Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_99/2020  
 
 
Urteil vom 6. Februar 2020  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiber Businger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Fürsprecher Daniel Küng, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Thurgau, 
Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 23. Oktober 2019 (VG.2019.7/E). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geboren 1974) ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien. Er heiratete am 25. März 2013 eine Schweizerin, reiste am 7. Dezember 2013 in die Schweiz ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehefrau. Die eheliche Gemeinschaft wurde nach Angaben der Ehefrau Ende 2016 aufgegeben; die Scheidung erfolgte am 21. August 2018. Am 26. Februar 2018 lehnte das Migrationsamt des Kantons Thurgau die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________ ab und wies ihn aus der Schweiz weg. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel wiesen das Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau am 13. Dezember 2018 und das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau am 23. Oktober 2019 ab.  
 
1.2. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 27. Januar 2020 beantragt A.________ dem Bundesgericht, seine Aufenthaltsbewilligung sei zu verlängern. Das Bundesgericht hat keine Instruktionsmassnahmen verfügt.  
 
2.  
Der Beschwerdeführer leitet in vertretbarer Weise einen Aufenthaltsanspruch aus Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG (SR 142.20; in der bis 31. Dezember 2018 geltenden Fassung) ab. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Abs. 2 und Art. 90 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von Schweizerinnen und Schweizern haben Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AuG). Gemäss Art. 50 Abs. 1 AuG besteht der Anspruch des Ehegatten und der Kinder auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht (lit. a) oder wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (lit. b). Für die (retrospektive) Berechnung der Dauer der ehelichen Gemeinschaft ist in der Regel die Aufgabe der Haushaltsgemeinschaft entscheidend - unter Vorbehalt wichtiger Gründe für getrennte Wohnorte nach Art. 49 AuG. Nicht relevant ist demgegenüber, bis zu welchem Zeitpunkt die Ehe nach Beendigung des ehelichen Zusammenlebens formell noch weiter bestanden hat (BGE 136 II 113 E. 3.2 S. 117).  
 
3.2.  
 
3.2.1. Die Vorinstanz erwog, der Beschwerdeführer habe bereits zwei Monate nach seiner Einreise von Montag bis Samstag in einem Hotelzimmer in U.________ und in der Nähe seiner Schwester und seines Schwagers gelebt, während seine Ehefrau in V.________ in der von ihr alleine gemieteten Wohnung verblieben sei. Der Wochenaufenthalt in U.________ könne nicht mit der Arbeitsstelle in W.________ gerechtfertigt werden. Der Beschwerdeführer sei weder einer Festanstellung als Fachkraft, einer Arbeit mit Nachtschichteinsätzen oder einer (anderen) Arbeit mit Anwesenheitspflicht nachgegangen. Seine Arbeitstätigkeit habe sich auf eine über eine Personalberatungsfirma temporär vermittelte Hilfsarbeitertätigkeit auf dem Bau beschränkt. Eine entsprechende Tätigkeit hätte er sich zweifellos auch im Raum V.________ vermitteln lassen können. Vergebliche Bemühungen, in der Nähe seiner Frau eine Arbeitsstelle zu finden, seien vom Beschwerdeführer weder behauptet noch belegt worden. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb das frisch vermählte Paar nicht den Arbeitsweg Zürich-V.________ zugunsten des ehelichen Zusammenlebens auf sich genommen habe (vgl. E. 3.1.2 des angefochtenen Urteils). Weiter erscheine auch die Behauptung des Beschwerdeführers, dass er 2-3 Mal pro Monat bei seiner Ehefrau in V.________ übernachtet habe, als wenig glaubhaft. Gemeinsame Ferien, Ausflüge etc. seien weder angeführt noch dokumentiert worden (vgl. E. 3.1.3 des angefochtenen Urteils). Ungeachtet des Freispruchs vom Vorwurf einer "Scheinehe" sprächen auch weitere Umstände und Indizien gegen das Vorliegen einer tatsächlich gelebten ehelichen Beziehung. Die Eheleute hätten das Datum der Hochzeit nicht gekannt und unterschiedliche Angaben zum Ablauf der Hochzeit gemacht. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer und seine Frau längstens bis Februar 2014 eine echte eheliche Gemeinschaft geführt hätten (vgl. E. 3.1.4 des angefochtenen Urteils).  
 
3.2.2. Neben der dreijährigen Ehedauer sei auch die Voraussetzung der erfolgreichen Integration von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG nicht erfüllt. Zwar sei der Beschwerdeführer seit 1. Juni 2018 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis tätig, könne sich auf Deutsch verständigen und zahle seine Schulden ab. Eine gefestigte soziale Bindung zur Schweiz liege dagegen nicht vor. Er beteilige sich nicht am gesellschaftlichen Leben, sei mehrfach straffällig geworden und habe insgesamt neun Strafbefehle überwiegend wegen Strassenverkehrsdelikten erwirkt. Weiter weise der Beschwerdeführer nach wie vor einen beachtlichen Schuldenberg auf (vgl. E. 3.2 des angefochtenen Urteils).  
 
3.2.3. Ein nachehelicher Härtefall nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG liege nicht vor. Der Beschwerdeführer sei erst mit 40 Jahren in die Schweiz eingereist und habe den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht. Eine Rückkehr sei ihm fraglos zumutbar (vgl. E. 3.3 des angefochtenen Urteils; Art. 109 Abs. 3 BGG). Angesichts der mangelhaften Integration könne sich der Beschwerdeführer auch nicht auf den Anspruch auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK berufen (vgl. E. 4.3 des angefochtenen Urteils).  
 
3.3. Soweit sich der Beschwerdeführer überhaupt mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinandersetzt, vermag er diese nicht infrage zu stellen.  
 
3.3.1. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erlauben es die Bestimmungen über den Familiennachzug den Ehegatten nicht, ihre Ehe völlig frei zu gestalten. Der Anspruch auf Nachzug des Ehegatten setzt voraus, dass die Eheleute zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AuG). Getrennte Wohnorte bedürfen wichtiger Gründe (Art. 49 AuG). Der Beschwerdeführer beruft sich für seinen damaligen Wohnort in U.________ pauschal auf seine Arbeitsstelle in W.________ ab Februar 2014, ohne sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinanderzusetzen, wonach er eine gleichwertige Arbeitsstelle ohne Weiteres im Raum V.________ hätte antreten können und ent-sprechenden Suchbemühungen weder behauptet worden noch ersichtlich seien. Der Verweis auf das Urteil 2C_50/2010 vom 17. Juni 2010 geht offensichtlich fehl, weil in jenem Fall der Ehemann in der Verbundsicherheitsglasbranche tätig war und deshalb von vornherein nur in den Kantonen St. Gallen oder Bern arbeiten konnte mit Arbeitszeiten teilweise vor 6 Uhr bis nach 19 Uhr, während seine Ehefrau in Zürich einen Betrieb führte. Ein zwingender Grund für den Arbeitsort W.________ fehlt im vorliegenden Fall, unabhängig davon, dass eine tägliche oder zumindest gelegentliche Rückkehr aufgrund der Arbeitszeiten und der Länge des Arbeitsweges möglich gewesen wäre. Folglich bestehen keine wichtigen Gründe für getrennte Wohnsitze und hat die eheliche Gemeinschaft lediglich bis Ende Januar 2014 und damit knapp zwei Monate gedauert. Daran ändert die pauschale Behauptung nichts, wonach der Ehewille noch bis Ende 2016 bestanden haben soll. Was sodann den Freispruch vom "Vorwurf der Scheinehe" betrifft, hat die Vorinstanz ausführlich dargelegt, weshalb der Beschwerdeführer daraus nichts für die Dauer der ehelichen Gemeinschaft ableiten kann (vgl. E. 3.1.1 des angefochtenen Urteils). Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Keine Rolle spielt schliesslich die formelle Ehedauer von über fünf Jahren. Die Voraussetzung einer dreijährigen ehelichen Gemeinschaft in der Schweiz ist offensichtlich nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer kann aus Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG keinen Aufenthaltsanspruch ableiten.  
 
3.3.2. Weiter kann auch keine Rede davon sein, dass der Beschwerdeführer gut in die hiesigen Verhältnisse integriert ist. Er ist wiederholt straffällig geworden und hat neun Strafbefehle erwirkt, wobei es keine Rolle spielt, dass er nur Bagatelldelikte begangen haben will. Zu seiner Überschuldung äussert er sich nur insofern, als dass er beteuert, er wolle seine Schulden zurückzahlen. Die fehlende soziale Integration stellt der Beschwerdeführer nicht in Abrede. Vor diesem Hintergrund kann alleine aus dem Umstand, dass er einer Erwerbstätigkeit nachgeht und zwei Landessprachen spricht, nicht auf eine gute Integration geschlossen werden. Unklar ist weiter, was der Beschwerdeführer daraus ableiten will, dass seine Ehe angeblich wegen der Strafanzeige betreffend Scheinehe bzw. der schweren Erkrankung seiner Schwiegermutter gescheitert ist. Nachdem er erst im Alter von knapp 40 Jahren in die Schweiz eingereist ist, sich nicht vertieft in die hiesigen Verhältnisse integriert hat und sich lediglich seit sechs Jahren (wovon rund zwei Jahre auf das vorliegende Verfahren entfallen) hier aufhält, ist ihm eine Rückkehr in den Herkunftsstaat ohne Weiteres zumutbar. Der Beschwerdeführer kann sich deshalb offensichtlich auch weder auf den Anspruch auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK noch auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG (nachehelicher Härtefall) berufen.  
 
3.4. Zusammenfassend besitzt der Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Bei diesem Ergebnis besteht keine Veranlassung, die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens neu zu regeln. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren abzuweisen (Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG).  
 
4.  
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Februar 2020 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Businger