Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_111/2020
Urteil vom 11. August 2021
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Chaix, Bundesrichterin Jametti,
Bundesrichter Haag, Müller,
Gerichtsschreiber Baur.
Verfahrensbeteiligte
Bundesamt für Raumentwicklung,
3003 Bern,
Beschwerdeführer,
gegen
A.________,
Beschwerdegegner,
Einwohnergemeinde Binn,
Dorfstrasse 11, 3996 Binn,
Staatsrat des Kantons Wallis,
Place de la Planta 3, Postfach 478, 1951 Sitten.
Gegenstand
Bauwesen,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung,
vom 27. Januar 2020 (A1 19 132).
Sachverhalt:
A.
Am 9. März 2012 stellte A.________ ein Baugesuch für den Umbau der in der Einwohnergemeinde Binn in der Landwirtschaftszone auf der Parzelle Nr. 792, Plan Nr. 7, gelegenen Stallscheune in ein Ferienhaus. Die Kantonale Baukommission des Kantons Wallis wies das Gesuch am 6. September 2012 ab, da die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht erfüllt seien. Am 30. April 2013 reichte A.________ ein weiteres Baugesuch für ein abgeändertes Umbauprojekt ein. Mit Verfügung vom 29. September 2016 erklärte die Baukommission die Stallscheune für schutzwürdig und stellte sie unter Schutz. Mit Entscheid vom gleichen Datum, ausgefertigt am 11. Oktober 2016, erteilte sie die Baubewilligung für das abgeänderte Umbauprojekt. Gegen diesen Entscheid gelangte das Bundesamt für Raumentwicklung ARE an den Staatsrat des Kantons Wallis, der die Beschwerde am 29. Mai 2019 abwies.
B.
Den Entscheid des Staatsrats focht das ARE beim Kantonsgericht des Kantons Wallis an. Mit Urteil vom 27. Januar 2020 wies das Gericht das Rechtsmittel ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 21. Februar 2020 an das Bundesgericht beantragt das ARE, das Urteil des Kantonsgerichts aufzuheben und die Baubewilligung für das abgeänderte Umbauprojekt zu verweigern.
A.________ und das Kantonsgericht schliessen auf Abweisung der Beschwerde, der Staatsrat, die Kantonale Baukommission und die Einwohnergemeinde Binn auf Abweisung, soweit darauf eingetreten werde. Das ARE hat keine weitere Stellungnahme eingereicht.
D.
Mit Verfügung vom 13. März 2020 hat der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.
Am 11. August 2021 hat das Bundesgericht die Angelegenheit öffentlich beraten.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid über die Bewilligungsfähigkeit eines Bauvorhabens. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG ); ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer ist nach Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 48 Abs. 4 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1) zur Beschwerde legitimiert. Zwar trägt er in erster Linie seine eigene Rechtsauffassung vor; aus seinen Ausführungen ergibt sich jedoch zumindest teilweise, wieso er die Ansicht der Vorinstanz für unzutreffend hält. Die Rüge- und Begründungsanforderungen (vgl. nachfolgend E. 2) stehen einem Eintreten auf die rechtzeitig eingereichte Beschwerde entgegen der Ansicht insbesondere der Einwohnergemeinde Binn und der Kantonalen Baukommission daher nicht grundsätzlich entgegen.
2.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet dieses von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, welche die beschwerdeführende Person vorbringt und begründet (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten namentlich, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Anwendung von kantonalem Recht überprüft das Bundesgericht vorbehältlich Art. 95 lit. c-e BGG im Wesentlichen auf Willkür und bloss insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzis vorgebracht und begründet wird (Art. 95 BGG i.V.m. Art. 9 BV und Art. 106 Abs. 2 BGG). Es legt seinem Urteil im Weiteren den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, deren Sachverhaltsfeststellung sei offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich (vgl. dazu BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62), oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (Art. 42 Abs. 2 BGG i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG).
3.
3.1. Gemäss Art. 75b Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 1 des Zweitwohnungsgesetzes vom 20. März 2015 (ZWG; SR 702) dürfen in Gemeinden, die wie die Einwohnergemeinde Binn einen Zweitwohnungsanteil von über 20 % haben, grundsätzlich keine neuen Zweitwohnungen bewilligt werden. Das Zweitwohnungsgesetz sieht hiervon verschiedene Ausnahmen vor (vgl. Art. 6 Abs. 2 ZWG). Vorliegend kommt einzig Art. 9 Abs. 2 ZWG in Betracht. Danach beurteilt sich ausserhalb von Bauzonen die Zulässigkeit neuer Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkungen im Sinne von Art. 7 Abs. 1 ZWG nach den Bestimmungen der Raumplanungsgesetzgebung. Dieser Verweis bezieht sich nicht auf sämtliche Bestimmungen über das Bauen ausserhalb der Bauzone, sondern nur auf diejenigen betreffend geschützte Bauten, mithin lediglich auf Art. 24d Abs. 2 und 3 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700) sowie Art. 39 Abs. 2-5 RPV der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1), jeweils in Verbindung mit Art. 43a RPV (BGE 145 II 83 E. 7.2 f.).
3.2. Die Kantonale Baukommission hat im Baubewilligungsentscheid vom 29. September 2016 ausgeführt, der strittige Umbau der in der Landwirtschaftszone gelegenen Stallscheune in ein Ferienhaus sei nach Art. 24d Abs. 2 und 3 RPG bewilligungsfähig. Die Baute könne als Einzelobjekt unter Schutz gestellt werden - was die Baukommission mit separater Verfügung vom 29. September 2016 getan hat - und auch sonst seien die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach dieser Regelung erfüllt. Der Staatsrat und die Vorinstanz haben den Entscheid der Baukommission geschützt und namentlich die Unterschutzstellung der Stallscheune bestätigt. Im vorliegenden Verfahren halten die kantonalen Instanzen an ihrer Ansicht fest. Derselben Auffassung sind auch der Beschwerdegegner und die Einwohnergemeinde Binn.
3.3. Der Beschwerdeführer rügt, die Regelung von Art. 24d Abs. 2 und 3 RPG komme auf landschaftstypische landwirtschaftliche Ökonomiebauten wie die streitbetroffene Stallscheune nicht zur Anwendung. Schützenswerte (und formell unter Schutz gestellte) derartige Bauten leiteten einen wesentlichen Teil ihres Schutzwerts aus dem engen Bezug zur sie umgebenden schützenswerten Landschaft ab. Die Zulässigkeit der Umnutzung solcher Bauten richte sich daher nach den Voraussetzungen von Art. 39 Abs. 2-5 RPV in Verbindung mit Art. 43a RPV. Diese Voraussetzungen seien vorliegend unbestrittenermassen nicht erfüllt, weshalb die Beschwerde bereits aus diesem Grund gutzuheissen und der Bauabschlag zu erteilen sei. Nichts anderes gälte, wenn Art. 24d Abs. 2 und 3 RPG doch anwendbar sein sollten. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäss dieser Regelung seien in verschiedener Hinsicht nicht erfüllt. Insbesondere erreiche die Stallscheune nicht den von Art. 24d Abs. 2 RPG vorausgesetzten hohen Schutzwert.
4.
4.1. Gemäss Art. 24d Abs. 2 RPG kann die vollständige Zweckänderung von ausserhalb der Bauzonen gelegenen, als schützenswert anerkannten Bauten und Anlagen zugelassen werden, wenn diese von der zuständigen Behörde unter Schutz gestellt worden sind (lit. a) und ihre dauernde Erhaltung nicht anders sichergestellt werden kann (lit. b). Die Ausnahmebewilligung darf nach Art. 24d Abs. 3 RPG nur erteilt werden, wenn die in dessen lit. a-e genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Erforderlich ist namentlich, dass die Baute oder Anlage für den bisherigen Zweck nicht mehr benötigt wird, für die vorgesehene Nutzung geeignet ist und keine Ersatzbaute zur Folge hat, die nicht notwendig ist (lit. a). Weiter muss die äussere Erscheinung und die bauliche Grundstruktur im Wesentlichen unverändert bleiben (lit. b) und dürfen keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. e).
4.2.
4.2.1. Art. 24d RPG dient wie Art. 24c RPG der Gewährleistung des aus der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) abgeleiteten Besitzstandsschutzes (vgl. Urteil 1C_617/2019 vom 27. Mai 2020 E. 5.1; RUDOLF MUGGLI, in: Praxiskommentar RPG: Bauen ausserhalb der Bauzone, 2017, N. 7 und 11 zu Art. 24c RPG). Er setzt dementsprechend voraus, dass die Bauten, deren Nutzung oder Zweck geändert werden soll, im Änderungszeitpunkt noch bestimmungsgemäss nutzbar sind, geniessen sie doch nur dann Besitzstandsschutz (vgl. Art. 24c Abs. 1 RPG; Urteile 1C_204/2019 vom 8. April 2020 E. 2.2; 1C_168/2015 vom 11. Mai 2016 E. 3.5.1; 1C_356/2010 vom 21. Februar 2011 E. 2.2). Dies wird in Art. 24d Abs. 1 RPG dadurch zum Ausdruck gebracht, dass die landwirtschaftlichen Wohnbauten, in denen landwirtschaftsfremde Wohnnutzungen zugelassen werden können, "in ihrer Substanz erhalten" sein müssen (vgl. MUGGLI, a.a.O., N. 13 zu Art. 24d). Dieses Erfordernis gilt auch für Abs. 2 dieser Bestimmung, leiten sich doch auch die Bewilligungstatbestände aus der Besitzstandsgarantie ab.
4.2.2. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine Baute bestimmungsgemäss nutzbar, wenn die Eigentümerin oder der Eigentümer durch einen angemessenen Unterhalt das fortbestehende Interesse an der Weiternutzung dokumentiert hat. Dies äussert sich darin, dass die Baute gemessen an ihrer Zweckbestimmung betriebstüchtig ist und die tragenden Konstruktionen mehrheitlich intakt sind (vgl. Urteile 1C_204/2019 vom 8. April 2020 E.2.2; 1C_617/2019 vom 27. Mai 2020 E. 5.1; 1C_325/2018 vom 15. März 2019 E. 6.2; je mit Hinweisen). Verfallene, unbrauchbar gewordene und abbruchreife Bauten, deren Lebensdauer abgelaufen ist (sog. Ruinen), sind nicht bestimmungsgemäss nutzbar im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und geniessen deshalb keinen Besitzstandsschutz (vgl. Urteile 1C_617/2019 vom 27. Mai 2020 E. 5.1; 1C_207/2015 vom 9. September 2015 E. 4.1; 1C_356/2010 vom 21. Februar 2011 E. 2.4; je mit Hinweisen). Sie fallen daher auch nicht in den Anwendungsbereich von Art. 24d RPG. Eine auf diese Bestimmung gestützte Nutzungs- oder Zweckänderung solcher Bauten kommt demnach von vornherein nicht in Betracht.
4.2.3. In der Baubewilligung der Kantonalen Baukommission vom 29. September 2016 wird bezüglich des Erhaltungszustands der streitbetroffenen Stallscheune festgehalten, das Holz der Aussenwände sei gemäss der Vormeinung der Dienststelle für Hochbau, Denkmalpflege und Archäologie (DHDA) und der Holzexpertise vom 18. April 2013 in gutem Zustand. Lediglich bergseitig seien die untersten Wandhölzer morsch und müssten ersetzt werden. Die Tragfähigkeit der Dachkonstruktion sei geschwächt; diese müsse ersetzt oder mit einem zusätzlichen Sparren verstärkt werden. Das Trockenmauerwerk zeige gemäss der Vormeinung der DHDA und dem Gutachten zum Mauerwerk vom 30. März 2016 teilweise loses Gestein, das sich teilweise aus dem geordneten Aufbau verschoben bzw. gelöst habe. Das Mauergefüge sei gründlich zu reinigen.
Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid unter Verweis auf die Fotos in den Akten die Dachkonstruktion ebenfalls als geschwächt bezeichnet und auf die Löcher in der Eindeckung verwiesen, durch die Wasser in das Gebäude eindringen könne. Es sei deshalb nachvollziehbar, dass nur mit einem Auswechseln des Dachs eine dauerhafte Erhaltung des Gebäudes sichergestellt werden könne. In der Holzexpertise wird festgehalten, durch das undichte Dach sei auch die Bodenkonstruktion in Mitleidenschaft gezogen worden und müsse neu gemacht werden. Die Träger, sog. Dielbäume, seien für die neue Nutzung unterdimensioniert. Die Gebrauchstauglichkeit könne so nicht ge währleistet werden. In der Legende zum Foto der Bodenkonstruktion wird auf die morschen Stellen, besonders an den Auflagerpunkten bei den Trägern, Dielbäumen hingewiesen. Im Gutachten zum Mauerwerk wird empfohlen, dieses sorgfältig auf Fundamenttiefe freizulegen und danach eine neue Bewertung vorzunehmen. Mit punktuellen Abstützungen und Unterfangungen der Basismauer könne die nötige statische Stabilisierung erarbeitet werden. Die Mauerkrone sei sorgfältig als Auflager der Holzkonstruktion zu bearbeiten und dementsprechend aufzubauen. Eine entsprechende statische Stabilisierung hat auch die Vorinstanz als erforderlich erachtet.
4.2.4. Die Ausführungen zum Erhaltungszustand der streitbetroffenen Stallscheune im angefochtenen Urteil und in der Baubewilligung sowie in den beiden Expertisen, auf die diese Entscheide abstellen, lassen es als fraglich erscheinen, dass die Baute bestimmungsgemäss nutzbar im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist. Da die Dach- und offenbar auch die Bodenkonstruktion ersetzt werden müssen und zudem gewisse Arbeiten an der Basismauer erforderlich sind, um die statische Stabilität zu gewährleisten, ist insbesondere nur schwer vorstellbar, dass die tragenden Konstruktionen mehrheitlich noch intakt sind, wie dies für eine entsprechende Qualifikation unter anderem vorausgesetzt wäre. Die erwähnten Ausführungen sowie die Fotos in den Akten deuten vielmehr darauf hin, dass die Stallscheune bereits in einem sehr schlechten Zustand ist, der nurmehr ihre Beurteilung als Ruine gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zulässt. Als solche fiele sie nicht in den Anwendungsbereich von Art. 24d Abs. 2 RPG, weshalb eine Ausnahmebewilligung gemäss der Regelung von Art. 24d Abs. 2 und 3 RPG für das strittige Bauvorhaben von vornherein nicht in Betracht käme. Wie es sich damit verhält, braucht indes nicht abschliessend beantwortet zu werden. Mit Blick auf die nachfolgenden Erwägungen zur Schutzwürdigkeit der Baute kann die Frage vielmehr offen bleiben.
4.3.
4.3.1. Art. 24d Abs. 2 RPG setzt zum einen voraus, dass die Baute, deren Zweck geändert werden soll, als schützenswertes Einzelobjekt formell unter Schutz gestellt worden ist. Die Unterschutzstellung muss bis spätestens zur Erteilung der Ausnahmebewilligung erfolgen (vgl. BERNHARD WALDMANN/PETER HÄNNI, in: Raumplanungsgesetz, SHK - Stämpflis Handkommentar, 2006, N. 13 zu Art. 24d RPG). Zum anderen muss die Baute als Einzelobjekt aber auch materiell schützenswert sein ("als schützenswert anerkannt"). Eine bloss formelle Unterschutzstellung genügt somit nicht. Die Schutzwürdigkeit als Einzelobjekt im Sinne von Art. 24d Abs. 2 RPG kann sich aus Gesichtspunkten des Denkmalschutzes ergeben. Unter gewissen Umständen können auch Aspekte des Landschaftsschutzes eine Baute als im Sinne dieser Bestimmung schützenswert erscheinen lassen (vgl. MUGGLI, a.a.O., N. 23 zu Art. 24d; CHANTAL DUPRÉ, in: RPG-Kommentar, Stand Februar 2010, N. 15 und 35 f. zu Art. 24d). Bei landschaftsprägenden Bauten, welche die von Art. 24d Abs. 2 RPG vorausgesetzte Schutzwürdigkeit als Einzelobjekt nicht erreichen, kommt allenfalls eine Nutzungsänderung unter den Voraussetzungen von Art. 39 Abs. 2-5 RPV in Betracht (vgl. MUGGLI, a.a.O., N. 23 f. zu Art. 24d).
4.3.2. Die Unterschutzstellung von materiell schützenswerten Bauten im Sinne von Art. 24d Abs. 2 RPG richtet sich nach dem kantonalen Recht. Das Bundesrecht enthält diesbezüglich - im Unterschied zur Unterschutzstellung von Bauten im Sinne von Art. 39 Abs. 2 RPV - grundsätzlich keine verfahrensrechtlichen Vorgaben. Erforderlich ist nach Art. 24d Abs. 2 RPG immerhin, dass die materielle Schutzwürdigkeit der Baute in einem formellen Verfahren nach objektiv-fachlichen Kriterien festgestellt wird (vgl. MUGGLI, a.a.O., N. 23 zu Art. 24d; Amtl. Bull. S 1997 217). Im kantonalen Ausnahmebewilligungsverfahren ist zu prüfen, ob der Schutz der Baute, deren Zweck geändert werden soll, im Lichte von Art. 24d Abs. 2 RPG materiell gerechtfertigt ist (vgl. Art. 25 Abs. 2 RPG; MUGGLI, a.a.O., N. 23 zu Art. 24d; BBl 1996 542). Dies gilt auch, wenn die formelle Unterschutzstellung bereits rechtskräftig ist (vgl. WALDMANN/HÄNNI, a.a.O., N. 13 zu Art. 24d RPG). Das Bundesgericht prüft die materielle Schutzwürdigkeit im Sinne von Art. 24d Abs. 2 RPG grundsätzlich frei, handelt es sich doch um eine der bundesrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach der Regelung von Art. 24d Abs. 2 und 3 RPG (Art. 95 lit. a BGG; vgl. MUGGLI, a.a.O., N. 23 zu Art. 24d). Es auferlegt sich jedoch eine gewisse Zurückhaltung, soweit es um spezifische örtliche Besonderheiten geht, welche die kantonalen Behörden besser kennen.
4.3.3. Die Kantonale Baukommission hat die streitbetroffene Stallscheune mit Verfügung vom 29. September 2016 gestützt auf das damals geltende kantonale Recht unter Schutz gestellt (vgl. Art. 18 Abs. 5 und Art. 31bis des Baugesetzes des Kantons Wallis vom 8. Februar 1996 [aBauG/VS; SGS 705.1]; Beschluss des Staatsrats des Kantons Wallis vom 22. Dezember 1993 über die Erhaltung der Bausubstanz ausserhalb der Bauzonen [SGS 701.106; mittlerweile aufgehoben]; vgl. dazu DUPRÉ, a.a.O., N. 37 zu Art. 24d RPG). Sie hat dabei im Wesentlichen auf den Bericht der kantonalen Dienststelle für Hochbau, Denkmalpflege und Archäologie, Heimatschutzkommission, vom 12. September 2016 abgestellt. Darin wird die Stallscheune anhand verschiedener Kriterien (Integration, Geschichte, Bautypologie, Bautechnik, Authentizität) beschrieben und gewürdigt sowie als schützenswert beurteilt. Es wird erklärt, der Baute komme ein hoher denkmalschützerischer Wert zu. Dieser ergebe sich vor allem aus der Lage der Baute, welche diese zu einem wichtigen Element für das Erscheinungsbild der Ortschaft und zu einem Zeitzeugen der Viehwirtschaft am Dorfrand mache, aber auch aus der ortstypischen Bauweise und Baustoffverwendung. Gerade das Abseitsstehen und die unmittelbare Einbettung in eine Landwirtschaftsfläche verliehen der Baute eine besondere Bedeutung für das Orts- und Landschaftsbild.
In der Baubewilligungsverfügung vom 29. September 2016 hat die Baukommission die Unterschutzstellung der Stallscheune bestätigt. Sie hat dies zum einen mit dem Zeitzeugenwert der Baute als Einzelobjekt begründet und diesen Aspekt stichwortartig wie folgt konkretisiert: gemäss der Vormeinung der Heimatschutzkommission anerkannte Stilepoche 19. Jahrhundert mit Baujahr vor 1872, Blockhüttenstil, gebaut nach den damaligen Regeln der Kunst mit örtlich verfügbarem Material, orts- und nutzungstypische zweigeschossige Ökonomiebaute der Walliser Viehzucht mit nutzungstypischen Fassadenöffnungen, Zugängen und Öffnungspositionierungen, in sanierungswürdigem Zustand. Zum anderen hat sie den (ihrer Ansicht nach) erheblichen Situationswert der Baute und deren Bezeichnung als unerlässlicher Teil des zu erhaltenden geschützten Ortsbildes von nationaler Bedeutung von Binn durch das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) angeführt.
Die Vorinstanz und der Staatsrat haben die Unterschutzstellung ebenfalls bestätigt. Erstere hat dabei ergänzend zu den Ausführungen in der Baubewilligungsverfügung namentlich festgehalten, aufgrund des Bautyps, der Handwerkstechniken und der Rarität könne der Stallscheune ein Eigenwert zugesprochen werden. Die Baute sei nach der richtigen Ansicht der Kantonalen Baukommission kein "Normalfall", da sie bereits auf der sog. "Siegfriedkarte" von 1872 verzeichnet gewesen und hinsichtlich Bauweise und Erscheinung an ihrem Standort ein zeittypischer Zeuge sei. Deshalb komme ihr auch ein Situationswert im regionalen Naturpark von nationaler Bedeutung "Binntal" zu. Die Bewertung im Inventarblatt der Gemeinde Binn vom Oktober 1997 - worin der Eigenwert der Stallscheune als mässig angegeben wird, der Situationswert hingegen als bedeutend - entspreche sodann nicht mehr der heutigen Situation. Seit der damaligen Inventarisierung seien nicht wenige zeittypische Bauten ausserhalb der Bauzone verschwunden, wodurch die Stallscheune im Binntal an Bedeutung gewonnen habe.
4.3.4. Aus den Ausführungen der kantonalen Instanzen wird deutlich, dass diese die Schutzwürdigkeit der streitbetroffenen Baute vorwiegend mit der dieser zugesprochenen Bedeutung für das Orts- und Landschaftsbild, mithin deren Situationswert begründet haben. In diesem Zusammenhang haben sie insbesondere hervorgehoben, dass das Ortsbild von Binn im ISOS verzeichnet ist und das fragliche Gebiet zum regionalen Naturpark von nationaler Bedeutung "Binntal" zählt. Soweit sie der Baute auch einen Eigenwert zuerkannt haben, haben sie dies in erster Linie mit deren Zeitzeugenwert als orts-, zeit- und nutzungstypische Ökonomiebaute der früheren Viehwirtschaft begründet. Zudem haben sie auf gewisse bauliche Aspekte hingewiesen.
Obschon die kantonalen Instanzen den Zeitzeugenwert hervorgehoben haben, ergibt sich aus ihren Vorbringen nicht, dass der streitbetroffenen Stallscheune als Zeitzeuge der früheren Viehwirtschaft besondere Bedeutung zukäme. Die Vorinstanz hat die geltend gemachte Rarität der Baute bzw. deren seit der Inventarisierung im Oktober 1997 im Binntal gestiegene Bedeutung als zeittypische Stallscheune nicht substanziiert. Die übrigen kantonalen Instanzen haben sich dazu ebenfalls nicht geäussert. Auch sonst ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Baute als Zeitzeuge der früheren Viehwirtschaft besonders bedeutsam wäre und einen entsprechenden Zeitzeugenwert hätte.
Aus den Vorbringen der kantonalen Instanzen geht auch nicht hervor, dass die Stallscheune besondere bauliche Qualitäten hätte. Die Verwendung von örtlich verfügbarem Baumaterial und die ortsübliche Bauweise erscheinen für die damalige Epoche als selbstverständlich. Das Alter ist für sich allein kein Qualitätsmerkmal. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid im Zusammenhang mit der Frage der Eignung gemäss Art. 24d Abs. 3 lit. a RPG denn auch ungeachtet ihrer Ausführungen zur Schutzwürdigkeit zustimmend die Beurteilung der Kantonalen Baukommission in der Baubewilligung im gleichen Zusammenhang zitiert, wonach der Schutzwert der Baute als Einzelobjekt (gemeint ist deren Eigenwert) mässig sei. Dasselbe hat auch der Staatsrat in seinem Rechtsmittelentscheid getan. Diese Bewertung des Eigenwerts entspricht jener im bereits erwähnten Inventarblatt der Gemeinde Binn vom Oktober 1997.
Aus den Ausführungen der kantonalen Instanzen ergibt sich somit nicht, dass die streitbetroffene Stallscheune einen nennenswerten Eigenwert hätte. Die Baute ist im Weiteren jedenfalls in verschiedener Hinsicht sanierungsbedürftig (vgl. E. 4.2.4). Damit erreicht sie den von Art. 24d Abs. 2 RPG vorausgesetzten Schutzwert als Einzelobjekt nicht. Daran ändert nichts, dass ihr die kantonalen Instanzen zusätzlich und vorwiegend einen (erheblichen) Situationswert zugesprochen haben. Wie aus deren Vorbringen hervorgeht, war dafür in erster Linie ausschlaggebend, dass es sich bei der Stallscheune um eine für das Orts- und Landschaftsbild der Gegend typische Ökonomiebaute der früheren Viehwirtschaft bzw. einen typischen und vertrauten Bestandteil handelt. Im Vordergrund stand somit keine besondere Eigenschaft der Stallscheune als Einzelobjekt. Auch insofern ist daher nicht ersichtlich, dass die Baute als Einzelobjekt so bedeutsam wäre, dass sie nach Art. 24d Abs. 2 RPG als schützenswert beurteilt werden könnte. In Betracht käme gegebenenfalls einzig eine Schutzwürdigkeit im Sinne von Art. 39 Abs. 2 RPV (vgl. BGE 145 II 83 E. 8.1 S. 96 f.). Dass die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, ist nicht ersichtlich und wird von keiner Seite geltend gemacht.
4.3.5. Da die streitbetroffene Stallscheune nicht im Sinne von Art. 24d Abs. 2 RPG schützenswert ist, kann für ihren Umbau in ein Ferienhaus bereits aus diesem Grund keine Ausnahmebewilligung gemäss der Regelung von Art. 24d Abs. 2 und 3 RPG erteilt werden. Auf die Voraussetzungen von Art. 24d Abs. 3 RPG und die diesbezüglichen Vorbringen der Verfahrensbeteiligten ist daher nicht einzugehen.
5.
Nach dem Dargelegten erweist sich die Beschwerde als begründet und ist gutzuheissen. Das angefochtene Urteil sowie die am 11. Oktober 2016 ausgefertigte Baubewilligung der Kantonalen Baukommission vom 29. September 2016 für das strittige Bauvorhaben (nachfolgend: Ausnahmebewilligung vom 11. Oktober 2016) sind aufzuheben.
Bei diesem Verfahrensausgang gilt der Beschwerdegegner als unterliegend. Er hat deshalb die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigung sind keine zuzusprechen (Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Kantonsgerichts Wallis vom 27. Januar 2020 und die Ausnahmebewilligung der Baukommission des Kantons Wallis vom 11. Oktober 2016 werden aufgehoben.
2.
Die Kosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Binn, dem Staatsrat des Kantons Wallis und dem Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. August 2021
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Der Gerichtsschreiber: Baur