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Steuerverwaltung des Kantons Wallis, Bahnhofstrasse 35, 1951 Sitten, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Wallis und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2018, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis vom 30. Juni 2024 (F1 24 83). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ist wohnhaft in U.________, Vereinigtes Königreich, und Eigentümerin eines Studios in V.________. Mit Verfügung vom 19. Januar 2023 und Einspracheentscheid vom 5. Juni 2023 veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons Wallis die Steuerpflichtige für die Kantons- und Gemeindesteuern sowie für die direkte Bundessteuer der Steuerperiode 2020. 
 
B.  
Am 12. Juli 2023 erhob A.________ bei der Kantonalen Steuerrekurskommission eine Beschwerde gegen diesen Einspracheentscheid. Die Steuerrekurskommission verfügte am 13. Dezember 2023, die Beschwerdeführerin habe innert zehn Tagen ein Zustelldomizil oder einen Vertreter in der Schweiz zu benennen; andernfalls die weiteren Entscheide im kantonalen Amtsblatt publiziert würden. Die Steuerpflichtige verweigerte in der Folge die Bezeichnung eines Vertreters in der Schweiz. 
Da seit dem 1. Januar 2024 die steuerrechtliche Abteilung des Kantonsgerichts des Kantons Wallis als einzige (kantonale) Rechtsmittelinstanz gegen Einspracheentscheide der Steuerverwaltung amtet, wurde das bei der zwischenzeitlich aufgelösten Steuerrekurskommission anhängig gemachte Verfahren von dieser übernommen. Ein von der Steuerpflichtigen gegen den Präsidenten dieser Abteilung eingereichtes Ausstandsgesuch wies das Kantonsgericht mit Entscheid vom 7. Mai 2024 ab, soweit es auf dieses eintrat. Dieser Entscheid wurde wie angekündigt im Amtsblatt veröffentlicht. 
In der Folge wies das Kantonsgericht Wallis mit Urteil vom 30. Juni 2024 unter Mitwirkung des Präsidenten der steuerrechtlichen Abteilung die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintrat. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, es sei die Nichtigkeit des kantonalen Urteils vom 30. Juni 2024 festzustellen; eventuell sei dieses aufzuheben, und die Sache sei an einen unabhängigen neu konstituierten Spruchkörper des Kantonsgerichts zurückzuweisen. Zudem sei auch der Entscheid betreffend ihr Ausstandsgesuch gegen den Präsidenten der steuerrechtlichen Abteilung aufzuheben. 
Während die Steuerverwaltung des Kantons Wallis und die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV die Abweisung der Beschwerde, soweit auf sie einzutreten ist, beantragt, lässt sich das Kantonsgericht vernehmen, ohne einen formellen Antrag zu stellen. 
Das von A.________ in ihrer Beschwerde gestellte Gesuch, dem Rechtsmittel sei aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wies das Bundesgericht mit Verfügung vom 25. September 2024 ab. 
In ihren weiteren Eingaben vom 15. Oktober, 23. Oktober, 25. November, 9. Dezember und 13. Dezember 2024 hält A.________ sinngemäss an ihren Anträgen fest. Zudem rügt sie es als diskriminierend, dass das Bundesgericht ihr mit Verfügung vom 6. Dezember 2024 lediglich angeboten hatte, die Verfahrensakten vor Ort in Luzern einzusehen und ihr diese nicht während ihres Aufenthalts in der Schweiz an ihren vorübergehenden Aufenthaltsort zur Einsicht zustellte. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde wurde - grundsätzlich (vgl. E. 2 hiernach) - form- und fristgerecht (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Die Beschwerdeführerin ist als Steuerpflichtige gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert. 
 
2.  
 
2.1. Die Steuerpflichtige ficht in ihrer Beschwerde nicht nur das Urteil vom 30. Juni 2024, sondern auch den Entscheid vom 7. Mai 2024 über ihr Ausstandsbegehren gegen den Präsidenten der steuerrechtlichen Abteilung der Vorinstanz an. Sie macht in Zusammenhang mit letzterem geltend, von ihm keine Kenntnis gehabt zu haben, da dieser ihr nicht korrekt eröffnet worden sei. Die Vorinstanz hält fest, dieser Entscheid sei - da sich die Beschwerdeführerin geweigert habe, ein Zustelldomizil oder eine Vertretung in der Schweiz zu benennen - dieser durch Publikation im kantonalen Amtsblatt eröffnet worden.  
 
2.2. Die Beschwerde ist gemäss Art. 92 Abs. 1 BGG zulässig gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren. Diese Entscheide können nach Art. 92 Abs. 2 BGG später nicht mehr angefochten werden. Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen.  
 
2.3. Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den Parteien nach Art. 112 Abs. 1 BGG schriftlich zu eröffnen. Soweit dies gesetzlich vorgesehen ist, gilt auch die Veröffentlichung in einem amtlichen Blatt als rechtsgenügliche schriftliche Zustellung (BERNHARD EHRENZELLER, BSK BGG 3. Aufl. 2018, N 5 zu Art. 112 BGG). Für die direkte Bundessteuer findet sich eine entsprechende Grundlage in Art. 116 DBG, für das kantonale Steuerrecht in Art. 125 Abs. 2 des Steuergesetzes des Kantons Wallis vom 10. März 1976 (SGS 642.1). Dabei ist darauf hinzuweisen, dass rechtsprechungsgemäss eine Eröffnung mittels amtlicher Publikation wegen fehlendem Zustelldomizil in der Schweiz auch dann zulässig ist, wenn sich die steuerpflichtige Person in einem Land aufhält, in welches in Anwendung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen vom 25. Januar 1988 (MAC; SR 0.652.1) eine direkte postalische Zustellung möglich wäre (Urteil 9C_685/2023 vom 23. April 2024 E. 2.5.2.5). Gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben darf allerdings in diesen Fällen eine Eröffnung durch amtliche Publikation für die am Recht stehende Person nicht überraschend erfolgen.  
 
2.4. Vorliegend kündigte die Vorinstanz - bzw. die Steuerrekurskommission als deren Vorgängerbehörde - bereits mit Verfügung vom 13. Dezember 2023 an, die weiteren Entscheide würden im Amtsblatt publiziert, so die Beschwerdeführerin weder ein Zustelldomizil noch eine Vertretung in der Schweiz bestimmen würde. Diese Ankündigung bestätigte die Vorinstanz in diverser weiterer Korrespondenz. Somit kann nicht gesagt werden, die Eröffnung des Entscheides über das Ausstandsbegehren durch Veröffentlichung im Amtsblatt sei für die Beschwerdeführerin überraschend erfolgt. An der Zulässigkeit der Publikation im Amtsblatt ebenfalls nichts zu ändern vermag die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin ihre Bereitschaft erklärt hatte, per ungeschützter und unzertifizierter Email zu kommunizieren. War damit die Eröffnung im Amtsblatt fristauslösend, so ist die Beschwerde gegen den Zwischenentscheid vom 7. Mai 2024 verspätet; insoweit ist auf sie nicht einzutreten.  
 
2.5. In Anwendung des erwähnten Art. 92 Abs. 2 BGG (vgl. E. 2.2 hiervor) nicht einzutreten ist sodann auf die Beschwerde gegen das Urteil vom 30. Juni 2024, soweit darin erneut eine Befangenheit des Präsidenten der steuerrechtlichen Abteilung der Vorinstanz geltend gemacht wird. Im Weiteren sind rechtsprechungsgemäss gestützt auf den auch für Private geltenden Grundsatz von Treu und Glauben und das Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 5 Abs. 3 BV; BGE 137 V 394 E. 7.1 S. 403 mit Hinweisen) verfahrensrechtliche Einwendungen - wozu auch Ausstandsgründe gehören - so früh wie möglich, das heisst nach Kenntnisnahme eines Mangels bei erster Gelegenheit, vorzubringen (Urteil 9C_344/2020 vom 22. Februar 2021 E. 4.3.2 mit weiteren Hinweisen). Ob mit Blick auf diese Rechtsprechung auf die Beschwerde einzutreten ist, soweit darin nunmehr auch eine Befangenheit der beiden weiteren Richterpersonen behauptet wird, erscheint zweifelhaft, braucht jedoch mit Blick darauf, dass die Rüge offensichtlich unbegründet ist (vgl. E. 5.1 hiernach), nicht näher geprüft zu werden.  
 
2.6. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesgericht grundsätzlich nicht dazu berufen ist, vom konkreten Fall losgelöste abstrakte Fragen des objektiven Rechts zu beantworten (vgl. Urteil 8C_551/2019 vom 10. Januar 2020 E. 3.6 mit weiterem Hinweis). Einzutreten ist somit auf die Beschwerde gegen das Urteil vom 30. Juni 2024 nur, soweit behauptet wird, dass im konkreten Fall gegen Bundesrecht verstossen wurde.  
 
3.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
4.  
Die Beschwerdeführerin beantragte während des bundesgerichtlichen Verfahrens, ihr seien die Akten an ihr temporäres Domizil in der Schweiz zur Einsichtnahme zuzustellen. Dabei lehnte sie es ab, am Standort der urteilenden Abteilung - mithin in Luzern - Einblick in diese zu nehmen. Entgegen ihren Ausführungen verschafft das Recht auf Akteneinsicht als Teilgehalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) grundsätzlich nur einen Anspruch darauf, die Verfahrensakten am Sitz der Behörde einzusehen und davon Notizen oder, soweit damit für die Verwaltung kein unverhältnismässiger Aufwand einhergeht, Kopien zu machen; einen Anspruch auf Zustellung der Verfahrensakten oder von Kopien davon verschafft es hingegen nicht (BGE 122 I 109 E. 2b; Urteile 1B_635/2022 vom 15. Juni 2023 E. 3.1; 6B_382/2022 vom 12. September 2022 E. 2.2). Dass dabei praxisgemäss die Akten wohl den patentierten Rechtsanwälten, nicht hingegen privaten Beschwerdeführern herausgeben wird, verstösst im Weiteren nicht gegen das Diskriminierungsverbot. Eine unterschiedliche Behandlung lässt sich damit begründen, dass bei Anwälten besondere tatsächliche Verhältnisse bestehen. Sie bieten besser als andere Private Gewähr dafür, dass ausgehändigte Akten vollständig und unverändert an die Behörde zurückgelangen und nicht an Drittpersonen weitergegeben werden. Entscheidend ist weiter, dass Rechtsanwälte einer besonderen Disziplinaraufsicht unterstehen (BGE 123 II 534 E. 3d mit Hinweisen; REGINA KIENER / WALTER KÄLIN / JUDITH WYTTENBACH, Grundrechte, 4. Aufl., Rz. 2108 i.f.). 
 
5.  
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Recht im Sinne von Art. 95 f. BGG verletzte, als es den Einspracheentscheid der Steuerverwaltung betreffend die Kantons-, Gemeinde- und direkte Bundessteuer bestätigte. 
 
5.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das angefochtene Urteil sei durch einen befangenen Spruchkörper gefällt worden. Soweit hierauf überhaupt einzutreten ist (vgl. E. 2 hiervor), ist Folgendes festzuhalten: Dass eine der Richterpersonen im zweisprachigen Kantons Wallis nicht deutscher, sondern französischer Muttersprache ist, stellt keinen nachvollziehbaren Grund dar, an ihrer Unparteilichkeit zu zweifeln. Ebenfalls keinen hinreichenden Anlass, an der Unbefangenheit des Spruchkörpers zu zweifeln, bildet der Umstand, dass eine am Urteil mitwirkende Richterin denselben Nachnamen wie eine Mitarbeiterin der Steuerverwaltung trägt, zumal es sich hierbei um einen in der Schweiz weitverbreiteten Nachnamen handelt. Alleine aus einer zufälligen Namensgleichheit kann nicht auf eine ausstandsrelevante verwandtschaftliche Beziehung geschlossen werden; die Zusicherung der Beschwerdegegnerin, dass sich die Mitarbeiterin und die Richterin nicht persönlich kennen, erscheint glaubhaft.  
 
5.2. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) durch eine Verletzung ihres Rechts, in die Verfahrensakten Einsicht zu nehmen, rügt, ist daran zu erinnern, dass die Vorinstanz angeboten hat, diese einer Vertretung in der Schweiz zur Einsicht zuzustellen. Alternativ stünden die Akten zur Einsicht vor Ort bereit. Damit ist entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung dem Anspruch auf rechtliches Gehör Genüge getan (vgl. auch E. 4 hiervor).  
 
5.3. Was die Rüge eines durch die Vorinstanz unvollständig festgestellten Sachverhalts betrifft, ist festzuhalten, dass eine ausdrückliche Feststellung des Sachverhalts nur insoweit notwendig ist, als dieser umstritten und für den Ausgang des Verfahrens erheblich ist (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG; vgl. auch Urteil 1B_470/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 4.3). Es ist nicht ersichtlich und wird von der Beschwerdeführerin nicht dargetan, inwiefern dies für die von ihr monierten fehlenden Aspekte in der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen der Fall sein soll. So ist nicht zu beanstanden, dass ausserhalb des Streitgegenstandes Liegendes - wie etwa die Verfahren über die Steuerperiode 2018 oder über die Rechtmässigkeit der Eröffnung einer nicht näher bezeichneten Sicherstellungsverfügung betreffend - im angefochtenen Urteil nicht erwähnt wurde. Weiter ist in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinzuweisen, dass bezüglich des Ausstandes des Präsidenten des vorinstanzlichen Spruchkörpers ein rechtskräftiger Zwischenentscheid vorliegt.  
 
5.4. Zusammenfassend ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist.  
 
6.  
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Wallis und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 30. Januar 2025 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold